Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) – in Portimão übernahm der 5-fache Weltmeister die WM-Führung. Kann er diese in Aragon trotz unterlegenem Topspeed verteidigen? (© Kawasaki Racing Team).

Chaz Davies und die berechtigte Zuversicht

Chaz Davies ist seit Einführung der Ducati Panigale V4R nicht zu beneiden. Im Jahr 2019 stand ihm Alvaro Bautista vor der Sonne und gewann sämtliche Läufe der ersten 4 WM-Runden. Nur gerade in Laguna Seca konnte der Waliser ein Rennen auf der MotoGP Replica von Ducati für sich entscheiden. Auf die Saison 2020 bekam er nach dem Wechsel von Alvaro Bautista zu HRC Honda einen neuen Teamkollegen. Der von Red Bull Media kürzlich fälschlicherweise als Superbike Neuling bezeichnete Scott Redding kannte jedoch die Panigale V4R bereits aus dem Effeff. Offenbar ist den Sprudelwasser-Schreiberlingen entgangen, dass der Engländer im Vorjahr auf exakt diesem Bike in leicht abgeänderter Spezifikation die britische Superbike Meisterschaft gewann. Und „Scottie“ erfüllte auf Anhieb sämtliche Erwartungen. Mit 3 dritten Plätzen beim Saisonauftakt in Phillip Island sahen wir von ihm einen hervorragenden Einstand in der WSBK. Nach Jerez führte er sogar und bisher stellte Redding seinen Teamkollegen meist deutlich in den Schatten. Doch für Aragon ist Chaz Davies absolut zuversichtlich, war er hier im Vorjahr doch zum ersten Mal auf dem Podium anzutreffen.

Von uns hier der Beweis – Scott Redding im Vordergrund beim Start zum 1. Lauf der BSB 2019 in Assen. Der ehemalige MotoGP Pilot zeigte auf der Ducati auf Anhieb hervorragende Leistungen und wurde als britischer Meister per 2020 ins Werksteam der Motul WorldSBK befördert. Von Red Bull Media wurde Reddings Saison 2019 in der britischen Superbike Meisterschaft offenbar entgangen, wurde doch im Vorfeld der Aragon Rennen behauptet, der Engländer sei ein Superbike Rookie (kein Copyright, die Aufnahme ist von MotoRacers.eu).

Das „Spielberg Spaniens“ und die endlos lange Gerade

Mit dem Red Bull Ring hat das Motorland Aragon gleich mehrere Parallelen aufzuweisen. Auf der einen Seite ist das Hotel-Angebot ähnlich dünn wie in der Umgebung von Spielberg. Wer kein Camping-Fan ist, hat kaum eine Chance, bei einer MotoGP Veranstaltung innerhalb von einer Stunde Fahrzeit eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Ganz ähnlich sieht es auch beim Strecken-Layout aus. Wie in Spielberg ist auch auf dem Kurs nahe der Kleinstadt Alcaniz in erster Linie Power und Topspeed gefragt. Eigentlich sind Strecken mit derart hohem Vollgas-Anteil mittlerweile im Motorrad-Rennsport eher verpönt. Doch auch BuriRam hat eine ähnliche Charakteristik und ist zumindest in der MotoGP immer noch im Kalender enthalten. Zum Glück aber nicht mehr für die WorldSBK und auch auf Spielberg kann die seriennahe Weltmeisterschaft dankend verzichten. Wer die Rennen der MotoGP im Jahr 2020 in Österreich mitverfolgte, sah mit eigenen Augen wie gefährlich diese 1969 als Hochgeschwindigkeitskurs konzipierte Strecke heute noch ist. Immerhin hat Aragon mehr zu bieten als nur einen interessanten 4. Streckenteil. Dieser ist exakt dort aufgrund der endlos langen Geraden am langweiligsten, während die ersten 3 Abschnitte des Motorland durchaus ihren Reiz haben.

Nach einem Sturz in Kurve 1 hatte Alvaro Bautista mit der Honda CBR-1000RR-R auch noch einen Motorschaden zu beklagen. Aber die gefahrenen Zeiten von ihm und Teamkollege Leon Haslam geben zu Hoffnung Anlass, dass zumindest Top Ten, wenn nicht gar Top 5 Resultate möglich sein dürften (© WorldSBK).

Die Zeiten aus dem 1. freien Training

Nachdem die meisten Fahrer nicht prinzipiell auf eine schnelle Rundenzeit aus waren, hat die Rangliste aus dem FP1 nur eine sehr beschränkte Aussagekraft. Wie erwartet sind die Ducatis weit vorne und der Rückstand von Scott Redding, Toprak Razgatlioglu und Alex Lowes auf die Schnellsten hat aufgrund der erwähnten Voraussetzungen absolut keinen negativen Beigeschmack. Bei Tom Sykes ist, zumindest seit dieser Saison, jede auch noch so gute Trainingszeit bekanntlicher weise keinen Pfifferling wert. Beim BMW Piloten, der nächstes Jahr an der Seite von „Magic Michael“ van der Mark antreten wird, zählt erst recht nur noch ein gutes Resultat im Rennen. Sein diesjähriger Teamkollege Eugene Laverty wird sich fpr 2021 einen neuen Arbeitsplatz suchen müssen. Aufmerksame Leser unserer Seite wissen dies bereits seit Wochen. Womöglich ist Ten Kate Yamaha die beste Lösung für den Nord-Iren, weil wohl Loris Baz von Pata Yamaha okkupiert werden dürfte. Sehr gut in Szene setzte sich nebst Michael Ruben Rinaldi (Goeleven Ducati) der US-Amerikaner Garrett Gerloff auf der GRT Yamaha. Cortese-Ersatz Roman Ramos hingegen dürfte sich noch etwas steigern müssen, um den verletzten Berkheimer würdevoll zu ersetzen.

Supersport 600 – guter Einstand von Philipp Öttl

Nachdem er zwischenzeitlich auf P2 gelegen hatte, war Philipp Öttl am Ende mit der fünftbesten Zeit wie erhofft vorne mit dabei. Der für das Kawasaki Puccetti Racing antretende Bayer muss sich höchstens auf den mit beinahe einer Sekunde sehr großen Rückstand auf Andrea Locatelli (Bardahl Evan Bros Yamaha) Sorgen machen. Doch der Italiener fährt seit Jahresbeginn offenbar in einer eigenen Liga und gewann bisher jeden der ersten 5 Läufe überlegen. Mit Position 18 setzte sich auch Patrick Hobelsberger (Dynavolt Honda) gut in Szene und darf sich damit durchaus Hoffnungen auf weitere WM-Punkte machen.

Philipp Öttl (Kawasaki Puccetti Racing) – Deutschlands große Hoffnung in der Supersport 600 Weltmeisterschaft liebt die Strecke in Aragon laut eigener Aussage. Nach Platz 5 im FP1 kann sich der junge Mann aus Bad Reichenhall berechtigte Hoffnungen auf weitere Podiums-Platzierungen machen (© Kawasaki Racing Team).

Zeitplan des Aragon Motul WorldSBK Wochenendes

Während Servus TV wie meist auch in der MotoGP (nur die Wochenenden in Österreich werden vom zu Red Bull Media gehörenden Sender komplett live übertragen, ansonst beschränken sie sich auf Qualifying und Rennen) ein Sparprogramm fährt, bringt Eurosport fast sämtliche Rennen live auf Kanal 2. Nur das erste Rennen der Supersport 600 fällt dem gleichzeitig stattfindenden 24-Stunden Rennen von Le Mans zum Opfer. Für die Reiti-und Langstrecken-WM Fans natürlich eine zusätzliche Bereicherung im Programm. Der letztjährige Teamkollege von Tom Sykes machte sich in Sepang für das BMW-Langstreckenteam im 8-Stunden Rennen bereits sehr gut. Markus Reiterberger wird auch bei den traditionsreichen 24 Stunden von Le Mans versuchen, eine ähnlich gute Figur abzugeben.

Kombinierter Kalender WorldSBK und MotoGP