WSSP 600 Weltmeister Randy Krummenacher als Nachfolger von Sandro Cortese – aber weit vor diesem vom MotoGP Paddock in die seriennahe WM gewechselt. In Losail (Qatar) setzte er sich hochverdient die Krone auf und schlug Bardahl Yamaha Teamkollege Caricasulo im Kampf um den WM-Titel.

Nicht nur Sandro Cortese Wegbereiter zur WSSBK

Kürzlich las ich eine Schlagzeile, in welcher behauptet wurde, Sandro Cortese hätte vielen andern Fahrern aus der Moto2 den Weg in die WSSP aufgezeigt. Wer sich seit etwas mehr als 2 bis 3 Jahren mit Motorrad-Rennsport beschäftigt, kratzt sich beim Lesen verständlicherweise am Kopf und fragt sich, was das jetzt soll. Immerhin fuhren ja eine ganze Reihe WSSP Fahrer wie Kyle Smith, Lucas Mahias, Jules Cluzel und Randy Krummenacher genauso wie Cortese zuvor in der Moto2. Cluzel war sogar der erste Fahrer, der sowohl ein Moto2 wie auch ein WSSP 600 Rennen gewann. Und einige Male ging es in der Vergangenheit sogar in die umgekehrte Richtung.
Kenan Sofuoglu machte auf die WSSP früh aufmerksam

Bekanntlich wechselte der mehrfache Supersport Weltmeister Kenan Sofuoglu im Jahr 2011 in die Moto2 WM, nachdem er 2010 bereits mit zwei Gaststarts aufhorchen liess und dabei immerhin 11 Punkte holte. Doch der Türke hatte wenig Glück in seiner einzigen vollen WM-Saison und war bei Technomag CIP auch definitiv nicht in einem Top-Team, weshalb es bei weitem nicht zu den erwarteten Resultaten reichte. Ein 2. Platz und dazu 4 Top Ten Resultate waren zu wenig und er kehrte im Jahr darauf wieder in die WSSP zurück. Doch er hatte immerhin aufhorchen lassen und gezeigt, dass wenn alles bei ihm und dem Material passte, auch Fahrer wie Tom Lüthi und der spätere MotoGP Stammpilot Bradley Smith in seiner Reichweite lagen. Nur der mehrfache MotoGP Weltmeister Marc Marquez konnte Sofuoglu in Assen besiegen. Damit hatte Kenan immerhin dafür gesorgt, dass man im MotoGP Fahrerlager wieder einmal realisierte, dass auch in der WSSP durchaus starke Piloten vertreten sind.
Edwards, Crutchlow und Bayliss – 3 auch in der MGP erfolgreiche Namen
Mit Colin Edwards, Troy Bayliss und Cal Crutchlow waren davor bereits ehemalige WSBK und WSSP Weltmeister schon durchaus erfolgreich in die Prototypen WM gewechselt. Crutchlow ist heute noch mit dabei und wer sich an das WM-Finale 2006 in Valencia erinnert, dem läuft es heute noch kalt den Rücken hinunter. Der frisch gebackene WSBK Weltmeister Troy Bayliss aus Australien war nach einigen Jahren MotoGP wieder in die WSBK zurückgekehrt und holte sich auf Anhieb seinen zweiten WM-Titel. Als Belohnung liess ihn Ducati auf der GP06 in der MotoGP antreten, viel Anpassungszeit auf die Karbon Bremsen und komplett anderen Reifen blieb ihm davor nicht. Doch der Aussie fuhr wie vom Teufel verfolgt und vom Start weg der ganzen Weltelite samt seinem Ducati Teamkollegen Loris Caprirossi auf und davon. Mit diesem sauberen Start-Ziel Sieg hatte er sich endgültig in die Geschichtsbücher eingetragen und 2 Jahre später holte sich Troy Bayliss sogar seinen dritten WSBK WM-Titel. Damit ist er nach Jonathan Rea und Carl Fogarty der dritt-erfolgreichste Fahrer der WSBK Geschichte und heute noch eine Ikone und Ducati-Werbeträger.

Nach seinem WM-Titel in der WSSP liess Sandro Cortese auch in der WSBK aufhorchen, doch leider konnte er die oft hervorragenden Trainings- und Qualifying-Resultate im Rennen nie vollauf bestätigen. Im Bild nach Lauf 2 in Donington, wo er sich nach Platz 13 von einem Teammitglied trösten lassen musste.

Nach Sandro kam einer – nach Krummi jede Menge

Mit Randy Krummenacher hatte die Schweiz bekanntlich einen hoffnungsvollen Nachwuchsfahrer in der 125 cm³ Klasse, bei seinem ersten Podium auf dem Circuito de Catalunya waren wir natürlich auch vor Ort. Bis auf Rang 9 in seiner letzten 125 cm³ Saison 2010 blieb Krummi jedoch der grosse Durchbruch verwehrt, was sich auch in der Moto2 WM von 2011 bis 2015 nicht änderte. So richtig aufgeblüht ist der am 24. Februar 1990 in Grüt nahe des Zürichsees geborene Krummenacher erst nach seinem Wechsel in die WSSP. Nach seinem Auftaktsieg in Phillip Island verpasste er WM-Rang zwei nur um winzige 2 Punkte hinter dem Franzosen Jules Cluzel. Auch der Franzose übrigens ein Quer-Einsteiger, der wie Krummi schon lange vor Sandro Cortese in die WSSP gewechselt hatte. Seit seinem Wechsel ab 2012 verpasste er die Top 3 im WM-Endklassement mit Rang 4 im Jahr 2015 nur aufgrund einer Verletzung. In der WSBK fuhr Cluzel 2013 auf Suzuki immerhin mehrmals in die Top Ten und stand in Silverstone sogar einmal nach Platz 2 auf dem Podium. Damit war der Franzose sogar 5 Plätze besser in der WM-Schlussrangliste, als Krummenacher bei seinem WSBK-Abstecher bei Puccetti Kawasaki 2017. Doch nun wurde der „Krummenator“ sogar World Supersport 600 Weltmeister, womit er sogar das erreichte, worauf der sympathische Franzose heute noch wartet.

GP Jerez WSSP Podium an der Paddock Show, von links: Sieger Federico Caricasulo, Randy Krummenacher (2.) und Jules Cluzel (3.), alle Yamaha R6. Wieso Caricasulo nach seinem Sieg eine derart bittere Miene macht, ist erklärbar. Immerhin gab Krummi im Interview zu Protokoll, er habe im Rennen nicht etwa taktiert (wie zuvor von Caricasulo behauptet), sondern sei aufgrund seiner Arm-pump Probleme absolut am Limit gefahren.

Zumidest auch Krummis Verdienst
Insofern bleibt festzuhalten, dass erst nach Randy Krummenachers WM-Titel eine ganze Welle an Moto2 Fahrern gleichzeitig in die WSSP 600 herüberschwappt. Dazu kommt sogar noch Moto3 Pilot Can Öncü, der Sieger des GP von Valencia im November 2018. Mit dem Deutschen Philipp Öttl, Andrea Locatelli (ITA) und Steven Odendaal (RSA) sind es zusammen nun insgesamt 4 Piloten, die aus dem MotoGP Paddock in die seriennahe WM Wechseln. Im Vorjahr war es mit Isaac Viñales nur ein Fahrer und Sandro Cortese war bisher der einzige Fahrer, welchem sofort nach dem Wechsel auf Anhieb der WM-Titel gelang. Man kommt jedoch nicht darum herum dabei festzuhalten, dass eine gehörige Portion Glück dazu gehörte, dass dies dem Deutschen vorletztes Jahr überhaupt gelang. Nachdem beim Saisonfinale in Losail (Qatar) Lucas Mahias auf und davon gefahren war, kam Sandro beim Kampf mit Cluzel zu Sturz, konnte sich jedoch danach aufrappeln und mit fast unbeschädigtem Bike weiterfahren. Dieses Glück hatte der von ihm und seiner Yamaha unschuldig vom Motorrad geholte Franzose jedoch nicht, was ihn dadurch den WM-Titel kostete, welchen dadurch Cortese erringen konnte. Während Randy bei MV Agusta für die Saison 2020 seinen WM-Titel zu verteidigen versucht, muss Sandro auf ein kleines Wunder hoffen. Für den Deutschen sieht es aktuell bezüglich eines Stammplatzes düster aus, in der WSBK sind sämtliche Plätze bis auf das zweite Motorrad von Moriwaki Honda, bereits besetzt. Gerüchte halber soll das Team diese Saison sogar aber nur mit einem Motorrad antreten. Die offizielle Nennliste der Dorna wurde bisher noch nicht veröffentlicht.