Selbst Anschiebhilfe nützt Toprak Razgatlioglu (Yamaha R1) trotz höchst aggressiver Fahrweise und absolut gutem Material wie im Vorjahr gegen den WM-Leader aus Spanien nichts. Weil die Ducati Panigale V4R seit ihrer Einführung von FIM und Dorna protegiert und mit deutlicher höherer Maximaldrehzahl gegenüber der Konkurrenz zugelassen wurde, profitiert Alvaro Bautista auch dank seines geringen Gewichts von einem kaum wettzumachenden Vorsprung in Beschleunigung und Topspeed. Ohne hohes Risiko gewinnt der kleine Ducati Werkspilot derzeit praktisch nach Belieben.

Fragwürdige Szenen und Berichte über die Vorfälle in Katalonien

Wir fanden am Samstag mit am interessantesten, wie sich die Berichte der meisten Journalisten über den Sieg von Alvaro Bautista im ersten Lauf lasen. Fast unisono wurde dort von einem Vorsprung bei dessen Zieldurchfahrt von gut 8 Sekunden berichtet. Dass der kleine Spanier aufgrund der Überlegenheit seiner Ducati Panigale V4R jedoch in der vorletzten Runde mit sogar über 11 Sekunden Vorsprung auf seine nächsten Verfolger die Ziellinie kreuzte, wurde dabei tunlichst verschwiegen. Sportlich ist die WorldSBK zu einer Farce geworden, was leider bereits 2019 zu beobachten war. Nur weil der Spanier sich danach von Ducati trennte und erst zwei Jahre später nach seinem Abenteuer mit Honda wieder zurückkehrte, gab es erst ab voriger Saison eine Fortsetzung seiner Dominanz. Wieviel dabei die höchst fragwürdige Auslegung technischer Reglemente durch die FIM ausmacht, sieht man auf einen Blick beim Vergleich der Resultate mit seiner sieglosen Zeit beim weltgrößten Hersteller Honda. Daher die Frage liebe Freunde: Wenn ein Sportler 2020 auf konkurrenzfähigem Material nur Rang neun in der Weltmeisterschaft holt und 2021 gar nur zehnter wird, war er demnach bei seinem Titel im Jahr danach gedopt?

Start der WorldSBK 2023 in Montmelo mit rechts im Bild dem Lokalmatador auf seiner umstrittenen Ducati Panigale V4R. Weshalb fast alle Berichterstatter bei seinen überlegenen Siegen nur von seiner Qualität als Fahrer sprechen und nicht der Mehrleistung seines Motorrads, ist mehr als fragwürdig. In seinen zwei Jahren auf der Honda CBR-1000RRR hatte er nie eine Siegchance gehabt. Ist die Frage nach dem warum wirklich so schwer zu verstehen und was bitte hat dies mit Sport zu tun?

Zum Vergleich mit der Leichtathletik und dem Betrug an früheren WSBK-Helden

Als Florence Griffith-Joyner von einer durchschnittlichen Sprinterin quasi über Nacht auf die Saison 1988 zur dominierenden Figur in der Leichtathletik wurde, war jedem Mensch mit Hirn der Hintergrund dafür absolut klar. Ihre Weltrekorde aus diesem Jahr haben noch dreieinhalb Jahrzehnte danach bestand und wurden der früh verstorbenen Sportlerin trotzdem nie aberkannt. Mit Alvaro Bautista wurde ein Pilot in der Saison 2022 Weltmeister, der auf Honda in den beiden Jahren davor insgesamt lediglich zwei dritte Ränge geschafft hatte. Dies hindert weder Kommentatoren noch eine Mehrzahl von Experten und Fans daran, Alvaro Bautista für jeden Sieg als Sensationsmann hochzujubeln. Gerne gönnen wir es den vor 2019 für viele Jahre alles andere als erfolgsverwöhnten Ducatisti. Trotzdem würde es vielen wesentlich leichter fallen mitzujubeln und sich mit dem Spanier über seine Erfolge zu freuen, wenn diese auf faire Weise zustande kommen würden. Doch daran bestehen derzeit berechtigte Zweifel und nicht zum ersten Mal spielen dabei FIM und Dorna eine höchst zweifelhafte Rolle. Eigentlich war von den Herstellern wie in der WorldSSP 600 in einer demokratischen Abstimmung die Einführung eines Minimalgewichts für Fahrer und Maschine beschlossen worden. Aber Dorna Chef Ezpeleta und FIM Boss Viegas kippten auf höchst undemokratische Weise mittels ihres Vetorechts diesen Entscheid. Dies ist ein veritabler Sportskandal.

„King Carl“ Fogarty auf Honda – genau wie vor dessen Kawasaki Zeit Jonathan Rea, war der Engländer auch auf dem japanischen Motorrad mehrfach erfolgreich, wie unter anderem sein Doppelsieg in Assen 1996 und weitere 2 Triumphe (Lauf 2 in Hockenheim/D und das erste Rennen in Monza in jenem Jahr) eindrucksvoll beweisen. Aber wie beim Nord-Iren reichte es nie für einen WM-Titel. Bautistas spärliche Erfolge auf der Honda CBR-1000RR-R (2020 und 2021 je ein dritter Rang) wurden hingegen auch von seinen Nachfolgern Iker Lecuona und Xavi Vierge bereits egalisiert.

Die offene Frage zur seltsamen Steigerung Bautistas ab 2022
Weshalb er auf der durchaus nicht langsamen Honda nie um den Sieg mitkämpfen konnte, scheinen dabei alle vergessen zu wollen. Aber laut Statistik hat der kleine Spanier nun bereits 43 Siege in der WorldSBK auf seinem Konto. Dass dabei die Läufe der Sprintrennen im Gegensatz zur MotoGP voll mitgezählt werden, scheint niemanden zu kümmern. Genauso der Umstand, dass die früheren Helden wie Carl Fogarty, Troy Bayliss, Troy Corser, Colin Edwards, „Nitro Nori“ Haga und viele anderen damit um ihre Leistungen förmlich betrogen werden. Weil zu ihrer Zeit gab es nur 2 Rennen pro Wochenende und noch keine Sprintrennen, welche seit 2019 einen Drittel der Zahl an WM-Läufen ausmachen. Wobei es aber nur halbe Punkte gibt und dies auch nur für die 9 höchstklassierten Piloten. Vor allem aber gab es damals immer eine Mehrzahl von Fahrern, welche für den Sieg infrage kamen. Davon sind wir auf den meisten Strecken spätestens seit 2022 heutzutage weit entfernt. Plötzlich schlägt mit Bautista seither ein Pilot seither Konkurrenten, welche ihn während seiner Honda Zeit teils förmlich deklassiert hatten.

Der dreifache WorldSBK Weltmeister Troy Bayliss (Xerox Ducati) ist eine Ikone der seriennahen WM – aber auf dem Papier verblassen seine Leistungen gegen einen kleinen Spanier namens Bautista beinahe. Das ist mehr als fragwürdig und der Australier muss sich damit trösten, als einziger WSBK Weltmeister 2006 auch einen Grand Prix gewonnen zu haben. Aber auch an seinen Leistungen in der WorldSBK kann sich aus Sicht der Experten ein Bautista noch für lange Zeit nicht messen. Mehr über die früheren Jahre der Superbike Weltmeisterschaft siehe in unserer reich illustrierten History.

Die FIM-Maßnahme trifft in erster Linie die falschen

Auch Alibi-Übungen seitens FIM mit einer lächerlich kleinen Reduktion der Maximaldrehzahl der Ducati Panigale V4R um lächerlich tiefe 250 U/Min ändern nichts an deren Überlegenheit. Zumindest gilt dies für die Werksmaschine, während diese Maßnahme den Privatteams offensichtlich starken Schaden zufügt. Beim Vergleich der Vorjahresresultate eines Philipp Öttl (GoEleven Ducati) und Axel Bassani (Motocorsa Racing Ducati) mit 2023 fällt sofort auf, wie schlecht die beiden diesmal in Barcelona abschnitten. Damals hatte Jonathan Rea genauso wie diese Saison in Phillip Island (Australien) teils gegen die Privatfahrer der Roten noch auf den Geraden und in der Beschleunigung alt aussah. 2022 kämpfte Bassani auf dem Circuit de Cataluña mit Jonathan Rea auf Augenhöher und Öttl schnitt mit einem sechsten und siebten Rang sensationell gut ab. Doch davon war diesmal wenig zu spüren und einzig der Italiener schaffte es in 6 Läufen dieses Jahr einmal in die Top Ten. An der Überlegenheit in Beschleunigung und Topspeed des leichten Bautista änderte sich hingegen auch mit 250 U/Min weniger Maximaldrehzahl rein gar nichts. Wir hatten darauf bereits vor den Rennen in Katalonien hingewiesen und sollten damit leider recht behalten.

Michael Ruben Rinaldi (Aruba.it Racing Ducati) ist aktuell noch die Nummer 2 im Werksteam von Ducati und wir würden bereits darauf wetten, dass er dies bleibt. Zwei Runden vor Schluss in Lauf zwei führte der Italiener noch mit rund 3 Sekunden vor Toprak. Der Türke sah die Zielflagge jedoch knapp vor ihm und alle fragen sich, wie so etwas möglich sein soll, ohne dass Rinaldi absichtlich vom Gas ging, um die Yamaha Speerspitze noch absichtlich passieren zu lassen. Damit könnte der Ducati Pilot eine weitere nach Runde 6 drohende Reduktion der Maximaldrehzahl erfolgreich verhindert haben, weil nicht zwei Ducatis überlegen gewannen, sondern nur eine. Aus diesem Grund munkeln viele im Paddock von einer Stallorder der Roten.

Der Weltmeister steht bereits so gut wie fest

Im Gegensatz zu den gloriosen Jahren 2015 bis 2020 von Jonathan Rea und Kawasaki hat die aus Sicht vieler Beobachter heutzutage manipulierte Weltmeisterschaft gleich mehrere Schönheitsfehler. Der wichtigste davon ist der Umstand, dass ein Pilot Seriensieger wird, ohne dafür ernsthaft kämpfen zu müssen. Vor allem auch damit verbunden, seine einsame Führung im Zwischenklassement nach 4 von 12 Runden. Bedenkt man zudem, dass Bautista weder in Portimão, noch Aragon oder San Juan ernsthafte Gegenwehr zu erwarten hat, kommt Langeweile auf. Weil die drei genannten Strecken allesamt über endlos lange Geraden verfügen und er dort bereits früher auf der Ducati beinahe nach belieben dominierte, stehen die letzten 3 Runden für seine Konkurrenz unter einem schlechten Stern. Deshalb dürfte bereits nach dem ersten Saisondrittel kaum jemand ernsthaft auf einen anderen Weltmeister tippen, als auf den amtierenden.

Ducati Urgestein und aktueller Riding Coach Chaz Davies 2019 auf der Ducati Panigale V4R vor Jonathan Rea (Kawasaki) und den beiden Yamaha Assen Michael van der Mark und Alex Lowes von uns in der Curva Tosa fotografiert. Nicht im Bild der damalige WM-Leader Alvaro Bautista, welcher auf der Fahrerstrecke nahe dem Ducati Werk von Borgo Panigale (Bologna) empfindliche Niederlagen einstecken musste. Damals schlug sein englischer Teamkollege den Spanier das erste Mal seit Einführung der V4 Ducati. Auf dieser Traditionsstrecke, dem Autodromo Dino e Enzo Ferrari, haben Bautistas Gegner womöglich die besten, wenn nicht einzig richtigen Siegchancen, solange er diese Saison nicht wie im Sprintrennen von Mandalika stürzt.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).