Der IFA (später MZ) – Schreck wurde zum Werksfahrer
Nachdem die IFA-Mannschaft gegen Petruschke und seine von Konstrukteur und Freund Daniel Zimmermann entwickelte ZPH auch 1952 allzu oft verloren hatte, wurde es den Parteifunktionären zu viel des Guten. Man transferierte „Petrus“ samt seinem Konstrukteur Zimmermann am Saisonende nach Zschopau zur IFA, dem „Volkseigenen Betrieb“. Bernhard als Fahrer und Daniel als sein Betreuer. Im Januar 1953 wurde dem Ingenieur Walter Kaaden der Aufbau eines sogenannten IFA „Rennkollektivs“ und die Entwicklung einer neuen Rennmaschine zugeteilt. Der Auftrag Kaadens lautete, Entwicklung einer neuen IFA 125 cm³ Rennmaschine auf die Saison 1953 und zugleich die Produktion von 10 Exemplaren. Diese Production-Racer sollten an diverse Motorsport-Kollektive in der DDR verteilt werden. Die Betriebs-Sport-Gruppen waren danach mithilfe technischer Betreuung der IFA selbst für deren Einsatz verantwortlich.
Die Vorbereitung zur Saison 1953 und die Probleme mit der IFA-Neukonstruktion
Ingenieur Walter Kaaden war ein genialer Tüftler und sollte sich für IFA noch als wahrer Glücksgriff erweisen. Er arbeitete im Krieg in dem Team zur Entwicklung der sogenannten V2-Vergeltungswaffe mit. Diese wurde unter der Leitung von Wernher von Braun entwickelt und kam im Zweiten Weltkrieg ab 1944 in großer Zahl zum Einsatz. Aufgrund der mangelnden Zielgenauigkeit war die Wirkung dieser Rakete allerdings von bescheidener strategischer Wirkung. Das IFA-Werksteam mit Erhart Krumpholz und Horst Fügner wurde mit „Petrus“ und dem jungen Siegfried Haase verstärkt. Die kurze Zeit bis zum Saisonbeginn reichte nur zur Herstellung von 3 neuen Maschinen, weshalb Petruschke seine ZPH weiter einsetzen durfte. Dies sollte sich für ihn sogar als Vorteil erweisen, auch weil er nun Zugriff auf Maschinen, Werkzeug und Teile der in Zschopau beheimateten IFA hatte.
Hohe Konstanz war gefragt
Insbesondere aufgrund der viel zu kurzen Entwicklungszeit sollte die IFA-Eigenkonstruktion zu Beginn noch an zahlreichen Kinderkrankheiten leiden. Bernhard war auf seiner ZPH immer noch sehr konkurrenzfähig und vor allem war sein von Daniel Zimmermann entwickelter Eigenbau wesentlich ausgereifter und dadurch standfester. So kam es, dass er mit dem offiziell als IFA bezeichneten ursprünglichen Motorrad in der Regel wesentlich konstanter war, als die auf der neuen Maschine startenden Teamkollegen.
DDR-Meisterschaft 1953
Nachdem „Petrus“ wesentlich öfter das Ziel erreichte, als die Kameraden, sah es für ihn auch in der DDR-Meisterschaft bald sehr gut aus. Es soll dadurch auch das ein- oder andere Mal im „IFA Rennkollektiv“ zu Spannungen gekommen sein. Petruschke konnte dies egal sein, er hatte eine so konstante Saison wie bisher noch nie. Auf dem Sachsenring gewann zwar Horst Fügner, aber hinter dem 30-jährigen Chemnitzer holte er den zweiten Platz. Diese Klassierung hatte er davor bereits beim Bäder-Rennen in Stralsund geschafft. Mit Rang 2 hinter IFA-Teamkollege Siegfried Haas sicherte sich Bernhard auf dem Schleizer Dreieck im Alter von stolzen 43 Jahren den lange ersehnten Titel des DDR-Meisters in der 125 cm³ Klasse.
Die Saison 1954 – mit frühem Sieg auf der IFA
Mit dem DDR-Meistertitel im Rücken ging es für Bernhard Petruschke im Jahr darauf darum, diesen Titel möglichst zu verteidigen. Seine stärksten Gegner waren im selben Team, an deren Spitze Krumpholz und Fügner. Aber auch Siggi Haas war nicht zu unterschätzen, als Sieger auf dem Schleizer Dreieck Rennen von 1953. Beim Leipziger Stadtpark-Rennen hatte sein Teamkollege Erhart Krumpholz einen sehr schlechten Start. Seine IFA wollte nicht anspringen, während „Petrus“ prima wegkommen war, gefolgt von Fügner danach auch die Führung übernahm. Erhart startete eine famose Aufholjagd, aber weiter als bis auf Platz 5 kam er bis zum Ziel nicht mehr. Bernhard siegte am Ende zum zweiten Mal im „rund um das Scheibenholz“ Rennen der 125-er, knapp vor Horst Fügner. Mittlerweile waren 15 Stück der IFA fertiggestellt worden und auch Petruschke hatte für die Saison 1954 eine davon erhalten.
Der Achtungserfolg in Westdeutschland
Auf dem Nürburgring ging es am 23. Mai zum Eifelrennen. Beim auf der Nordschleife ausgetragenen Rennen waren die NSU-Werksfahrer unschlagbar und es gewann der Österreicher Rupert Hollaus. Doch mit den Plätzen 4 und 5 von Fügner und Petruschke verblüffte IFA die internationale Konkurrenz mit einer überraschend starken Leistung. Selbst MV Agusta Pilot Herbert Luttenberger hatte gegen die beiden DDR Fahrer auf dem IFA Drehschieber-Zweitakter keine Chance. Im April hatte der Westdeutsche erst noch den Sieg beim Dieburger Dreiecks-Rennen in Hessen mit seiner 125-er MV geholt. Am 18. Juli war es dann Horst Fügner, der den ersten Sieg in Westdeutschland für IFA schaffte. Beim Feldberg-Rennen im Taunus gewann der Chemnitzer vor Karl Lottes (BRD, MV) und Krumpholz. „Petrus“ hatte einen weniger glücklichen Tag auf dem Oberreifenberg und kam nicht über Rang 11 hinaus.
Höhepunkt der hervorragenden Saison in der DDR-Meisterschaft
Nach seinem 125 cm³ Titel im Vorjahr war für Petruschke natürlich die DDR-Meisterschaft mit sein wichtigstes Anliegen. Am 13. Juni hatte er auf der Autobahnspinne Dresden Rang 2 geholt. Im Vorjahr war er nach dem bestbesuchten Rennen in der DDR als Zweiter auf dem Podium gestanden. Die Saison 1954 brachte auf dem Sachsenring nun die Krönung mit dem Höhepunkt vielleicht seiner ganzen Karriere. Den 23. August dieses Jahres dürfte Petruschke Zeit seines Lebens nicht mehr vergessen haben. Im international jeweils stark besetzten Heimrennen vor hunderttausenden von Zuschauern trug sich „Petrus“ mit dem Sieg auf der Strecke in Hohenstein-Ernstthal in die Geschichtsbücher ein. Es folgten ein fünfter Platz in Hannover und der Sieg nur eine Woche danach auf dem Schleizer Dreieck am 12. September. Es war geschafft, Bernhard hatte seinen 125-er Titel als DDR-Meister gegen starke Konkurrenz aus dem eigenen Team verteidigt!
Weiter siehe Teil 5 der Story über Bernhard Petruschke..