1955 – die letzte Saison als Rennfahrer
Im Team von IFA war in diesem Jahr ein neues Gesicht dazugestoßen. Nebst den beiden Altmeistern Petruschke und Krumpholz sollte in dieser Saison vor allem Horst Fügner aufblühen, aber auch der neu für IFA antretende Ernst Degner sorgte für Furore. Sechs Jahre später wurde dieser unter skandalösen Umständen zum Republik-Flüchtling, siehe dazu unsere separate Story über ihn unter History. Bernhard Petruschke war sich bewusst, dass er mit bereits 45 Lenzen nicht mehr ewig Rennen fahren würde. Sein geliebter Sport hatte allein in den ersten 10 Jahren seit dem 2. Weltkrieg bereits über 120 Todesopfer auf den Kursen dieser Welt gefordert. Auch wenn vor allem Fügner mittlerweile kaum mehr zu schlagen war, der „alte Haudegen“ wollte es nochmals wissen und beweisen, wozu er immer noch fähig war.
Verpasste Chancen beim Saisonauftakt – dann der Höhepunkt
Am 22. Mai beim Start in Sankt Wendel hatte Petruschke Pech. Seine IFA wollte nicht anspringen und während das Feld auf- und davon gefahren war, hetzte er chancenlos auf eine Spitzenplatzierung hinterher. Fügner holte Platz 4 und Krumpholz wurde Sechster, während Bernhard nicht über Rang 11 hinauskam. Der Sieg beim Preis des Saarlandes ging an den Schweizer Luigi Taveri auf MV Agusta. Zum Höhepunkt der Saison wurde für Bernhard der 26. Juni 1955, ein Tag den er wohl Zeit seines Lebens nie mehr vergessen sollte. Beim GP von Deutschland auf der Nürburgring-Nordschleife schrieb Petruschke für IFA und den DDR-Sport Geschichte, als er sich im 125 cm³ Rennen mit Platz 5 zwei WM-Punkte sicherte. Teamkollege Krumpholz hatte mit Rang 6 sogar einen weiteren Zähler beigetragen. Die Zschopauer Delegation war überglücklich und der Beweis für die Konkurrenzfähigkeit des Einzylinder-Zweitakt-Renners somit endgültig bewiesen.
Pech beim Halle-Saale Rennen und versöhnlicher Saisonabschluss
Nach dem Start auf der Halle-Saale Schleife hatte zuerst der westdeutsche Karl Lottes auf seiner MV Agusta geführt. Doch der mehrfache deutsche Meister aus Marburg hatte Pech und schied in der 6 Runde mit einem Zündkerzen-Schaden aus. Nun führte „Petrus“ vor seinen beiden Teamkollegen Fügner und Krumpholz das Rennen an. Doch kurz danach blieb auch er aufgrund eines technischen Defekts liegen. Somit ging der Sieg am 3. Juli 1955 einmal mehr an Horst Fügner, der die Ziellinie knapp vor Teamkollege Erhart Krumpholz kreuzte. Beim Rennen auf dem Schottenring gewann erneut Fügner und Bernhard gelang wenigstens der vierte Platz. Auf der Solitude holte sich Petruschke hinter Fügner mit Rang 3 sein letztes Podium im Ausland. Besonders versöhnlich dürfte für den aus Grünberg bei Schlesien (heute Zielona Gora in Polen) stammenden IFA Piloten der dritte Platz auf dem Sachsenring gewesen sein. Nach 2 Titeln in Folge in den beiden Jahren davor wurde er 1955 von Horst Fügner als 125 cm³ DDR-Meister abgelöst.
Die weitere Karriere und das lange Leben
Bernhard Petruschke amtierte nach seiner aktiven Rennfahrer-Karriere noch einige Zeit als Rennleiter bei IFA-MZ. Er durfte in dieser Funktion auch einige Male ins Ausland reisen, was in der DDR natürlich ein besonderes Privileg darstellte. Ohne den Krieg hätte „Petrus“ womöglich mehrere Weltmeisterschaften erreicht oder zumindest in den vorderen Positionen abgeschlossen. In den Jahren 1938 und 1939 war er zweimal Vize-Europameister geworden (die WM gab es erst ab 1949). Nach dem Krieg krönte der Kleinmachnower den zweiten Teil seiner Rennfahrer-Laufbahn mit zahlreichen Siegen und zwei DDR-Meister-Titeln in der 125 cm³ Klasse. Im Arbeiter- und Bauernstaat war er ein Idol der frühen 50-er Jahre auf 2 Rädern. Bernhard Petruschke verstarb im hohen Alter von 94 Jahren am Neujahrstag 2005 in seiner Wahlheimat Kleinmachnow.