Johann Zarco (Pramac Ducati Racing) war zum vierten Mal in sieben Rennen bester Ducati Pilot und er steckte die selbst aus Sicht seiner Gegner unsinnige Benachteiligung in Mugello im GP danach einfach weg und gewann um ein Haar.

Nach dem schwarzen GP von Italien ein grauer in Katalonien

Bestimmt nicht nur für uns Berichterstatter folgte dem schwarzen Wochenende von Italien ein graues in Montmeló. Auf der im von Industrie dominiertem Gebiet des Vororts von Barcelona liegenden Strecke kam es zu unzähligen schlimmen Momenten für eine Vielzahl von Fans, Teams und Fahrern. Allen voran den beiden auf Rang 3 ins Ziel gekommenen Piloten des Moto3 und MotoGP Rennens. Erneut bekamen die unzähligen kritischen Stimmen an den neu eingeführten Track-Limits und anderen fragwürdigen Bestrafungen der selbstherrlichen FIM-Stewards dabei recht. Wenn an einem Wochenende zwei von drei Rennen nicht wie mit karierter Flagge abgewunken gewertet werden, hört definitiv jeder Spaß auf.

Deniz Öncü (Red Bull KTM Tech 3) vor Andrea Migno (Rivacold Snipers Team) fuhr auf Platz 4 übers Ziel – aber nach einer sogenannten „Track-Limit-Violation“ profitierte der junge Türke von der Bestrafung des eigentlich vor ihm liegenden Jaume Masia, der damit ein sicher geglaubtes Podium vor heimischem Publikum verpasste.

Pleiten und Pannen wohin man blickt
Schon vor dem ersten Start passierte die erste Peinlichkeit des Tages. Ohne Bekanntgabe der Begründung sahen die MotoGP App-Abonnenten lediglich eine Einblendung anstelle der ersten Bilder der Moto3 mit dem Hinweis, der Start sei um 5 Minuten verschoben. Daraus wurde am Ende rund weit über eine Viertelstunde und nicht einmal vor Ort wussten alle, was vor sich geht, sowie weshalb und bis wann die Verzögerung dauern werde. Aber auch nach den Rennen ging es munter so weiter. Gleich zweimal wartete man gefühlt Stunden, bis die Resultate von Moto3 und Moto2 offiziell veröffentlicht wurden.

Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha) war ausser sich vor Enttäuschung, nachdem er mit allen möglichen Problemen kämpfend, doch noch als dritter die Zielflagge gesehen hatte. Bei ihm war es eine weitere fragwürdige Entscheidung der Stewards, weil er sich angeblich zwischen Turn 1 und 2 einen Vorteil geholt hatte. Selbst jeder Zuschauer sah von blossem Auge jedoch, dass dem nicht so war. Vor allem ist der Long-Lap Penalty Bereich einer Strecke bestimmt keine Abkürzung, was die Anwendung der Zeitstrafe für den Franzosen ad absurdum führt.

Die Meinungen der meisten Fahrer dazu sind klar

Miguel Oliveira und Joan Mir verstanden selbst die Welt nach dem Rennen in Mugello nicht mehr. Der Spanier hatte sogar im Interview später zu verstehen gegeben, dass eigentlich nach ihrem Verständnis Johann Zarco hätte zweiter werden müssen. Die Mehrheit der Fahrer reagieren über diese neue Regel mit Kopfschütteln und es ist auch für die Fans und Zuschauer meist nur ein pures Ärgernis. Es gibt Bilder von Joe Roberts als einem der Leidtragenden in Mugello nebst dem Franzosen, wie er die Handschuhe in die Ecke warf und fluchte wie ein Rohrspatz. Es ist absolut nachvollziehbar, dass ein Fahrer in seinem Fall sich völlig betrogen fühlt. Er kämpfte sich auf Rang 3 vor und wurde danach aufgrund einer Regel bestraft, welche auch laut vielen Experten kein bisschen der Sicherheit dient. HRC Test- und Ersatzfahrer Stefan Bradl brachte es kürzlich im Interview auf den Punkt. Der Bayer erklärte, dass es für einen Fahrer überhaupt keinen Sinn ergebe, sich in das Reglement einzulesen. In letzter Konsequenz würde die FIM aus seiner Sicht sowieso oft anders entscheiden, als es eigentlich in den Vorschriften steht.

Das Beispiel aus Mugello beim „Track-Limit-Vergehen“ von Oliveira zeigt, wie nahe dahinter Johann Zarco war, weshalb auch die spätere Begründung, der Abstand dürfe dabei nicht zu klein sein, keinesfalls einleuchten kann. In Tat und Wahrheit liegt Stefan Bradl mit seiner Meinung deshalb absolut richtig und die Stewards machen am Ende sowieso, was sie für richtig halten und niemandem danach einleuchtet.

Das sportliche Geschehen mit vielen Überraschungen

Miguel Oliveira benötigte am Ende ziemlich viel Glück, seinen Sieg noch über die Ziellinie zu retten. Anfänglich hatte der Portugiese vom Chaos hinter ihm profitiert und später war Fabio Quartararo durch ein Handicap eingebremst worden, als er bereits an ihm dran war. Dessen Landsmann Johann Zarco hätte sich den KTM Piloten womöglich noch geschnappt, wie er nach dem Rennen zu Protokoll gab, aber er blieb zu lange hinter Markenkollege Jack Miller stecken. Dieser wurde bis ins Ziel auch noch vom Monster Energy Piloten in Schach gehalten, doch der Franzose wurde aus Sicht vieler Beobachter völlig zu Unrecht nach dem Rennen mit einer Zeitstrafe belegt, wodurch der Australier dritter wurde. Es war ein reichlich chaotisches Rennen, bei welchem zudem die FIM-Stewards einmal mehr nach Mugello mit sehr unpopulären Entscheidungen alles andere als zu überzeugen vermochten. Immerhin konnten sie nichts von der Spannung und Dramatik des Tages nehmen und alles in allem ging es auch trotz vieler Stürze glimpflich aus. Aber schöner Sport war es nicht und dies ist in erster Linie der FIM zu verdanken.

Francesco Bagnaia (Ducati Lenovo) wollte nach seinem Sturz in Mugello offensichtlich keinen weiteren gravierenden Fehler mehr begehen und nach schlechtem Start wurde es der eher bescheidene siebte Rang für den ehemaligen WM-Leader.

Die Lokalmatadoren scheiterten gleich reihenweise
Aleix und Pol Espargaró stammen aus Granollers und somit der unmittelbaren Nachbarschaft des Circuito de Cataluña. Der ältere der beiden „Spargel-Brüder“ stürzte in sieben Rennen bereits das sechste Mal und der jüngere erhöhte seine Marke von 2 auf 3, womit er beim nächsten Crash bei exakt 50 Prozent liegen würde. Nebst Valentino Rossi und Danilo Petrucci landete auch Marc Marquez im Kiesbett. Bei ihm ausgerechnet vor heimischem Publikum und zum bereits vierten Mal im dritten Rennen in Folge nach Le Mans (mit 2 Crashes) und Mugello. Wenig später reihte sich auch noch Iker Lecuona in die Reihe der gescheiterten Lokalmatadoren, womit es an diesem Tag derer vier waren. Mit Alex Rins war ein weiterer von ihnen zusätzlich bereits am Donnerstag gestürzt, aber mit dem Rennrad und er will nach seiner Zwangspause auf dem Sachsenring wieder mit dabei sein.

Marc Marquez (Repsol Honda) erneut im Kiesbett – der Katalane sorgte mit seinem vierten Rennsturz seit Le Mans in Folge für einen Doppelausfall seines Teams, welches dringend Punkte benötigt hätte anstatt verschrottete Bikes.

Das Resultat des siebten MotoGP Rennens der Saison in Montmeló

Nur gerade 15 Fahrer sahen die Zielflagge und damit so wenig wie in dieser Saison noch nie. Damit sammelten vor allem die Honda Fahrer Nakagami und Alex Marquez, sowie alle Rookies mal wieder wichtige Punkte. Wer deutlich unter den Erwartungen blieb waren vor allem Joan Mir, Francesco Bagnaia, Brad Binder und Franco Morbidelli. Auch Maverick Viñales hätte sich bestimmt mehr erhofft als Rang 6, aber es waren erneut wichtige Punkte und er verlor in der WM zumindest keine Positionen. Auf der anderen Seite verliert er zusammen mit Mir so natürlich gegenüber den vordersten im Zwischenklassement weiter an Boden. Mehr Details zum Verlauf des Wochenendes siehe in unseren Liveblogs von Freitag bis Sonntag. Am Abend erhielt Quartararo übrigens noch eine zusätzliche Zeitstrafe mit einer absolut haarsträubenden Begründung. Mehr dazu siehe in unserem Bericht „FIM spielt Gott“.

In Summe kann es Fabio Quartararo nach dem heroischen Kampf allen Widrigkeiten zum Trotz danach so sehen, als wurden ihm von den Stewards in Summe 6 WM-Punkte gestohlen, aber trotzdem behält der junge Franzose die Führung im Zwischenklassement und ist für viele nun erst recht der Held des GP von Katalonien.

WM-Stand in allen 3 Klassen nach WM-Runde 7 auf einen Blick

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).