Am 12. April jährt sich der Geburtstag von Arthur Geiss
Nicht wenige Stimmen behaupten, der beliebte Fahrer mit der Statur eines Jockeys sei der Grund, weshalb der Hockenheimring gebaut wurde. Als unbestritten gilt zumindest die Tatsache, dass der kleine Mann aus Pforzheim im Südwesten Deutschlands einen gewaltigen Boom auslöste, was die Begeisterung für den Rennsport betraf. Geboren wurde Arthur am 12. April 1903 in Hockenheim als fünfter Sohn von Abraham und Margarete Geiss geboren. Der Vater war Mechaniker und Fahrlehrer und er betrieb dort eine Reparaturwerkstatt. So kam auch der Junior zu diesem Beruf und dadurch früh in Kontakt mit Motorrädern. Einige Zeit danach wechselte er in den Betrieb seines Bruders Wilhelm, welcher in Pforzheim ebenfalls eine Werkstatt führte, die auf Motorräder spezialisiert war.
Die ersten Schritte im Rennsport Anfänglich beteiligte er sich an kleineren Veranstaltungen in seiner Umgebung und im Alter von 20 Jahren soll er in Karlsruhe sein erstes Rennen gewonnen haben. Wir haben unser riesiges Archiv durchsucht und alles abgeglichen mit den Informationen, welche im Internet zu finden waren. Prompt gab es dort widersprüchliche Daten, weshalb wir nur in unsere Statistik aufnahmen, wozu es mehrere übereinstimmende Quellen gibt. Wie so oft waren dabei Angaben aus Wiki teils eindeutig falsch und widerlegbar. Aber der erste Rennsieg 1923, respektive zwei gelten so weit als unbestritten. Arthur hielt es nicht lange in Pforzheim. Nur wenige Zeit nach seinem ersten Erfolg auf der Rennstrecke wurde er von DKW, einer der führenden Firmen im Kleinmotorradbau im sächsischen Zschopau unterstützt. Nach zahlreichen Siegen und Podiumsplatzierungen wurde er als Werksfahrer eingestellt.
Der junge DKW Werksfahrer DKW ist übrigens die Abkürzung für Dampf Kraft-Wagen. Nun galt es für Arthur, auf den Strecken in Deutschland und später ganz Europa die Leistungsfähigkeit deren Produkte unter Beweis zu stellen. Die Konkurrenz war sogar im eigenen Lager sehr stark, vor allem mit dem Chemnitzer Walfried Winkler hatte der junge Schwabe einen ebenbürtigen Gegner, vor aber auch guten Freund gefunden. Zwischen all den Rennen, Reisen und Erfolgen fand Arthur auch noch die Bekanntschaft seiner späteren Gemahlin. Im Jahr1926 heiratete seine Frau Rosa und wurde im Laufe der nächsten Jahre Vater von drei Kindern (Edith, Günther und Arthur jun.).
Die Erfolge von Geiss wurden zunehmend internationaler In Deutschland hatte sich Arthur beim Solituderennen, sowie beim 24-Stundenrennen auf der Opelbahn und beim Nürburgring-Eröffnungsrennen bereits einen klingenden Namen geschaffen. Dazu kamen auch im Ausland Erfolge wie beispielsweise am Klausenpaß-Rennen, beim Kilometer in Basel (beide in der Schweiz) und in Maribor im heutigen Slowenien. Von den heute noch bekannten Strecken kamen Siege in Schleiz, auf dem Nürburgring, Spa-Francorchamps in Belgien und auch im königlichen Park von Monza dazu. Auch in Budapest war Geiss erfolgreich und beim Großen Bergpreis am Schauinsland bei Freiburg im Breisgau feierte ihn das Publikum wie einen kleinen König. Selbst in den Niederlanden auf dem Circuit van Drenthe, der sogenannten Dutch TT in Assen, gewann der kleine Schwabe für das Zschopauer Werk.
Die Jahre 1923 bis 1931 in Zahlen – über 60 Siege innert 9 Jahren
Das Problem mit der Zuverlässigkeit in den 1920-er und 30-er Jahren
Selbst Werksfahrer fielen unzählige Male aus und so erwischte es auch oft genug den Schwaben auf seiner DKW, der meist in der 175 cm³ Klasse und bis 250 cm³ für die Zschopauer Firma ins Rennen ging. Viel öfter als durch Stürze war es meist die Technik, welche den Fahrern einen Streich spielte. Mit den typischen Belegen für deutsche Gründlichkeit gab es dazu damals sogar Auswertungen, wie das nachfolgend abgebildete Beispiel aus einer Motorzeitschrift, welche im ganzen Land Verbreitung fand. Ähnliche Erfahrungen sollten auch viele Fahrer in den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg noch machen, siehe auch Beispiele wie in der Karriere von Bill Ivy in unserer History.
Das Heimrennen und der Umzug nach Sachsen
1935 zog Arthur Geiss nach Adelsberg bei Chemnitz um, wo auch seine Kollegen und Freunde Walfried Winkler und Ewald Kluge wohnten. Man sprach beim Vorort der drittgrößten Stadt Sachsens nach Leipzig und Dresden schon bald vom „Rennfahrerdörfchen“, aufgrund seiner berühmten Einwohner. Aber auch in der Heimat hatte man ihn nicht vergessen und 1932 war bereits das Hockenheimer Dreiecksrennen lanciert worden. Auf einer damals 12 Kilometer langen Strecke, angelegt auf unbefestigten Waldwegen, war am 29. Mai 1932 zum ersten Mal zum ersten Mal um die Wette gefahren worden. Rund 60-Tausend Zuschauer sollen damals die Strecke gesäumt haben. Unter frenetischem Beifall gewann der Lokalmatador sein Heimrennen in der 250 cm³ Klasse. Es sollte der Beginn einer Jahrzehntelangen immer bekannteren Veranstaltung sein, für welche später sogar eine permanente Rennstrecke entstand.
Die zahlreichen Meisterschaften für Arthur Geiss
Nebst einer Vize-Europameisterschaft 1927 sammelte der Schwabe insgesamt 6 Titel als Deutscher Meister in den beiden kleineren Klassen. Als 1935 sogar die Europameisterschaft folgte, ernannte die Stadt Hockenheim ihren berühmten Sohn zum Ehrenbürger. Bezüglich des sportlichen Wertes des Europameistertitels ist zu bedenken, dass Weltmeisterschaften erst ab 1949 ausgetragen wurden. In den ersten 3 Jahren sollten jedoch deutsche Fahrer dabei gar nicht zugelassen werden. Zudem wurden in dieser Zeit in der kleinen Klasse nur 3, respektive 1951 vier Läufe ausgetragen. Deshalb waren Vorkriegs-EM-Titel wie derjenige von Geiss umso mehr wert.
Weitere Highlights in der Karriere des Baden-Württembergers Wie eingangs unserer Zusammenfassung über seine Karriere erwähnt, hatte Arthur Geiss bereits 1927 auf der Opel-Bahn einen Geschwindigkeitsrekord für DKW aufgestellt. 1933 schaffte er in Tat (Ungarn) mit 161,46 km/h einen neuen Weltrekord in der 250 cm³ Klasse für die Zschopauer. Bis zum Jahr 1935 stellte er zusammen mit Walfried Winkler mehrere neue Rekorde für DKW auf. Mit seiner geringen Körpergröße und dem geringen Gewicht war der Mann mit der Statur eines Jockeys dafür natürlich wie geschaffen. Seine Haltung auf dem Bike wurde als einzigartig beschrieben und wer wie er weit mehr als die Hälfte seiner bestrittenen Rennen gewann, stand ausserhalb jeder Kritik. Es gab in seiner Zeit nur sehr wenige, die ihm das Wasser reichen konnten. Es ist nicht eindeutig überliefert, wie weit er auf die Weiterentwicklung bei DKW Einfluss hatte. Man darf aufgrund seiner Erfolge jedoch davon ausgehen, dass der kleine Mann aus Hockenheim mit seinem technischen Verständnis genauso wie mit seiner Fahrkunst sehr viel zu den unzähligen Siegen bei, welche er für die Zschopauer errungen hatte.
Das abrupte Karriereende kam nicht durch einen Renn-Unfall Für einen der waghalsigsten und schnellsten Fahrer seines Landes und von ganz Europa war es eine Ironie des Schicksals, dass das Aus für den DKW Werksfahrer nicht auf der Rennstrecke kam. Vielmehr verletzter er sich bei einem Verkehrsunfall, der ausgerechnet bei seiner Fahrt zu einer Siegerehrung im Herbst 1936 passierte. Am 6. November 1936 waren die Rennfahrer des DKW-Teams mit ihren Maschinen auf der Fahrt von Zschopau nach Chemnitz zu einer Siegerehrung. Geiss kannte die Strecke bestens und die Straße war trocken, daher waren sie mit ziemlichem Tempo unterwegs. Bei Geiss löste sich die Wasserablassschraube am Kühler, das Hinterrad rutschte weg, Arthur fing die Maschine zuerst noch einmal ab, konnte den Crash am Ende aber nicht verhindern.
Die Folgen verhinderten seine Rückkehr auf die Rennstrecken Eine schwere Verletzung am linken Arm, ein Kniegelenkbruch und eine Menge Fleischwunden waren das Resultat seines Unfalls. Seine dabei zugezogenen Verletzungen machten einen 15-monatigen Krankenhausaufenthalt in einer Klinik bei Berlin erforderlich. Danach war sein linker Arm derart in seiner Funktion eingeschränkt, dass er deshalb seine Rennfahrerkarriere aufgeben musste. Dies war extrem hart für den schnellen kleinen Mann und er hatte laut eigener Aussage lange daran zu knabbern. Nie mehr sollte der nur 163 cm messende Hockenheimer danach an einem Wettbewerb teilnehmen. Nachfolgend die Resultate der zweiten Hälfte seiner Rennfahrer-Laufbahn.
Die Jahre nach dem Rennsport für Arthur Geiss
Der „Jockey aus Pforzheim“ gab nach seinem Rücktritt als Rennfahrer sein Wissen noch einige Zeit als Betreuer jüngerer Fahrer weiter. Von der DKW-Besitzerin Auto-Union als Betreuer der Nachwuchsfahrer im Renndienst und Innendienst eingesetzt, war er für viele jungen Talente eine wichtige Bezugsperson. Nach Kriegsende verließ Geiss Adelsberg wieder und zog zuerst nach Brake (Unterweser, südlich von Bremerhaven) und später nach Zaisersweiher (nordöstlich von Pforzheim), wo er eine Reparaturwerkstatt für DKW-Motorräder eröffnete. Er war dadurch mit seiner Familie rechtzeitig aus der sowjetisch besetzten Zone in den Westen geflohen. In der Schützinger Straße betrieb er sein Geschäft und blieb auch damit seinem ehemaligen Arbeitgeber treu, indem er ab dann DKW-Motorräder verkaufte und reparierte. Er starb im Alter von knapp 79 Jahren am 5. Februar 1982. Nach ihm wurde in Hockenheim die Arthur-Geiss-Straße benannt.
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