Yamaha Cup auf dem Schleizer Dreieck 1990 vor imposanter Zuschauerkulisse und bei prächtigem Wetter. Mitten im Pulk mit dabei auch der junge Stefan Kiefer.

Zum Gedenken an den vor 3 Jahren verstorbenen Teamchef

Am 27. Oktober 2017 machte eine traurige Nachricht die Runde im MotoGP Paddock. Völlig überraschend verstarb der ehemalige Teamchef von Stefan Bradl am Wochenende des Malaysia Grand Prix von Sepang in seinem Hotel. Die Ursache war ein Herzinfarkt und womöglich hatte ihn der anstehende Verkauf seines Rennstalls stärker belastet, als sich der Deutsche anmerken liess. Nach zwei WM-Titeln 2011 in der Moto2 und 2015 in der Moto3 in einem Joint Venture mit Leopard Racing war das Team nicht zum ersten Mal in finanzielle Nöte geraten. Nach dem Tod seines Bruders führte Stefan Kiefer das Racing Team noch zwei Jahre in der Moto2 weiter, bevor die IRTA und Dortna sich zu dessen Rauswurf entschied.

Stefan Bradl am Start zum Jerez GP 2019 auf HRC Honda – der Bayer war 2011 im Team von Stefan und Jochen Kiefer Moto2 Weltmeister geworden.

Wie alles für Kiefer Racing begann – mit dem Rennfahrer Stefan Kiefer

Yamaha Castrol Cup auf dem Schleizer Dreieck 1990 – letzte Ausgabe des Rennens in der DDR, vor der Wiedervereinigung.

Zuerst Rennfahrer, später Teamchef
Der Kiefer Racing Team Gründer war selbst von 1989 bis 1994 als Rennfahrer unterwegs. Der am 17. November 1965 in Bad Kreuznach südwestlich von Main geborene Stefan fuhr 1990 in seiner 2. Saison im Yamaha Castrol Cup. Wesentlich erfolgreicher war Stefan später als Teamchef, zusammen mit seinem Bruder Jochen im eigenen Renn-Team. In seiner Blütezeit holte Kiefer Racing unter seiner Leitung 2 WM-Titel. Den ersten 2011 mit Stefan Bradl in der Moto2 und Nummer zwei in der Saison 2015 mit Danny Kent in der Moto3. Aus der Zeit, als Stefan noch selbst als Rennfahrer im Yamaha Castrol Cup angetreten war, nachfolgend das Interview mit dem damaligen Fahrer. Es wurde nach dem Cup-Rennen von 1990 auf dem Schleizer Dreieck mit dem jungen Rennfahrer Stefan Kiefer geführt.

Das Porträt-Foto von 1990.

Interview mit dem 4. des Yamaha Castol Cups – Stefan Kiefer
Man wollte nicht immer nur die ersten eines Rennens interviewen, sondern auch einmal einen Vierten eines Rennens zu Wort kommen lassen. Hier das Interview mit Stefan Kiefer, nach dem Rennen zum Yamaha Castol Cup:
Stefan, wie waren Deine Eindrücke vom Rennen auf dem Schleizer Dreieck?
Stefan Kiefer:
„Klasse, es macht Spaß hier zu fahren. Bei Vollgas wird es allerdings ein bisschen eng auf der Strecke.
Der Yamaha Castrol Cup war zum ersten Mal in der DDR zu Gast. Dass Sie Yamaha-Motorräder fahren, ist klar – aber was für Maschinen sind das konkret?
Kiefer: „Es sind 250er mit Zweizylinder Motoren, sechs Gängen und Deltabox-Rahmen. Knapp über 200 km/h sind mit diesen Motorrädern drin.“

Yamaha TZ 250 von 1990, der käufliche Production Racer leistete mit seinem wassergekühlten Zweizylindermotor über 70 PS.

Der Bekanntheitsgrad dieses Cups und seiner Fahrer ist in der DDR natürlich noch nicht so groß. Machen Sie deshalb bitte für unsere Leser ein paar persönliche Angaben.
Kiefer: „Gerne, ich bin 24 Jahre alt, von Beruf Bürokaufmann und komme aus Bad Kreuznach.“
(die Red.: südwestlich von Mainz gelegen). „Nach dem Fachabitur begann ich ein Betriebswirtschaftsstudium, das ich allerdings unterbrochen habe. Aber nicht, weil es mich nicht interessierte, sondern um Rennen zu fahren.“

Was Nachwuchsfahrer besonders interessiert, wie wird man Yamaha Cup Fahrer?
Kiefer: „Um diese Rennen zu fahren, ist eine B-Lizenz nötig. Das Motorrad kostet inklusive Startgeld 10‘400 D-Mark, das ist doch ein kostengünstiger Einstieg.

Ein Satz zu Schleiz, bitte.
Kiefer: „Es war mit Sicherheit die schönste Siegerehrung.“ (die Red.: offensichtlich wurden damals nicht nur die ersten 3 des Rennens geehrt, sondern auch die dahinter klassierten Fahrer) „Für unsere Verhältnisse waren extrem viele Leute an der Strecke. Überhaupt – die Anteilnahme der Öffentlichkeit war riesig.

Mit Kiefer Racing das Engagement im Spitzenrennsport

Stefan (links) und sein Bruder Jochen Kiefer – ein erfolgreiches Duo mit einem langjährigen Engagement im Nachwuchs- und Spitzenrennsport.

Einstieg in den Rennsport als Team
Stefan Kiefer betrieb zusammen mit seinem Bruder Jochen ein Motorradgeschäft in Isar-Oberstein. Im Jahr 1998 gründete er zusammen mit seinem Bruder das Team Kiefer Racing. Gestartet wurde in der IDM (Internationalen Deutschen Meisterschaft) in der 250-er Klasse, mit Christian Gemmel als Fahrer. Vier Jahre später gelang mit ihm der Titelgewinn, was Lust auf höhere Ziele im Team weckte. Auf die Saison 2003 erfolgte der Einstieg in die Motorrad-Weltmeisterschaft. Beim Heimrennen 2006 auf dem Sachsenring holte der Australier Anthony West Platz 7 in der 250 cm³ Kategorie, als bis dahin bestes Resultat. Im Jahr darauf wechselte man in die 125-er Kategorie und auf die Saison 2008 wurde nach dem ersten Jahr Stefan Bradl als Fahrer verpflichtet.

Die Gebrüder Kiefer mit ihrem erfolgreichsten Fahrer Stefan Bradl – dem Moto2 Weltmeister von 2011.

Die besten Jahre und der Beginn der Krise
Ein Jahr später folgten mit dem jungen Bayern die ersten Siege. Mit ihm als Piloten erfolgte 2010 der Wechsel in die Moto2. Stefan Kiefer war ab 2011 hauptamtlicher Teamchef des Rennstalls. In diesem Jahr holte sich das Team mit Stefan Bradl in der Moto2 den ersten Weltmeister-Titel. 2015 folgte mit Danny Kent (England) in der Moto3 der zweite Fahrer-Weltmeistertitel, Kiefer Racing war für dieses Jahr ein Joint Venture mit Leopard Racing eingegangen. Danach folgte eine schwierige Saison mit den Fahrern Miguel Oliveira (Portugal) und Danny Kent in der Moto2. Nachdem man es in der WM-Endabrechnung mit keinem Fahrer in die Top 20 geschafft hatte, löste Leopard den Vertrag mit Kiefer Racing auf. Für 2017 trat man zuerst mit Kent an, der kurz nach Saisonbeginn wieder ausstieg und Dominique Aegerter als zweitem Fahrer. Der Schweizer schaffte in Misano in diesem Jahr sogar einen GP-Sieg, der ihm später jedoch wieder aberkannt wurde. Bei einer Kontrolle nach dem Rennen wurden illegale Zusatzstoffe im Motorenöl gefunden, welche zur nachträglichen Disqualifikation führten.

Die Sorgenfalten bei Stefan Kiefer waren in den späteren Jahren oft nicht mehr zu übersehen.

Der tragische Tod Stefans in Malaysia

Stefan Kiefer war mittlerweile Vater eines Sohnes und lebte mit seiner Lebensgefährtin in Wilthen, südlich von Bautzen im Bundesland Sachsen. Die Ereignisse mit der Disqualifikation und erneute finanzielle Probleme seines von der Schließung bedrohten Rennstalls hatten ihm gegen Saisonende 2017 stark zugesetzt. Am Wochenende des vorletzten Laufes der MotoGP in Sepang (Malaysia) schockierte eine Nachricht die Motorsport-Welt, die für viele Fans in Deutschland und der ganzen Welt völlig überraschend kam. Wie bekannt gegeben wurde, hatte Jochen Kiefer seinen Bruder Stefan spät am Abend vor dem Rennen tot im Hotelzimmer aufgefunden. Die spätere Obduktion hatte ergeben, dass Kiefer infolge eines Herzinfarktes gestorben war.

Schweigeminute vor dem GP von Sepang mit der Verabschiedung eines langjährigen und allseits sehr beliebten Paddock-Mitglieds.

Nach Stefan Kiefers Tod ging es nur noch bergab

Die weitere Geschichte des von Stefan mit seinem Bruder Jochen gegründeten Kiefer Racing Teams war ein Drama in mehreren Akten. Dauernde Sponsoren-Probleme und eine gescheiterte Übernahme durch einen dubiosen englischen „Geschäftsmann“ aus Wien plagten das nach Stefans Tod von seinem Bruder Jochen geführte Team. In der Saison 2019 platzte die Bombe beim GP von Österreich am Spielberg. Vor dem Rennen wurde der Rauswurf vom Kiefer Racing Team aus der MotoGP zum Saisonende 2019 bekannt gegeben. Die IRTA (Vereinigung der GP Teams unter dem Vorsitz des Tech 3 Teamchefs Hervé Poncharal) und die Dorna hatten ein Machtwort gesprochen und entfernten finanziell angeschlagene Teams aus der Moto2.

Die Supersport WM-Pläne mit Lukas Tulovic (links im Bild) und Thomas Gradinger (rechts) wurden letztlich endgültig abgeblasen. Nachdem viel zu spät mit dem Projekt gestartet wurde und am Ende das Geld dafür angeblich nicht ausgereicht hatte, kam zu Jahresbeginn 2020 die offizielle Meldung vom Rückzug.

Zu lange gezögert – danach das Ende
Zu Jahresbeginn 2020 wurde es leider amtlich, was viele bereits im Herbst befürchtet hatten. Nach dem früh bekanntgegebenen Rauswurf aus der Moto2 wurde viel zu lange zugewartet. Zuerst wollte Jochen Kiefer aufhören und später begann er mit Plänen für einen Einstieg in der WorldSBK. Als klar wurde, dass dafür zu viel Geld fehlte, kam die Idee zur SSP 600 WM. Doch Kiefer Racing Team beerdigte auch dieses Vorhaben. Der Hintergrund war eher dubios, es gab kurz davor sogar noch eine Crowdfunding Aktion. Laut Insidern war das von Kiefer veranschlagte Budget von angeblich einer Million Euro für eine Saison mit 2 Fahrern in der Supersport 600 WM viel zu hoch gegriffen. Etwas mehr als die Hälfte sollte laut Informationen etablierter Teams in der Serie ausreichen. Kiefer Racing hätte sich auch auf die ESS (Europäische Supersport Meisterschaft) ohne die Übersee-Rennen in Australien, Qatar und Argentinien beschränken können. Vor allem beim Heimrennen in Oschersleben am 1./2. August wäre schon ein riesiger Werbeeffekt durch ein im Paddock vertretenes deutsches Team gegeben gewesen. Doch es war das Ende vom Spitzensport für Kiefer Racing und ein ehemals ruhmreicher Name im internationalen Rennsport wurde damit Geschichte.