Leider war der Erfolg von Jonas Folger auf dem Sachsenring in der MotoGP eine Eintagsfliege. Aber immerhin zierte das Foto des Bayern auf der Tech 3 Yamaha im Jahr 2018 das Logo des „Pramac Motorrad Grand Prix Deutschland 2018“.

Die Traditionsrennstrecke in der ehemaligen DDR

Die Ursprünge für das erste Rennen auf dem anfänglichen Kurs auf einer 8,71 km langen Strecke gehen auf das Jahr 1927 zurück. Gefahren wurde auf öffentlichen Straßen, welche auch durch die Kreisstadt Hohenstein-Ernstthal und Hermsdorf in Sachsen führten. Am 26. Mai, dem Himmelfahrtstag sollen über 140’000 Zuschauer dem sogenannten Badberg-Vierecksrennen beigewohnt haben. Der Straßenkurs führte gegen den Uhrzeigersinn durch Hohenstein-Ernstthal nach Norden und verlief in westlicher Richtung parallel zur heutigen A4 Chemnitz–Gera. Auf der heutigen Bundesstraße 180 ging es nach einem Linksknick nach Süden, um danach in der sogenannten Queckenberg-Kurve auf die Zielgerade einzumünden. Nach nur gerade zwei Austragungen musste die Veranstaltung aufgrund von Protesten der Anwohnerschaft zunächst ausgesetzt werden. Ins Feld geführt wurden damals als Begründung vor allem zahlreiche Unfälle.

Karl Gunnar Kalén (links im Bild) mit seinem Landsmann, Freund und Konkurrenten Ragnar „Ragge“ Sunnqvist an der Avus in Berlin im Jahr 1933. Ein Jahr darauf fand der Europameister des Vorjahres den Tod auf dem Sachsenring

Die 30-er Jahre
Die zwischen Zwickau und Chemnitz gelegene Rennstrecke wurde in den 1930-er Jahren nach einer Zwangspause letztlich fester Bestandteil des internationalen Rennkalenders. Im Jahr 1934 wurde erstmals der Große Preis von Deutschland für Motorräder auf dem Sachsenring ausgetragen. Leider gab es dabei drei Todesopfer zu beklagen. Darunter war auch der 500 cm³ Europameister des Vorjahres, Karl Gunnar Kalén aus Schweden, sowie der aktuelle 500er-Europameister Pol Demeuter aus Belgien. Im Jahr 1936 wurden im Rahmen des Grand Prix die Europameister ermittelt. Erst 1937 erhielt der Kurs den Namen Sachsenring. Davor wurden auf dem bis dahin als Sachsenring bezeichneten Grillenburger Dreieck im Tharandter Wald die Rennaktivitäten eingestellt. Ein ursprünglich geplanter Neubau dieses vorherigen „Sachsenrings“ am Pöhlberg bei Annaberg für 1933–1934 war gescheitert. Aus diesem Grund erhielt die Strecke in Hohenstein-Ernstthal seine Namensänderung.

Die Todesopfer der Vorkriegszeit

Der Unfall von Karl Gunnar Kalén
Kaléns tödlicher Unfall wurde viele Jahre später von einem anderen Teilnehmer aus einem südlichen Land (nachfolgend seine Schilderung auf Deutsch übersetzt) folgendermaßen beschrieben: „Es war ein schreckliches Rennen, auf einer engen Strecke und mit sehr schlechtem Straßenbelag. Die deutschen Veranstalter verwendeten Draht zur Absperrung der Strecke, um zu verhindern, dass Zuschauer sich auf die Fahrbahn begeben. Plötzlich der Pilot hinter mir beim Bremsen. Dabei prallte er auf mich und mein Motorrad, wodurch auch ich abgeworfen wurde. Dabei verlor er einige Finger, nachdem seine Finger in die Speichen meines Fahrzeugs geraten waren. Ich zog mir durch den Unfall an meinem rechten Bein schwere Verletzungen zu. Noch schlimmer aber traf es den Schweden Kalén, er verlor die Kontrolle über sein Motorrad und stürzte ebenfalls, wodurch er sich aufgrund des Drahts enthauptete. Auch die beiden Belgier Erik, genannt Noir und Demeuter verloren ihr Leben. Es war ein regelrechtes Massaker!“

Pol Demeuter – der 500 cm³ Europameister von 1934 verunfallte auf dem Sachsenring im selben Jahr tödlich.

Die ersten Nachkriegsjahre
Es dauerte nach dem Zweiten Weltkrieg 4 Jahre, bis im Jahr 1949 das erste Rennen stattfand. In den Nachkriegsjahren waren derartige Motorsport-Veranstaltungen eine sehr gefragte Abwechslung vom meist tristen Alltag, geprägt von immer noch vielen Entbehrungen. So besuchten 1950 angeblich rund 400’000 Zuschauer den Lauf auf dem Sachsenring zur damals noch gesamtdeutschen Motorradmeisterschaft. Ein weiterer Höhepunkt waren die auf dem immer noch 8,71 km langen Kurs ausgetragene Straßenrennen der Straßen-Radweltmeisterschaft 1960. Am 13. August 1961 begann der Bau der Berliner Mauer und die damalige DDR schottete sich vom Westen ab. In erster Linie ging es dabei eher um Fluchtmöglichkeiten der eigenen Bevölkerung, die man damit unterbinden wollte.

Über Zuschauermangel konnten sich die Veranstalter des Sachsenring-Rennens in der gesamten Zeit der Durchführung nie beklagen.

Das erste Todesopfer der Nachkriegszeit – Helmut Arnold
Interessantes steht im Protokoll zum Rennen 1952. An der 8,731 km langen Strecke wurden 1500 Strohballen ausgelegt. Dies war eine Ladung von 15 Eisenbahnwaggons. Helmut Arnold kam mit seinem Gespann zu Sturz und war trotz dieses enormen Aufwands zur Streckensicherung damit das erste Todesopfer seit dem 2. Weltkrieg. Sechs Fußgängerbrücken verbanden Innen – und Außenraum. Eine Holztribüne von 240 m Länge wurde am Ziel erbaut, mit 14’000 Sitzplätzen. Insgesamt 56 Großlautsprecher und weitere 35 in die Bäume verlegte Lautsprecher waren in Betrieb. Rund 800 Agitatoren der SED – Kreisleitung wurden während der Veranstaltung „zum Zweck der politischen Aufklärungsarbeit“ eingesetzt. Der am 22. Februar 1909 geborene und aus Erfurt stammende Helmut Arnold fuhr in seiner Karriere auch Autorennen. Er verlor sein Leben im Alter von 43 Jahren.

Todesopfer auf dem alten Sachsenring nach dem Krieg

Der Motorrad GP der DDR von 1961 – 1972
Der ostdeutsche Motorrad-Grand Prix fand von 1961 bis 1972 statt. Die lokalen Zweitakt-Renner von MZ aus dem nahegelegenen Zschopau waren in dieser Zeit durchaus wettbewerbsfähig. In dieser Zeit erlebte der „alte“ Sachsenring eine wahre Blütezeit. Doch immer wieder wurde die Veranstaltung von tragischen Ereignissen überschattet. So fand 1969 der junge britische Weltmeister und Publikumsliebling Bill Ivy bei einem Sturz im Zentrum von Hohenstein-Ernstthal den Tod.

Die Unfallstelle mit dem Motorrad des tödlich verunfallten Publikumslieblings Bill Ivy – aus einem Zeitungsausschnitt von 1969.

Der Skandal von 1971 und das Ende des GP der DDR
Im Jahr 1971 gewann der westdeutsche Publikumsliebling Dieter Braun auf Yamaha in der 250 cm³ Klasse. Nach dem Sieg des sympathischen Schwaben aus dem Land des „Klassenfeinds“ wurde die westdeutsche Nationalhymne abgespielt. Da dies den in erdrückender Zahl anwesenden ostdeutschen Staatsfunktionären ein Dorn im Auge war, wurden absichtlich mit Ausnahme des Start-Zielbereichs sämtliche Lautsprecher abgestellt. Doch die ostdeutschen Fans sangen die westdeutsche Hymne voller Inbrunst einfach mit. Dies war der Anfang vom Ende der internationalen Veranstaltung. Nach dem GP der DDR 1972 beschränkte sich die Austragung aus politischen Gründen auf ein Rennen, welches auf osteuropäische Teilnehmer beschränkt wurde.

Die Todesanzeige aus dem DDR-Motorsportmagazin Nr. 8 von 1971, mit der traurigen Mitteilung über den Tod des 125 cm³ DDR-Meisters 1968 und 250 cm³ Vizemeisters von 1969: „Günter Bartusch, hier gemeinsam mit Silvio Grassetti (links) unmittelbar vor dem Start zu seiner ersten Trainingsrunde, von der er nicht zurückkehrte. Mit Günter Bartusch verlor der Motorradrennsport der DDR einen seiner befähigsten Fahrer. Er, am 18. April 1943 geboren, begann seine Laufbahn im Motorrad Serienrennsport. Im Zenit seiner sportlichen Laufbahn wurde Günter Bartusch aus unserer Mitte gerisssen. Er wird uns durch seine Leistungen, durch sein bescheidenes Wesen und durch sein hilfsbereites Auftreten unvergessen bleiben.“

Die alte Streckenführung des Sachsenring Rennens

Nachfolgend die Streckenskizze aus einer Zeichnung in einem DDR-Magazin. Oben im Bild befindet sich die heutige Autobahn A4 Chemnitz–Gera. Unten in der Mitte befindet sich der heutige Sachsenring, auf einem Kurs des Verkehrs-Sicherheitszentrums. Rechts eingezeichnet ist die Ortsdurchfahrt durch die Kreisstadt Hohenstein-Ernstthal.

In Kürze folgt Teil 2 mit der Entwicklung bis heute und einigen Statistiken..