Das offizielle Foto beim ersten Event mit Zuschauern an der Strecke – bezeichnenderweise von hinten aufgenommen, weil kaum 20 Prozent der Besucher eine Maske trugen und sie meist eng zusammengepfercht auf kleinstem Raum sitzen mussten, während unzählige Tribünen wie im Hintergrund erkennbar nicht genutzt wurden. Sportlich verpassten die daheimgebliebenen vor allem am Sonntag so gut wie nichts.

Die Resultate der WorldSBK und WSSP wurden am Sonntag nebensächlich

Es war ein schwarzer Sonntag der WorldSKB nach fragwürdigen Pleiten und Pannen der FIM-Stewards, der als weiteres negatives Beispiel in die Geschichte des Motorrad-Rennsports eingehen wird. Beim ersten Events mit Zuschauern an der Strecke kam es zu gleich zwei skandalösen Vorfällen, bei welchen die Funktionäre der FIM eine denkbar schlechte Rolle spielten. Dabei wurde zuerst der WorldSSP 600 Sieger Steven Odendaal um den Gewinn des zweiten Rennens betrogen. Sportlich war es ein absoluter Witz, dass die Stewards dem um den Sieg kämpfenden Südafrikaner kurz vor Schluss einen Long-Lap Penalty aufbrummten. In einem solchen Moment, in dem ein Fahrer im Finish um die Spitze kämpft, hat er nicht die Musse, auf Anzeigen seines Pitboards oder von aussen zu sehen. Daher ist die neue Regel an sich bereits ein absoluter Unsinn. Aber selbst wer die neuen Reglemente gut findet, kann nicht verstehen, was danach im nächsten Rennen passierte.

Das fragwürdige Resultat des zweiten Rennens der WorldSSP 600 in Misano, bei welchem Odendaal als erster über die Ziellinie fuhr, danach aber von den FIM-Stewards mit der Rücksetzung auf P5 um seinen Sieg betrogen wurde. Wieso es ein Betrug am Südafrikaner war, ist nachfolgend beschrieben und wir verzichten deshalb auf einen ausführlichen Bericht zum WSSP-Wochenende, weil der Sport dabei im Hintergrund blieb.
Von 15 Zuschauern trugen auf diesem Bild nur 2 halbwegs korrekt eine Maske – dies eine Aufnahme von vorne am ersten WorldSBK mit Zuschauern an der Strecke. Jedem Virologen dreht sich angesichts der Pandemie dabei der Magen um.

Der Sieger im zweiten WorldSBK Rennen mit demselben Vergehen wie Odendaal – aber er blieb unbestraft
Wie abertausende von Zuschauern live mitverfolgen konnten, beging in Runde drei auch der spätere Sieger in Kurve 12 die exakt selbe Verfehlung wie der Südafrikaner. Es war der direkt vor Johnny Rea fahrende Toprak Razgatlioglu, der mit beiden Rädern eindeutig im grün markierten und damit verbotenen Bereich war. Weil die Regie bei der Live-Übertragung in diesem Moment die Front-Kamera der Kawasaki des Nord-Iren zugeschaltet war, sahen es sämtliche aufmerksamen Beobachter sofort. Ob die Herren Stewards der FIM in diesem Moment gerade ein Sandwich assen oder auf der Toilette waren, ist dabei vollkommen egal. Tatsache bleibt dabei jedoch eindeutig, dass sie eine Bestrafung des Türken danach versäumten und damit Odendaal mit dessen Sanktion betrogen. Damit tragen die Funktionäre der unseligen FIM die Verantwortung an einem veritablen sportlichen Skandal, wofür eigentlich sie der Manipulation bezichtigt und bestraft gehören. Leider gibt es dafür jedoch keine Institution, welche deren Vergehen ahndet und zur juristischen Anklage bringt.

Eindeutiger geht es kaum – Toprak gefilmt von Reas Kawasaki, wie er mit beiden Reifen eine sogenannte „Track-Limit-Violation“ beging. Der Türke war sogar bis zu 10 Zentimeter im grün gefärbten und neuerdings verbotenen Bereich (wozu eigentlich soll das gut sein?) gefahren. Weil Odendaal dafür im Rennen davor bestraft wurde, hätte es auch den Yamaha Piloten zwingend treffen müssen und weil dies verpasst wurde, muss man den WSBK-Sonntag in Misano als sportliche Farce bezeichnen.

Die vielen Verlierer des Sonntags
Zuerst muss an dieser Stelle Chaz Davies genannt werden, der in den beiden ersten Rennen aus eigener Schuld gestürzt war und am Sonntagnachmittag dann auch noch einem technischen Defekt seiner Ducati Panigale V4R zum Opfer fiel. Ausgerechnet beim einzigen Heimrennen seines GoEleven Teams ohne Punkte, dies war ein Desaster für den Waliser und seine Crew. Obwohl dreimal in Folge vierter geworden, gehört auch sein ehemaliger Teamkollege Scott Redding zu den Verlierern. Statt auf WM-Leader Punkte gutzumachen, verlor er weitere sieben und ist dazu noch weiter hinter Toprak als erstem Verfolger des amtierenden Weltmeisters zurückgefallen. Auch BMW war extrem schwach in Misano und vor allem gaben sie damit ihren Skeptikern recht, welche den späten Testbeginn früh kritisiert hatten. Im letzten Rennen des Sonntags war an erster Stelle der Sport größter Verlierer und dazu auch noch sämtliche Fahrer, welche hinter Toprak ins Ziel kamen. Nachfolgend das Resultat mit der Anmerkung zum 2. Rennen.

Jonathan Rea – der makellose

Im Gegensatz zu Ducati und Yamaha ohne vorherigen Test in Misano war von Beginn an klar, dass die Aufgabe für den WM-Leader und sein Team nicht einfach werden konnte. Am Beispiel von BMW und Honda konnte man gut sehen, wie gut Rea, Lowes und deren Crews im Verhältnis zu den anderen beiden ihre Aufgabe lösten. Der amtierende Weltmeister behielt trotz Problemen auch an der Adriaküste eine reine Weste und bleibt der einzige Fahrer, welcher in sämtlichen 9 Rennen auf dem Podest stand. Dazu hat auch noch kein anderer seiner Konkurrenten wie er vier Siege aufzuweisen. Aus diesem Grund führt er die WM immer noch vor Razgatlioglu an, dessen 25 Punkte beim letzten Rennen von Misano jedoch einzig einem Fehler der FIM-Kommissare zuzuschreiben sind. Mit Donington folgt jedoch nun ein Event, bei welchem vor 2 Jahren der Nord-Ire dreimal in Folge vor dem Türken ins Ziel gekommen war.

Jonathan Rea (Kawasaki Racing Team): Im zweiten Rennen fuhr ich mit dem ‚C‘-Hinterreifen, der härteren Option, die ich in Estoril verwendet habe. Durch die Temperaturerhöhung an der Reifenschulter fehlte mir ein wenig Stabilität. Dann habe ich ein bisschen Kantengriff geopfert. Ich wusste am Anfang, dass ich vielleicht auch ein bisschen Kurvenfahren opfern würde, aber im Laufe des Rennens hatte ich das Gefühl, dass ich meine Bremsleistung immer noch halten könnte, was auch funktionierte. Ich wollte vorne dabei sein und kämpfen, aber Toprak hatte einen großartigen Rhythmus. Obwohl ich wie die Hölle kämpfte, verlor ich ein wenig. An das kurze Rennen am Morgen kann mich nicht einmal richtig erinnern! Drei oder vier Runden war ich vorne mit dabei, aber nach der Warnung vor einem Frontend-Slide am Samstag musste ich meine Position einfach akzeptieren. Glückwunsch an Toprak und Michael, sie hatten tolle Rennen. Ich bin im zweiten Rennen All-In gegangen und hatte zwischendurch etwas Mühe, konnte aber zurückkommen und immerhin ein weiteres Podium erzielen.“

Johnny Rea (Kawasaki ZX-10RR) vor seinem im Vorjahr stärksten Herausforderer Scott Redding (Ducati Panigale V4R) – obwohl die Roten im Vorfeld in Misano intensiv getestet hatten, konnte der WM-Leader den Engländer jedes Mal besiegen (© Kawasaki Racing Team).

Alex Lowes (Kawasaki Racing Team):An diesem Wochenende hatten wir bei den heißeren Bedingungen Mühe, wirklich das Gefühl zu finden, das wir wollten. Im Superpole-Rennen fühlte ich mich ein bisschen besser, also haben wir für das zweite Rennen eine Änderung vorgenommen, mit der Balance des Motorrads etwas weiter vorne. Ich dachte, dass es nach der Erfahrung von heute Morgen besser werden würde. Aber es sieht so aus, als ob ich nach sechs oder sieben Runden wirklich Schwierigkeiten hatte, die Kurvengeschwindigkeit zu halten, als die Streckentemperatur über 50 °C stieg. Es war schade, denn nach 12 oder 13 Runden konnte ich sehen, dass Garrett Gerloff mich einholte und ich keine Chance hatte, mit ihm zu kämpfen. Misano ist unter diesen heißen, sonnigen Bedingungen ein besonderer Ort. Ich fühle mich jetzt aber bei hohen viel besser auf andere Strecken vorbereitet, da wir auf der Kawasaki mehr Erfahrung haben.

Kein Schauspieler für die zweite Folge von „der Name der Rose“ sondern Kawasaki Puccetti Pilot Lucas Mahias – der Franzose erlebte ein wechselhaftes Wochenende mit einem Sturz im Superpole Race aber zwei elften Plätzen über die volle Distanz. Im letzten Rennen kam er damit vor Fahrern wie Sykes, Rabat, Laverty und Folger ins Ziel. Das ist in der Tat schlicht Weltklasse! (© Kawasaki Racing Team).

Der Zwischenstand in der Weltmeisterschaft nach 13 Runden

Mit dem besten Saisonauftakt seit 4 Jahren ist Jonathan Rea immer noch der Mann, welchen es zu schlagen gilt. Wie wir bereits vor den Misano Rennen angemerkt hatten, scheint Scott Redding nur schon Probleme zu haben, sich gegen Toprak und Teamkollege Rinaldi zu behaupten, was ihm nun bereits viermal in Folge nicht gelang. Auf den WM-Leader hat der Ducati-Werkspilot nun bereits 45 Punkte Rückstand und auch auf Toprak und Rang 2 fehlen ihm bereits deren 25, weshalb der Druck, welcher auf dem Engländer lastet, mittlerweile beträchtlich ist. Dies gilt auch für die BMW Werksfahrer van der Mark und Sykes, deren Leistungen bisher um Welten unter den zuvor von ihnen und auch deren Management geschürten Erwartungen lagen. Genauso Chaz Davies und Andrea Locatelli, wobei letzterer wieder eine leichte Aufwärtstendenz zeigte, welche er aber bei den nächsten Runden noch bestätigen muss. Ob der Zug für die beiden BMW Privatfahrer Laverty und Folger bereits abgefahren ist, wird sich spätestens in den nächsten beiden Runden von Donington und Assen weisen. Ohne Aufwärtstrend droht den beiden der Rauswurf aus der WSBK.

Der „Misano World Circuit Marco Simoncelli“

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).