Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) beim Aragon Test im Frühling 2021 auf seiner neuen Ninja – nur wenige Tage vor Saisonbeginn wurden die Vorbereitungen der Grünen von einer äusserst verwerflich und aus Sicht vieler Fans durchaus hinterhältig agierenden FIM zunichte gemacht.

Vorschau auf das indonesische WorldSBK Saisonfinale

Die chaotische Planung von FIM und Dorna für MotoGP und WSBK führte wie erwartet zu unzähligen Absagen und Verschiebungen. Die letzten beiden Runden in Argentinien und Indonesien durchzuführen bedeutete für viele Teams und Fahrer aufgrund der horrenden Reisekosten den Verzicht auf deren Teilnahme. Auch die Premiere auf dem neuen Mandalika Circuit auf der Insel Lombok steht unter doppelt schlechtem Stern. Touristen ist die Einreise weiterhin nicht gestattet, es werden keine Visa bei Einreise erteilt. Nur für Bali und Riau gilt seit 14. Oktober 2021 eine Sonderregelung für Touristen aus 19 Ländern, Deutschland gehört beispielsweise aber nicht dazu. Eine derartige Planung grenzt für viele Paddockmitglieder und Fans verständlicherweise an Idiotie. Besonders der Dorna ist dies jedoch egal und auch die Leute von der obersten Motorsportbehörde FIM sind dafür bekannt, dass ihnen keine Dienstreise weit genug gehen kann. Sie sind zudem noch für ein ganz anderes Problem verantwortlich, siehe dazu nachfolgende Tabelle mit den erlaubten Höchstdrehzahlen sämtlicher Fabrikate.

Der amtierende Weltmeister und das „anti Kawasaki Reglement“
Hersteller und Team von Jonathan Rea unternahmen nach 5 Titeln in Folge trotz Corona-Pandemie alles, um ihrem Star eine sensationell starke Waffe zur Titelverteidigung vorzubereiten. Aber sie hatten die Rechnung ohne die Leute der FIM gemacht. Nur die BMW M-1000RR und die neue Kawasaki ZX-10RR Ninja wurden auf die Saison 2021 komplett neu entwickelt. Aber das japanische Fabrikat erhielt trotz aller Anstrengungen keine Erhöhung gegenüber dem alten Modell, was die erlaubte maximale Drehzahl betrifft. Nicht nur die Begründung der unfairen Behandlung durch die FIM-Herren, sondern auch der Zeitpunkt der Bekanntgabe des neuen Reglements stinkt zum Himmel. Der 6-fache Rekordweltmeister und sein Team mussten nach vielversprechenden Tests nur wenige Tage vor Saisonstart in Aragon die Höchstdrehzahl drastisch reduzieren.

Toprak in Misano über dem Limit – gefilmt von der Kamera an der Kawasaki ZX-10RR Ninja von Jonathan Rea – eine Strafe für das Track-Limit-Vergehen erhielt der Türke im Gegensatz zu WorldSSP Pilot Steven Odendaal durch die FIM Stewards jedoch nicht. Vieles roch im zweiten Corona-Jahr nach Manipulation, aber man muss trotzdem auch anerkennen, dass Razgatlioglu eine sensationell starke Saison zeigte. Eine derartige Konstanz hatten dem Yamaha Ass nur die wenigsten davor zugetraut.

Die dramatischen Folgen der „Kastration“ des anfänglich besten Bikes im Feld
Dies zog einen drastischen Nachteil bei Beschleunigung und Topspeed nach sich. Dazu passten auch die Getriebe-Übersetzungen von den ersten Tests auf diversen Strecken danach nicht mehr. Die Folgen für den besten Superbike Piloten der Geschichte waren dramatisch, weil er viel zu oft über das Limit gehen musste, um seinen Gegnern Paroli bieten zu können. Dies führte dazu, dass das anfänglich beste Bike im Feld viel zu oft mit seinem Reiter im Kiesbett landete. Mit stumpfen Waffen gegen einen von Selbstvertrauen trotzenden Toprak anzukämpfen ist auch für Johnny Rea zu viel verlangt und so kam es, wie es kommen musste. Vor dem Saisonfinale in Indonesien steht das Kawasaki Ass mit dem Rücken zur Wand und nur noch ein Wunder kann ihn bei der erhofften Titelverteidigung retten. Für den Sport wäre viel besser gewesen, hätten sich die beiden Kontrahenten auf Augenhöhe bewegt und mit gleichlangen Spiessen gekämpft. Dafür ist es nun jedoch zu spät. Razgatlioglu wird neuer Weltmeister für Yamaha, wenn er jedes der letzten drei Rennen auf dem Podium beendet und dagegen spricht im Normalfall nichts.

Tom Sykes (BMW) von uns im Interview mit dem WorldSBK Sprecher Michael Hill von uns in Imola 2019 fotografiert – am letzten WorldSBK-Wochenende von 2021 ist mit seiner Ankündigung des Rücktritts vom Rennsport zu rechnen. Nachdem der Spaßvogel aus Huddersfield bei BMW für nächste Saison nicht mehr erwünscht ist, glaubt kaum jemand mehr ernsthaft an eine Fortsetzung seiner Karriere.

Die neue Strecke – der Mandalika Circuit

Auch die MotoGP soll im kommenden Jahr auf dem einzigen nicht permanenten Kurs mitten in einem neu gebauten, respektive mehrheitlich noch im Bau befindlichen Ferien- und Hotel-Resort gastieren. Längst pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass die Veranstaltungsorte rein nach materiellen Kriterien gewählt werden. Sprich, wer der Dorna die höchsten Beiträge garantieren kann, erhält den Zuspruch. Dies ist nicht prinzipiell falsch, aber vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie in deren zweitem Jahr auch alles andere als unbedenklich. Auf dem 4,31 Kilometer langen Kurs mit 11 Rechts- und 6 Linkskurven wird im Uhrzeigersinn gefahren. Mit nur 507 Metern Länge zählt die Start-Ziel-Gerade nach Magny-Cours zu den kürzesten im Kalender.

Oben im Bild befindet sich die Boxenanlage mit der Start-Ziel-Geraden.

Zeitplan für das Saisonfinale in Indonesien

Die letzte Runde der WorldSBK ist bei den europäischen Fans höchstens etwas für Frühaufsteher. Nachdem die Ausgangslage vor dem Saisonfinale nur wenig Spannung verspricht, werden sich dies bestimmt auch nur die wenigsten antun. Womöglich ist die Sache bereits am Samstagnachmittag Ortszeit gelaufen, wenn es bei uns noch Morgen ist. Mit bereits 30 Punkten Vorsprung auf Jonathan Rea kann Toprak Razgatlioglu seinen ersten WM-Titel fast nur noch mit einem Sturz oder Ausfall verlieren, so die einfache Rechnung. Bisher leistete sich der Türke jedoch kaum einen Fehler und damit wird er sich seinen ersten Weltmeistertitel der Karriere auch redlich verdienen, so zumindest die Prognose, egal ob vom Laien oder Experten. Nach wenigen Jahren wird zudem niemand mehr danach fragen, ob Yamaha den erst zweiten Superbike Weltmeistertitel mit Toprak insbesondere dank der Kastration von Kawasaki zu verdanken hat. Wohl die Mehrheit der Kommentatoren wird sich sogar darüber freuen, sofern der neue Champion nicht mehr Jonathan Rea heisst. Viel zu oft wurde dem überragenden Mann aus Nord-Irland in den letzten Jahren von ihnen vorgeworfen, der Meisterschaft sämtliche Spannung zu nehmen. Diese Situation fand im zweiten Corona-Jahr ein Ende.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).