BMW Festtag zum Auftakt in England
Während im Vorjahr der aktuell noch amtierende Weltmeister Alvaro Bautista auf seiner Aruba.it Ducati die Vorteile in Beschleunigung und Topspeed gnadenlos ausnützen konnte, um die Konkurrenz nach Belieben zu dominieren, zeichnet sich nach Topraks Wechsel zu BMW eine neue Hackordnung ab. Endlich sieht es nach den zwei eintönigsten Jahren der WorldSBK Geschichte danach aus, als könne nun wieder der Pilot den Unterschied ausmachen. Für den Sport und die wahren Fans der seriennahen WM konnte nichts besseres passieren. Auf einem der schönsten Kurse der Welt war die Marke aus Bayern in den letzten Jahren schon öfters stark in Erscheinung getreten und im Vorjahr hatte Scott Redding im letzten Rennen mit Rang vier das Podium nur um einen Platz verpasst. Der Engländer war es auch, der vor allem am Samstag zu den positivsten Überraschungen gehörte, nach einem enttäuschenden ersten Saison-Drittel mit lediglich 23 Punkten aus 12 Rennen. Am Nachmittag wurde der Vizeweltmeister von 2020 (damals mit Ducati) leider von der Technik seiner BMW M-1000RR im Stich gelassen. Ohne dieses unsägliche Pech wäre der lange auf Podiumskurs weilende Lokalmatador zumindest in den Top fünf gelandet.
Unglaublicher Toprak pulverisiert Rundenrekord in der Superpole
Auch wenn der dreifache Polesitter vor 2024 mit Jonathan Rea auf der Yamaha R1 diesmal sogar über vier Zehntel schneller war als im Vorjahr auf der Kawasaki ZX-10RR, ein Blick auf die Resultate dürfte den 6-fachen Rekordweltmeister schockiert haben. Über eine Sekunde Rückstand auf BMW Neuzugang Toprak Razgatlioglu und nur Rang 8 und damit lediglich drittbester Yamaha Pilot, dies ist das ernüchternde Fazit des Samstagmorgens in Donington Park. Dass sein vormaliger Teamkollege Alex Lowes auf der besten Kawasaki aufgrund seiner gestrichenen besten Runde ausnahmsweise sogar hinter Jonathan Rea platziert war, dürfte diesem nicht zum Trost gereichen. Genauso wenig das schlechte Ergebnis von Alvaro Bautista, der hinter dem Australier Remy Gardner auf der ausnahmsweise für einmal langsamsten Yamaha nur elfter wurde. Mehr als eine halbe Sekunde über allen anderen stand hingegen ein weiteres Mal die türkische Sensation Toprak, welcher sowohl die Rekordrunde, wie auch die bisherige Superpole Bestzeit von Rea aus dem Vorjahr förmlich pulverisierte. Mit Scott Redding auf der zweitbesten BMW hinter der neuen Ducati Hoffnung Bulega und Sam Lowes gleich dahinter auf P4, stehen zumindest zwei der vier Briten aus den Top Ten sehr weit vorne in der Startaufstellung.
Lauf 1 – Razgatlioglu demütigt die Werks-Ducatis nach Misano erneut
Die erfolgsverwöhnte Truppe von Aruba.it Ducati traute im Lauf des ersten Rennens wohl ihren Augen kaum, als die Rückstände ihrer beiden Werkspiloten auf den führenden Mann auf seiner BMW immer weiter anwuchsen. Nach der Schlappe bei ihrem Heimrennen in Misano von Toprak derart vernichtend dominiert und abgehängt zu werden, hatten sich die erfolgsverwöhnten Italiener wohl kaum im auch noch so übelsten Traum ausmalen können. Im Vorjahr hatte Bautista das Punktemaximum dank seiner Niederlage im Sprintrennen gegen den Türken und zwei indiskutablen Siegen nur knapp verpasst. Aber diesmal wurde der Spanier, obwohl er seinen Teamkollegen Bulega kurz vor Schluss noch abfangen konnte, auch von Kawasaki Hoffnung Alex Lowes deutlich geschlagen. Dieser war mit P9 lediglich zwei Positionen vor Alvaro gestartet und fuhr erneut ein sensationelles Rennen, was man auch von seinem Landsmann Scott Redding bis zu dessen tragischem Ausfall nach 18 von 23 Runden behaupten konnte.
Die Tops des ersten Laufs in Donington Park
Nebst Kawasaki Hoffnungsträger Alex Lowes und seinem früheren langjährigen Teamkollegen Jonathan Rea als fünftem auf der Yamaha R1 brillierten nebst Toprak vor allem auch Niccolo Bulega, der sich seinem Ducati Werksteamkollegen Bautista nur knapp geschlagen geben musste, sowie dessen italienischen Landsleute Locatelli mit Rang 6 und dem tapferen „Petrux“ als Siebtem. Den Schaden noch halbwegs in Grenzen halten konnten vor allem Dominique Aegerter als achter von Startplatz 5 ins Rennen gegangen, sowie dahinter Mickey van der Mark und Remy Gardner. Der Australier komplettierte die Top Ten, dürfte aber nach seiner Bestzeit vom freien Training am Samstagmorgen wohl wesentlich höhere Ambitionen gehabt haben. MIt dem siebten Zwischenrang in der Weltmeisterschaft steht er jedoch immer noch gut da und nur Locatelli auf Platz 4 liegt als Yamaha Pilot aktuell noch vor Gardner, obwohl dieser in den ersten Runde mehrfach viel Pech gehabt hatte. Insofern ist vor allem ihm und dem 6-fachen Rekord-Weltmeister Rea eine Steigerung in den nächsten Rennen zuzutrauen.
Die Flops des ersten Rennens der England-Runde
Beim Überraschungsmann der ersten Runde hingegen, sieht die Sache nach P11 wesentlich weniger erfreulich aus, hatte Andrea Iannone die ersten Zehn doch um etwas über 1.7 Sekunden verfehlt. Bis auf den in Kurve 4 nach etwas über 9 Minuten ins Kiesbett ausgerittenen Sam Lowes war nur noch Michael Ruben Rinaldi auf einer Ducati schlechter als „The Maniac“ im ersten Lauf. Als Drittletzter erlebte auch Philipp Oettl einen enttäuschenden Auftakt in Donington. Es wirkt, als hätte der Deutsche, seit er den Platz bei GoEleven Ducati für Iannone hatte frei machen müssen, auf der GMT94 Yamaha chancenlos auf vordere Plätze, wie sie damals für ihn noch völlig normal waren. Kawasaki Neuzugang Axel Bassani konnte mit P12 nach schwierigem Saisonauftakt hingegen noch halbwegs zufrieden sein, während Garrett Gerloff mit Rang 14 nach starken Leistungen am Freitag definitiv enttäuscht sein muss. Nach der Ankündigung seines Teams, aus der WSBK zum Saisonende auszusteigen, steht der texanische Sonnyboy unter starkem Druck, um seinen Verbleib in der Superbike Weltmeisterschaft zu sichern. Die Bonovo Action Truppe war es mit Äußerungen ihres Teamchefs beim Eintreffen in Donington, welche für gehörige Verwirrung in den Medien sorgte. Offenbar scheint nur die Trennung von BMW Tatsache zu werden und es gibt hoffentlich nun doch noch eine Möglichkeit, als Partner eines anderen Herstellers im Paddock zu verbleiben.
Dramatisches Ende für Marcel Schrötter in Lauf 1 der WSSP
Nach seinem schlechten Ergebnis am Vortag in der Superpole und dem enttäuschenden sechzehnten Startplatz, kämpfte der Deutsche sich im Rennverlauf nur mühselig etwas nach vorne. Die wie üblich zusammen mit Yamaha Pilot Stefano Manzi bereits früh davongezogenen Ducatis vom späteren Sieger Adrian Huertas, Yari Montella und Jorge Navarro waren schon weit enteilt, als Schrötter es mittlerweile bis auf P11 geschafft hatte, als ihm Federico Caricasulo unfair innen vorstach und Marcel förmlich von der Strecke katapultierte. Selbstverständlich erhielt der Italiener dafür eine Bestrafung von 5 Positionen nach hinten in der Startaufstellung und auch im Rennen, womit er die Punkte verpasste. Schrötter aber nützt all dies nichts, er verlor wertvolle Punkte auf die vor ihm liegenden und damit womöglich endgültig seine Chance auf den Kampf um den Titel von 2024. Allerdings gelang es den Zuständigen für das technische Reglement nicht, für ein ausgeglichenes Feld zu sorgen und damit steht er auf seiner MV genauso wie die Yamaha Piloten gegen die meist haushoch überlegenen Ducati Panigale V2 Maschinen und deren Piloten auf verlorenem Posten. Ähnlich wie in der WorldSBK in den letzten Jahren, scheint es Dorna und FIM sehr am Herzen zu liegen, dass Ducati stets einen Vorsprung auf die Konkurrenz hat, so die überwiegend vorherrschende Meinung dazu im Paddock.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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