Scott Redding (Aruba.it Ducati) am Ende seiner Träume in der Superpole von Estoril im Oktober 2020 – der Engländer hatte bis davor noch eine, wenn auch nur winzige Titelchance gehabt. Nach seinem Sturz im Qualifying musste er jedoch im 1. Rennen und dem Superpole-Sprintrennen von ganz hinten starten.

Welches sind die Favoriten am 2. WorldSBK Wochenende in Estoril?

Üblicherweise kommen wir an dieser Stelle mit Statistiken, auch wenn diese in der Regel eine nur begrenzte Aussagekraft haben. Kommen dazu noch Hersteller wie Kawasaki und BMW mit neuen Modellen, wird es noch schwieriger, auf dieser Basis die Favoriten vor dem 1. Rennen auszusortieren. Auf dem Circuito do Estoril kommt für die 2. WM-Runde der WSBK sogar noch ein weiterer Faktor dazu. Mit Jonathan Rea und Scott Redding hatten die zwei besten Fahrer der Saison 2020 unerwartete Probleme gehabt. Beim Saisonauftakt in Aragon war es vor allem HRC Honda, die mit ihren Fahrern einen unerwartet schlechten Einstieg ins neue Jahr erwischt hatten. Doch für Estoril ist vieles völlig anders, insbesondere die Strecke hat eine in der Tat sehr unterschiedliche Charakteristik.

Ein ähnliches Layout wie der Autodromo do Algarve in der Nähe von Portimão, aber wesentlich weniger auf und ab, bietet der Circuito do Estoril. Als besonders knifflig gelten hier die Kurven 1, 3, die sehr enge 9 und Zielkurve 13, in welcher Redding in der Superpole 2020 einen Highsider fabriziert hatte.

Die Vorteile für Ducati und Yamaha
Auch wenn Chaz Davies nach dem Aragon Wochenende laut der Regenbogenpresse behauptet haben soll, er hätte eine Niederlage dort erwartet, so schlecht war er ja gar nicht. Am Samstag das Podium nur um 6 Zehntel verpasst und am Sonntagmorgen beste Ducati auf Rang 4, das war definitiv nicht übel. Nur sein unnötiger Crash in Kurve 8 im zweiten Rennen war fehl am Platz, aber dafür kann seine Ducati Panigale V4R nichts. Der Waliser ist der letzte Fahrer, welcher in Estoril gewonnen hat und er fährt gut ein halbes Jahr später dasselbe, äusserst konkurrenzfähige Bike. Daher hat er gegenüber den meisten anderen zusammen mit Toprak Razgatlioglu als zweifachem Sieger der ersten beiden Läufe im Vorjahr gewisse Vorteile, während es für Kawasaki ein Wochenende zum Vergessen war. Bei Ducati sieht es für Redding als zweitem hinter Davies im letzten Rennen vor 221 Tagen in Portugal so weit aber sehr gut aus. Auch weil Michael Ruben Rinaldi damals insgesamt mehr Punkte holte, als Rea und Lowes.

Stéphane Mertens (Honda) vor Fabrizio Pirovano (Yamaha) und hinten mit der 11 Scott Russell (Kawasaki) als erster Weltmeister für die Grünen 1993. Die beiden hier vorne liegenden Fahrer gehören zu den Siegern der ersten zwei Events 1988 und fünf Jahre danach. Mehr über die früheren Jahre der WorldSBK siehe in unserer reich illustrierten und laufend wachsenden History.

Kawasaki und Honda – die beiden Underdogs
Zumindest an den Resultaten des Estoril Events vom Oktober 2020 gemessen, gehören diese zwei Fabrikate und deren Fahrer eher zu den Geheimfavoriten. Zwei davon haben ein neues Bike und beileibe sind dabei nicht nur einige Teile neu, wie man optisch sieht. Trotzdem wurde die Kawasaki von der FIM skandalös bereits kurz vor Saisonbeginn förmlich kastriert und erhielt deutlich weniger Höchstdrehzahl als die genauso neue BMW M-1000RR. Natürlich waren die Grünen darauf aber vorbereitet und wie man sah, machte bei ihnen der Fahrer wieder einmal den Unterschied aus. Sam Lowes hingegen holte sein drittes Podium in Aragon gegenüber Redding und Davies nur um Haaresbreite. Honda war im Vorjahr auf dem Circuito do Estoril zwar nicht schlecht, aber trotzdem deutlich hinter den besten.

Eine sehr seltene Startaufstellung vor den ersten beiden Rennen am 17. und 18. Oktober 2020 in Estoril – ganz hinten im Bild in Rot Scott Redding (Ducati) und links in der 5. Reihe der Dominator der WorldSBK seit 2015 in der Person von Kawasaki Ass Jonathan Rea.

BMW – das Überraschungs-Ei
BMW kann schlecht vor WM-Runde zwei eingeschätzt werden. Zwischen Top und Flop ist fast alles möglich bei den Blau-Weißen, auch aufgrund der Tatsache, dass sie als letzte von allen für Tests auf die Rennstrecke gingen. Die besten Resultate von Neuzugang „Magic Michael“, Tom Sykes und Jonas Folger waren in Aragon am Sonntag. Damals hatten einige sonst starken Gegner zum Teil schlicht die falschen Reifen auf ihren Bikes. Insofern kommt nun für die Fahrer von BMW die Stunde der Wahrheit und wir hüten uns vor voreiligen Prognosen dazu. Selbst eine schnelle Zeit im Qualifying bedeutet alles andere, als dass es danach aufs Podest geht. Den Beweis dafür sah man am Samstag in Aragon, als Sykes aus Reihe 1 ins Rennen gegangen war und danach lange nur auf P8 lag.

Andrea Locatelli bei seinem ersten Ausritt auf der Yamaha R1 am Montag nach dem Event von 2020, was kann der Italiener in der zweiten WM-Runde als Yamaha-Werksfahrer leisten?

Kein WSBK Live-Blog am Freitag – dafür am Wochenende
Wir werden am Freitag auf unseren Live-Blog verzichten, aber natürlich Zwischenberichte zum Geschehen liefern. Schuld daran sind FIM und Dorna mit ihrer fragwürdigen Planung und derzeit insgesamt 5 Kollisionen im Kalender zwischen den beiden Serien. In Mugello kann es am Freitag in der MotoGP bekanntlich bereits um den Einzug ins Q2 gehen. Bei der WSBK sah man jedoch bereits in Aragon, dass die Zeiten von FP1 und dem zweiten freien Training so gut wie nichts für die Superpole am Samstag aussagten. Am Wochenende hat für uns aber die seriennahe Weltmeisterschaft Vorrang und wir berichten im Live-Blog wie üblich darüber. Umgekehrt natürlich dann mit einzelnen Berichten für das Geschehen auf dem Autodromo del Mugello. Die Wetterfrösche spielen derzeit ein wenig verrückt, was Estoril und den GP von Italien Betrifft. In den letzten Tagen wechselten die Prognosen für beide Events am kommenden Wochenende von fast ganz trocken bis 90 Prozent Regenwahrscheinlichkeit.

Die erlösende Anzeige für den in diesem Moment 6-fachen WSBK-Weltmeister Jonathan Rea am Samstag, dem 17. Oktober 2020 in Estoril (© Kawasaki Racing Team).

Die Estoril-Resultate von 2020 der WorldSBK auf einen Blick

Im Prinzip sind die jeweils ersten drei des Vorjahres automatisch die Hauptfavoriten für kommendes Wochenende in Estoril. Definitiv nicht dabei ist beispielsweise Alex Lowes, von Johnny Rea einmal abgesehen, während Gerloff und van der Mark nebst Toprak, Chaz und Scotty sehr stark waren. Honda war damals zweimal sehr gut mit dabei und BMW ist mit der neuen M-1000RR diesmal die Wundertüte. Loris Baz, Xavi Forés und leider neu auch Leandro Mercado gehören zu den prominenten Fehlenden in Estoril. Der Franzose fährt in der MotoAmerica und holte auf Ducati dort kürzlich sein erstes Podium. Der schnelle Xavi hingegen fand keinen Platz und der Argentinier hat eine Zwangspause, weil sein Team sich aus fadenscheinigen Gründen für angeblich einige Zeit zurückzog. Den Leuten von MIE Honda braucht man jedoch aus der Erfahrung der letzten Monate sowieso kein Wort zu glauben, Leidtragender ist dabei der bedauernswerte Tati, es ist eine echte Schande für den Sport!

Stand in der Weltmeisterschaft WorldSBK und WSSP 600

Die in blauer Farbe hinterlegten Laufresultate bedeuten, dass diese als Regenrennen gestartet worden sind.

Der kombinierte Zeitplan Mugello MotoGP und WorldSBK Estoril

>Estoril und Mugello Vorschau: siehe separaten Bericht auf dieser Seite.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).