Vizeweltmeister Scott Redding (Aruba.it Ducati) – der Engländer führte am ersten Testtag lange die Rangliste an, wurde jedoch danach noch von einigen Fahrern gegen Ende des Mittwochs übertrumpft. Am Donnerstag findet der zweite Testtag statt, bevor einige der Teams danach auf weiteren Strecken in Spanien zu Gast sein werden.

Rea schnellster vor Haslam und Gerloff

Die wichtigsten Ereignisse des ersten Testtages in Barcelona sind auf unserer Seite im Bericht „WSBK Test Tag 1“ zusammengefasst. Es gab nur wenige Überraschungen und die Aussagekraft der gefahrenen Zeiten ist beschränkt. Einige Teams verwenden im Test oft Qualifier-Reifen von Pirelli und ihre Fahrer gehen mit fast leerem Tank auf die Jagd nach beeindruckenden Rundenzeiten. Andere verzichten ganz bewusst darauf und fahren die etwas weichere Mischung, welche vom Einheitsausrüster für das Superpole Race entwickelt wurden. Beeindruckend waren nebst dem amtierenden Weltmeister und Ducati Hoffnung Redding am ersten Tag vor allem auch HRC Honda Ass Leon Haslam und Garrett Gerloff als bester Yamaha Fahrer. Am erstaunlichsten war für uns, dass sowohl Haslam wie auch Rea zu Protokoll gaben, gar nicht so stark auf eine schnelle Rundenzeit hingearbeitet zu haben. Mehr dazu weiter unten in den Interviews.

Der sechsfache Rekord-Weltmeister Jonathan Rea auf der neuen Kawasaki ZX-10RR war wie erwartet schnellster Mann auf der Strecke, die nur unweit vom Sitz seines Teams entfernt liegt. Uns beeindruckte vor allem wieder aufs neue, wie locker er meist selbst bei Rekordrunden auf seinem Bike wirkt.

Auch BMW in den Top Ten vertreten
Zumindest beruhigend ist für die BMW Fans, dass nicht nur Tom Sykes ziemlich weit vorne mit dabei ist, sondern auch Jonas Folger in den Top Ten vertreten ist. Der Bayer hatte im ersten Sektor kurz vor Mittag einen heftigen Crash, konnte seinen Test einige Stunden später aber wieder fortsetzen. Auch Kawasaki Pilot Isaac Viñales hatte einen Sturz zu verkraften, konnte danach aber weiterfahren. Anfänglich dominierte Redding, bis er von Yamaha Ass Gerloff an der Spitze abgelöst wurde und gegen Schluss mal wieder Jonathan Rea den Hammer auspackte. Seine Bestzeit von 1’40,793 ist der neue Richtwert in der WorldSBK. Nachfolgend die Rangliste von Tag 1.

PNoLapRiderTimeGap
1165JONATHAN REA1:40.793
29182LEON HASLAM1:40.900+0.107
33172GARRETT GERLOFF1:40.910+0.117
44582SCOTT REDDING1:40.962+0.169
56673TOM SYKES1:41.265+0.472
65461TOPRAK RAZGATLIOGLU1:41.334+0.541
79453JONAS FOLGER1:41.598+0.805
82139MICHAEL RUBEN RINALDI1:41.748+0.955
9744CHAZ DAVIES1:41.775+0.982
105592ANDREA LOCATELLI1:41.9261.133
111947ALVARO BAUTISTA1:41.9501.157
122276ALEX LOWES1:41.9661.173
136080MICHAEL VAN DER MARK1:42.0461.253
144770AXEL BASSANI1:42.6771.884
15381KOHTA NOZANE1:42.7581.965
165337TITO RABAT1:42.8192.026
173274ISAAC VIÑALES1:42.9232.130
182368CHRISTOPHE PONSSON1:44.4003.607
193668LEANDRO MERCADO1:44.9574.164
207662SAMUELE CAVALIERI1:45.4344.641

Interessanter Vergleich der Topspeed Bestwerte

Nicht etwa die schnellsten auf der Gerade fuhren die besten Rundenzeiten, sondern mit Jonathan Rea war der Fahrer mit der Bestzeit in diesem Vergleich nur auf P11 zu finden. Auch Gerloff und Haslam waren in dieser Disziplin nicht ganz vorne mit dabei, während diesbezüglich viele Ducatis wieder hervorragend mit dabei waren. Wie so oft war auch diesmal wieder der kleingewachsene Alvaro Bautista der „Speed-King“. Auch im zweiten Jahr für HRC Honda ist der Spanier in dieser Disziplin meist unschlagbar.

NoRiderTeamKphLap
19ALVARO BAUTISTATEAM HRC WSBK329.55
7CHAZ DAVIESTEAM GO ELEVEN327.512
45SCOTT REDDINGDUCATI ARUBA326.528
53TITO RABATBARNI RACING TEAM323.657
21MICHAEL RUBEN RINALDIDUCATI ARUBA323.620
60MICHAEL VAN DER MARKBMW WSBK TEAM323.68
91LEON HASLAMTEAM HRC WSBK323.659
47AXEL BASSANIMOTOCORSA RACING TEAM322.617
22ALEX LOWESKAWASAKI RACING TEAM319.857
54TOPRAK RAZGATLIOGLUPATA YAMAHA TEAM319.826
1JONATHAN REAKAWASAKI RACING TEAM318.836
94JONAS FOLGERBONOVO ACTION TEAM318.810
55ANDREA LOCATELLIPATA YAMAHA TEAM317.927
66TOM SYKESBMW WSBK TEAM317.045
31GARRETT GERLOFFGRT YAMAHA TEAM316.012
3KOHTA NOZANEGRT YAMAHA TEAM312.416
36LEANDRO MERCADOMIE RACING HONDA TEAM312.439
32ISAAC VIÑALESORELAC RACING310.661
23CHRISTOPHE PONSSONGIL MOTOR SPORT-YAMAHA310.644
76SAMUELE CAVALIERITEAM PEDERCINI303.744

Einige Fahrerstimmen nach dem ersten Tag

Jonathan Rea auf unsere Frage, wie es ihm am ersten Tag lief: Ich testete für mich selbst und bei den Rundenzeiten war ich überrascht, als die Gegner bereits früh so schnell fuhren. Nach der Mittagspause probierten wir verschiedene Front-Setup Themen und Elektronik-Updates und verschiedene Einstellungen. Stück für Stück kommen wir etwas voran und wir werden am zweiten Tag Themen mit der Balance des Bikes testen. Dazu verschiedene Übersetzungen und solche Sachen. Manchmal fühlt sich der Motor noch etwas aggressiv an, nachdem wir deutlich mehr Power haben. Damit arbeiten wir.“.

Chaz Davies im Gespräch mit uns nach Tag 1:Ich muss zugeben, ganze 5 Monate nicht mehr auf der Ducati gesessen zu sein. Daher ging ich es zu Beginn ruhig an und forcierte nicht zu stark. Mein Crew Chief ist Engländer und wir haben natürlich im GoEleven Team auch viele Italiener in der Box. Die Stimmung ist sehr gut und bisher klappt alles hervorragend. Überrascht war ich vor allem, wie schnell ich mich auf der Ducati Panigale V4R wieder zu Hause fühlte. Nach wenigen Runden war es, als wäre ich erst vor kurzem das letzte Mal abgestiegen und nicht wie in Wahrheit, vor sehr langer Zeit. Zuerst war es ein reiner Shakedown und danach probierten wir einige Teile und verschiedene Einstellungen. Derzeit bin ich super glücklich und habe viel Freude, klappt alles so wunderbar.“.

Chaz Davies (GoEleven Ducati Panigale V4R) – der Waliser ist rundum zufrieden und man muss bei ihm anfänglich zweimal hinschauen, ob er es wirklich ist. Nach so vielen Jahren in roten Farben ist es eine komplett andere Welt, ihn plötzlich in Petrolfarbe zu sehen.

Alvaro Bautista:Wir hatten ein gutes Testprogramm, ich fühle mich aber physisch nicht bei 100 Prozent. Etwas Brustschmerzen nach einem Crash letzte Woche beim Motocross. Aber Morgen ist ein neuer Tag und grundsätlich bin ich zufrieden. Wir haben verschiedene Dinge getestet, die bereits sehr gut funktioniert haben. Auch Optimierungen beim Motor, der sich für mich deutlich besser als zuletzt anfühlt. Auch wenn ich etwas limitiert bin, soweit gibt es keine Klagen und wir sind einen Schritt voran gekommen, keine Frage.“.

Leon Haslam: Heute lief alles sehr positiv im Vergleich zum letzten Jahr, als ich viele Probleme hatte. Ich bin nicht um die schnelle Zeit sehr froh, sondern vor allem um die Konstanz, die ich hatte. Derzeit sind wer sehr gut auf Kurs und testen verschiedene Dinge aus. Die neue Kurve gefällt mir sehr viel besser, als im letzten Jahr, als ich dort einen schweren Sturz hatte. Diesmal fuhr ich mit dem neuen Layout dort sehr flüssig und mit beachtlicher Schräglage. Wir haben noch einige Sachen mit der Position auf dem Bike und mit dem Chassis zu probieren, wo Alvaro bereits daran arbeitete.„. (Die Redaktion: Im Vorjahr hatte Federico Caricasulo Haslam in Kurve 10 aus dem Sattel geholt, der Engländer war an seinem schweren Sturz daher gar nicht selbst schuld).

Leon Haslam (HRC Honda) – auf der Geraden ein gutes Stück langsamer als sein spanischer Teamkollege, aber als zweitschnellster definitiv sehr gut auf dem Circuito de Cataluña, auf welchem es ihm im Vorjahr noch gar nicht nach Wunsch gelaufen war.

Garrett Gerloff: Ich hatte viel Spaß heute, auch an der neuen Kurve 10. Es waren Basis-Dinge, welche wir probierten am ersten Tag. Natürlich ist es mein Ziel, für Podestplätze und Siege zu kämpfen. Darauf arbeiten wir hin. Aktuell habe ich keine Probleme und es läuft sehr gut. Morgen werde ich wieder einige Sachen Probieren und bitte fragt mich nicht danach im Detail. Meine Leute sagten mir, ich soll Euch nicht zu viel verraten darüber“. (Der US-Boy schmunzelte und schon war er wieder weg von der Bildfläche).

Jonas Folger:Zuerst probierten wir ein Basis Setting und fanden dann auch eine etwas bessere Balance. Wir probierten viele Dinge heute und der Grip fehlte teils etwas. Aber mit der Zeit verstanden wir, in welche Richtung wir gehen müssen. Am Ende hatten wir am Dienstag noch einen weichen Reifen aufgezogen und damit probierte ich, etwas zu forcieren, was soweit ganz gut gelang. Wir haben noch einige Teile und Elektronische Dinge zu testen. So wird uns die Arbeit am Donnerstag bestimmt nicht ausgehen.“.

Garrett Gerloff (GRT Yamaha) – der US-Amerikaner strotzt vor Selbstvertrauen und ist absolut locker drauf, weshalb man ihn unbedingt für diese Saison auf der Rechnung haben muss. Als der schnellste aller Yamaha Fahrer am ersten Tag darf man bereits gespannt sein, wie es ihm in nächster Zeit läuft.

Vorsicht bei vorschnellen Urteilen zur Performance

Wie eingangs erwähnt, wissen vor allem Berichterstatter nicht, wer genau mit welcher Kombination auf der Strecke ist. Die schlaueren der Fahrer und Teams würden es ihnen auch nie verraten, weshalb wir gar nicht erst danach fragen. Vor allem haben wir im Gegensatz zu einer Mehrzahl der Schreiberlinge unsere Lektion schon vor Jahren gelernt. Man kann es nicht oft genug betonen, auch wenn selbst Profis es selten wirklich verstehen, aber Punkte gibt es erst im Rennen zu gewinnen. Bevor die Ampeln ausgehen liegen deshalb unzählige vermeintlichen und echten Experten immer wieder falsch mit ihren Prognosen. Ein Paradebeispiel sahen wir vergangenes Wochenende beim MotoGP Saisonauftakt in Losail. Daher hüten wir uns vor verfrühter Euphorie über beispielsweise die guten Zeiten von BMW. Im Motorland Aragon wird voraussichtlich am Samstag, dem 22. Mai um 14 Uhr zum ersten Mal um Punkte gefahren. Erst eine Stunde später kennen wir die wirklichen Favoriten, was jedoch nur für den 2. Tag gilt. Auf dem nächsten Kurs kann es sich bereits wieder vollkommen anders präsentieren, auch weil Stürze und andere Pannen im Rennsport immer passieren können.

Alex Lowes (Kawasaki ZX-10RR) – wie vor einem Jahr bereits bei den Vortests eher zurückhaltend unterwegs und nicht auf der Jagd nach einer Fabelzeit. Vor dem ersten Rennen in Phillip Island (Australien) hatten ihn damals aus diesem Grund schon fast alle Berichterstatter abgeschrieben. Genau dieselben Spaßvögel mussten wenig später umdenken und erklärten ihn nach dem ersten Wochenende als WM-Leader prompt verfrüht zum Titelfavoriten.

>>Weiter am Donnerstag mit unserem Live-Bericht von Tag 2 in Barcelona.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).