Als 500 cm³ GP noch nicht die schnellste Kategorie war
Die Ursprünge der Rennen mit den Big Bikes
Ein gutes Stück war es den Amerikanern zu verdanken, dass diese Monster in den frühen 1970-er Jahren entstanden. Damals waren bereits die 500 cm³ 4-Zylinder Zweitakter im Kommen. Sie drohten, zum Sargnagel für die bis dahin die GP-Szene beherrschenden Viertakt-Motoren von MV Agusta und Konsorten zu werden. Und auf „der anderen Seite des Teichs“ (wie die Engländer oft zu sagen pflegen) in den USA gab es schon seit längerer Zeit die bekannten 200 Meilen-Rennen. An der Spitze mit dem „Daytona 200“ das bekannteste Event für großkalibrige Motoren und ausgeschrieben bis 750 cm³.
Das „Daytona 200“
Dieses Rennen hatte sich aus einem 3.2 Meilen langen Strandrennen entwickelt, das als „Daytona Beach Road Course“ bekannt wurde. Daraus entwickelte sich ab 1937 ein jeweils zu Beginn des Frühlings auf dem Daytona International Speedway in Daytona Beach ausgetragenes, zirka 320 km langes Rennen. Das Daytona 200 in Florida wurde gegründet, nachdem es von der American Motorcyclist Association (AMA) genehmigt wurde. Die ursprüngliche Strecke nutzte den Strand selbst, bevor sie 1961 auf eine asphaltierte und geschlossene Rennstrecke umzog. Das Daytona 200 zog bereits in den frühen 1970-er Jahren immer wieder Fahrer aus Europa an.
Der Sensationssieger aus Finnland
Es war der Finne Jarno Saarinen, der 1973 die Sensation schaffte und mit einer Yamaha TZ 350 als erster Nichtamerikaner seit dem zweifachen Sieger Billy Mathews (1941 und 1950) aus Kanada, dieses prestigeträchtige Rennen gewann. Saarinen wurde dadurch endgültig zum Superstar, doch ein schrecklicher Unfall in Monza im selben Jahr beendete sein Leben viel zu früh. Das Daytona 200 erreichte in den 1970er Jahren seinen Höhepunkt weltweiter Beliebtheit. In dieser Zeit war es auch das bestbesuchte aller AMA-Rennen im Jahr. Bis zum ersten Sieg des US-Amerikaners Don Emden mit einem Zweitakter dominierten immer die großvolumigen Viertakter an dieser Stätte. Die meisten Siege gingen an Harley-Davidson, aber auch BSA, Norton und Indian waren bis Ende der 1960-er Jahre erfolgreich. Die englische Marke Triumph hatte die Daytona 200 in der Vergangenheit dreimal gewonnen. Don Burnett 1962, Buddy Elmore 1966 und Gary Nixon fuhr 1967 als Erster durchs Ziel. Hondas erster Sieg im Jahr 1970 und BSA im Jahr darauf sollten für lange Zeit die letzten Bikes mit 4-Takt Motoren bleiben, die in Daytona erfolgreich waren.
Die Formel 750
Nicht zuletzt der Popularität des Daytona 200 war es zu verdanken, dass sich in Europa ab den frühen 70-er Jahren ebenfalls einiges bewegte. Am 23. April 1972 fanden auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari zum ersten Mal die 200 Meilen von Imola statt, welche mit Ausnahme von 1979 jährlich bis 1987 stattfanden. Nach dem Vorbild der Daytona 200 war auch dieses Rennen für Motorräder bis 750 cm³ ausgeschrieben. Bei der Premiere gewann der Engländer Paul Smart auf Ducati und im Jahr darauf Jarno Saarinen. 1973 war auch bereits das erste Jahr der Durchführung des Preises der FIM 750. Eine Serie von 7 Rennen, bei welcher die 200 Meilen von Imola den Auftakt einer eigenen Meisterschaft bildeten.
Der Einstieg von Yamaha
Aufgrund der steigenden Popularität der 750-er vermutete Yamaha hier einen Markt für Production-Racer, nachdem die Modelle TZ 250 und TZ 350 bereits in den mittleren Klassen erfolgreich etabliert waren. Mit zuerst 694 cm³ Hubraum entstand so die TZ 700 und daraus wurde die Yamaha TZ 750 mit 747 cm³ Hubraum. Im Jahr 1974 hatte „The Beast“, wie dieses Bike später auch oft genannt wurde, noch rund 90 PS bei 10’500 U/Min. Drei Jahre später waren es bereits 120 PS. Das Fahrwerk und die damaligen Reifen waren mit dieser Power meist mehr als am Limit.
Die ersten Erfolge für Suzuki mit Barry Sheene bei den Big Bikes
Es war der Sonnyboy aus England, der den ersten Preis der FIM 750 für sich entschied. Mit einer Suzuki TR 750, deren Motor vom Serienmodell GT 750 abgeleitet wurde, verfügte Barry Sheene über eine wahre Rakete. Dieser 3-Zylinder Zweitakter leistete 1972 rund 105 PS bei 8000 U/Min und war für 275 km/h Spitzengeschwindigkeit gut. Das Fahrwerk war jedoch mit dieser Leistung hilflos überfordert. Genauso hielten die Reifen oft der Belastung nicht stand. Die Suzuki TR 750 erhielt sogar den Spitznamen „Flexi-Flyer“ (Wackelpeter) und war definitiv nur etwas für besonders Wagemutige. Trotzdem schaffte Sheene damit den ersten Titel der europäischen 750 cm³ Meisterschaft. Vier Jahre später wurde die Formel 750 für die letzten 3 Saisons sogar als Weltmeisterschaft ausgetragen.
Klassement der ersten FIM 750 Serie 1973
Es wurden ähnlich wie bei der Motorrad-Weltmeisterschaft bis 1976 nicht einfach alle Punkte zusammengerechnet, um den Sieger zu ermitteln. Beim Preis der FIM Formel 750 wurden 1973 die besten 4 Resultate von 7 Runden gewertet. Wie konkurrenzfähig damals noch die 350-er Zweitakter waren, zeigt der zweite Gesamtrang und der Sieg beim Saisonfinale des Australiers John Dodds. Auch die beiden Finnen Saarinen und Länsivuori gewannen mit der Yamaha RD 350 je einen Lauf. Der studierte Ingenieur Jarno Saarinen hätte ohne die Tragödie von Monza am 20. Mai 1973, bei welcher er zusammen mit Renzo Pasolini (ITA) sein Leben verlor, bei der Titelvergabe bestimmt ein Wörtchen mitzureden gehabt.