Stimmungsbild vom Autodromo do Algarve nahe der Künstenstadt Portimão. Die WorldSBK wurde durch einen Fehlentscheid der FIM drei Tage vor Saisonbeginn 2021 und vor allem auch durch die Rückkehr von Alvaro Bautista nach 2019 erneut zur Zweiklassengesellschaft – so zumindest sehen es sehr viele Fans der seriennahen Weltmeisterschaft.

Der Fluch eines folgereichen Fehlentscheids in der WorldSBK und seine Folgen

Den Leistungsunterschied zwischen Alvaro Bautistas Ducati und dem Rest des Feldes auf den langen Geraden des Circuito de Cataluña bei Barcelona und auf dem Autodromo do Algarve nahe Portimão konnte jeder Laie von bloßem Auge erkennen. Als Jonathan Rea in seiner Anfangszeit bei Kawasaki ab 2015 die Konkurrenz teils nach Belieben dominierte, wurde sein Motorrad von der FIM sofort in deren Leistung drastisch eingebremst. Es gab dabei Drehzahlreduktionen von zum Teil in einem Schritt exakt 1000 U/Min weniger, nach nur 3 überlegen gewonnen Rennwochenenden. Zudem wurde bis 2018 der Sieger des ersten Laufs auf Startplatz 9 für das zweite Rennen zurückversetzt. Seit Ducati mit der Panigale V4R in der WorldSBK einstieg, gab es solcherlei für die Roten nie. Selbst nach 11 in Serie gewonnenen Rennen von Bautista zu Saisonbeginn 2019 blieb die erlaubte Maximaldrehzahl seiner Ducati unverändert.

Ein Blick auf die aktuell immer noch gültige Tabelle der Drehzahl-Limits für die Hersteller und ihre Modelle in der WorldSBK. Während die im Vorjahr neu eingeführte Kawasaki ZX-10RR nur wenige Tage vor dem Saisonbeginn 2021 in Aragon durch die FIM skandalös eingebremst wurde, darf die Konkurrenz deutlich höher drehen. Im Fall von Ducati kommt dies laut Experten einem Hubraumplus von 100 bis 200 cm³ gleich.

Der Vorschlag von Scott Redding zum Ausgleich

Der Engländer konnte als Nachfolger des winzigen und federleichten Spaniers in der Saison 2020 und auch im Jahr darauf nie von dem Leistungsplus der Panigale V4R gegenüber der Konkurrenz im selben Maß profizieren. Stellt man die beiden Piloten nebeneinander, leuchtet sein Gewichtsnachteil gegenüber dem Zwerg aus Alavera de la Reina (etwa 120 km südwestlich von Spaniens Hauptstadt Madrid) jedem Laien ein. Aus diesem Grund plädierte der BMW-Neuzugang anfangs dieser Saison für einen Ausgleich. Würden Alvaro Bautista und der ebenfalls kleine und leichte Michael Ruben Rinaldi ein Minimalgewicht aufgebrummt erhalten, wäre zumindest ein guter Teil ihres Vorteils gegenüber der restlichen Konkurrenz eliminiert. Doch Dorna und FIM scheinen mit allen Mitteln dafür sorgen zu wollen, dass die Italienische Marke endlich wieder einen WM-Titel einfahren kann. So sieht es mittlerweile jedenfalls die Mehrzahl der gelangweilten Zuschauer und mittlerweile kann sich Bautista im Titelrennen 2022 fast nur noch selbst schlagen.

Ein strahlender Alvaro Bautista von uns in Aragon 2019 als mehrfacher Laufsieger fotografiert, daneben Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) und Chaz Davies (wie der Spanier auf Ducati Panigale V4R). Ab den europäischen Rennen unterliefen dem Mann links im Bild jedoch zu viele Fehler und der Nord-Ire konnte für Kawasaki sogar vorzeitig seinen sechsten Titel in Folge in Magny-Cours (Frankreich) feiern. Zufällig waren wir an jenem Sonntagabend im Restaurant nur zwei Tische von der Kawasaki-Mannschaft entfernt und kamen in den Genuss, Reas Crewchief Pere Riba tanzen und singen zu hören.

Das Urteil von Marco Melandri

Der kleinwüchsige Italiener fand für den Einstieg von Ducati mit der MotoGP Replica im Jahr 2019 klare Worte. Für den Mann aus Ravenna war dies ein klarer Stilbruch in der seriennahen Weltmeisterschaft. Dadurch waren auch die japanischen Hersteller immer mehr gezwungen, mit eigentlichen Renn-Replicas anstelle von Motorrädern wie man sie auf der Straße fährt, anzutreten. In diesem Sinne kann man die Aussage eines der besten WSBK-Piloten aus dem Land der Pizza durchaus gut nachvollziehen. Zudem gibt es noch einen anderen Gradmesser für die Folgen der neuen Eintönigkeit, die mit Bautistas Rückkehr zu Ducati schlecht wegzudiskutieren ist. Die Rede ist dabei von den Zuschauern und der Zahl, in welcher sie zu den Rennen anreisen.

Die Tribüne bei Kurve 12 des Circuito de Cataluña nahe der katalanischen Metropole Barcelona kurz vor dem ersten Rennen des Samstags. Gähnende Leere und nur ein Eingang zur Strecke war geöffnet, um seitens des Veranstalters Personalkosten zu sparen. Mit nur einem Verpflegungsstand in der Nähe dieser Tribüne bildeten sich am Sonntag trotz spärlicher Besucherzahl endlos lange Warteschlangen, mit bis zu einer Stunde Wartezeit.

Beispiel für die dramatischen Folgen der Zweiklassengesellschaft

Angesichts der infolge Pandemie sowieso bereits angeschlagenen Attraktivität für Sponsoren und Zuschauer, rennt den Veranstaltern das Publikum davon. Sogar in Italien war dies trotz Ducati-Dominanz bereits drastisch beim Lauf in Misano spürbar und in Barcelona kamen rund dreiviertel der Zuschauer nur für den Sonntag. Die Ersparnis bei den Ticketkosten lag für sie bei lächerlichen 19 Euro, was jedem zu denken geben sollte. Auch die Sparmaßnahmen des Veranstalters empfanden viele Besucher als störend. Kein Wunder eigentlich, wenn von 5 Eingängen zur Strecke nur eine geöffnet hat. Zudem kam man trotz Paddock-Ticket als Besucher selbst zu Fuß nicht bei der Zufahrtsstraße ins Paddock, sondern musste einen mehrere hundert Meter weiten Umweg nehmen. Dort erwarteten die Besucher bei nur einem geöffneten Tor des einzig geöffneten Tors eine endlose Warteschlange. Freunde von uns sagten deshalb, dies sei für sie der erste und auch letzte Besuch an dieser Strecke, egal ob MotoGP oder WorldSBK.

Zum vorherigen Bild der Blick nach rechts, mit exakt derselben Situation – aufgenommen nur kurz vor dem ersten Rennen. Spannend waren infolge der erdrückenden Dominanz von Bautista auf der Ducati am ganzen Wochenende definitiv nur die Rennen der mittleren Kategorie Supersport 600 und diejenigen der Nachwuchsklasse WSSP 300.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).