Rückkehr nach Nord-Irland zum Ulster Grand Prix
Nicht zum ersten Mal sollte es nahe Belfast zu einem Rennen kommen, bei welchem nicht einmal alle Punkteränge erreicht wurden. Schon beinahe traditionell war davon die 125-er Klasse betroffen. Für Superstar und 500 cm³ Titelverteidiger Geoff Duke wurde nach zwei Ausfällen seit Spa auch das dritte Rennen seit seiner Rückkehr zu einem Albtraum. Was angesichts der Tatsache, dass die Titelverteidigung sowieso längst verloren war, jedoch höchstens kosmetischen Charakter mehr haben konnte. Wie so oft dominierten in Nord-Irland in den größeren beiden Klassen in erster Linie die britischen Piloten, während in den kleineren beiden Kategorien nicht zum ersten Mal zuoberst auf dem Podium italienisch und eine weitere Fremdsprache (aus Sicht der Insulaner) gesprochen wurde. Erstmals seit 1953 kam es zudem auf dem Dundrod Circuit wieder dazu, dass die karierte Flagge bei sämtlichen vier Soloklassen zum Einsatz kam, sowie bei allen Solo-Kategorien WM-Punkte danach vergeben wurden. Im Vergleich zu den 350-ern und der Königsklasse war das Starterfeld der beiden kleineren Kategorien jedoch wie so oft geradezu lächerlich.
Das oft erlebte Trauerspiel der 125-er beim Ulster GP
Anfangs hatte die Kategorie bis 125 cm³ im Ulster nur ganze acht Teilnehmer. Es nahmen aber lediglich sieben Piloten teil. Nur zwei von ihnen überquerten letztlich die Ziellinie: Carlo Ubiali und Romolo Ferri. Drei weitere hatten eine ausreichende Zahl von Runden abgeschlossen, um noch klassifiziert zu werden. Vor diesem Hintergrund von einem richtigen Rennen zu berichten, ist deshalb so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit. Belassen wir es daher lieber beim Duell zwischen Ferri auf dem vollverkleideten 2-Zylinder Gilera Renner, der rund 20 PS leistete, mit Seriensieger Ubbiali auf seiner Einzylinder MV Agusta (auch die Mondial und DKW-Zweitakter verfügten über Einzylinder Motoren). Schon bald sollte sogar unerwartet starke Konkurrenz von hinter dem eisernen Vorhang von sich reden machen. Auf der technischen Basis der Vorkriegs DKW RT 125 hatte der geniale Konstrukteur Kaaden aus der DDR noch einige Pfeile im Köcher, welche die Konkurrenz nachhaltig zur Verwunderung bringen sollte. Aber zurück zum Rennen der kleinsten Kategorie.
Die Ausgangslage vor der zweitletzten 125-er Runde der Saison
Mit nur sechs Konkurrenten musste der Dominator dieser Saison selten kämpfen, um sich seine Punkte zu holen. Aber diesmal war es ein ähnlich kurioses Rennen, wie er es in Nord-Irland auf dem früheren Clady Circuit bereits 1950 erstmals erlebte, als nur er und der spätere Weltmeister Bruno Ruffo (beide auf FB-Mondial) die Zielflagge sahen. Weil dies sein erster Grand Prix Sieg war, hatte der Norditaliener dies nie vergessen. Bestimmt sollte er auch diesmal den Ulster Grand Prix nie aus seiner Erinnerung verlieren. Vor allem auch, weil er nach seinem Triumph in der zweiten nur drei Runden umfassenden Weltmeisterschaft bis 125 cm³ der Geschichte kein einziges Mal mehr das Ziel erreicht hatte. Zumindest diesmal, nach nicht weniger als fünf Ausfällen beim Rennen nahe Belfast, klappte es damit endlich ein zweites Mal.
Der Dominator gewann erneut und und ein Weltrekord erstaunt die Fachwelt
Nachdem es in der Nacht von Freitag auf Samstag noch geregnet hatte, besserten sich die Verhältnisse für diesen Lauf. Lediglich starker Westwind beeinträchtigte die winzige Zahl der eigentlich 7 Starter. Wobei mit dem Schweizer Camathias auf der privaten MV (er war vor allem bei den Seitenwagen recht erfolgreich in dieser Zeit) einer gar nicht erst wegkam. Anfänglich mischte nebst Ubbiali und Ferri auch noch Luigi Taveri auf der zweiten Werks MV Agusta mit, aber sein Teamkollege Ubbiali war an diesem Tag definitiv zu stark. Der Schweizer musste seine Maschine in Runde sieben auf P3 liegend mit technischen Problemen abstellen und Gilera Werkspilot Ferri lag am Ende eineinhalb Minuten hinter dem überlegenen Landsmann Ubbiali als Sieger. Und einen Weltrekord stellte an diesem Tag der Engländer Frank Cope auf, der im 125er-Rennen zwei Punkte holte. Mit 60 Jahren wohl für ewige Zeiten zweifellos der älteste Fahrer, der seinen Namen in der Motorrad-Weltmeisterschaft eintrug.
Auch das Rennen bis 250 cm³ mit karger Beteiligung
Mit lediglich 12 Piloten in der Startaufstellung konnte man auch hier nicht von einem WM-würdigen Rennen sprechen. Nach dem Start führte überraschend NSU Privatpilot Brown vor Miller, Taveri und Ubbiali. Drei Umläufe später waren die beiden Werks-Piloten von MV mit Taveri und Ubbiali an der Spitze, dahinter Miller und Brown. Bis zur elften von 13 Runden änderte sich wenig, als plötzlich der Italiener die Hand hob. Er fiel aus wegen einer festsitzenden Schwimmernadel an seinem Vergaser (ein damals sehr häufiges Problem, das auch Zweitakter oft stillegte). Damit war die Bahn frei für Taveri, der eine höchst desaströse Saison wenigstens mit einem Grand Prix Sieg bis 250 cm³ ein Stück weit rettete. Mit Rang zwei unterstrich Privatfahrer Sammy Miller, wie stark immer noch die NSU Sportmax zu dieser Zeit war, mit welcher im Vorjahr „HaPe“ Müller als erster nicht zu einem Werksteam gehörender Pilot den 250-er Titel geholt hatte. Millers Rückstand auf Sieger Taveri mit der Werks MV Agusta von nur 13.6 Sekunden diente als Beweis dafür. Arthur Wheeler auf seiner privaten Moto-Guzzi hatte als Dritter bereits über dreieinhalb Minuten Rückstand. Dahinter Coleman auf einer weiteren NSU, Maddrick (Guzzi) und der Schweizer Büla (NSU) mit dem letzten WM-Punkt.
Tragisches Rennen der 350-er mit der Titelentscheidung
Punktgleich mit August Hobl (DKW) war der amtierende Weltmeister Bill Lomas nach Belfast gereist. Sollte er hier gewinnen, konnte sich der Engländer damit vorzeitig die Titelverteidigung sichern. Obwohl DKW sich mit WM-Chancen für die weite Anreise auf die britische Insel entschied, sollte es sich für den deutschen Hersteller und seine Piloten nicht auszahlen. Der Favorit hatte bereits die schnellste Runde im Training hingelegt und Lomas hatte zudem mit Dale, Kavanagh und dem neu von Moto-Guzzi anstelle von Wheeler unter Vertrag genommenen Ennett drei sehr starke Männer im selben Team, welche ihn unterstützen konnten. Andrerseits hatte DKW auf ihren Stammpiloten Hofmann verzichten müssen. Immerhin hatten Hobl und Sandford hinter Lomas die nächst-schnellsten Zeiten im Training gefahren. Nach dem Start führte Sandford vor seinem DKW Werksteam-Kollegen Hobl und Hartle. Wenig später wurde der Deutsche jedoch von Hartl und Dale geschnappt und fiel danach immer weiter zurück, ohne jedoch auszufallen. In der zweiten Runde war mit Sandford der zweite DKW Mann unter Druck und ausgerechnet Lomas löste ihn an der Spitze ab. Kurz danach passierte die Tragödie des Wochenendes.
Der amtierende Weltmeister wiederholte seine Vorjahres-Leistung
Bill Lomas konnte sich immer weiter absetzen, während Kavanagh an die Box fuhr und aufgeben musste. Auch Sandford hatte viel Pech, als er wenig später seinen Schalthebel verlor und auch für ihn das Rennen zu Ende war. Im vierzehnten Umlauf schaffte Lomas eine neue Bestzeit, als nur vier Runden später die Hiobsbotschaft vom tragischen Unfall von Derek Ennett (Moto-Guzzi) die sportlichen Aspekte ein gutes Stück in den Hintergrund rückte. Hinter dem Spitzenreiter gab es noch diverse Positionskämpfe, bei welchen am Ende mit Dale eine weitere Werks-Guzzi vor Hartle, Brett (beide Norton), Murphy und Brown (beide AJS) in die Punkteränge fuhren. Mit der Wiederholung seines Vorjahres-Sieges sicherte sich Lomas die Titelverteidigung bereits vor dem Finalwochenende in Monza. Damit war nur noch die Entscheidung in der Halbliterklasse offen, wobei der verletzte Surtees sogar in Abwesenheit am Ulster Wochenende seinen ersten 500 cm³ Titel im günstigsten Fall bereits feiern durfte. Aber mehr dazu siehe weiter unten.
Das letzte Rennen des Tages mit der Vorentscheidung zum Titel
zum letzten Mal war Norton mit den Fahrern Hartle, Brett und Trow werksseitig an einem Grand Prix vertreten, wie sich zum Jahresende bei deren offiziellen Rückzugsmeldung zeigen sollte. Für Gilera standen Duke und Armstrong am Start. Guzzi hatte auf den Einsatz der kapriziösen V8-Maschine verzichtet und nur Lomas trat mit einer Einzylinder-Maschine als Werkspilot an. Dazu stand auch Zeller mit der einzigen Werks-BMW mit Einspritzung am Start, als es auf die 27 Runden ging. Die Wahnsinns-Distanz dabei betrug 314.2 Kilometer, eine Jahrzehnte später vollig undenkbare Grössenordnung, mit meist wenig mehr als hundert Kilometern in der Königsklasse. Aus der ersten Runde kam Hartl vor Brett, Duke, Murphy und Zeller zurück. Wenig später ging der amtierende Weltmeister in Führung, aber Hartle gab nicht auf und konnte nochmals kurz das Kommando übernehmen. Gegen den Topspeed der Vier-Zylinder Gilera hatte er jedoch mit seiner Einzylinder Norton keine Chance und deshalb setzte sich im fünften Umlauf wieder Duke an die Spitze.
Ausfälle und Stürze prägten den zweitletzten Halbliter Grand Prix des Jahres
Auf P3 liegend ging Brett zu hohes Risiko ein, stürzte und verletzte sich dabei am Ellenbogen, machte sich aber danach wieder auf die Verfolgung der beiden Führenden. Danach bekam er jedoch Probleme mit der Gangschaltung und fiel zurück. Lomas hatte in Runde fünf das Rennen aufgeben müssen und der nächste war Zeller, der stehen blieb, weil seine Kupplung an der BMW ihren Dienst verweigerte.Bei Halbzeit lag Duke bereits eineinhalb Minuten vor seinem ersten Verfolger Hartle. Aber dem Titelverteidiger war das Glück nach seinem Ausfall auf der Solitude erneut nicht hold. Nachdem er nach einer Kurve zu stark beschleunigt hatte, geriet er auf dem nassen Boden ins Schleudern, stürzte und verletzte sich dabei schmerzhaft an der Schulter. Die Saison war für den unbestritten besten der ersten Nachkriegsjahre, sowie Publikumsliebling fast sämtlicher Fans, einfach wie verhext. Erst die unsportliche Suspendierung durch machtbesessene Funktionäre und dann auch noch reihenweise Pech! Die Chancen auf die Verteidigung des Titels hatte er bereits durch seinen Ausfall beim GP von Deutschland verloren. Aber auch Teamkollege Armstrong ging es nicht besser. Bereits deutlich abgeschlagen, wurde er wie Zeller mit Problemen seiner Kupplung aus dem Rennen geworfen. Als letzte und schwache Titel-Hoffnung von Gilera war damit auch der Ire aus dem Titelkampf ausgeschieden und Surtees stand als neuer Weltmeister fest.
Hiobsbotschaften vor dem Finalwochenende in Italien
Kaum war beim Ulster Grand Prix die Nachwuchshoffnung Derek Ennet tödlich verunfallt, kam aus der DDR die nächste traurige Botschaft. Mit Gerhard Hofmann verlor der zweifache DDR Meister bis 250 cm³ von 1950 und 1951 sein Leben. Am 17. August 1956 trainierte Hoffmann auf dem Sachsenring, als der Motor seiner IFA (ab 1956 MZ) plötzlich blockierte und er dadurch in der MTS Kurve zu Sturz kam. Der Ostdeutsche war das sechste Opfer des damaligen Traditionskurses, durchgeführt auf öffentlicher Straße in Hohenstein-Ernstthal. Ein Stück weiter südostlich, ebenfalls hinter dem „Eisernen Vorhang“ gab es sogar zwei Todesfälle zu beklagen. Dies passierte beim Grossen Preix von Brünn (Tschechoslowakei), am 26. August 1956 auf dem ebenfalls damals noch auf öffentlicher Straße als Masaryk Ring bekannten Kurses, bei einem internationalen Rennen.
Die Opfer des Masaryk Rings vom August 1956
Dort stürzte der Franzose Michel Mouty im 500er Lauf tödlich und mit dem Unfall des Deutschen Hans Baltisberger auf seiner NSU Sportmax 250 erwischte es einen der vier Musketiere des Neckarsulmer Werksteams von 1954. Nur knapp zwei Jahre länger als sein damaliger Kollege Rupert Hollaus hatte der zweifache Familienvater seinen geliebten und leider auch gefährlichen Sport überlebt. Auf der bei leicht einsetzendem Regen zunehmend nasser werdenden Strecke rutschte er in einer üblicherweise mit Vollgas durchfahrenen Kurve seitlich weg und flog in den Wald ab, wo er mit dem Kopf gegen ein natürliches Hindernis aufschlug, wobei sogar sein Helm brach. Der Betzinger (südlich von Stuttgart, bei Reutlingen) hatte keine Chance und starb wohl bereits auf dem Weg ins Spital an seinen schweren Kopfverletzungen.
Das Saisonfinale in Monza – ohne Titelentscheidungen
Nachdem bei allen vier Soloklassen die Weltmeister spätestens in Ulster bereits feststanden, war ein gutes Stück Spannung bereits im Vorfeld verflogen. Teils tiefe Sorgenfalten sah man bei einigen Piloten jedoch nicht aus diesem Grund, sondern weil der Rückzug diverser Hersteller drohte und im Fall von BMW sogar bereits beschlossen war. Trotz gehörigem Aufwand und in diesem Jahr auch beträchtlichen Erfolgen, war die Marke aus Bayern gegen die italienischen Vierzylinder von Gilera und MV letztlich chancenlos. Moto-Guzzi laborierte seit dem Vorjahr sogar mit einem V8-Motor, der auch bereits seine halbwegs erfolgreiche Feuertaufe hinter sich hatte. Daher waren einerseits ihre Rücktritts-Absichten durchaus verständlich, auf der anderen Seite hatten sie mit Walter Zeller einen Weltklassepiloten unter Vertrag. Weil die Motorrad-Verkäufe in Europa durch den Wirtschaftsaufschwung, insbesondere nördlich der Alpen immer weiter zurückgingen, sah die finanzielle Situation für viele Hersteller immer bedrohlicher aus. Deshalb stand auch bei DKW die Befürchtung im Raum, dass diese deutsche Traditionsmarke sich schon bald werksseitig aus dem Renn-Sport verabschieden dürfte. Neue Marken waren damals noch nicht in Sicht, aber schon bald sollte mit Honda der erste japanische Hersteller auf der Bildfläche erscheinen.
Die kleinste Klasse beim GP der Nationen mit einer Premiere
Nachdem Moto Morini und Benelli sich werksseitig bereits seit einiger Zeit wieder zurückgezogen hatten, trug sich in diesem Rennen mit Ducati ein neuer Hersteller aus Italien in die Rangliste ein. Rund ein halbes Jahrhundert später sollte diese Marke aus dem Land mit der Form eines Stiefels als Innbegriff für sportlich orientierte Motorräder gelten. Beim Grossen Preis der Nationen in Monza stand die bologneser Marke hingegen noch völlig im Schatten der ganz grossen der 1950-er Jahre aus ihrem Land. Dies waren vor allem FB-Mondial, Gilera, Moto-Guzzi und MV Agusta. Daher konzentrierte sich die Aufmerksamkeit 1956 im königlichen Park von Monza in der kleinsten Klasse bis 125 cm³ vor allem auf den Dreikampf von MV, Mondial und den in diesem Jahr neu dazugestossenen Zweizylinder-Renner von Gilera. Auch DKW wollte mitspielen, aber im Gegensatz zum Vorjahr hing über ihrem Werkseinsatz bereits ein dunkler Schatten. Es bestand aufgrund der rückläufigen Verkäufe des in den 1930-er Jahren noch weltgrössten Motorrad-Herstellers nämlich die Gefahr der Aufgabe des Grand Prix Rennsports. Kurz vor dem Krieg war die damals noch in Zschopau (Sachsen) produzierende Firma, bevor es die WM ab erst 1949 geben sollte, noch die erfolgreichste Marke in der Europa-Meisterschaft der kleinen bis mittleren Klassen, vor allem bei den 250-ern.
Das Rennen der Kleinsten in Monza
Aus dem erhofften Dreikampf zwischen MV, Mondial (beider mit ihren Einzylinder-Viertaktern) und Gilera auf deren neuen „Bicilindrica“ Zweizylinder-Maschine wurde schon bald nur noch ein Duell. Der Solitude Sieger Romolo Ferri auf der einzigen Werks-Gilera musste in der dreizehnten von 18 Runden aufgeben und weil Sartori (FB-Mondial) und Taveri (MV Agusta) schon früh nicht mehr mithalten konnten, kam es zum beinharten Zweikampf zwischen Titelverteidiger Carlo Ubbiali auf der schnellsten Werks MV und dem Landsmann Terquinio Provini auf seiner Mondial. Es wurde zum Kopf-an-Kopf Rennen, das bis zur letzten Kurve offen blieb und die etwa 120-tausend Zuschauer in Atem hielt. Am Ende war es wie so oft in dieser Saison der „Chinese“, wie in viele seiner Landsleute aufgrund seiner schmalen Augen nannten, der knapp die Nase vorn hielt. Sartorni auf der zweitbesten Mondial fuhr mit fast einer Minute Rückstand noch aufs Podium, vor Taveri, Artusi mit der neuen Desmo-Ducati und Hofmann mit dem womöglich letzten 125-er WM-Punkt für DKW in deren Renngeschichte.
Favoritensieg im Viertelliter Grand Prix von Monza
Trotz ansehnlicher Konkurrenz aus dem In- und Ausland war Ubbiali natürlich auch hier der Topfavorit. Zum ersten Mal auch als Weltmeister bis 250 cm³ feststehend, wollte er natürlich auch vor heimischem Publikum glänzen. Mit dem Routinier Enrico Lorenzetti auf einer verbesserten Guzzi, sowie den beiden MV Werksteam-Kollegen Taveri und Venturi schälten sich früh nach dem Start die härtesten Gegner heraus. Allerdings war der Schweizer mit italienischen Wurzeln einmal mehr in dieser Saison nicht in der Lage, das Tempo an der Spitze mitzugehen. Gegen Schluss war es dann wie bei den 125-ern wieder Carlo Ubbiali, der sich ab der vorletzten Runde von Lorenzetti als aufdringlichstem Verfolger leicht absetzte, um auch das zweite Rennen zu gewinnen, zu welchem er sich eingeschrieben hatte. Venturi folgte mit einem Respekt-Abstand hinter dem Zweitplatzierten und komplettierte damit das Podium. Taveri belegte den meist undankbaren vierten Rang vor demi viertbesten Italiener Montanari, dahinter 4 private NSU Sport-Max 250 Maschinen, mit Sammy Miller als schnellstem auf dem letzten Punkteplatz.
Überraschungssieger bis 350 cm³ im königlichen Park
Eigentlich hatten alle mit einem Duell zwischen MV und Guzzi gerechnet, bei welchem DKW und Gilera höchstens eine Nebenrolle zugedacht wurde. Aber die jahrelang in der Königsklasse dominierende Marke mit ihrem Superstar Geoff Duke, hatte neu auch eine durchaus schlagkräftige Waffe für die 350-er Klasse an den Start gebracht. Aber der Engländer hatte nicht zum ersten Mal Pech in dieser für ihn verflixten Saison und musste sein neues Schmuckstück mit defekter Kupplung abstellen. Doch nun lieber ganz von vorne. Mit insgesamt 4 Werksfahrern stellte Guzzi die zahlenmässig stärkste Delegation, angeführt vom neu zweifachen Weltmeister Bill Lomas, dazu Kavanagh, Dale und Campbell. Ohne den immer noch mit einer Verletzung pausierenden Surtees setzte MV auf Masetti und Colombo. Das Gilera Werksteam war mit Duke und Liberati angetreten, sowie DKW mit Hobl, Hofmann, Sandford und Bartl. Wie so oft waren die Zweitakter beim Schiebestart wieder im Vorteil und trotzdem war es schon bald Liberati, der das Tempo an der Spitze vor den Guzzis diktierte. Den DKW Piloten fehlte es an Topspeed, weshalb sie früh deutlich an Boden verloren. Auf Position zwei liegend übertrieb es Lomas und flog in der Lesmo Kurve ab, weshalb er mit einer Armverletzung danach auf den Start mit der V8-Maschine in der Königsklasse verzichten musste. Duke war bereits in Runde 3 ausgefallen und hinter Dale auf P2 holte sich Colombo den letzten Podestplatz. DKW tröstete sich für das Wochenende mit den Rängen 4 bis 7 für ihre vier Werksfahrer, mit nur Bartl ausserhalb der Punkte.
Erlösung für Duke in der 500-er Klasse
Bis dahin sieglos geblieben, brachte das Rennen der Königsklasse für den Weltmeister des Vorjahres, mit bereits 6 Titeln in den grössten beiden Kategorien, endlich die Erlösung. Aber Geoff Duke hatte ein hartes Stück Arbeit zu erledigen, bis er erleichtert die Zielflagge passierte. Ohne Surtees wurde dieses Rennen zu einem wahren Gilera Festival. Während Campbells Machine nicht ansprang, musste er mit einer Minute Rückstand dem Feld nachhetzen. Liberati führe vom Start weg vor seinen Gilera Kollegen Monneret und Duke, dahinter Milani, Zeller und Bandirola. In Runde 4 lag Duke nach einer neuen Rekordrunde hinter dem Leader auf P2 und Campbell musste nach einer beeindruckenden Aufholjagd seine Maschine stehen lassen unf aufgeben. Milani schnappte sich Zeller, der den Italiener aber später wieder einfing und bald waren vier Gileras in Führung. Duke begann langsam ernst zu machen und Liberati immer mehr unter Druck zu setzen, verpasste aber 12 Runden vor Schluss die Parabolica und musste darauf hin durch den Notausgang, konnte aber vor Monneret, Armstrong, Bandirola und Zeller wieder die Verfolgung des Spitzenreiters neu aufnehmen. Tatsächlich holte er den Lokalmatador noch ein und ging in der Parabolica an diesem vorbei. Die Führung wechselte erneut, aber am Ende lag der Engländer in einem Fotofinisch um Haaresbreite vorne und holte sich damit den ersten und einzigen Saisonsieg 1956.
Der Todesstoß für einen echten Länderkampf
Was sich schon seit 1955 angedeutet hatte, als die englischen Werke nur noch an den nationalen Läufen zur Weltmeisterschaft teilgenommen hatten, führte zum Saisonende 1956 zum endgültigen Aus. Offiziell verkündeten AJS und Norton, sich werksseitig auf die nächste Saison komplett zurückzuziehen. Weil ein Jahr davor bereits NSU als während zwei Jahren dominierender Hersteller in den kleineren Kategorien bereits überraschend ausgestiegen war, kam dies einem Kollaps gleich. Man sieht in unserem Teil 1 zur Saison 1957 danach, wie stark die Liste der offiziellen Werksteams danach zusammengeschrumpft war. Mit Ausnahme der anfänglich nur halbherzigen Teilnahme von BMW waren voraussichtlich ab nun die italienischen Marken fast vollständig unter sich und auch deren Reihen sollten sich binnen eines Jahres dramatisch lichten. Sport-politisch läutete die Saison 1956 durch die Sperrung von Geoff Duke und die Ausdünnung der Werks-Teams dem Motorrad-Rennsport der goldenen 50-er Jahre im Prinzip den Todesstoß ein.
Diverse und mehrheitlich leider sehr traurige Nachrichten zum Jahresende
Einerseits besiegelte der werksseitige Rücktritt von DKW das Ende der goldenen 50-er Jahre im deutschen Rennsport endgültig und auf der andern Seite machte eine besonders tragische Meldung im November 1956 die Runde. Nur zwei Jahre nach seinem Rücktritt als aktiver Rennfahrer verunfallte er am 13.11.1956 tödlich bei einem Probeflug bei der Ausübung seines neuen Hobbys, der Fliegerei. Er hatte 14 Grand Prix Siege bis 1954 errungen und 16 Mal bei den Deutschen Meisterschaften triumphiert, bevor er sich nach dem tödlichen Unfall von seinem Freund und NSU Werksteam-Kollegen vom Rennsport verabschiedete. Selbstverständlich war er besonders geschockt davon und in einer Zeit mit mindestens 10 bis 15 Piloten, die beim Zweirad-Rennsport jährlich ihr Leben verloren, absolut nachvollziehbar.
Die Gründe für den Rücktritt von Haas
Der Augsburger startete 1955 zusammen mit seinem Bruder Otto im Offroad-Rennsport, offenbar auch um seinen Vertrag mit NSU zu erfüllen. Düstere Geschichten über Disqualifikationen führten dazu, dass er im Juli 56 alle Wettbewerbe aufgab, um sich seiner Tankstelle in Augsburg und seiner neuen Leidenschaft, der Luftfahrt, zu widmen. Womöglich hatte sein Rücktritt als deren Aushängeschild auch maßgebenden Einfluss auf den werksseitigen Rückzug von NSU, so genau wird man dies nie erfahren. Nur durch Zufall, respektive Verletzungspech zweier Werksfahrer der Neckarsulmer Firma war er 1952 als Ersatz für den ersten GP von Deutschland auf der Solitude am Abend vor dem Rennen ausgewählt worden. Auf Anhieb hatte er darauf sein Heimrennen gewonnen, was letztlich Grundstein für eine unglaubliche Karriere des sympathischen Schwaben wurde. Kurz nach Hans Baltisberger fand mit ihm bereits der dritte der vier NSU Musketiere von 1954 den Tod und nur Altmeister H.P. Müller überlebte. Mehr über die vier Musketiere des erfolgreichsten Deutschen Herstellers in der Weltmeisterschaft, siehe auf unserer Seite unter „History – Fahrer“.
Die Saison 1956 von uns in Zahlen gefasst
Unsere Zusammenfassung der vielen Todesopfer im Straßenrennsport von 1956
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
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