Eine MV Agusta Einzylinder Maschine der frühen Rennsportjahre, von uns am Rupert Hollaus Memorial Race auf dem Red Bull Ring in Spielberg fotografiert. In der Saison 1956 erfolgte für die Marke aus Varese (Italien) der endgültige Durchbruch, mit Siegen in sämtlichen Solo-Kategorien.

Rückkehr nach Nord-Irland zum Ulster Grand Prix

Nicht zum ersten Mal sollte es nahe Belfast zu einem Rennen kommen, bei welchem nicht einmal alle Punkteränge erreicht wurden. Schon beinahe traditionell war davon die 125-er Klasse betroffen. Für Superstar und 500 cm³ Titelverteidiger Geoff Duke wurde nach zwei Ausfällen seit Spa auch das dritte Rennen seit seiner Rückkehr zu einem Albtraum. Was angesichts der Tatsache, dass die Titelverteidigung sowieso längst verloren war, jedoch höchstens kosmetischen Charakter mehr haben konnte. Wie so oft dominierten in Nord-Irland in den größeren beiden Klassen in erster Linie die britischen Piloten, während in den kleineren beiden Kategorien nicht zum ersten Mal zuoberst auf dem Podium italienisch und eine weitere Fremdsprache (aus Sicht der Insulaner) gesprochen wurde. Erstmals seit 1953 kam es zudem auf dem Dundrod Circuit wieder dazu, dass die karierte Flagge bei sämtlichen vier Soloklassen zum Einsatz kam, sowie bei allen Solo-Kategorien WM-Punkte danach vergeben wurden. Im Vergleich zu den 350-ern und der Königsklasse war das Starterfeld der beiden kleineren Kategorien jedoch wie so oft geradezu lächerlich.

Dundrod Circuit Streckenskizze aus den 1950-er Jahren.

Das oft erlebte Trauerspiel der 125-er beim Ulster GP

Anfangs hatte die Kategorie bis 125 cm³ im Ulster nur ganze acht Teilnehmer. Es nahmen aber lediglich sieben Piloten teil. Nur zwei von ihnen überquerten letztlich die Ziellinie: Carlo Ubiali und Romolo Ferri. Drei weitere hatten eine ausreichende Zahl von Runden abgeschlossen, um noch klassifiziert zu werden. Vor diesem Hintergrund von einem richtigen Rennen zu berichten, ist deshalb so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit. Belassen wir es daher lieber beim Duell zwischen Ferri auf dem vollverkleideten 2-Zylinder Gilera Renner, der rund 20 PS leistete, mit Seriensieger Ubbiali auf seiner Einzylinder MV Agusta (auch die Mondial und DKW-Zweitakter verfügten über Einzylinder Motoren). Schon bald sollte sogar unerwartet starke Konkurrenz von hinter dem eisernen Vorhang von sich reden machen. Auf der technischen Basis der Vorkriegs DKW RT 125 hatte der geniale Konstrukteur Kaaden aus der DDR noch einige Pfeile im Köcher, welche die Konkurrenz nachhaltig zur Verwunderung bringen sollte. Aber zurück zum Rennen der kleinsten Kategorie.

Bill Lomas auf der 125 cm³ MV Agusta 1952 beim Ulster Grand Prix – mit Rang zwei ging hier der Stern für den Titelverteidiger in der 350-er Klasse von 1956 auf.

Die Ausgangslage vor der zweitletzten 125-er Runde der Saison
Mit nur sechs Konkurrenten musste der Dominator dieser Saison selten kämpfen, um sich seine Punkte zu holen. Aber diesmal war es ein ähnlich kurioses Rennen, wie er es in Nord-Irland auf dem früheren Clady Circuit bereits 1950 erstmals erlebte, als nur er und der spätere Weltmeister Bruno Ruffo (beide auf FB-Mondial) die Zielflagge sahen. Weil dies sein erster Grand Prix Sieg war, hatte der Norditaliener dies nie vergessen. Bestimmt sollte er auch diesmal den Ulster Grand Prix nie aus seiner Erinnerung verlieren. Vor allem auch, weil er nach seinem Triumph in der zweiten nur drei Runden umfassenden Weltmeisterschaft bis 125 cm³ der Geschichte kein einziges Mal mehr das Ziel erreicht hatte. Zumindest diesmal, nach nicht weniger als fünf Ausfällen beim Rennen nahe Belfast, klappte es damit endlich ein zweites Mal.

Luigi Taveri im Abflug von seiner MV Agusta 1956 – der draufgänerische Schweizer war für seinen wilden Fahrstil bekannt und nicht immer ging dies gut. Deshalb musste er nach seinem beeindruckenden Einstand als MV Werksfahrer im Vorjahr, als er Ubbialis Teamkollege dessen härtester Gegner im Titelkampf wurde, im Jahr danach hartes Brot essen. Bei den 125-ern erst mit zwei Zielankünften und bis 250 cm³ vor Ulster dreimal als Zweiter, waren Podiumdsplätze gefordert, um nicht seinen Platz im MV Werksteam zu verlieren.

Der Dominator gewann erneut und und ein Weltrekord erstaunt die Fachwelt
Nachdem es in der Nacht von Freitag auf Samstag noch geregnet hatte, besserten sich die Verhältnisse für diesen Lauf. Lediglich starker Westwind beeinträchtigte die winzige Zahl der eigentlich 7 Starter. Wobei mit dem Schweizer Camathias auf der privaten MV (er war vor allem bei den Seitenwagen recht erfolgreich in dieser Zeit) einer gar nicht erst wegkam. Anfänglich mischte nebst Ubbiali und Ferri auch noch Luigi Taveri auf der zweiten Werks MV Agusta mit, aber sein Teamkollege Ubbiali war an diesem Tag definitiv zu stark. Der Schweizer musste seine Maschine in Runde sieben auf P3 liegend mit technischen Problemen abstellen und Gilera Werkspilot Ferri lag am Ende eineinhalb Minuten hinter dem überlegenen Landsmann Ubbiali als Sieger. Und einen Weltrekord stellte an diesem Tag der Engländer Frank Cope auf, der im 125er-Rennen zwei Punkte holte. Mit 60 Jahren wohl für ewige Zeiten zweifellos der älteste Fahrer, der seinen Namen in der Motorrad-Weltmeisterschaft eintrug.

Carlo Ubbiali (MV Agusta) – von seinen Landsleuten aufgrund seiner schmalen Augen oft „der Chinese“ genannt, war am Ziel seiner Träume. Nach harten Jahren seit seinem ersten Titel in der Saison 1951 stand ihm zuerst Cecil Sandford in seiner Lieblingsklasse bis 125 cm³ vor der Sonne und danach überstrahlte NSU mit ihren Fahrern Werner Haas und Rupert Hollaus die Szene und bis zu deren Rückzug waren die Italiener zwei Jahre lang im Hintertreffen. Nun aber begann die beste Zeit für den schnellen Mann aus Bergamo.

Auch das Rennen bis 250 cm³ mit karger Beteiligung

Mit lediglich 12 Piloten in der Startaufstellung konnte man auch hier nicht von einem WM-würdigen Rennen sprechen. Nach dem Start führte überraschend NSU Privatpilot Brown vor Miller, Taveri und Ubbiali. Drei Umläufe später waren die beiden Werks-Piloten von MV mit Taveri und Ubbiali an der Spitze, dahinter Miller und Brown. Bis zur elften von 13 Runden änderte sich wenig, als plötzlich der Italiener die Hand hob. Er fiel aus wegen einer festsitzenden Schwimmernadel an seinem Vergaser (ein damals sehr häufiges Problem, das auch Zweitakter oft stillegte). Damit war die Bahn frei für Taveri, der eine höchst desaströse Saison wenigstens mit einem Grand Prix Sieg bis 250 cm³ ein Stück weit rettete. Mit Rang zwei unterstrich Privatfahrer Sammy Miller, wie stark immer noch die NSU Sportmax zu dieser Zeit war, mit welcher im Vorjahr „HaPe“ Müller als erster nicht zu einem Werksteam gehörender Pilot den 250-er Titel geholt hatte. Millers Rückstand auf Sieger Taveri mit der Werks MV Agusta von nur 13.6 Sekunden diente als Beweis dafür. Arthur Wheeler auf seiner privaten Moto-Guzzi hatte als Dritter bereits über dreieinhalb Minuten Rückstand. Dahinter Coleman auf einer weiteren NSU, Maddrick (Guzzi) und der Schweizer Büla (NSU) mit dem letzten WM-Punkt.

Das Fazit zweier schlicht einer Weltmeisterschaft unwürdigen Rennen, wie es sie in Ulster nicht zum ersten Mal gegeben hatte und bei welchem in einem Fall nicht einmal alle zu vergebenden Punkte verteilt wurden. Beim viertplatzierten bis 250 cm³ steht Rod Coleman, aber womöglich könnte es sich laut unterschiedlicher Quelle auch um dessen Bruder Bob gehandelt haben, dies sei an dieser Stelle sicherheitshlaber erwähnt. Die offizielle MotoGP Seite ist diesbezüglich leider wie so oft mehr als lückenhaft, dieses Rennen fehlt dort gleich vollständig in der Resultatübersicht.
Carlo Ubbiali und seine MV Agusta – eine 1956 fast unschlagbare Kombination in den kleineren beiden Klassen. Mit Ausnahme des Grossen Preises von Deutschland, als er Zweiter bis 125 cm³ wurde, hatte er bis Nord-Irland sämtliche Rennen (auch die der Viertelliter-Klasse) für sich entschieden. Nach vier Siegen in Folge bis 250 cm³ kam in Ulster der erste Ausfall überhaupt in dieser Weltmeisterschafts-Saison.

Tragisches Rennen der 350-er mit der Titelentscheidung

Punktgleich mit August Hobl (DKW) war der amtierende Weltmeister Bill Lomas nach Belfast gereist. Sollte er hier gewinnen, konnte sich der Engländer damit vorzeitig die Titelverteidigung sichern. Obwohl DKW sich mit WM-Chancen für die weite Anreise auf die britische Insel entschied, sollte es sich für den deutschen Hersteller und seine Piloten nicht auszahlen. Der Favorit hatte bereits die schnellste Runde im Training hingelegt und Lomas hatte zudem mit Dale, Kavanagh und dem neu von Moto-Guzzi anstelle von Wheeler unter Vertrag genommenen Ennett drei sehr starke Männer im selben Team, welche ihn unterstützen konnten. Andrerseits hatte DKW auf ihren Stammpiloten Hofmann verzichten müssen. Immerhin hatten Hobl und Sandford hinter Lomas die nächst-schnellsten Zeiten im Training gefahren. Nach dem Start führte Sandford vor seinem DKW Werksteam-Kollegen Hobl und Hartle. Wenig später wurde der Deutsche jedoch von Hartl und Dale geschnappt und fiel danach immer weiter zurück, ohne jedoch auszufallen. In der zweiten Runde war mit Sandford der zweite DKW Mann unter Druck und ausgerechnet Lomas löste ihn an der Spitze ab. Kurz danach passierte die Tragödie des Wochenendes.

Derek Ennett war eine der neuen britischen Hoffnungen, nach seinem überraschenden zweiten Rang an der TT in der Lightweight-Klasse bis 250 cm³. Er fand als frisch verpflichteter Werksfahrer auf der Moto Guzzi Monocilindrica 350 durch einen Sturz auf dem Dundrod Circuit den Tod. Er kam von der Nachbarinsel Manx (besser bekannt als Isle of Man) und war erst Mitte 20 als er in Kurve 7 bei Bedore die Kontrolle über seine Guttzi verlor und gegen einen Telegrafenmast krachte, wodurch er keine Überlebenschance hatte.

Der amtierende Weltmeister wiederholte seine Vorjahres-Leistung
Bill Lomas konnte sich immer weiter absetzen, während Kavanagh an die Box fuhr und aufgeben musste. Auch Sandford hatte viel Pech, als er wenig später seinen Schalthebel verlor und auch für ihn das Rennen zu Ende war. Im vierzehnten Umlauf schaffte Lomas eine neue Bestzeit, als nur vier Runden später die Hiobsbotschaft vom tragischen Unfall von Derek Ennett (Moto-Guzzi) die sportlichen Aspekte ein gutes Stück in den Hintergrund rückte. Hinter dem Spitzenreiter gab es noch diverse Positionskämpfe, bei welchen am Ende mit Dale eine weitere Werks-Guzzi vor Hartle, Brett (beide Norton), Murphy und Brown (beide AJS) in die Punkteränge fuhren. Mit der Wiederholung seines Vorjahres-Sieges sicherte sich Lomas die Titelverteidigung bereits vor dem Finalwochenende in Monza. Damit war nur noch die Entscheidung in der Halbliterklasse offen, wobei der verletzte Surtees sogar in Abwesenheit am Ulster Wochenende seinen ersten 500 cm³ Titel im günstigsten Fall bereits feiern durfte. Aber mehr dazu siehe weiter unten.

Ein gut gelaunter Walter Zeller als einziger BMW Werksfahrer, nach dem tragischen Unfal von Fergus Anderson in Imola, noch vor dem Auftakt der Weltmeisterschaft. In Ulster hatte Zeller Pech, aber auf seine Resultate der Saison 1956 durfte er trotzdem mehr als stolz sein. Für BMW wurde es am Ende die mit Abstand erfolgreichste Saison, seitdem ab 1952 die Deutschen Werke und Piloten überhaupt erst mittun durften.
John Surtees (MV Agusta) fehlte nach seinem Sturz auf der Solitude für den Rest der Saison aufgrund eines Oberarm-Bruchs, der nicht ohne Komplikationen verlief. Mit einem Podestplatz beim GP von Deutschland hätte der am 11 Februar 1934 in Tatsfield (Surrey) geborene Engländer noch um den 350-er Titel kämpfen können. Er hatte 1955 an der TT auf einer NSU Sportmax seinen ersten Sieg errungen. Nun stand Surtees zumindest kurz vor dem Halblitertitel, während bei den 350-ern durch seine Verletzung seit der Solitude nicht mehr kampffähig.

Das letzte Rennen des Tages mit der Vorentscheidung zum Titel

zum letzten Mal war Norton mit den Fahrern Hartle, Brett und Trow werksseitig an einem Grand Prix vertreten, wie sich zum Jahresende bei deren offiziellen Rückzugsmeldung zeigen sollte. Für Gilera standen Duke und Armstrong am Start. Guzzi hatte auf den Einsatz der kapriziösen V8-Maschine verzichtet und nur Lomas trat mit einer Einzylinder-Maschine als Werkspilot an. Dazu stand auch Zeller mit der einzigen Werks-BMW mit Einspritzung am Start, als es auf die 27 Runden ging. Die Wahnsinns-Distanz dabei betrug 314.2 Kilometer, eine Jahrzehnte später vollig undenkbare Grössenordnung, mit meist wenig mehr als hundert Kilometern in der Königsklasse. Aus der ersten Runde kam Hartl vor Brett, Duke, Murphy und Zeller zurück. Wenig später ging der amtierende Weltmeister in Führung, aber Hartle gab nicht auf und konnte nochmals kurz das Kommando übernehmen. Gegen den Topspeed der Vier-Zylinder Gilera hatte er jedoch mit seiner Einzylinder Norton keine Chance und deshalb setzte sich im fünften Umlauf wieder Duke an die Spitze.

Superstar Geoff Duke (links) im Gespräch mit seinem Nachfolger John Surtees im Paddock. Es war jedoch noch keine Wachablösung betreffend der Marken, von Gilera an MV Agusta. Sondern wie sich später zeigen sollte, fand die gloriose Zeit des sechsfachen Weltmeisters mit der Saison 1956 ihr Ende. Duke würde zwar später nochmals zwei Rennen gewinnen, aber mit dem Titelkampf hatte er ab nun nichts mehr zu tun.

Ausfälle und Stürze prägten den zweitletzten Halbliter Grand Prix des Jahres
Auf P3 liegend ging Brett zu hohes Risiko ein, stürzte und verletzte sich dabei am Ellenbogen, machte sich aber danach wieder auf die Verfolgung der beiden Führenden. Danach bekam er jedoch Probleme mit der Gangschaltung und fiel zurück. Lomas hatte in Runde fünf das Rennen aufgeben müssen und der nächste war Zeller, der stehen blieb, weil seine Kupplung an der BMW ihren Dienst verweigerte.Bei Halbzeit lag Duke bereits eineinhalb Minuten vor seinem ersten Verfolger Hartle. Aber dem Titelverteidiger war das Glück nach seinem Ausfall auf der Solitude erneut nicht hold. Nachdem er nach einer Kurve zu stark beschleunigt hatte, geriet er auf dem nassen Boden ins Schleudern, stürzte und verletzte sich dabei schmerzhaft an der Schulter. Die Saison war für den unbestritten besten der ersten Nachkriegsjahre, sowie Publikumsliebling fast sämtlicher Fans, einfach wie verhext. Erst die unsportliche Suspendierung durch machtbesessene Funktionäre und dann auch noch reihenweise Pech! Die Chancen auf die Verteidigung des Titels hatte er bereits durch seinen Ausfall beim GP von Deutschland verloren. Aber auch Teamkollege Armstrong ging es nicht besser. Bereits deutlich abgeschlagen, wurde er wie Zeller mit Problemen seiner Kupplung aus dem Rennen geworfen. Als letzte und schwache Titel-Hoffnung von Gilera war damit auch der Ire aus dem Titelkampf ausgeschieden und Surtees stand als neuer Weltmeister fest.

Hiobsbotschaften vor dem Finalwochenende in Italien

Kaum war beim Ulster Grand Prix die Nachwuchshoffnung Derek Ennet tödlich verunfallt, kam aus der DDR die nächste traurige Botschaft. Mit Gerhard Hofmann verlor der zweifache DDR Meister bis 250 cm³ von 1950 und 1951 sein Leben. Am 17. August 1956 trainierte Hoffmann auf dem Sachsenring, als der Motor seiner IFA (ab 1956 MZ) plötzlich blockierte und er dadurch in der MTS Kurve zu Sturz kam. Der Ostdeutsche war das sechste Opfer des damaligen Traditionskurses, durchgeführt auf öffentlicher Straße in Hohenstein-Ernstthal. Ein Stück weiter südostlich, ebenfalls hinter dem „Eisernen Vorhang“ gab es sogar zwei Todesfälle zu beklagen. Dies passierte beim Grossen Preix von Brünn (Tschechoslowakei), am 26. August 1956 auf dem ebenfalls damals noch auf öffentlicher Straße als Masaryk Ring bekannten Kurses, bei einem internationalen Rennen.

Unsere Zusammenstellung der Sachsenring Opfer, mit einigen sehr prominenten Namen. Mehr über diese Strecke siehe auf dieser Seite unter „Racetracks – Europa“ und unter „History – Fahrer“ haben wir auch eine Story über den englischen Fahrer Bill Ivy zusammengestellt, den an Gestalt zwar kleinen, aber fahrerisch zu den absolut grössten der 1960-er Jahre zählend..

Die Opfer des Masaryk Rings vom August 1956
Dort stürzte der Franzose Michel Mouty im 500er Lauf tödlich und mit dem Unfall des Deutschen Hans Baltisberger auf seiner NSU Sportmax 250 erwischte es einen der vier Musketiere des Neckarsulmer Werksteams von 1954. Nur knapp zwei Jahre länger als sein damaliger Kollege Rupert Hollaus hatte der zweifache Familienvater seinen geliebten und leider auch gefährlichen Sport überlebt. Auf der bei leicht einsetzendem Regen zunehmend nasser werdenden Strecke rutschte er in einer üblicherweise mit Vollgas durchfahrenen Kurve seitlich weg und flog in den Wald ab, wo er mit dem Kopf gegen ein natürliches Hindernis aufschlug, wobei sogar sein Helm brach. Der Betzinger (südlich von Stuttgart, bei Reutlingen) hatte keine Chance und starb wohl bereits auf dem Weg ins Spital an seinen schweren Kopfverletzungen.

Unsere Zusammenstellung der Todesopfer des Masaryk-Rings, mit einigen sehr prominenten Namen. Mehr über diese Strecke siehe auf dieser Seite unter „Racetracks – Europa“.
Hans Baltisberger war der einzige von den vier NSU Musketieren, welcher nie einen Weltmeistertitel holen konnte. Trotzdem hatte der gelernte Grafiker eine beeindruckende Karriere hingelegt. Auch über ihn (siehe unter „History – Fahrer“) haben wir eine Story auf unserer Seite zusammengestellt. Nun waren einzig noch Altmeister „HaPe“ Müller (als 1955 erster Weltmeister bis 250 cm³ als Privatfahrer auf der NSU Sportmax, danach zurückgetreten) und Werner Haas als dreifacher Weltmeister von 1953 und 1954 übrig. Leider sollte auf letzteren nur drei Monate später ebenfalls kein gutes Schicksal warten und er das Jahr nicht überleben.

Das Saisonfinale in Monza – ohne Titelentscheidungen

Nachdem bei allen vier Soloklassen die Weltmeister spätestens in Ulster bereits feststanden, war ein gutes Stück Spannung bereits im Vorfeld verflogen. Teils tiefe Sorgenfalten sah man bei einigen Piloten jedoch nicht aus diesem Grund, sondern weil der Rückzug diverser Hersteller drohte und im Fall von BMW sogar bereits beschlossen war. Trotz gehörigem Aufwand und in diesem Jahr auch beträchtlichen Erfolgen, war die Marke aus Bayern gegen die italienischen Vierzylinder von Gilera und MV letztlich chancenlos. Moto-Guzzi laborierte seit dem Vorjahr sogar mit einem V8-Motor, der auch bereits seine halbwegs erfolgreiche Feuertaufe hinter sich hatte. Daher waren einerseits ihre Rücktritts-Absichten durchaus verständlich, auf der anderen Seite hatten sie mit Walter Zeller einen Weltklassepiloten unter Vertrag. Weil die Motorrad-Verkäufe in Europa durch den Wirtschaftsaufschwung, insbesondere nördlich der Alpen immer weiter zurückgingen, sah die finanzielle Situation für viele Hersteller immer bedrohlicher aus. Deshalb stand auch bei DKW die Befürchtung im Raum, dass diese deutsche Traditionsmarke sich schon bald werksseitig aus dem Renn-Sport verabschieden dürfte. Neue Marken waren damals noch nicht in Sicht, aber schon bald sollte mit Honda der erste japanische Hersteller auf der Bildfläche erscheinen.

Streckenskizze von Monza aus der damaligen Zeit, mit in Schwarz dem Kurs für Motorräder und nur für Rennwagen war das Mitte der 1950-er Jahre fertiggestellte Oval mit Steilwandkurven vorgesehen. Später sollte dieses wieder abgebaut werden und der alte Kurs erhielt zur Reduktion des immer höheren Speeds der Rennfahrzeuge auf zwei und vier Rädern mehrere Schikanen.

Die kleinste Klasse beim GP der Nationen mit einer Premiere

Nachdem Moto Morini und Benelli sich werksseitig bereits seit einiger Zeit wieder zurückgezogen hatten, trug sich in diesem Rennen mit Ducati ein neuer Hersteller aus Italien in die Rangliste ein. Rund ein halbes Jahrhundert später sollte diese Marke aus dem Land mit der Form eines Stiefels als Innbegriff für sportlich orientierte Motorräder gelten. Beim Grossen Preis der Nationen in Monza stand die bologneser Marke hingegen noch völlig im Schatten der ganz grossen der 1950-er Jahre aus ihrem Land. Dies waren vor allem FB-Mondial, Gilera, Moto-Guzzi und MV Agusta. Daher konzentrierte sich die Aufmerksamkeit 1956 im königlichen Park von Monza in der kleinsten Klasse bis 125 cm³ vor allem auf den Dreikampf von MV, Mondial und den in diesem Jahr neu dazugestossenen Zweizylinder-Renner von Gilera. Auch DKW wollte mitspielen, aber im Gegensatz zum Vorjahr hing über ihrem Werkseinsatz bereits ein dunkler Schatten. Es bestand aufgrund der rückläufigen Verkäufe des in den 1930-er Jahren noch weltgrössten Motorrad-Herstellers nämlich die Gefahr der Aufgabe des Grand Prix Rennsports. Kurz vor dem Krieg war die damals noch in Zschopau (Sachsen) produzierende Firma, bevor es die WM ab erst 1949 geben sollte, noch die erfolgreichste Marke in der Europa-Meisterschaft der kleinen bis mittleren Klassen, vor allem bei den 250-ern.

Ewald Kluge mit seiner Werks-DKW 250 an der Tourist Trophy – er war 1938 erster deutscher Sieger auf der Isle of Man und wurde im selben Jahr auch Europameister bis 250 cm³. Diesen Titel konnte er auch in der folgenden Saison verteidigen, wonach der sinnlose Krieg für lange Zeit dem Rennsport ein Ende setzte.
Werbung für einen Ducati Roller in einem französischen Magazin von 1954. Der Hersteller aus Borgo Panigale, einem Vorort von Bologna, war nicht von Beginn an so sportlich unterwegs, wie viele heute denken.

Das Rennen der Kleinsten in Monza
Aus dem erhofften Dreikampf zwischen MV, Mondial (beider mit ihren Einzylinder-Viertaktern) und Gilera auf deren neuen „Bicilindrica“ Zweizylinder-Maschine wurde schon bald nur noch ein Duell. Der Solitude Sieger Romolo Ferri auf der einzigen Werks-Gilera musste in der dreizehnten von 18 Runden aufgeben und weil Sartori (FB-Mondial) und Taveri (MV Agusta) schon früh nicht mehr mithalten konnten, kam es zum beinharten Zweikampf zwischen Titelverteidiger Carlo Ubbiali auf der schnellsten Werks MV und dem Landsmann Terquinio Provini auf seiner Mondial. Es wurde zum Kopf-an-Kopf Rennen, das bis zur letzten Kurve offen blieb und die etwa 120-tausend Zuschauer in Atem hielt. Am Ende war es wie so oft in dieser Saison der „Chinese“, wie in viele seiner Landsleute aufgrund seiner schmalen Augen nannten, der knapp die Nase vorn hielt. Sartorni auf der zweitbesten Mondial fuhr mit fast einer Minute Rückstand noch aufs Podium, vor Taveri, Artusi mit der neuen Desmo-Ducati und Hofmann mit dem womöglich letzten 125-er WM-Punkt für DKW in deren Renngeschichte.

Das Funktionsprinzip der Ducati 125 mit Desmodromik-Zwangssteuerung der Ventile in einer technischen Zeichnung illustriert. Durch den Wegfall von Ventilfedern war ein damals häufig auftretendes Problem mit dem Bruch derartiger Stahlfedern eliminiert, zudem lag die mögliche Motordrehzahl dadurch wesentlich höher. 1956 war dieses genial einfache Prinzip mithilfe von 3 obenliegenden Nockenwellen gelöst.

Favoritensieg im Viertelliter Grand Prix von Monza

Trotz ansehnlicher Konkurrenz aus dem In- und Ausland war Ubbiali natürlich auch hier der Topfavorit. Zum ersten Mal auch als Weltmeister bis 250 cm³ feststehend, wollte er natürlich auch vor heimischem Publikum glänzen. Mit dem Routinier Enrico Lorenzetti auf einer verbesserten Guzzi, sowie den beiden MV Werksteam-Kollegen Taveri und Venturi schälten sich früh nach dem Start die härtesten Gegner heraus. Allerdings war der Schweizer mit italienischen Wurzeln einmal mehr in dieser Saison nicht in der Lage, das Tempo an der Spitze mitzugehen. Gegen Schluss war es dann wie bei den 125-ern wieder Carlo Ubbiali, der sich ab der vorletzten Runde von Lorenzetti als aufdringlichstem Verfolger leicht absetzte, um auch das zweite Rennen zu gewinnen, zu welchem er sich eingeschrieben hatte. Venturi folgte mit einem Respekt-Abstand hinter dem Zweitplatzierten und komplettierte damit das Podium. Taveri belegte den meist undankbaren vierten Rang vor demi viertbesten Italiener Montanari, dahinter 4 private NSU Sport-Max 250 Maschinen, mit Sammy Miller als schnellstem auf dem letzten Punkteplatz.

Start zum letzten 250-er Grand Prix des Jahres 1956, mit links oben Ubbiali (MV) und als dritter von links Lorenzetti (Moto-Guzzi) neben Taveri (MV) mit der Nummer 4.
Unsere Zusammenfassung der Resultate von den beiden kleinsten Klassen, mit diesmal auch denjenigen Piloten, welche die Zielflagge nicht erreichten. In beiden Kategorien beendeten nicht einmal die ersten sechs das Rennen in derselben Runde.
Carlo Ubbiali (MV Agusta, links) mit dem in Imola am 6. Mai 1956 tödlich verunfallten, befreundeten Fergus Kinloch Anderson. Der Italiener trat mit seinem zweifachen Weltmeistertitel in die Fußstapfen von Superstar Geoff Duke (1951 Weltmeister bis 350 und 500 cm³ auf Norton) und Werner Haas als Doppelweltmeister in denselben Kategorien wie Ubbiali, aber im Jahr 1953 auf NSU.

Überraschungssieger bis 350 cm³ im königlichen Park

Eigentlich hatten alle mit einem Duell zwischen MV und Guzzi gerechnet, bei welchem DKW und Gilera höchstens eine Nebenrolle zugedacht wurde. Aber die jahrelang in der Königsklasse dominierende Marke mit ihrem Superstar Geoff Duke, hatte neu auch eine durchaus schlagkräftige Waffe für die 350-er Klasse an den Start gebracht. Aber der Engländer hatte nicht zum ersten Mal Pech in dieser für ihn verflixten Saison und musste sein neues Schmuckstück mit defekter Kupplung abstellen. Doch nun lieber ganz von vorne. Mit insgesamt 4 Werksfahrern stellte Guzzi die zahlenmässig stärkste Delegation, angeführt vom neu zweifachen Weltmeister Bill Lomas, dazu Kavanagh, Dale und Campbell. Ohne den immer noch mit einer Verletzung pausierenden Surtees setzte MV auf Masetti und Colombo. Das Gilera Werksteam war mit Duke und Liberati angetreten, sowie DKW mit Hobl, Hofmann, Sandford und Bartl. Wie so oft waren die Zweitakter beim Schiebestart wieder im Vorteil und trotzdem war es schon bald Liberati, der das Tempo an der Spitze vor den Guzzis diktierte. Den DKW Piloten fehlte es an Topspeed, weshalb sie früh deutlich an Boden verloren. Auf Position zwei liegend übertrieb es Lomas und flog in der Lesmo Kurve ab, weshalb er mit einer Armverletzung danach auf den Start mit der V8-Maschine in der Königsklasse verzichten musste. Duke war bereits in Runde 3 ausgefallen und hinter Dale auf P2 holte sich Colombo den letzten Podestplatz. DKW tröstete sich für das Wochenende mit den Rängen 4 bis 7 für ihre vier Werksfahrer, mit nur Bartl ausserhalb der Punkte.

August Hobl – hier auf der vollverschalten 125-er DKW, die nach 1956 genauso wie die 350 cm³ 3-Zylinder von der Bildfläche verschwand.

Erlösung für Duke in der 500-er Klasse

Bis dahin sieglos geblieben, brachte das Rennen der Königsklasse für den Weltmeister des Vorjahres, mit bereits 6 Titeln in den grössten beiden Kategorien, endlich die Erlösung. Aber Geoff Duke hatte ein hartes Stück Arbeit zu erledigen, bis er erleichtert die Zielflagge passierte. Ohne Surtees wurde dieses Rennen zu einem wahren Gilera Festival. Während Campbells Machine nicht ansprang, musste er mit einer Minute Rückstand dem Feld nachhetzen. Liberati führe vom Start weg vor seinen Gilera Kollegen Monneret und Duke, dahinter Milani, Zeller und Bandirola. In Runde 4 lag Duke nach einer neuen Rekordrunde hinter dem Leader auf P2 und Campbell musste nach einer beeindruckenden Aufholjagd seine Maschine stehen lassen unf aufgeben. Milani schnappte sich Zeller, der den Italiener aber später wieder einfing und bald waren vier Gileras in Führung. Duke begann langsam ernst zu machen und Liberati immer mehr unter Druck zu setzen, verpasste aber 12 Runden vor Schluss die Parabolica und musste darauf hin durch den Notausgang, konnte aber vor Monneret, Armstrong, Bandirola und Zeller wieder die Verfolgung des Spitzenreiters neu aufnehmen. Tatsächlich holte er den Lokalmatador noch ein und ging in der Parabolica an diesem vorbei. Die Führung wechselte erneut, aber am Ende lag der Engländer in einem Fotofinisch um Haaresbreite vorne und holte sich damit den ersten und einzigen Saisonsieg 1956.

Unsere Zusammenfassung mit hier zur Illustration der vielen Ausfällen in beiden grösseren Kategorien auch alle, die das Ziel nicht erreicht hatten. Mit einigen wenigen Ausnahmen sollten nach dem fünften Jahr, in welchem die deutschen Fahrer und Werke wieder teilnahmeberechtigt waren, deren Piloten nur noch eine Nebenrolle spielen. Immerhin in diesen beiden Klassen durfte man zwei von ihnen auch in der folgenden Saison wieder auf dem Podest sehen.
Start der Königsklasse im königlichen Park von Monza.

Der Todesstoß für einen echten Länderkampf

Was sich schon seit 1955 angedeutet hatte, als die englischen Werke nur noch an den nationalen Läufen zur Weltmeisterschaft teilgenommen hatten, führte zum Saisonende 1956 zum endgültigen Aus. Offiziell verkündeten AJS und Norton, sich werksseitig auf die nächste Saison komplett zurückzuziehen. Weil ein Jahr davor bereits NSU als während zwei Jahren dominierender Hersteller in den kleineren Kategorien bereits überraschend ausgestiegen war, kam dies einem Kollaps gleich. Man sieht in unserem Teil 1 zur Saison 1957 danach, wie stark die Liste der offiziellen Werksteams danach zusammengeschrumpft war. Mit Ausnahme der anfänglich nur halbherzigen Teilnahme von BMW waren voraussichtlich ab nun die italienischen Marken fast vollständig unter sich und auch deren Reihen sollten sich binnen eines Jahres dramatisch lichten. Sport-politisch läutete die Saison 1956 durch die Sperrung von Geoff Duke und die Ausdünnung der Werks-Teams dem Motorrad-Rennsport der goldenen 50-er Jahre im Prinzip den Todesstoß ein.

Weltmeister John Surtees (MV Agusta) und BMW Aushängeschild Walter Zeller als Vizeweltmeister von 1956. Trotz dem sensationell starken Abschneiden des aus Ebersberg (östlich von München) stammenden Bayern entschied sich die Traditionsmarke BMW zum Saisonende für den werksseitigen Ausstieg aus der Motorrad-Weltmeisterschaft bis 500 cm³. Zum Glück sehen wir in Teil 1 zur Saison 1957 dann aber eine diesbezügliche Kehrtwende der Marke aus München.
Trotz seines Titels als Deutscher Meister bis 500 cm³ stand Ernst Riedelbauch in der Saison 1956 oft im Schatten seines BMW-Markenkollegen Walter Zeller. Ein Jahr später sollte der Mann aus Röslau-Grün (nordöstlich von Bayreuth), auch er aus Bayern, seinen Rücktritt aus dem Rennsport bekannt geben.
Siegfried „Sissi“ Wünsche (links im Bild) hier mit seinem Freund Walfried Winkler in den 1930-er Jahren bereits einer der ganz Grossen, hatte auf das Ende der Saison 1956 seinen Rücktritt bekanntgegeben. Diesen Entschluss hatte der schnelle Mann aus Langebrück (nordöstlich von Dresden) schon im Frühling seiner letzten Saison gefasst. Bereits vor dem Krieg war er zweimal Dritter in der Europameisterschaft geworden und auch danach war er höchst erfolgreich unterwegs. Als Deutscher Meister bis 350 cm³ 1949 und 1953, natürlich wieder auf DKW, schaffte er es danach in der Weltmeisterschaft 1954 in Spa sogar aufs Podium.

Diverse und mehrheitlich leider sehr traurige Nachrichten zum Jahresende

Einerseits besiegelte der werksseitige Rücktritt von DKW das Ende der goldenen 50-er Jahre im deutschen Rennsport endgültig und auf der andern Seite machte eine besonders tragische Meldung im November 1956 die Runde. Nur zwei Jahre nach seinem Rücktritt als aktiver Rennfahrer verunfallte er am 13.11.1956 tödlich bei einem Probeflug bei der Ausübung seines neuen Hobbys, der Fliegerei. Er hatte 14 Grand Prix Siege bis 1954 errungen und 16 Mal bei den Deutschen Meisterschaften triumphiert, bevor er sich nach dem tödlichen Unfall von seinem Freund und NSU Werksteam-Kollegen vom Rennsport verabschiedete. Selbstverständlich war er besonders geschockt davon und in einer Zeit mit mindestens 10 bis 15 Piloten, die beim Zweirad-Rennsport jährlich ihr Leben verloren, absolut nachvollziehbar.

Werner Haas – ein Idol der frühen Nachkriegsjahre in Deutschland, wurde nach seiner kurzen Rennsport-Karriere zum Tankstellenbesitzer und begeisterten Privatpiloten. Auf einem Probeflug mit seiner eigenen Maschine verlor der sympathische Mann aus Augsburg viel zu früh, im Alter von erst 29 Jahren sein Leben.

Die Gründe für den Rücktritt von Haas
Der Augsburger startete 1955 zusammen mit seinem Bruder Otto im Offroad-Rennsport, offenbar auch um seinen Vertrag mit NSU zu erfüllen. Düstere Geschichten über Disqualifikationen führten dazu, dass er im Juli 56 alle Wettbewerbe aufgab, um sich seiner Tankstelle in Augsburg und seiner neuen Leidenschaft, der Luftfahrt, zu widmen. Womöglich hatte sein Rücktritt als deren Aushängeschild auch maßgebenden Einfluss auf den werksseitigen Rückzug von NSU, so genau wird man dies nie erfahren. Nur durch Zufall, respektive Verletzungspech zweier Werksfahrer der Neckarsulmer Firma war er 1952 als Ersatz für den ersten GP von Deutschland auf der Solitude am Abend vor dem Rennen ausgewählt worden. Auf Anhieb hatte er darauf sein Heimrennen gewonnen, was letztlich Grundstein für eine unglaubliche Karriere des sympathischen Schwaben wurde. Kurz nach Hans Baltisberger fand mit ihm bereits der dritte der vier NSU Musketiere von 1954 den Tod und nur Altmeister H.P. Müller überlebte. Mehr über die vier Musketiere des erfolgreichsten Deutschen Herstellers in der Weltmeisterschaft, siehe auf unserer Seite unter „History – Fahrer“.

Die Saison 1956 von uns in Zahlen gefasst

Mit ihrer neuen 125-er „Bicilindrica“ Zweizylinder Maschine unter Romolo Ferri schaffte Gilera einen sensationellen Einstand in der kleinsten Klasse, nachdem sie über Jahre die Känigsklasse dominierten. Ubbiali als Titelverteidiger vom Vorjahr holte sich den bereits dritten Titel bis 125 cm³ und danke ihren beiden Topfahrern Hobl und Hofmann schaffte DKW in ihrer letzten Saison in der Endabrechnung immerhin zwei Top Ten Plätze in der Weltmeisterrschaft. Immerhin waren 5 verschiedene Hersteller unter den ersten zehn dabei vertreten, womit auch FB-Mondial und Montesa prominent vertreten waren.
Zum ersten Mal in seiner bereits recht langen Karriere, die noch viele Höhepunkte beinhalten sollte, sicherte sich Ubbiali auch den Titel bis 250 cm³ mit seiner MV Agusta. Werksteam-Kollege Taveri belegte wie im Vorjahr bei den kleinsten, die Vizeweltmeisterschaft und mit Horst Kassner schaffte es ein Deutscher auf dem immer noch höchst erfolgreichen Production-Racer NSU Sportmax 250 auf den fünften Endrang.
Durch die gravierende Verletzung von MV Ass Surtees klappte es noch nicht mit dem Titel, dafür durfte sich August Hobl mit DKW Vizeweltmeister nennen, punktgleich mit dem Engländer Dickie Dale auf der zweit-besten Moto-Guzzi. Ein Jammer, dass danach DKW die Mittel ausgingen, um weiter werksseitig in der WM teilnehmen zu können.
Eine absolut kuriose und im Prinzip völlig unwürdige Weltmeisterschaft der Königsklasse prägte die Saison 1956, mit Surtees als dreifachem Sieger, der aber nur die Hälfte der 6 Runden umfassenden Saison bestritt. Dramatisch die aus sportlicher Sicht völlig unsinnige und übertriebene Suspendierung von Geoff Duke, der durch diese Sperre und danach noch zwei Ausfällen keine Chance auf die Titelverteitigung hatte. Absolutes Highlight im Schatten dieses Dramas natürlich die Vizeweltmeisterschaft von Walter Zeller für BMW.
Grand Prix von Deutschland auf der traditionellen Solitude-Rennstrecke, westlich von Stuttgart. Nach 1956 sollte es hier eine längere Pause geben, weil im Jahr danach erstmals der Hockenheim-Ring und 1958 die Nürburgring-Nordschleife auf dem Programm standen. Statt den Westdeutschen Herstellern würde schon bald eine kleine Truppe aus der DDR für Furore sorgen und den italienischen Firmen die Sorgenfalten auf ihre Stirn treiben.

Unsere Zusammenfassung der vielen Todesopfer im Straßenrennsport von 1956

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).