Geschrumpfte Minimalausgabe mit spärlicher Beteiligung
Bis auf die drastisch gesunkene Zahl der Hersteller, gegenüber den ersten ab 1949 und Mitte der 1950-er Jahre, fühlte man sich in die Anfangsjahre der Motorrad-Weltmeisterschaft zurückversetzt. Vor allem, weil die Deutschen Werke und Fahrer in den ersten drei Jahren für die Teilnahme nicht zugelassen waren. Dies wohlgemerkt aus rein politischen Gründen, obwohl auch die Sowjetunion, Japan und andere Länder sich schwerster Kriegsverbrechen schuldig machten und Politiker wie Mussolini und der spanische Diktator Franco kaum einen Deut besser waren. Ab 1952 waren die Deutschen Piloten und Werke zugelassen und innert kürzester Zeit dominierte mit NSU ab dem Jahr danach fast nach Belieben in den kleineren beiden Klassen. Nach dem tragischen Unfalltod von Rupert Hollaus in Monza 1954 zogen sich die Neckarsulmer werksseitig aber leider wieder zurück und zwei Jahre später auch DKW aus rein wirtschaftlichen Gründen. BMW war zum Glück auf den bereits vor dem Saisonfinale 1956 in Monza gefällten Entscheid, werksseitig aus der Motorrad-WM auszusteigen, wieder zurückgekommen. Wenigstens mit ihrem amtierenden Vize-Weltmeister Walter Zeller nahmen sie als Einmann-Team weiter teil. Wir vertreten jedenfalls die Ansicht, dass eine echte Weltmeisterschaft erst ab 1952 stattfand, als die beste Nation der letzten Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg wieder teilnahmeberechtigt war. Argumente für diese Haltung haben wir in folgendem Artikel aufgeführt, wobei sich natürlich jeder selbst seine Meinung dazu bilden soll:
Drastischer Schrumpfkurs der Werksbeteiligung sämtlicher Nationen
In Ländern wie Deutschland und England stiegen die Autoverkäufe rasant und die Zeiten, in welchen das Motorrad das Fortbewegungsmittel des armen Mannes war, gehörten zunehmend der Vergangenheit an. Traditionsmarken wie Adler, Benelli, DKW, Excelsior (diese nur vor dem Krieg), Horex, Moto Morini, NSU, Matchless, Velocette und neu nun auch AJS und Norton waren verschwunden und hatten sich aus dem internationalen Motorrad-Strassenrennsport werksseitig mittlerweile zurückgezogen. Die Franzosen waren gar nie richtig mit dabei, zumindest was die Hersteller betrifft, von denen unzählige im Lauf der Jahre, wie auch in den übrigen Ländern, schon bald von der Bildfläche verschwinden sollten. Nun waren aber zum ersten Mal überhaupt keine englischen Hersteller mehr mit dabei. Wie sehr die goldenen 50-er Jahre des Motorrad-Rennsports bereits 1957 der Geschichte angehörten, unterstreicht unsere Zusammenstellung der Werksteams. Es waren so wenig wie noch nie und damals war ein Ende dieser drastischen Schrumpf-Kur von bis dahin mindestens 8 auf inzwischen nur noch 5 leider nicht absehbar. Zu allem Überfluss kam es am 21. April 1957 auch noch zu Stürzen der Publikumsliebling Bill Lomas und Geoff Duke im 350 cm³ Rennen von Imola, womit die beiden (Duke bereits zum zweiten Mal nach dem Vorjahr) den Saisonauftakt verpassen sollten.
Saisonauftakt in Deutschland mit der Premiere für den Hockenheimring
Für den Veranstalter war es natürlich sehr schade, dass sich 2 Jahre nach NSU, zum Ende des Vorjahres nun auch DKW als eine der konkurrenzfähigsten Marken in den kleineren und mittleren Klassen, leider werksseitig zurückgezogen hatte. Trotzdem sollte zumindest in der kleinsten Kategorie ein Deutscher mit einem Sensations-Resultat überraschen, auch wenn davon in dieser seltsamen Zeit nicht alle restlos begeistert waren. Die im badischen und damit südwestlichen Teil Deutschlands gelegene Strecke kann man vom damaligen Layout her nicht als besonders anspruchsvoll bezeichnen, was damals jedoch nicht unüblich war. Auch in Monza hatte es zu dieser Zeit nur 7 Kurven, wovon deren zwei eher als Linksknick bezeichnet werden konnten. In einer Zeit, in welcher sich die Werke fast ununterbrochen auch gegenseitig mit neuen Geschwindigkeits-Weltrekorden versuchten zu überbieten, ging es im Rennsport besonders fest um Topspeed. Allerdings war dies bei den Strassenkursen wie der TT auf der Isle of Man, Dundrod bei Belfast in Nord-Irland, Spa-Francorchamps in Belgien und der Solitude nahe Stuttgart, noch lange kein Garant für Siege. Und daher waren trotz des Wechsels von der Solitude aus dem Vorjahr auf erstmals Hockenheim für den GP von Deutschland, immerhin noch drei der brandgefährlichen Strassenkurse im Kalender, der seit 1956 auf nur noch sechs Runden reduziert worden war.
Achtungserfolg in der kleinsten Kategorie zum Saisonauftakt und ein Favoritensieg
Die bestzeit hatte der amtierende Weltmeister Ubbiali (MV) mit einem Schnitt von 170 km/h auf dem 7.7 Kilometer langen Kurs gefahren. Sein Erzrivale Provini hatte auf der FB-Mondial 168.9 geschafft, dahinter Colombo (MV) und Ferri auf der 2-Zylinder Gilera. Dies alles noch im Trockenen, aber am Sonntagmorgen Regnete es, als das Feld der 125-er auf die Strecke geschickt wurde. Mit einem ärgerlichen Problem war Ferri gleich zu Beginn ausgeschaltet, als Wasser in seinen Vergaser geriet. Wie erwartet kam es gleich nach dem Start zu einem erbitterten Kampf zwischen Provini und Ubbiali. Die beiden Kampfhähne wechselten sich laufend in der Führung ab. In der elften von 15 Runden setzte sich der Mondial Pilot leicht von seinem Widersacher auf der MV ab, dessen Mechaniker in der Box wild gestikulierten, er solle sich sputen. Aber die Aufregung war vergeblich, weil ihr Schützling sich kurz vor Schluss doch noch an den Führenden heranpirschte und Provini auf den letzten Metern vor der Ziellinie noch knapp überholen konnte.
Italienisches Podium mit überraschenden Gästen in den Punkterängen
Mit Ubbialis MV Werksteam-Kollege Roberto Colombo auf Rang 3 und über zwei Minuten hinter seinen beiden Landsleuten, sprachen alle auf dem Podest italienisch. Aber dahinter wurde es interessant und damit hatte zuvor wahrhaft niemand gerechnet. Nicht etwa Luigi Taveri auf der dritten Werks MV Agusta folgte auf Rang 4, sondern der Ostdeutsche Horst Fügner auf seinem MZ-Zweitakter, der den Schweizer zur Überraschung aller noch auf Platz 5 zu verdrängen vermochte. Zwar mit Rundenrückstand, aber dies war trotzdem eine formidable Leistung des Chemnitzers und von seinem Team. Unterstrichen wurde die Sensation noch durch Rang 6 von Ernst Degner mit der zweiten MZ aus Zschopau, noch vor Karl Lottes auf dem DKW Zweitakter. Dessen westdeutscher Landsmann Willy Scheidhauer auf seiner privaten Ducati „Bialbero“ verpasste die Zielflagge genauso wie Sandford (Mondial) und Libanori (MV). Trotz dem grossen Erfolg der kleinen und bescheidenen MZ Truppe aus der DDR, sollten sie aus finanziellen und womöglich auch politischen Gründen bis zum Finale in Monza fernbleiben. Aber ihr Erfolg wurde von der politischen Führung ihres Landes hinter dem eisernen Vorhang mit Wohlwollen aufgenommen und deshalb ein Versprechen für die Zukunft sein.
Des Weltmeisters zweiter Streich in der Viertelliter-Klasse
Nach drei Doppelsiegen in den ersten drei Runden im Vorjahr waren alle gespannt, ob Ubbiali dieses Paradestück erneut gelingen würde. Aber auch Colombo mit dem neuen Zweizylinder Motor (Ubbiali fuhr noch die konventionelle Einzylinder Maschine) mischte diesmal ganz vorne mit. Mittlerweile hatte der Regen aufgehört. Es sah lange danach aus, als wäre Provini nach seiner knappen Niederlage im 125-Rennen in der Lage, sich diesmal dafür zu revanchieren. Aber in der dreizehnten von zwanzig Runden überdrehte er seine Mondial, deren Motor danach seinen Geist aufgab. Auch Colombo bekam im zweitletzten Umgang Probleme mit stotternder Maschine und verlor dadurch den Anschluss, womit Ubbiali ungefährdet den Saisonauftakt wie im Vorjahr mit einem Doppelsieg krönte. Sandford schaffte es nach dem Ausfall von Provini mit der zweiten Mondial aufs Podium, dahinter Lorenzetti auf seiner in die Jahre gekommenen privaten Guzzi und erst dahinter der erneut glücklose Taveri auf der zweitbesten Werks-MV. Mit Hallmeier auf Platz 6 schaffte es selbst diesmal noch eine NSU Sportmax in die Punkte, die Kassner mit demselben Production-Racer dahinter nur um einen Rang verpasste. Dahinter Hartle auf entweder einer REG oder privaten MV, hierzu gibt es unterschiedliche Quellen. Übrigens waren für einmal die besten 250-er schneller als diejenigen in der Kategorie bis 350 cm³.
Grand Prix von Deutschland bis 350 cm³
Auf der immer trockener werdenden Strecke kam es zu einer dramatischen Entscheidung um den Sieg. Erneut einsetzender Regen erschwerte die Aufgabe für die Piloten auf dieser Hochgeschwindigkeits-Strecke enorm. Es gab eine ganze Menge an Stürzen, die aber glücklicherweise allesamt glimpflich verliefen. Betroffen war davon unter anderen Bob Mc Intyre auf seiner 4-Zylinder Gilera, als Neuzugang in deren Werksteam, bei seinem ersten WM-Lauf. Bis dahin hatte der Schotte lange wie der sicherer Sieger ausgesehen. Auch sein Teamkollege Liberati war ausgerutscht, konnte aber seine Maschine schnell wieder aufrichten und das Rennen wieder fortsetzten und dies letztlich sogar bravourös. Dasselbe galt für den Deutschen Hallmeier, der sich sensationell in Szene setzte und auf der angejahrten und aufgebohrten NSU Sportmax, einem Production Racer mit ursprünglich 250 cm³, deren seit 2 Jahren ungebrochene Konkurrenzfähigkeit unter Beweis stellte und hinter Norton Spezialist Hartle das Podium komplettierte. Masetti auf P4 vor Montanari, Thomson, Tostevin und den drei Lokalmatadoren Kläger, Hoppe und Kauert waren allesamt bereits eine Runde zurück, als die Zielflagge fiel.
Die Königsklasse ohne ihren Superstar
Titelverteidiger John Surtees hatte mit 3 Siegen und trotz danach 3 Ausfällen dank einer Suspendierung und unglaublichem Pech von Geoff Duke im Vorjahr die 500 cm³ Weltmeisterschaft für MV Agusta geholt. Statt nun wieder angreifen zu können, hatte sich der sechsfache Champion (2 Titel bis 350 und deren 4 bis 500 cm³) Duke jedoch beim „Conchiglia d’Oro“ (Shell Gold Cup) in Imola verletzt und musste passen. Er war seit Jahren der Publikumsmagnet und Superstar der Königsklasse und sowohl die TT, wie auch das Event in Assen hatten im Vorjahr sehr unter seiner Suspendierung gelitten, weil wesentlich weniger Fans den Weg zu den Rennen auf sich nahmen. Die Schuld daran trugen Funktionäre, was im ersten Teil zu unserem Bericht über die Saison 1956 ausführlich erläutert wurde. Jedenfalls war auch nun wieder die Saison für Geoff Duke gelaufen, als zum ersten Rennen der Saison gestartet wurde. Die Schulterverletzung von seinem Imola-Crash verlangte laut seinen Ärzten noch eine Pause von fast zwei Monaten, worauf der schnelle Mann von der Isle of Man erst bei Saisonmitte wieder auf die Rennstrecken zurückkehren sollte.
Das Pech des Titelverteidigers beim Auftaktrennen
Auch John Surtees war nicht vom Glück beseelt, als das Rennen von Hockenheim über die Bühne ging. Die Verhältnisse waren ähnlich wie bei den 350-ern auch in der Königsklasse bis 500 cm³ recht gut und deshalb war mit einer Verbesserung des Rundenrekords von Duke aus dem Jahr 1955 (mit einem Schnitt von 199.3 km/h!) zu rechnen. Aufgrund von einigen Sanierungsarbeiten präsentierte sich der Kurs in einem deutlich besseren Zustand als zwei Jahre davor. Und es war nicht Surtees, sondern der Gilera Werksteam-Pilot Liberati, welcher den Rekord brach. Nach dem Start lagen zunächst die 3 MV Agusta Werksfahrer, angeführt von Surtees in Führung, aber aus der ersten Runde lag bereits die Guzzi von Dale und die Gilera von Mac Intyre direkt dahinter. Dieser war es auch, der wenig später das Kommando übernahm, gefolgt von seinem Teamkollegen Liberati. Dahinter folgte Surtees vor Dale mit der V8 Moto-Guzzi und Zeller, der sich Masetti (MV) geschnappt hatte. Am Ende sollten nur 13 von 28 gestarteten das Ziel erreichen.
Prominente Ausfälle und eine sensationelle Aufholjagd
Mc Intyre war mit Motorproblemen auf Position 6 zurückgefallene und musste einen Boxenhalt einlegen, der ihn auf P12 zurückwarf und letztlich vermutlich den Sieg kostete. Seine Gilera lief nur noch auf 3 von 4 Zylindern, was die Mechaniker jedoch in Windeseile beheben konnten. In Runde 12 war das Rennen für John Surtees vorbei, weil der Hinterreifen an seiner MV den Geist aufgab und der Engländer nur mit Glück einen Sturz verhindern konnte. Inzwischen bewies der Schotte Mc Intyre bei seiner Aufholjagd, dass er mit seiner wieder einwandfrei funktionierenden Vierzylinder Gilera deutlich schneller unterwegs sein konnte, als Dickie Dale auf der kapriziösen V8 Moto-Guzzi. Zwischenzeitlich fiel Guzzi Neuzugang Keith Campbell auf einer konventionellen Maschine aus (Dale war als einziger auf der V8 unterwegs). Mc Intyre hingegen fuhr wie entfesselt und lag nach einer neuen Rekordrunde mit einem Schnitt von 208.5 km/h mittlerweile bereits etwas über 20 Sekunden hinter Liberati auf P2. In der letzten Runde war er am Italiener dran und nun setzte zu allem überfluss nochmals Regen ein. Nur weil er sich in einer Kurve verbremste, konnte Liberati mit einem hauchdünnen Vorsprung von 3 Zehnteln die zielflagge als erster kreuzen. Dahinter hatte Zeller mit seinem Zweizylinder Boxer sich sogar die V8 Guzzi mit Dale geschnappt und fuhr unter dem Jubel des Publikums als Dritter durchs Ziel. Den letzten Punkt holte sich MV Neuzugang Shepherd vor den privaten BMW’s von Hiller, Riedelbauch, Hagenlocher und Huber.
50 Jahre Tourist Trophy mit der zweiten WM-Runde
In einer Saison mit laut unserer recht umfangreichen (aber trotzdem wohl nicht kompletten) Statistik noch verhältnismässig wenigen Todesopfern, gegenüber dem Schnitt der ersten Jahrzehnte, hätte es die TT bei ihrem Jubiläum verdient, diesmal keine Toten beklagen zu müssen. Im Vorjahr hatte es (an der TT, nicht aber beim Manx GP auf derselben Strecke) effektiv keinen einzigen tödlichen Unfall an der Tourist Trophy gegeben, dafür lief es 1956 in Brünn mit gleich zwei Verlusten (darunter mit der NSU Musketier Hans Baltisberger einem sehr prominenten Opfer) umso schlimmer. Diesmal erwischte es leider auch an der Tourist Trophy wieder einen Piloten, der den brandgefährlichen Strassenkurs nicht überlebte. Die FIM als oberste Sportbehörde sollte dabei noch Jahrzehnte lang zuschauen, bevor erst in den 1970-er Jahren einige Stars sich öffentlich dagegen wehrten, hier um Weltmeisterschafts-Punkte zu kämpfen. Bis dahin ging es hier Jahr für Jahr weiter und die schnellsten Piloten der Geschichte riskierten sowohl auf der Isle of Man, wie auch auf fast allen anderen Strecken Rennen für Rennen Kopf und Kragen. Von Sicherheit konnte damals sowieso kaum die Rede sein, vergleicht man die Ausrüstung mit derjenigen von 6 bis 7 Jahrzenten danach, als sogar Airbags in die Renn-Kombis eingebaut wurden.
Das Rennen der Ultra-Lightweight Klasse bis 125 cm³
Wie üblich fanden am Mittwoch der TT-Woche auf dem wesentlich kürzeren Clypse Course die Rennen der beiden kleineren Kategorien, sowie die der Seitenwagen abgehalten. Im Gegensatz zur Junior (bis 350 cm³) und Senior-Klasse der 500-er, welche jeweils auf dem über 60 km langen Snaefell Mountain Circuit gestaffelt gestartet gegeneinander antraten, wurden die kleineren auch gemeinsam auf die Strecke geschickt. Nach der ersten Runde führte Taveri vor Miller, aber wenig später ging Provini an den beiden vorbei und übernahm die Spitze. Seine Mondial war offensichtlich die schnellste aller Maschinen im Feld. Der amtierende Weltmeister ubbiali hingegen konnte nicht an seine beeindruckenden Leistungen vom Hockenheimring anknküpfen. Während Provini eine Bestzeit nach der andern hinlegte, hatte der Titelverteidiger selbst gegen MV Werksteam-Kollege Taveri anfänglich keine Chance. Womöglich schaffte er es auch nur per Teamorder vorbei und wurde letztlich vor dem Schweizer trotzdem noch Zweiter. Dahinter Miller, Sandford und Colombo auf dem letzten Punkterang. Die tschechoslowakische Delegation mit František Bartoš auf deren CZ auf P7, verpasste nach ihrer beeindruckenden Premiere im Vorjahr, diesmal die Punktreränge nur um eine Position. Trotzdem hatte ihr Spitzenfahrer damit zahlreiche private MV Agusta und FB-Mondial hinter sich gelassen. Übrigens war Gilera mit ihrem Aushängeschild Ferri gar nicht erst angetreten und sollte zum Saisonende eine Bombe platzen lassen.
Die Lightweight Klasse der 250-er
Eigentlich war das Rennen der 250-er das erste des Tages, aber wir belassen es bei der Berichterstattung lieber in der gängigen Reihenfolge, wie sie Jahrzehnte später zum Standard werden sollte. Die 10 Runden auf dem „kleinen“ Clypse Course bedeuteten immerhin eine Strecke von 175 Kilometern, welche die Fahrer dabei zu absolvieren hatten. Bei kühlem, aber zumindest trockenen Verhältnissen ging es per Massenstart auf Isle of Man los. Gleich vom Start weg ging Sandford an die Spitze, mit Sammy Miller (beide Mondial) in seinem Windschatten. Weit abgeschlagen Provini mit der wie bei den 125-ern auch hier definitiv schnellsten Mondial. Der Italiener war mit seinem roten Alfa Giulietta Sprint Sportwagen erst kurz vor dem Start zugefahren und war nur schlecht weggekommen. als das Startsignal kam. Als er die Verfolgung der Spitze aufnahm, lagen Ubbiali, Taveri und Colombo auf ihren Werks MV hinter den beiden führenden Markenkollegen von Provini. Dieser riskierte alles und fuhr in Runde 4 eine neue Bestzeit, bevor ihn das Pech ereilte und er mit defekter Maschine stehenblieb. Sandford profitierte vom Sturzpech seines Mannschaftskollegen und gewann sicher vor Taveri, Colombo und Bartoš mit der erstaunlich schnellen CZ. Ubbiali hingegen sah wie sein Erzrivale Provini die Zielflagge ebenfalls nicht.
Das Junior-Rennen bis 350 cm³
Am Morgen lag noch dichter Nebel über der Insel, aber bald klarte es auf und auch von Snaefell, mit etwa 700 Meter über Meer der höchste Punkt der Strecke, wurde klare Sicht gemeldet. Damit war der Start frei, welcher im Abstand von jeweils 10 Sekunden von Fahrer zu Fahrer erfolgte, womit es im Gegensatz zu allen anderen Grand Prix Läufen ein Rennen gegen die Uhr war. Zum fünfzigsten Jubiläum gab es wie so oft laufende Durchsagen per Lautsprecher, damit die Zuschauer überhaupt halbewegs den Überblick über das Geschehen behalten konnten. Ganze 77 Fahrer wurden auf die Strecke geschickt, während Lomas und Duke aufgrund ihrer Verletzungen passen mussten und ein Mann mit defekter Brille am Start gehindert wurde. Erst als neunundsiebzigster fuhr Bob Mc Intyre los, während Geoff Duke zusammen mit seinem Freund Reg Armstrong das Geschehen von der Strecke aus beobachtete. Der Superstar signalisierte seinem Gilera Werksteamkollegen sogar dessen Position bei der Vorbeifahrt, der gleich im ersten Umgang schon eine neue Bestzeit aufstellte.
Technische Probleme und Stürze veränderten die Reihenfolge
Als amtierender Weltmeister lag MV Ass Surtees hinter Dale (Moto-Guzzi) und Hartle (Norton) nur auf P4, als der Spitzenreiter mit Problemen an seinem nur noch auf 3 Zylinder laufenden Reihen-Vierzylinder kämpfte. Nach einem Kerzenwechsel des bishrigen Leaders übernahm Dale die Führung, während Mc Intyre seine Fahrt nach seinem kleinen Service auf Position 3 wieder aufnahm. Dale ging wenig später (in Runde 3) zum Auftanken an die Box und musste die verschalung an seiner Guzzi entfernen, da die Kommissare einen Riss darin entdeckt hatten. Damit war der Weg für Mc Intyre frei und der Schotte fuhr einem sicheren Sieg entgeten, während Dale auf einem Ölfleck ausrutschte und kurz danach deshalb auch Dale an derselben Stelle abflog und beide zum Glück unverletzt ausfielen. Dadurch erbte Campbell (Guzzi) Rang 2 vor Bob Brown (Gilera) und John Surtees (MV Agusta). Etwa ein Drittel der Gestarteten fiel mit unterschiedlichen Ursachen aus. Darunter Motor- oder Magnetschaden, Ketten-Defekt und nicht selten auch noch Fussrastenbruch.
Die Königsklasse über ihre fast irrsinnige Distanz
Was die Verantwortlichen Funktionäre der FIM und die Mitarbeiter des Veranstalters für Getränke zu sich genommen hatten, als sie das Rennen der Senior Kategorie auf neu 8 (statt im Vorjahr noch 7) Runden festlegten, ist nicht überliefert. Wir tippen auf sehr viel Hochprozentiges und darauf, dass noch nie einer von ihnen sein Leben auf einer Rennmaschine mit über 260 km/h Spitzengeschwindigkeit bewegt hatte. Anders kann man kaum auf derart unsinnige Ideen kommen, sofern man noch ganz bei trost ist. Auf jeden Fall gehören beinahe 500 Kilometer eher in die Kategorie Langstrecken, als zu Sprint-Rennen. Und für den anfänglich auf P3 gelegenen Walter Zeller brachte nach Rang 4 im Vorjahr die TT diesmal kein Glück. Der Deutsche fiel auf seiner semi-Werks BMW mit technischem Defekt bereits vorzeitig aus. Mc Intyre überzeugte nach seinem Sieg bis 350 cm³ in der Junior Kategorie auch bei den Seniors der Königs-Klasse und fuhr nebenbei noch einen historischen neuen Rundenrekord von erstmals über 100 meilen pro Stunde. Vorjahressieger Surtees wurde auf seiner MV mit über 2 Minuten Rückstand diesmal Zweiter. Zum ersten Mal seit drei Jahren waren die Top Ten der beiden grössten Kategorien wieder einmal rein britisch und australisch besetzt, was 1957 sogar für sämtliche klassierten Piloten der Junior und Senior Klasse galt.
Der Schatten über dem Senior Rennen der Tourist Trophy
Leider gab es diesmal wieder ein Todesopfer zu beklagen. Im Vorjahr war zwar die TT, nicht aber der auf derselben Strecke ausgetragene Manx GP, von tödlichen Unfällen verschont geblieben. Damals hatte der erst 25-jährige Maurice William „Mog“ Saluz am Freitagmorgen, dem 31. August 1956, beim Training auf dem Isle of Man T.T.-Kurs hinter Sulby Bridge sein Leben durch einen fatalen Sturz verlor. Diesmal war es Charles F. „Charlie“ Salt im Alter von bereits 43 Jahren, der das Senior Rennen nicht überleben sollte. Der am 17. Dezember 1913 in Heanor (Derbyshire) geborene Engländer war ein Routinier und Vollblut-Pilot. Nach dem Krieg hatte er ab 1946 damit begonnen, Rennen zu fahren und war dabei so erfolgreich, dass BSA ihn von 1950 bis 1956 als Testfahrer verpflichtet hatte. Wäre die Senior TT nicht zum ersten Mal seit ihres Bestehens, aufgrund des 50-Jahr Jubiläums über acht Runden ausgetragen worden, hätte er das Rennen überlebt. In der letzten Runde begann bei Gorse Lea seine Maschine zu schleudern, vermutlich aufgrund eines blockierten Getriebes. Salz prallte gegen eine niedrige Steinmauer und einen Betonmast. Dabei wurde er durch die Luft geschleudert und kam zwischen einer Buche und der Mauer eingeklemmt zu Boden. Ein wenig später aus Ballacraine herbeigeeilter Arzt fand ihn bewusstlos und mit verschiedenen Rückenverletzungen vor, wonach er sogar nochmals zu Bewusstsein kam und fragte, was passiert war. Danach wurde mit einem Krankenwagen in das Nobles Hospital in Douglas gebracht, wo ihm Sauerstoff und Blut verabreicht wurden. Trotzdem verstarb er um 15.30 Uhr. Charlies Frau und sein sechsjähriger Sohn waren zu dieser Zeit in Douglas und fungierten als seine Boxencrew.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
Noch keine Kommentare