Der Große Preis von Österreich von Salzburg-Liefering vor imposanter Kulisse – auch hier war Hans Georg Anscheidt in seiner Karriere erfolgreich. WM-Punkte gab es jedoch erst ab 1971 auf dem Salzburgring, trotzdem traten auch davor viele der weltbesten Fahrer hier an.

Die Saison 1963

Nach dem Vizeweltmeistertitel im Vorjahr gelang H. G. Anscheidt auch 1963 die Wiederholung dieses Resultats. Nach dem Saison-Auftaktrennen im Montjuic Park zum GP von Barcelona lief es ausgerechnet auf dem Hockenheimring beim Heimrennen weniger gut. Es gewann der Suzuki-Fahrer Hugh Anderson vor seinen Markenkollegen Isao Morishita und Ernst Degner. Darauf gewann Hans Georg beim GP von Frankreich in Clermont-Ferrand und fuhr wie in Barcelona erneut die schnellste Rennrunde. Nach Platz 3 beim GP auf dem berüchtigten Isle of Man TT Rennen hinter dem Japaner Ito und Anderson (beide Suzuki) reichte es beim GP von Assen nicht für ein Spitzenresultat. Weiter ging es mit Runde 6 zum GP von Spa-Francorchamps in Belgien.

GP von Belgien 1963 – H. G. Anscheidt (Kreidler) mit Startnummer 20 wird ohne Kupplung fahrend sogeleich wieder vom Japaner Morishita und Ernst Degner (Suzuki) geschnappt.

Der vorbildliche Kämpfer aus Deutschland
Anscheidt hatte Pech und wurde im Rennen durch einen Kupplungsdefekt eingebremst. Doch der kleine Kämpfer mit dem großen Herzen gab nicht auf und sobald er seinen Motor wieder auf Drehzahl brachte, fuhr er seinen Gegnern wieder auf und davon. Der Deutsche fuhr sogar die schnellste Rennrunde und sicherte sich trotz erheblichem Handicap noch Rang 3. Der GP von Finnland in Tampere wurde eine sichere Beute des Preußen aus Königsberg. Nachdem er es bei den letzten beiden Rennen in Argentinien und Japan jedoch nicht aufs Podium geschafft hatte, unterlag er Hugh Anderson im WM-Endklassement um zwei Punkte. Der Neuseeländer wurde in dieser Saison für Suzuki sogar Doppel-Weltmeister über 50 cm³ und 125 cm³. WM-Dritter wurde Ex-DDR Pilot Ernst Degner mit 2 Punkten Rückstand auf Hans Georg Anscheidt.

In der dritten Runde des 50 cm³ Rennens von Spa-Francorchamps führte der Japaner Ito knapp vor Anscheidt (verdeckt dahinter), Morishita, Degner und Anderson (ebenfalls verdeckt).

Das Jahr 1964

Jean-Pierre Beltoise war 1964 Markenkollege von H. G. Anscheidt. Der Franzose holte beim GP von Frankreich in Clermont-Ferrand mit Platz 3 sein einziges Podium der Karriere in der Motorrad-Weltmeisterschaft. Bei Autorennen war Beltoise später noch erfolgreicher und gewann 1972 einen Formel 1 GP, sowie 1976 bei den 24 Stunden von Le Mans.

Ernst Degner verletzt pausierend und Verzicht auf 50-er WM – ein Gegner weniger
Aufgrund eines Horror-Unfalls beim Finalrennen zum GP von Japan 1963 in Suzuka hatte sich Enrst Degner schwere Verbrennungen zugezogen. Der aus der DDR stammende Suzuki-Werksfahrer musste danach aus diesem Grund länger pausieren und konnte erst zum Saisonende 1964 wieder ins Geschehen eingreifen. Er konzentrierte sich dabei auf die 125-er Klasse und holte im vorletzten Rennen in Monza Platz3. Beim Finale in Suzuka reichte es sogar zum Sieg. Doch die Probleme wurden für H. G. Anscheidt dadurch nicht kleiner, weil auch Honda immer größeren Aufwand in den kleineren Klassen betrieb. Zudem hatte Suzuki mit Weltmeister Hugh Anderson (NZL), Isao Morishita und Mitsuo Itoh (beide Japan) immer noch 3 heiße Eisen im Feuer. Genau in dieser Reihenfolge gewannen diese drei auch gleich den Saisonauftakt zum GP der USA in Daytona.

Hugh Anderson auf dem Sachsenring – 1963 gewann er auf der 125 cm³ Suzuki.

Revanche beim Saisonauftakt in Europa
Beim GP von Spanien im Montjuic Park von Barcelona schlug Anscheidt zurück und gewann das 2. Rennen der Saison. Dabei stellte er auch die schnellste Rennrunde auf und musste sich in Runde 3 nur Hugh Anderson geschlagen geben. Nach dem GP von Frankreich ging es wieder auf die Isle of Man. Nach gutem Start lag Anscheidt nach der ersten von 3 Runden auf Platz 3 hinter Anderson und Itoh. Aus der zweiten Runde kam der Deutsche auf Rang 2 durchs Ziel, fiel in der letzten Runde jedoch noch auf Platz 4 zurück. Obwohl er mit der höchsten Spitzengeschwindigkeit von 164.2 km/h gemessen wurde, konnte Hans Georg sich mit dem Endresultat nicht richtig anfreunden. Beim TT Rennen auf der Isle of Man war eine Runde damals rund 60 Km lang. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der 50 cm³ Rennflöhe von beinahe 130 km/h konnten sich dabei durchaus sehen lassen.

Die Rundentabelle des 50 cm³ TT Rennens von 1964 auf der Isle of Man, mit der 4. WM-Runde.

Die glücklose 2. Saisonhälfte für H. G. Anscheidt
Während in der mittleren Klasse bis 250 cm³, genauso wie bei den 125-ern die WM über 11 Runden ausgetragen wurde, waren es in der 50 cm³ Kategorie und den 500-ern nur deren neun. Für die 350 cm³ Kategorie waren es 1964 8 Runden. Bei der Dutch TT in der 4. WM-Runde in Assen reichte es für H. G. nicht für ein Podium. In Spa-Francorchamps beim GP von Belgien wurde es Platz 2 hinter Honda Werksfahrer Ralph Bryans und vor Hugh Anderson. Der Engländer gewann auch Runde 7 bei Anscheidts Heim-GP auf der Solitude. Anderson und Anscheidt waren auf dem Podium nicht vertreten. Während Hugh Anderson sich den zweiten Nuller der Saison leistete, holte Hans Georg mit Rang 4 immerhin 3 Punkte.

Ernst Degner – hier auf der 125 cm³ Suzuki, gehörte in den ersten beiden WM-Jahren der 50 cm³ Klasse zu den stärksten Herausforderern von H. G. Anscheidt. Im Jahr 1964 konzentrierte er sich nach langer Verletzungspause auf die 125-er

Damaliges Reglement kostete Anscheidt den (Vize-)Weltmeistertitel
Bei der vorletzten Runde im Kalender in Imatra zum GP von Finnland erzielte Anderson seinen 4. Sieg in der Saison 1964. Damit holte er sich nach dem Wegfall (siehe weiter unten) der Finalrunde verdient den Weltmeistertitel und schaffte damit nach dem Vorjahr den Hattrick. Er sollte seinem dritten WM-Titel der Karriere eine Saison später in der 125 cm³ Klasse noch einen vierten hinzufügen. Hans Georg Anscheidt wurde zweiter in Finnland und hatte damit insgesamt 38 WM-Zähler auf dem Konto. Doch durch das damals angewandte Reglement wurden dem neben Morishita beständigsten Fahrer der Saison 9 Punkte gestrichen. Dadurch verlor er den Vize-Titel an den Engländer Ralph Bryans, der zwar nur 4 Mal ins Ziel kam, aber davon dreimal als Sieger und einmal auf Platz 2. Dadurch kam der Honda-Werksfahrer mit 30 Punkten auf einen Zähler mehr als der Deutsche.

Anscheidts Buch – vom B.G. Teubner Verlag, Stuttgart, 1968.

WM-Stand 1964 nach damaliger Wertung

Es waren in dieser Saison 9 Rennen vorgesehen, aber nur deren 8, ohne den GP von Japan gewertet. Suzuki zog vor dem Rennen ihre 7 Werksfahrer zurück, wodurch lediglich 5 verbliebenen Honda-Piloten zum Start angetreten waren. Es gewann der Nord-Ire Ralph Bryans vor Luigi Taveri (Schweiz) und dem Japaner Taniguchi. Aus diesem Grund wurde auf die Wertung des Rennens für die Weltmeisterschaft verzichtet. Auf Rang 7 bis 10 ins Ziel gekommen, aber aufgrund der damaligen Wertungs-Kriterien für WM-Punkte nicht aufgeführt sind in der Saison 1964 zudem folgende Piloten:
Raymond Bogaerdt (B, Honda), Jean-Claude Cachou (F, Derbi), Daniel Crivello (F, Derbi), Herbert Denzler (CH, Kreidler), Volker Kramer (D, Eigenbau), Jim Pink (GB, Honda), Ian Plumridge (GB, Honda), André Roth (CH, Tohatsu), Matti Salonen (SF, Prykija), Dave Simmonds (GB, Tohatsu), Gerhard Thurow (D, Kreidler), Pierre Viura (F, Derbi).

WM-Stand 1964 nach heutiger Wertung – Anscheidt Weltmeister!

Statt den Vizeweltmeistertitel um einen Punkt verpasst, hätte der Deutsche sogar nach heutiger Wertung den Weltmeisterpunkt geholt. Dies nach einem kleinen Zahlenspiel mit Vergabe nach heutigem Reglement der FIM. Beständigkeit wurde damals alles andere als belohnt. Es wurden zu dieser Zeit nur die 5 besten Resultate gewertet, wodurch H. G. Anscheidt nur finanziell von seinen regelmäßigen Zielankünften profitieren konnte. Im Vergleich zu heute waren jedoch die Preisgelder in den 60-ern lächerlich.

Wesentlich höhere Verletzungsgefahr

Fast überall fehlten ausreichende Sturzräume und Leitplanken wurden bis weit in die 80-er Jahre meist nur mit Strohballen „gesichert“. Vollvisierhelme und Rückenprotektoren gab es damals genauso wenig wie Sicherheitsbekleidung. Bei vielen Stürzen war in den früheren Jahrzehnten des Motorrad-Rennsports auch die Technik mitverantwortlich, beispielsweise infolge von Pleuel Brüchen oder Kolben-Klemmern bei voller Fahrt. Zuschauer standen wie bei Rally-Veranstaltungen oft auch direkt an der Strecke. Im Jahr 1964 verloren 5 GP-Piloten bei Rennunfällen ihr Leben. In unserer internationalen Statistik waren es inklusive nationaler Veranstaltungen mindestens deren acht.

Ein Sturzopfer in den 1960-er Jahren – zu dieser Zeit waren schwere Verletzungen aufgrund der mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen viel häufiger als heute.