Planungs-Irrsinn für WorldSBK Runde 7
Mitten im Hochsommer am Rand der Po Ebene in der Emilia Romagna ein Rennen für die Superbike Weltmeisterschaft auszutragen, ist gelinde formuliert ein absoluter Unfug. Von FIM und Dorna ist man sich derlei jedoch längst gewohnt, siehe als Beispiel deren Absage des eigentlich für den 9. Juli 2023 fix geplanten MotoGP Grand Prix von Kasachstan. Laut Wettervorhersagen ist für Mitte Juli mit Temperaturen von an die 40 Grad Celsius zu rechnen. Zudem wird Italien in diesem Zeitraum mit Touristen überflutet, was dafür sorgt, dass die wenigen Zufahrtsrouten aus dem Norden Europas aufs Wochenende in der Regel katastrophal verstopft sind. Die unzähligen Urlauber fahren in dieser Zeit ans Meer, wo man wenigstens am Abend meist mit wohltuend frischem auflandigem Wind vom abkühlenden Mittelmeer zum tagsüber aufgeheizten Inland rechnen kann. Dies fehlt in Imola und deshalb gastierte die WorldSBK hier, sowie in Monza, Misano und Mugello früher auch stets im Frühling oder Herbst. So beispielsweise auch bei der bisher letzten Austragung im Mai 2019, als Jonathan Rea zum ersten Mal nach 11 sieglosen Rennen wieder zuoberst auf dem Podium stand.
Autodromo Dino e Enzo Ferrari
Die Rennstrecke in Imola, einer Kleinstadt in der Emilia Romagna nahe der Adria Küste, wurde 1953 eröffnet. Der Kurs entstand aus einer Idee von Enzo Ferrari, welcher hier einen kleinen Nürburgring errichten lassen wollte. Ursprünglich waren keine Schikanen im Layout vorhanden. Dadurch war die Tamburello-Kurve die erste und die Curva Tosa bereits die zweite Kurve, was natürlich früh zu Sicherheitsbedenken führte. Heute ist aufgrund der fehlenden Rettungsgasse und teils zu knappen Sturzräumen undenkbar, dass der Kurs nochmals die Homologation für die MotoGP erhalten könnte. Trotzdem ist die WSBK immer noch regelmäßig zu Gast in Imola. 1968 wurde die Strecke nach dem früh verstorbenen Sohn Alfredo (Dino) von Enzo Ferrari in Autodromo Dino Ferrari umbenannt. Nach Enzo Ferraris Tod im Jahr 1988 wurde der Name des Kurses um seinen Vornamen erweitert.
Heutige Strecke
Mit einer Länge von 4.936 Km gehört Imola zu den längeren Strecken im Motorradrennsport. Mit 9 Rechts- und 13 Linkskurven wird im Gegen-Uhrzeigersinn gefahren. Die Start-Zielgerade misst nur 358 Meter wobei Kurve 1 selbst bei der WSBK praktisch mit Vollgas gefahren wird. Eine der interessantesten Stellen für Zuschauer ist die Curva Tosa, sowie Acque Minerali (beide mit Zuschauertribünen ausgestattet) und die Doppelkurve Rivazza mit Naturtribünen im Innenbereich der Strecke. Die größten Tribünen befinden sich naturgemäß im Bereich der Schikane (Kurven 16 und 17) bis Start-Ziel.
WorldSBK und WSSP 600 Siegerstatistik
MotoGP (Motorrad-WM) Siegerstatistik Imola
Mit 3 Siegen in der Königsklasse bis 500 cm³ hält der 5-fache Weltmeister Mick Doohan aus Australien den Rekord an GP-Siegen in Imola. Valentino Rossi gewann zu Beginn seiner GP-Karriere immerhin 2 Mal in den unteren Klassen in den Jahren 1997 (125 cm³) und 1998 (250 cm³). Alberto Pagani als Sieger des ersten GP von Imola fuhr mit Linto eine Konstruktion seines italienischen Landsmannes Lino Tonti. Der Schweizer Gyula Marsovszky wurde 1969 auf einer Linto Zweiter der Weltmeisterschaft bis 500 cm³.
Die Ausgangslage vor WSBK Runde 7 in Imola
Obwohl Imola und Most für die Konkurrenz von Alvaro Bautista nochmals Grund für einigen Optimismus wäre, so etwas wie ein letzter Hoffnungsschimmer, aber eines spricht in Italien sehr für den Ducati Piloten. Vielleicht wurde von den Veranstaltern und den Verantwortlichen bei FIM und Dorna sogar absichtlich ein haarsträubender Termin gewählt. In der Vergangenheit war der spanische Winzling nämlich vor allem bei großer Hitze auf seiner Panigale V4R so gut wie unschlagbar. Diese Saison konnte er auf diesen Vorteil bisher jedoch locker verzichten, da er sowieso 2023 auf der nochmals stark verbesserten Ducati so gut wie keinen Gegner zu fürchten hat. Auf der Fahrerstrecke von Imola wäre ohne die hohen Temperaturen sonst Johnny Rea der haushohe Favorit, aber derzeit läuft wirklich alles für Bautista. Sofern er sich nicht noch gravierend verletzten sollte, ist bereits nach der Halbzeit vor Runde 7 in Imola die Weltmeisterschaft so gut wie entschieden. Toprak Razgatlioglu gab als sein härtester Widersacher dieses Jahres nach den Rennen in Donington Park (England) zu Protokoll, er fühle sich bezüglich Beschleunigung und Topspeed gegen die Werks Ducati des Spaniers wie auf einer Supersport 600 Maschine. Das sagt eigentlich alles.
Reisetipp für das WorldSBK Event von Imola
Wer es sich trotz fast unerträglicher Hitze in der Emilia Romagna zu dieser Jahreszeit und verstopfter Hauptachsen trotzdem antun will, sollte besser an der Adriaküste übernachten. Die Hotels rund um Imola sind fast restlos ausgebucht und zudem Mitte Juli sowieso viel zu teuer. Campen ist aufgrund mangelnder Abkühlung in der Nacht in Imola wenig ratsam. Eine knappe Autostunde entfernt bieten kleinere am Meer gelegene Orte wie beispielsweise Cesenatico trotz Hochsaison einige attraktive Angebote für das WSBK Wochenende. Von Vorteil ist dabei natürlich ein Hotel oder eine Pension mit Klimaanlage. Wer mit dem Auto anfährt, sollte möglichst eine Kühlbox mitnehmen, welche auch am 220 Volt Stromnetz funktioniert. Damit kann man sich seine Getränke im Hotelzimmer selbst kühlen, weil die Preise vor allem für Bier und Mineralwasser in Italien oft fast so hoch wie in Südfrankreich sind. Kühlschrank oder Minibar sind leider in den meisten Gaststätten wie auch im benachbarten Österreich nur selten anzutreffen. Wenigstens sind Essen und Wein (vorzugsweise bestellt man dabei „Vino locale“) im Vergleich zu nördlicheren Ländern in der Regel immer noch recht preiswert.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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