Autodromo Dino e Enzo Ferrari

Blick auf Start-Ziel mit der 2007 neu entstandenen Boxenanlage des Autodromo Enzo e Dino Ferrari in Imola.

Traditionsreicher Rundkurs in der Emilia Romagna

Die Rennstrecke in Imola, einer Kleinstadt in der Emilia Romagna nahe der Adria Küste, wurde 1953 eröffnet. Der Kurs entstand aus einer Idee von Enzo Ferrari, welcher hier einen kleinen Nürburgring errichten lassen wollte. Ursprünglich waren keine Schikanen im Layout vorhanden. Dadurch war die Tamburello-Kurve die erste und die Curva Tosa bereits die zweite Kurve, was natürlich früh zu Sicherheitsbedenken führte. Heute ist aufgrund der fehlenden Rettungsgasse und teils zu knappen Sturzräumen undenkbar, dass der Kurs nochmals die Homologation für die MotoGP erhalten könnte. Trotzdem ist die WSBK immer noch regelmäßig zu Gast in Imola. 1968 wurde die Strecke nach dem früh verstorbenen Sohn Alfredo (Dino) von Enzo Ferrari in Autodromo Dino Ferrari umbenannt. Nach Enzo Ferraris Tod im Jahr 1988 wurde der Name des Kurses um seinen Vornamen erweitert.

Im Inneren der Rennstrecke sieht es mit Tierpark und Spazierwegen eher wie ein Naherholungsgebiet aus.

Formel 1 Tragödie 1994
Im Samstagstraining zum F1 GP von San Marino 1994 verunglückten der Österreicher Roland Ratzenberger tödlich. Tags darauf fand durch einen tragischen Unfall mit Ayrton Senna einer der besten Automobilrennfahrer aller Zeiten den Tod. Nach diesen und weiteren Unfällen wurde immer mehr Wert auf die Sicherheit vieler Rennstrecken und die der Fahrzeuge gelegt. In Imola wurden daraufhin in der Tamburello-Kurve und vor der Tosa-Kurve Schikanen eingebaut, wodurch die Geschwindigkeiten erheblich gedrosselt wurden. Zudem wurde auch die „Varianta Alta“ mit einer neuen Schikane entschärft. Ab 2006 wurde der Grand Prix von San Marino endgültig aus dem Formel-1-Kalender gestrichen, da die Anlage als nicht mehr zeitgemäß galt.

Aque Minerali mit der Ausfahrt aus der Kurve 10 in Richtung Varianta Alta.

Umbau mit neuer Boxenanlage
Im Jahr 2007 wurde ein neues Boxengebäude samt Mediacenter errichtet und die Auslaufzone in der „Tamburello-Schikane“ erweitert. Zudem wurde auch die Streckenführung erneut geändert. Zwischen der Curva Rivazza und der Tamburello-Schikane entstanden zwei schnelle Kurven, die vor Start-Ziel durch eine Schikane unterbrochen sind.

Rocca di Imola – eine der Sehenswürdigkeiten von Imola.

Heutige Strecke

Mit einer Länge von 4.936 Km gehört Imola zu den längeren Strecken im Motorradrennsport. Mit 9 Rechts- und 13 Linkskurven wird im Gegen-Uhrzeigersinn gefahren. Die Start-Zielgerade misst nur 358 Meter wobei Kurve 1 selbst bei der WSBK praktisch mit Vollgas gefahren wird. Eine der interessantesten Stellen für Zuschauer ist die Curva Tosa, sowie Acque Minerali (beide mit Zuschauertribünen ausgestattet) und die Doppelkurve Rivazza mit Naturtribünen im Innenbereich der Strecke. Die größten Tribünen befinden sich naturgemäß im Bereich der Schikane (Kurven 16 und 17) bis Start-Ziel.

Motorradrennen in Imola

Chaz Davies (Ducati), Leon Haslam (Kawasaki), Michael van der Mark und Alex Lowes (beide Yamaha) im Superpole Race der WSBK am 12. Mai 2019 auf der Verfolgung des führenden Jonathan Rea (Kawasaki) in der Curva Tosa. Am Nachmittag wurde bei starkem Regen die Piste für zu gefährlich erklärt und sämtliche restlichen Rennen gestrichen.

Motorrad GP Geschichte
Ab 1969 fanden in Imola WM-Läufe zur Motorradweltmeisterschaft statt, beginnend mit dem Grossen Preis der Nationen am 7. September. In unregelmässigen Abständen ging es bis 1979, meist abwechselnd mit Monza so weiter. In den Jahren 1981 und 1983 wurde der WM-Lauf von Imola als GP von San Marino ausgetragen und 1988 nochmals als GP der Nationen. Mit den Kursen von Mugello und Misano war die Konkurrenz mittlerweile grösser geworden. Infolge des tragischen Unfalls von Wayne Rainey in Misano gastierte der WM-Zirkus einige Jahre darauf nochmals von 1996 bis 1999 als Großer Preis von San Marino. Danach wurde Imola endgültig aus dem MotoGP Rennkalender gestrichen.

Mick Doohan – der Australier gewann in der 500 cm³ Klasse dreimal in Folge in Imola.

Todesopfer im Training zum 250 cm³ GP 1981
Am 11. Juli 1981 nahm Pazzaglia am freien Training des 250 cm³ Grand Prix von San Marino teil, der auf der Rennstrecke von Imola ausgetragen wurde. Er mit niedriger Geschwindigkeit in der „Varianta Bassa“ und erlitt dabei eine ernsthafte Kopfverletzung. Dr. Claudio Costa vom Clinica Mobile ordnete nach erster Untersuchung seine sofortige Überstellung per Hubschrauber in das Bellaria-Krankenhaus in Bologna an. Der 27-jährige Pazzaglia kam nie wieder zu Bewusstsein und starb am Dienstag, dem 14. Juli um 17:00 Uhr im Spital von Bologna.

Randy Krummenacher (Bardahl Evan Bros Yamaha, rechts im Bild an der Paddock Show mit De Rosa in der Mitte und links Caricasulo. Der Schweizer trug sich am 12. Mai 2019 in der WSSP 600 in die Siegerliste von Imola ein.

WSBK in Imola – über beinahe 2 Jahrzehnte

Ab Einführung der World Superbike WM im Jahr 1988 wurde in Italien vorwiegend in Mugello und Misano gefahren und ab 1995 kam auch Monza dazu. Nach dem Verlust der Motorrad-Weltmeisterschaft kam es im Jahr 2001 zum ersten WSBK Event auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari. Mit nur wenigen Unterbrüchen blieb Imola bis heute im Kalender und war in der Saison 2019 sogar ein sehr wichtiges Rennen. An dieser Stätte begann Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) nämlich den Spieß in der WM zu drehen, nachdem er in sämtlichen WM-Läufen davor jeweils nur Platz 2 belegt hatte. Er ist auch der mit Abstand erfolgreichste WSBK Fahrer in Imola, der auf Honda bereits 2011 seinen ersten Laufsieg einfuhr. Seine Rekordmarke steht aktuell bei 9 Siegen und 2020 könnte durchaus der ein- oder andere Erfolg dazukommen.

Erster Sieg der Saison 2019 in Imola für Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) und Beginn der Wende im Kampf um den WM-Titel, welchen er sich zum 5. Mal in Folge danach holte.

WSBK und WSSP 600 Siegerstatistik

Mit 9 Siegen trotz eines 2019 abgesagten 2. Rennens, bei welchem er haushoher Favorit war, liegt Jonathan Rea mit großem Abstand in der Siegerstatistik von Imola in Führung. Eindrückliche 5 Siege hat in der World Supersport 600 WM der Türke Kenan Sofuoglu vorzuweisen, der wie Rea bis 2019 auf ebenso viele WM-Titel stolz sein kann.

MotoGP (Motorrad-WM) Siegerstatistik Imola

Mit 3 Siegen in der Königsklasse bis 500 cm³ hält der 5-fache Weltmeister Mick Doohan aus Australien den Rekord an GP-Siegen in Imola. Valentino Rossi gewann zu Beginn seiner GP-Karriere immerhin 2 Mal in den unteren Klassen in den Jahren 1997 (125 cm³) und 1998 (250 cm³). Alberto Pagani als Sieger des ersten GP von Imola fuhr mit Linto eine Konstruktion seines italienischen Landsmannes Lino Tonti. Der Schweizer Gyula Marsovszky wurde 1969 auf einer Linto Zweiter der Weltmeisterschaft bis 500 cm³.

200 Meilen von Imola

Die 200 Meilen von Imola waren ein von 1972 bis 1978 und von 1980 bis 1987 stattfindendes Motorrad-Rennen auf dem Autodromo, bei dem mit rund 320 km deutlich länger als für die üblichen GP-Distanzen gefahren wurde. Als Reaktion auf die damalige Beliebtheit des Daytona 200 Rennens in den USA wurde beschlossen, einen „europäischen Daytona“ mit den besten Fahrern des Grands Prix zu schaffen. Hier sollten die besten Fahrer der europäischen und amerikanischen Meisterschaften gegeneinander antreten. In den Jahren 1973, 1975, 1976, 1977 und 1978 zählten die 200 Meilen von Imola zur in den 70-er Jahren existierenden Formel-750-Meisterschaft, sowie 2002 und 2003 zur Langstrecken-WM. Die für den 27. Juni 2004 geplante Veranstaltung musste aus finanziellen Gründen abgesagt werden. Seit 2012 werden in Imola die „4 Hours Of Imola Classic“ ausgetragen, die ab der Saison 2013 eines der Events zur European Classic Series sind. Die erfolgreichsten Piloten bei den 200 Meilen waren der US-Amerikaner Kenny Roberts sen. und der Venezolaner Jonny Ceccotto (beide Yamaha) mit je 3 Siegen.
Mehrere tödliche Unfälle
Überschattet wurden die 200 Meilen von insgesamt 3 tödlichen Unfällen, wovon derjenige von Lorenzo Ghiselli bereits im Training stattfand. Im Training am 13. April 1985, stürzte er als Titelverteidiger der italienischen Meisterschaft (wozu auch die 200 Meilen von Imola gehörten) mit seiner Suzuki RG 500 schwer. Nachträgliche Komplikationen führten dreieinhalb Monate später am 28. Juli 1985 zum Tod. Der Amerikaner Pat Evans am 3. April 1977 und Guido Paci am 10. April 1983 verunglückten am Rennen tödlich. Letzterer stürzte, als er mit voller Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Bike verlor. In der fünften Runde des zweiten Laufs lag er auf dem sechsten Platz, als er auf seiner Honda RS500R mit etwa 240 km/h in der Villeneuve-Kurve zu Sturz kam. Paci fiel auf den Asphalt, prallte gegen die Strohballen und danach gegen eine Betonwand, dazu wurde er anschliessend noch von seinem Bike getroffen. Der Italiener wurde nur 33 Jahre alt und war zu Lebzeiten einer der Charakterköpfe im Motorrad-Rennsport.
Veralteter Sturzhelm als Hauptursache
Blondschopf Pat Evans lag an dritter Stelle im Rennen, als er mit rund 200 km/h beim Anbremsen der Tamburello-Kurve stürzte und gegen die Strohballen prallte. Laut einem italienischen Journalisten hätte Evans den Aufprall überlebt, wenn er einen Fiberglashelm getragen hätte, da der Aufprall damit nicht lebensbedrohlich gewesen wäre. Evans musste jedoch aufgrund seines Sponsorenvertrages mit einem ABS-Helm fahren. Evans verfiel ins Koma und wurde in das Bologna-Krankenhaus gebracht, wo er am 6. April starb. Er war eines der hoffnungsvollsten Talente aus den USA, bevor er kurz vor seinem 22. Lebensjahr in Italien sein Leben dem Motorsport opferte.

Harry Hinton jun. (Australien) – das zweite Todesopfer von Imola verunfallte im April 1958.

6 Todesfälle bei Motorradrennen in Imola

Nebst Pat Evans, Guido Paci und Lorenzo Ghiselli beim 200 Meilen Rennen, gab es noch 3 weitere tödlichen Unfälle bei Motorradrennen in Imola. Zwei davon fanden in den 50-er Jahren auf einem Strassenkurs statt, der damals bereits Teile des heutigen Rundkurses beinhaltete. Am 11. April 1955 in seinem ersten Rennen für MV Agusta, verunfallte der Rhodesier Ray Amm mit seiner 350-er am „Shell Gold Cup“ tödlich. Er stürzte in der Rivazza Kurve und verlor dabei seinen Helm. Als 6-facher GP Sieger (4 in der Kategorie 350 cm³ und 2 in der 500-er Klasse) gehörte der Südafrikaner zu den erfolgreichsten Fahrern seiner Zeit. Drei Jahre später kam der Australier Harry Hinton junior im 500 cm³ Rennen beim „Coppa d’Oro“ (Goldcup) zu Sturz. Er und sein Bruder Eric hatten sich ab 1956 schnell einen Namen in der Welt des europäischen Motorradrennsports gemacht. Der Unfall von Harry jun. passierte, aufgrund eines Defekts an seiner Norton. Das Bike prallte gegen einen Zaun und schoss zurück auf die Strecke, wo es Harry an der Brust traf. 15 Tage später starb Harry Jr. an einer Lungenentzündung im Krankenhaus von Imola. Beim Training zu einem nationalen 250 cm³ Rennen verunfallte der Italiener Sauro Pazzaglia am 12. Juli 1981. Dabei erlitt er schwere Schädelbrüche und starb am Montag nach dem Rennen im Krankenhaus von Bologna.

GP von Imola 1968, 350 cm³ Klasse. Mit einem Gehäusebruch rollt der bis dahin führende Mike Hailwood (hinten im Bild) langsam an die Box, währen Phil Read (vorne) und Giacomo Agostini an ihm vorbeiziehen.

Vor- und Nachteile WSBK Imola

Vorteile
Die Schweizer Grenze liegt nur knappe 3 Stunden von Imola entfernt und aus Villach (Österreich) fährt man in rund 4 Stunden bis zum schönen Städtchen in der Emilia-Romagna. Imola befindet sich eine knappe Stunde von Rimini entfernt, wodurch es auch für einen Abstecher ans Mittelmeer nicht weit ist. Mit einem Park in der Mitte und in einer schönen Landschaft gelegen, ist der Kurs unbedingt einen Abstecher wert, vor allem für das WSBK Event in der ersten Maihälfte.

Fast leere Tribüne bei der Curva Tosa am Sonntagmorgen nur wenige Minuten vor dem Start zum Superpole Race der WSBK 2019. Überteuerte Ticketpreise und eine schlechte Wetterprognose sorgten für einen sehr bescheidenen Zuschaueraufmarsch in Imola.

Nachteile
Leider gibt es in Imola einen klaren Nachteil für den Besucher. Egal wo man sich auf der weitläufigen Anlage platziert, man kann praktisch von überall nur einen ganz kleinen Teil der Strecke einsehen. Gleichzeitig gibt es bis auf die Haupttribüne nirgends Videoleinwände wie bei anderen Kursen. Zudem sind die Verpflegungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt, es gibt nur sehr wenige Stände und man muss deshalb mit meist langen Wartezeiten rechnen. Dazu kommen die sehr hohen Preise, welche über denjenigen der MotoGP bei den günstigeren Veranstaltungen (z.B. in Spanien, den Niederlanden und England) liegen. Im Vergleich zum WSBK Event in Assen bezahlte man in Imola 2019 rund das Doppelte des Preises für ein Wochenend-Ticket, mit Paddock- und Haupttribünen-Zugang (in Assen inkludiert, dort dazu sogar Pit Walk). Die Besucher mit Paddock Tickets ärgern sich zudem auch über veraltete und die viel zu enge Personenunterführung zum Innenbereich der Strecke und der Haupttribüne. Für den Weg zurück ins Paddock muss dazu jedes Mal ein ärgerlicher Umweg in kauf genommen werden, weil die Unterführung in die Gegenrichtung gesperrt ist. Ein weiterer Nachteil ist das nicht vorhandene Angebot an preiswerten Übernachtungsmöglichkeiten in Imola am WSBK-Wochenende. Wir empfehlen daher, beispielsweise im nahegelegenen Städtchen Lugo oder anderswo in akzeptabler Distanz zu suchen. Mit Faenza, Modena, Ferrara und Forli, sowie etwas weiter entfernt Rimini, gibt es ausreichende Alternativen.

Die Folge der Preisverdoppelung 2019 in Imola, aufgenommen auf Höhe der Curva Tosa am Sonntagmorgen kurz vor dem Superpole-Race der WSBK.