Der neue Marc Marquez – vom „König der Saves“ zum Bruchpiloten vom Dienst. Die ersten Rennen nach seinem Comeback hatte sich der mehrfache Weltmeister bestimmt anders vorgestellt, als mit einem siebten und danach neunten Rang. Beim dritten WM-Lauf seit seiner gut 9 Monate langen Zwangspause fabrizierte er ausgerechnet beim ersten Mal in Führung liegend einem Crash. Bei seiner nachfolgenden Aufholjagd produzierte er den bereits dritten Sturz an diesem Sonntag.

Einige interessante Zahlen zum Grand Prix von Frankreich

Es war unbestritten eines der spektakulärsten und abwechslungsreichsten Rennen der letzten Zeit, welches die Fans an den Monitoren zu Hause beobachten konnten. Das vierte Geisterrennen in Folge bot für fast jeden Geschmack etwas. Dazu gab es auch einen Führungswechsel in der Team- und Herstellerwertung. Und nach 3 Yamaha Siegen zu Beginn der Saison kam zweimal nacheinander Jack Miller zu einem Triumph, bei dem eine gehörige Portion Glück dazu gehörte. In Jerez erbte er die Spitzenposition ohne dafür kämpfen zu müssen, als Fabio Quartararo mit physischen Problemen (dem sogenannten Kompartmentsyndrom) zurückgefallen war. In Le Mans war es der Sturz von Marc Marquez und der missratene Start von Johann Zarco, was für den Australier die Aufgabe verhältnismässig stark erleichterte. Aber wie es auch sei, fast jeder wird Jack seinen dritten Karrierensieg gegönnt haben.

Johann Zarco (Pramac Ducati) mit der Nummer 5 mitten im Pulk – ab der zweiten Rennhälfte war er jedoch unbestritten der Mann des Rennens, als er bis auf Platz 2 nach vorne fuhr und klugerweise auf eine Attacke auf den führenden Miller am Ende verzichtete. Kaum einer der sogenannten Experten hätten dem Franzosen einen solchen Start in die Saison zugetraut.

Das Kopf-an-Kopf-Rennen in der Team- und Herstellerwertung
Es ist unglaublich, wie schnell die Schlagzeilen im Sport oft wechseln. Anfänglich gewann dreimal eine Yamaha und Miller war noch gar nirgends, dann plötzlich wendete sich das Blatt in Jerez überraschend. Es reichte ein weiterer Sieg des Australiers vor Johann Zarco und plötzlich spricht niemand mehr von der guten Yamaha. Mitschuldig daran ist das in der Regel kaum existente Gedächtnis einer Mehrheit von Experten und Journalisten. In Tat und Wahrheit liegen die beiden derzeit stärksten Marken jedenfalls immer noch sehr nahe beieinander. Wie nachfolgende Statistik zeigt, gilt dies auch für die Teamwertung, wo Monster Energy Yamaha in Jerez auf einen Schlag viel seines Vorsprungs verlor. In Le Mans kam die Wende, aber die besten beiden Werksteams und Hersteller trennen derzeit nur wenige Punkte.

Nach dem Start in Le Mans hatte Jack Miller (Ducati Lenovo) mit der Nummer 43 bereits die Nase vorne und verdeckt von Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha, Nr. 20) lag dessen Landsmann Johann Zarco (Pramac Ducati mit der Nr. 5). Dessen Aufholjagd war die am Ende vielleicht eindrucksvollste Leistung überhaupt an diesem an Überraschungen reichen 16. Mai 2021.

Die Le Mans Bilanz der verschiedenen Fahrer nach dem Grand Prix von 2021
Was die durchschnittliche Zahl der auf dem Circuit Bugatti erzielten Punkte betrifft, hätte wohl vor dem GP von 2021 kaum jemand darauf gewettet, dass Alex Marquez seine Führung von zuvor 20 Punkten behalten würde. Aber bei dem verrückten Flag-to-flag-Race am 16. Mai gab es grundsätzlich keine Normalität. Aber wie die Mehrheit aller Fahrer hatte sich auch seine Bilanz gegenüber zuvor verschlechtert. Einzig Jack Miller, die beiden Franzosen Zarco und Quartararo, sowie Lecuona, Bagnaia und Nakagami konnten ihren Durchschnitt verbessern. Zweitbester hinter dem LCR Honda Piloten bleibt Petrux, obwohl sein Schnitt leicht sank und dahinter folgen Johann Zarco und ex aequo sein Landsmann Fabio Quartararo und Valentino Rossi.

Die orangefarben hinterlegte Jahreszahl 2020 bedeutet, dass dieser Lauf bereits als Regenrennen gestartet wurde. Beeindruckend ist hier auch, wie oft Repsol Honda Ass Marc Marquez schon gestürzt ist in diesem Zeitraum und auch Pols Bruder Aleix Espargaró, genauso wie Jack Miller mit je 3 Stürzen im Rennen.

Das Märchen des schlechten Le Mans Wetters im Mai

Im MotoGP Paddock gibt es viele geborenen Märchen-Onkel, wie wir wissen. Beispielsweise Ducati Manager Paolo Ciabatti, der ernsthaft vor dem ersten Doppelrennen in Katar noch von sich gab, Losail sei eine Ducati-Strecke. Nach dem Sieg der beiden Monster Energy Yamaha Teamkollegen Maverick und Fabio hat Ducati exakt halb so viele Siege wie Yamaha, dies zur Behauptung des Italieners. Beim Mythos der angeblich nicht konkurrenzfähigen Honda RC213V gibt es gleich mehrere Patenonkel, von Bradl über unzählige Journalisten und Kommentatoren bis Puig. Jammern gehört im Paddock definitiv zum Alltag, die Gründe leuchten hingegen mal mehr und mal wenige ein. Also musste aufgrund des schlechten Wetters sofort wieder die Geschichte vom angeblich dauernd schlechten Wetter im Mai am Circuit Bugatti her. Aber die Durchschnittstemperatur liegt dort bei moderaten knapp 20 Grad Celsius im Wonnemonat. Geregnet hat es in den zehn Jahren von 2010 bis 2019 im Rennen exakt dreimal, damit liegt die Quote bei gerade einmal 30 Prozent. Nachfolgend dazu die Fakten inklusive der Zuschauerzahlen im Vergleich mit den anderen GP Kursen.

Die Regenstatistik von 1995 bis 2020 nach Nationen – hier ist Le Mans im vorderen Mittelfeld dabei, aber nur dank 2020 vor Brünn, davor war noch Gleichstand und beim Rennen in Tschechien gab es unseres Wissens selten oder gar nie Reklamationen zum Datum und erst recht nicht in Assen. In Spanien sind damit sämtliche Events zusammengefasst, was im Fall von Valencia das Bild deutlich verfälscht, weil beispielsweise von 2010 bis 2019 die Quote bei 30 Prozent liegt und somit exakt so hoch wie für Le Mans.
Le Mans im Vergleich mit anderen Strecken, in Fettschrift der jeweilige Besucherrekord und in Kursivschrift die Regenrennen seit 2005 bis zum Ende der Zuschauer-Erlaubnis durch die Corona-Pandemie.

Die Moto2 und die Dominanz des Ajo Teams

Oft wissen wir nicht, ob wir es gut oder traurig finden sollen. Als KTM in die Moto2 einstiegen ist, gehörten wir zu den begeisterten Beobachtern. Auch in unserem Fuhrpark steht eine Orange. Endlich engagiert sich ein bekannter Hersteller, nachdem sich Eskil Suter zurückgezogen hatte dachten wir sofort. Der von einer gehörigen Portion Eigenlob seitens der österreichischen Firma begleitete Einstieg sollte die Basis für ein endgültiges Bekenntnis zur MotoGP sein. In der MotoGP haperte es allerdings gewaltig und nach nur zweieinhalb Jahren zog KTM bereits wieder den Stecker. Wir wollen die Ausreden hier nicht wiederholen, aber ausgerechnet an dem Wochenende, als dies angekündigt wurde, gewann Brad Binder damit das erste Rennen der Saison 2019. Im Jahr danach wurde das Team von Aki Ajo auf dem vorherigen Konkurrenzfabrikat Kalex in der Teamwertung dritte hinter Sky VR46 und EG 0,0 Marc VDS.

Raul Fernandez (Red Bull KTM Ajo Moto3) in Aragon im Jahr 2020 – nach guten Resultaten zu Saisonbeginn begann auf der Strecke nahe der Kleinstadt Alcaniz mit dem ersten Podium endgültig sein Stern aufzugehen. Ein Jahr später überzeugt er auch vollauf in der mittleren Klasse.

Von der Verlierermannschaft zum Herausforderer und bis zum Siegerteam
Nach einer desaströsen Moto3 Saison im Vorjahr für das Team des Finnen, kam mit Raul Fernandez im ersten Corona-Jahr die Erlösung. Heute sind wir immer wieder erstaunt, wie alle von der extrem erfolgreichen Ajo Talentschmiede lesen und hören, weil es 2019 noch das absolute Desaster für Ajo KTM war. Mit nur 8 Punkten trug das Red Bull Ajo KTM Team die rote Laterne, ganze 16 Zähler hinter Reale Avintia auf Platz 15 und damit dem zweitletzten Rang. Es war die absolute Verlierermannschaft der Saison, welche nur ein Jahr später dank dem jungen Spanier zum Herausforderer der besten wurde. Dank Pedro Acosta ist Aki Ajo mit seiner Moto3 Mannschaft nur zwei Jahre nach dem Schlusslicht die absolut dominante Truppe der Nachwuchskategorie. Dank Remy Gardner und Fernandez genauso in der mittleren Klasse. Wie wir als erste anfangs April bereits berichteten wird der Australier nächste Saison in der MotoGP antreten. Aktuell kämpft er zusammen mit dem Spanier aber noch um den Moto2 Titel. Nachfolgend die aktuelle Teamwertung der Moto2.

Moto3 Teamwertung – Teil 2 der Aki Ajo Erfolgsstory

Wir erinnern uns noch gut daran, wie uns der oft als Finsterling geltende Finne im Hotel vor zwei Jahren aufgefallen war, als er ganz einsam im Essbereich in einer Ecke sass. Er nickte uns recht freundlich zu, als wir aus dem Restaurant kamen, wirkte damals aber in Andalusien definitiv sehr zerknirscht. Wir nickten ebenso höflich zurück und hatten durchaus Verständnis für seine Stimmung. Sein Moto3 Team war das absolute Sorgenkind in diesem Jahr. Nach Jerez sollte es noch weitere 4 Runden geben, in welchen seine Fahrer keinen einzigen Punkt zusammenbrachten. Nur zwei Jahre später haben seine beiden Teams beinahe doppelt so viele Punkte wie die nächsten Verfolger in den jeweiligen Klassen.

Pedro Acosta (Red Bull KTM Ajo) – der erst 16-jährige Spanier ist aktuell der absolute Überflieger und die meisten handeln ihn bereits als neuen Marc Marquez. Wir raten dabei jedoch zur Vorsicht, siehe die Karriere von Lorenzo dalla Porta, dem Dominator von 2019. Im Vorjahr wurde er WM-Siebenundzwanzigster und aktuell steht er mit 6 Punkten auf Position 22. Die Mehrzahl der Journalisten lernen nie daraus, genauso wie sehr viele fremd- oder selbsternannten Experten.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).