Ein Interview mit Max Neukirchner zu seiner WSBK-Karriere
Als wir uns intensiv mit der Geschichte der WorldSBK seit ihrer ersten Saison beschäftigten, war uns früh klar, dass wir einige der wichtigsten Fahrer zu ihrer Karriere befragen wollten. So entstand beispielsweise das Interview mit Gregorio Lavilla, siehe dazu auf dieser Seite unter „Interviews+TV“. Der heute bei der Vermarktungsfirma Dorna für die Geschicke der Superbike Weltmeisterschaft zuständige Spanier gab dabei Ausblicke preis, die hochinteressant sind. Ein Mann durfte dazu auf keinen Fall fehlen. Er stammt aus Sachsen und ist der Sohn eines früheren Rennfahrers. Ähnlich also wie der Angelsachse Carl Fogarty, doch bei Max Neukirchner war einiges anders als beim mehrfachen Weltmeister, was auch für seine Karriere in der WorldSBK galt.
Ein Unterschied zu Foggy – der sehr erfolgreiche Vater
Während der Engländer sich als Jugendlicher an der Strecke über seinen Vater als Hobby-Fahrer und dessen aus seiner Sicht mangelnden Kampfgeist ärgerte, kannte der Sachse dieses Problem nicht. Im Gegensatz zum weniger erfolgreichen George Fogarty (bestes Resultat des Engländers war ein 2. Platz 1977 an der Jubilee TT) war Lothar Neukirchner mehrfacher DDR-Staatsmeister in der 250 cm³ Klasse geworden. Nach einem 3. Rang 1984 schaffte er ab 1987 drei Titel in Folge und 1990 dazu noch einen Vize-Meistertitel. Mit solchen Genen ausgestattet und der Unterstützung seines Vaters führte der Weg von Max über nationale Meisterschaften und die WorldSSP 600 in die Superbike WM. Im Klaffi Honda Team gelang Neukirchner hier bereits im 4. Rennen der Saison in Phillip Island der erste Podestplatz. Mehr zu seinen Jahren in der WorldSBK siehe in unserer reich illustrierten History über die früheren Jahre der seriennahen Weltmeisterschaft.
Das Interview mit dem besten Deutschen der WSBK-Geschichte
Als Fahrer für eines der besten Teams, zum Beispiel auf einem Ducati Werks-Bike, nehmen wir an, dass die Geschichte anders aussehen würde und Du ab etwa 2006 mindestens einen Vize-Titel erreicht hättest. Stimmst Du uns dabei zu?
Max Neukirchner: „Pech im Sport – Glück in der Liebe, so war’s nun mal in meiner WSBK Karriere. Ich habe Rennen gewonnen und mehrere Podestplätze eingefahren aber ich habe es leider nicht geschafft, Weltmeister oder Vize zu werden. Es ist schon schade – und was wäre wenn? War das die Frage?„. Die Redaktion: Einverstanden, es ist schade und als Deutscher war es bestimmt nicht leichter, besonders weil Motorsport hier nie die Anerkennung und Unterstützung geniesst, wie in südlichen Ländern oder England!
Es gibt ein „unvollendetes“ Ducati Jahr, im Team von Lucio Pedercini 2006, in Deiner Karriere. Wieso ging es damals mitten in der Saison auseinander, lag es an mangelnder Konkurrenzfähigkeit mit der privaten Ducati?
Neukirchner: „2005 bin ich noch bei Klaffi Honda unterwegs gewesen und ich war in meiner ersten WSBK Saison schon sehr erfolgreich (Rookie of the Year mit einem 3. Platz in Phillip Island). Leider hatte sich Honda auf die Saison 2006 für einen anderen Fahrer (Alex Barros) entschieden und für mich gab es keinen Platz mehr in der WSBK. Dank Lucio Pedercini habe ich doch noch einen Platz auf seiner privaten Ducati bekommen. Leider gab es zahlreiche, technische Ausfälle, wodurch ich auch sehr schwer gestürzt bin und mir schwere Verletzungen zugezogen hatte“.
Max weiter zur Trennung von Pedercini: „Ich habe dann Mitte 2006 den Deal mit Pedercini beendet, weil ich keinen Sinn mehr gesehen habe, diese Saison unter diesen Umständen zu Ende zu fahren. Letztendlich habe ich für den Rest der Saison einen Platz bei Suzuki Alstare bekommen, wo ich die abschließenden Rennen auf einer privaten Suzuki zu Ende fahren konnte. Das alles hatte ich Mario Rubatto und Bert Poensgen“ (die Redaktion: Poensgen war damals Suzuki Chef Deutschland) „zu verdanken, die sich für mich großartig eingesetzt hatten und es geschafft haben, das ich die Saison 2006 zu Ende fahren konnte„.
Welches war Deine Lieblingsstrecke und weshalb?
Neukirchner: „Phillip Island, weil ich schnelle und langgezogene Kurven sehr mag und ich finde dazu auch, die Menschen in Australien sind sehr freundlich und nett„.
Welche Rennstrecke (während Deiner Rennkarriere) würdest Du heute eher ablehnen (z.B. Imola aufgrund fehlender Rettungsgasse)?
Max: „Imola ist zwar gefährlich, aber ich würde die Strecke nicht ablehnen, weil ich sie trotzdem mag. Es gibt keine Rennstrecke, welche ich ablehnen würde„.
Wer war der stärkste Fahrer, mit dem Du in Deiner Karriere gekämpft hattest?
Neukirchner: „In der WSBK Troy Bayliss und Noriyuki Haga. In der Moto2 Marc Marquez und in der IDM Xavi Fores und Markus Reiterberger„.
Wer war nebst Corser, Biaggi (und Dir) Deiner Meinung nach der schnellste (WSBK-) Fahrer auf Suzuki?
Max: „Keine Ahnung, eventuell Leon Haslam? Ich denke, es gab keine sogenannt schnelleren„.
Wie viel stärker sind Reifen heute im Vergleich zu vor 10 – 15 Jahren?
Neukirchner: „Früher hatten wir Holzreifen im Vergleich zu heute. Aber im Ernst, nun haben die Reifen mehr Grip und sind auch viel konstanter„.
Hattest du Freunde im Fahrerlager unter den Fahrern und wenn ja, welche Piloten waren dies?
Max: „Ich selbst hatte zwar jede Menge, nennen wir es ruhig Freunde im Fahrerlager gehabt. Darunter Leon Haslam, Leon Camier, Troy Corser, Johnny Rea, Xavier Fores, aber wir haben uns immer nur im Fahrerlager getroffen. Persönlich habe ich nur einen besten Freund, welchen ich schon seit der ersten Klasse aus meiner Schulzeit kenne und mit ihm treffe ich mich auch gelegentlich (jeder von uns hat Familie und Arbeit und ist zeitlich stark eingebunden). Außerdem habe ich privat nur einen kleinen, engen und ehrlichen Freundeskreis. Die einzigen Rennfahrer, mit welchen ich noch in beruflichen Kontakt bin sind Marvin Fritz und Jan Bühn sowie Jan Mohr, die ich auch menschlich sehr schätze„.
Was war deine beste Saison deiner Karriere, war es das Jahr 2008 mit WM-Rang 5 oder wäre das Jahr danach ohne die schwere Verletzung noch besser geworden (bis Valencia lief es ja damals super)?
Neukirchner: „Ja, ich glaube schon, dass ich unter anderen Umständen eine noch erfolgreichere Karriere hingelegt hätte, wenn nicht immer so viel Pech im Zusammenhang mit den Stürzen gewesen wären. Über 80 % meiner Stürze waren technische Probleme oder jemand hat mich abgeschossen. 2007 und 2008 waren für mich beruflich meine schönsten Jahre in der WSBK WM. Meinen letzten Sieg mit Yamaha Yart bei der 8 Stunden EWC WM am Slovakiaring 2018 war abschließend auch noch mal ein ganz besonderes Erlebnis„.
Der Red Bull Ring ist nichts für WorldSBK, da mit etwa 80 Prozent Vollgas, haben wir damit recht?
Max: „Nein, ich würde es spannend und interessant finden, wenn trotzdem ein Lauf auf dem Red Bull Ring ausgetragen würde“.
Wer war der beste Fahrer Deiner aktiven Jahre (außer Dir), der nie einen Titel gewonnen hat?
Neukirchner: „Noriyuki Haga und Aaron Slight“.
Was war das beste Motorrad Deiner Karriere, das Du gefahren bist und in welchem Jahr?
Max: „2008 meine Werks Suzuki GSX-R1000 (der Sound war wie bei einer Turbine). 2014 Ducati in der IDM (3C Carbon). Seit 2015 bin ich definitiv Yamaha-verliebt, weil es außerdem noch das beste Motorrad für einen Hobby Fahrer ist“.
Wärst Du (quasi per Zeitreise) gerne in einer andere Zeit oder Serie gefahren und wenn ja, gegen welche Gegner?
Neukirchner: „Oh ja, ich hätte gerne die Zeit mitgemacht, welche Ralf Waldmann und Dirk Raudies erleben konnten. Damals hatte der Rennsport in Deutschland noch einen deutlich höheren Stellenwert, war für Zuschauer noch hautnah erlebbar und man konnte auch einfacher Partner und Sponsoren zur Unterstützung gewinnen“.
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