Iker Lecuona (Tech 3 KTM) kopfüber auf dem Weg ins Kiesbett – vom jungen Spanier sah man in der verkürzten Corona-Saison meist nur etwas, wenn er wie hier im Bild einen sehenswerten Abflug fabrizierte (© MotoGP).

MotoGP Jahresrückblick 2020 – die Startnummer 27

Die Verpflichtung von Iker Lecuona wäre ohne Fabio Quartararos unerwarteten Erfolg mit Petronas Yamaha SRT wohl kaum zustande gekommen. Seit ihm träumt jeder Teamchef von einem Rookie, der die Weltelite derart durchmischt, wie es dem erst 21-jährigen Franzosen im Vorjahr gelungen war. Mit nur gerade 2 Podestplätzen in der Moto3 in der Saison 2015, sowie einem Sieg und einem zweiten Platz 2018 schaffte es Fabio in die MotoGP. Sollte es darum gehen einen Nachwuchspiloten zu finden, der noch weniger zählbare Erfolge hatte als Fabio, dann war Iker definitiv ein Volltreffer.

Fabio Quartararo (Petronas Yamaha SRT) – der junge Franzose mutierte nach sensationellem Saisonstart in der verspätet stattgefundenen Corona-Saison innert kurzer Zeit vom Überflieger zum Problemfall, siehe auch unsere Jahres-Rückschau über die Nummer 20 (© MotoGP).

Missratener Saisonauftakt mit kaum Lichtblicken

Am 6. Januar 2021 wird der aus Valencia stammende Lecuona erst 21 Jahre alt. In Andalusien war sein erstes Rennen als Stammfahrer für Tech 3 KTM bereits sechs Runden vor Schluss zu Ende. Der Spanier gab aufgrund von Erschöpfung vorzeitig auf. Am zweiten Rennwochenende dauerte sein Einsatz noch kürzer, als er nach 10 Minuten und 14 Sekunden stürzte. In Brünn dauerte sein Rennen nur 8 Minuten und 17 Sekunden. Jeder Mensch, der für sein Gehalt 35 oder noch mehr Stunden in der Woche arbeiten muss, wurde bei derartigen Zahlen grün vor Neid. Vor dem Abbruch des ersten Renn-Abschnitts des GP von Österreich war er 18. und fünft letzter. Man glaubt es kaum, Lecuona sah nach dem Restart sogar die Zielflagge und hatte dabei sogar mit P9 ein Top Ten Ergebnis geholt. Doch ohne die Kollision von Bad-Boy Pol Espargaró mit Markenkollege Miguel Oliveira wäre dies nicht möglich gewesen, soviel stand fest.

Iker Lecuona (Tech 3 KTM) vor dem Start – erst beim vierten Rennen der Saison erreichte der Spanier das erste Mal das Ziel. Da Red Bull Media, KTM und sein Teamchef viel Übung darin hatten, war es für sie kein Problem, derart miese Resultate schönzureden (© MotoGP).

Sensationelle Voraussetzungen – kaum Profit

Im Gegensatz zu sämtlichen anderen Teams hatte KTM vom frühen Lockdown in Österreich und der danach sehr frühen Aufhebung im Mai extrem profitiert. Im Beisein von Michelin wurde getestet was das Zeug hielt und die Vorteile für Brünn, Spielberg und Misano spiegelten sich auch in den ansonst undenkbaren Erfolgen der Marke und ihrer Fahrer. Aber trotz all dieser Vorteile blieb ein zehnter Rang von Spielberg 2 und Platz 9 in Aragon 2 die einzigen Lichtblicke für Lecuona. Red Bull Media, KTM und sein Teamchef Poncharal wurden nicht müde, dies wie einen Erfolg darzustellen. Doch Sponsor Red Bull entschied frühzeitig, die Werbung auf den Tech 3 KTM Bikes für die Saison 2021 aufzugeben. Das sagt eigentlich bereits alles.

Iker Lecuona (Tech 3 KTM) am Boden – für die Teamführung und den Hersteller offenbar kein Problem, man fand mithilfe von Red Bull Media immer Wege, derartige Pleiten schönzufärben. Mit jahrelanger Übung gestählt, erfand man jedes Wochenende neue Gründe, weshalb alles nicht so schlimm sei (© MotoGP).

Die GP-Karriere von Lecuona im Rückblick

Keine Polepositions, keine schnellsten Rennrunden und nur zwei Podestplätze. Die Karriere des Iker Lecuona ist ein Paradebeispiel für den Jugendwahn in der MotoGP, aufgrund dessen nach Marc Marquez und Fabio Quartararo sämtliche Teamchefs auf der Suche nach einer neuen Ausgabe eines Jahrhundert-Talents sind. Sollte sich ausgerechnet KTM in diesem Fall vergriffen haben, verwundert dies jedoch niemanden. In ihren Diensten steht ein weiterer Fahrer, der trotz ihres vor Eigenlob triefenden Nachwuchsprogramms als junger Fahrer durch den Rost gefallen war. Sein Name ist Brad Binder und als sie ihn wieder entdeckten wurde er auf Ajo KTM (als in der Moto2 wirklich noch ein Fahrwerk der Österreicher zum Einsatz kam) für sie Vizeweltmeister. Das WM-Ergebnis für Lecuona war jedenfalls erschütternd, mit Rang 20 in der Endabrechnung lagen nur noch zwei Testfahrer und der einzige „Bezahlfahrer“ letztlich hinter ihm.

Lecuona und die Saison 2021 – auf dem Schleudersitz

Ob die Stimmen recht erhalten, die ihn als Fehlbesetzung in der MotoGP bezeichnen, dürfte sich spätestens nächste Saison zeigen. Voraussichtlich etwa im Sommer 2021 läuft seine Schonfrist ab und KTM wird sich eine Alternativlösung überlegen, kommen bis dahin nicht die ersten wirklichen Erfolge. Diese Saison holten zwei junge MotoGP Fahrer auf dem österreichischen Fabrikat insgesamt 3 Siege, wovon allerdings zwei (Brünn und Spielberg) auf das Konto Testvorteil gingen. Daher wird es selbst für kreative Geister fast unmöglich, künftig auch nur halbwegs glaubwürdige Ausreden für ein weiteres Versagen des Spaniers zu erfinden. Dass Fahrer wie Dovi gehen mussten und ein Lecuona blieb, verstehen die meisten Fans zumindest jetzt schon nicht mehr.

Iker Leona (Tech 3 KTM) hinter Aleix Espargaró (Aprilia) und Andrea Dovizioso (Ducati) in Aragon. Erst im zweiten Rennen kam hier nach P14 mit Platz 7 das dritte und letzte brauchbare Resultat des jungen Spaniers zustande. Sein Teamkollege Oliveira holte dagegen 2 Siege und wurde WM-Neunter (© MotoGP).

Provisorischer kombinierter MotoGP & WSBK Kalender 2021

In Kursivschrift haben wir die Events aufgeführt, an deren Durchführung wir starke Zweifel anmelden. Fehlend ist aktuell die noch völlig offene, von der Dorna angedachte 13. WorldSBK Runde, sowie Phillip Island. Als Termin kommt dafür nur das Wochenende vor oder nach dem Rennen auf dem Mandalika Circuit in Indonesien infrage. Für Phillip Island und die WSBK ist dort der Vertrag noch nicht unterzeichnet. In Rotschrift stehen die MotoGP Renntermine, welche mit einem WorldSBK Wochenende kollidieren, was zeitlich jedoch nur beim GP von San Marino eine Überschneidung bedeutet. Aufgrund der Zeitumstellung in Japan und Indonesien ist dies hingegen unkritisch.

Ersatzstrecken für die MotoGP sind Portimao (Portugal), der neue Mandalika Racetrack in Lombok (Indonesien) abhängig von der Fertigstellung und Homologation, sowie der Igora Drive Circuit in St. Petersburg (Russland).