
MotoGP Jahresrückblick 2020 – die Startnummer 33
Brad Binder eilte vom Vorjahr als „KTM Rüpel“ bereits aus der Moto2 ein allerdings eher zweifelhafter Ruf voraus. Beim infolge der Corona-Pandemie verspäteten Saisonauftakt in Jerez hatte der MotoGP-Rookie zunächst jedoch mit sich selbst genug zu tun. Als Zweitletzter das Ziel zu erreichen, entsprach definitiv nicht seiner Vorstellung. Doch bereits im zweiten Rennen von Jerez machte er seinem Ruf als Abräumer vom Dienst bereits wieder alle Ehre. Dass er dabei jedoch in der ersten Kurve mit Miguel Oliveira gleich einen Markenkollegen ausschaltete, war weniger nach dem Gusto seines Vertragspartners KTM. Während der Portugiese damit bereits aus dem Rennen war, sparte sich Binder die Selbst-Eliminierung noch für einige Runden später auf. Genau 22 Minuten nach dem Start flog der Südafrikaner nach einem Highsider kopfüber auf den Asphalt.

Vom Buhmann zum strahlenden Sieger
Der KTM-Rüpel vom Dienst hatte großes Glück, lief es ihm gleich in der nächsten WM-Runde in Brünn absolut nach Plan. KTM hatte mit Testfahrer Dani Pedrosa auf dem Masaryk Ring zuvor ausgiebig getestet. Während alle anderen Hersteller noch mitten im in deren Länder späteren Lockdown steckten, ein unschätzbarer Vorteil für die Orangen. Im Gegensatz zu sämtlichen anderen Gegnern wussten die KTM Piloten exakt, welche Reifen im Rennen funktionieren werden. Sie konnten sich auf die Zeitenjagd machen und darauf verlassen, ein passendes Setup mit der richtigen Wahl der Michelin-Pneus für das Rennen im Voraus bereits zu kennen. So kam es zum für viele überraschenden, aber eigentlich völlig logischen KTM-Sieg beim GP von Tschechien. Pol Espargaró hatte sich durch einen selbst verschuldeten Sturz aller Chancen beraubt.

Zwischen Genie und Wahnsinn – Brad Binders erstes MotoGP Jahr
Nach Platz 4 am ersten Wochenende in der Steiermark machte sich mit Rang 8 wieder eine gewisse Ernüchterung breit. Doch für einen Rookie war Binders Bilanz trotzdem immer noch ziemlich ansprechend. Irgendwie hatte man beim Südafrikaner oft den Eindruck, er bewege sich zwischen Genie und Wahnsinn. Konstanz war sowieso nicht seine Stärke. Weil auch in Misano hatte KTM vor dem ersten Rennen mit Pedrosa ausgiebig getestet. Selbst Pol Espargaró gab vor dem ersten Wochenende zu Protokoll, sein Team hätte klare Vorteile, weil sie genau wüssten, welche Reifen und welches Setup am Sonntag funktionieren würden. Doch kein einziger KTM-Pilot schaffte es danach in die Top Ten und Binder war nur zwölfter geworden.

Die fehlende Konstanz verschlechterte Binders Bilanz
Nach dem schlechten Resultat im 1. Rennen wollte er unbedingt seine Sache am zweiten Misano Wochenende besser machen. Doch Binder crashte gleich zweimal nacheinander. In Barcelona war der Vorteil für KTM endgültig vorbei, den sie dank der frühen Aufhebung des Lockdowns in Österreich bis Misano gehabt hatten. Prompt kam auch in Barcelona keine einzige KTM in die Top Ten. Mit Rang 11 war Brad Binder noch der beste von ihnen gewesen, während Pol Espargaró und Miguel Oliveira ihr Rennen im Kiesbett beendet hatten. Platz 12 in Le Mans war ebenfalls enttäuschend und im 1. Rennen von Aragon verfehlte er mit P11 die Top Ten erneut. Am zweiten Wochenende schoss er in der zweiten Kurve völlig übermotiviert Jack Miller ab.

Das versöhnliche Saisonende trotz nur WM-Rang 11
Mit den Plätzen 7 und 5 in Valencia ging es endlich wieder aufwärts, während sein Kontrahent im Kampf um den Titel des „Rookie of the Year“ Alex Marquez mit einem Sturz und Rang 16 komplett versagte. Beim GP von Portugal landete Binder erneut im Kiesbett, aber am Ende reichte es für den KTM Piloten zum 11. Schlussrang in der Weltmeisterschaft. Im Vergleich zu einem Johann Zarco als sechstem oder Fabio Quartararo mit Platz 5 war diese Leistung natürlich unterirdisch. Doch Hauptsponsor Red Bull tut wie immer sein bestes, um selbst miserable Leistungen wie Siege darzustellen. Damit hat man mittlerweile sehr viel Übung und offenbar sehen sie darin eine Notwendigkeit. In der Moto2 klammheimlich durch die Hintertür zu verschwinden, wie Red Bull KTM dies tat, ist alles andere als die viel propagierte angebliche „ready to race“ – Mentality der Orangen.

Wie stellt man Niederlagen als Siege dar?
Aus diesem Grund wird seit Jahren sehr viel Geld von Red Bull für deren als neutrale News-Seite getarntes Portal speedweek gepumpt. Dort werden über die Firma Red Bull Media gezielt die eigenen Teams und Fahrer täglich in den Himmel gelobt und als wahre Helden dargestellt. Gegner wie Honda oder Yamaha stellt man auf der anderen Seite regelmässig in einem möglichst schlechten Licht dar. Noch übler geht man jedoch mit abtrünnigen Fahrern um, wie am Beispiel von Johann Zarco ersichtlich. Der arme Franzose wurde von den hinterhältigen KTM und Red Bull Fieslingen nach seinem freiwilligen Weggang bei den Orangen durch den Dreck gezogen, wie dies zuvor noch selten ein Fahrer erlebte. Sie sind beileibe nicht die ersten Österreicher, welche die Macht von wirkungsvoller Propaganda für sich entdeckten. Fragwürdig bleibt deren hinterhältiges Vorgehen jedoch trotzdem, aber viele deren Leser haben dazu bestimmt ihre eigene Meinung.

Die GP-Karriere von Binder im Rückblick
Der Südafrikaner ist das Paradebeispiel, wie falsch selbst ausgewiesene Experten im Rennsport oft liegen können. Vielmehr noch, wie viel zu kurz selbst gutgemeinte Nachwuchsprogramme sehr oft greifen. Obwohl Binder von 2009 bis 2011 im von Red Bull mit KTM aufgebauten „Red Bull Rookies Cup“ teilgenommen hatte, fiel er damals durch den Rost. Weder Gustl Auinger noch Aki Ajo hatten damals sein wahres Potenzial erkannt, wie sie später selbst zugeben sollten. Ohne private Unterstützung aus seiner Familie wäre daher bei Binder mit dem Rennsport danach bereits Schluss gewesen. Aber deren Einsatz zahlte sich aus und erst nach 4 Jahren kam es in der Nachwuchsklasse wieder zu dessen Verpflichtung im KTM Ajo Team für die Moto3. Im zweiten Jahr wurde er Weltmeister und zwei Jahre später in seiner zweiten Moto2 Saison nach einem achten Rang WM-Dritter. Statt Pol Espargaró holte im Corona-Jahr 2020 dann sogar der Südafrikaner den ersten GP-Sieg für die Orangen. Zu weiteren Podestplätzen kam es für Binder jedoch nicht.

Der WM-Endstand der MotoGP WM 2020

Brad Binder und seine Aussichten für 2021
Am Speed dürfte es bei der größten GP-Hoffnung Südafrikas in der MotoGP kaum liegen, sollte er nächste Saison nicht endgültig durchstarten. Bei ihm ist hingegen, genau wie seinem ersten Teamkollegen Pol Espargaró in der Königsklasse vielmehr die Frage, wie oft er die Zielflagge sehen wird. Dazu muss sich erst noch erweisen, wie gut KTM in der Saison 2021 ohne ihre Testvorteile im ersten siegreichen Jahr 2020 sein wird. Sofern die Skeptiker recht behalten werden, könnte KTM in der Team- und Herstellerwertung schon bald wieder tief abstürzen. Für diesen Fall springt dann bestimmt wieder Red Bull Media in die Bresche. Dort lernt man wie bei Stefan Bradl 2020 und KTM in deren ersten 3 Jahren über Verlierer und Hinterbänkler mit 13. Plätzen von „sensationellen Fortschritten“ berichtet wird.

Der Vergleich von KTM mit Honda – eine Lachnummer
Nach 3 Siegen in der MotoGP wurden bei Red Bull Media bereits erste Vergleiche mit dem weltgrößten Hersteller gezogen. Sich mit Honda zu vergleichen was Erfolge betrifft, ist jedoch völlig Sinn- und Witzlos. Die Japaner waren seit den 1960-er Jahren in den kleineren und mittleren Klassen bereits unglaublich erfolgreich unterwegs. Ab 1983 begannen sie auch in der Königsklasse zu siegen und stehen bis heute bereits bei 21 WM-Titeln und über alle Klassen 801 Siege. Da nützt es wenig, wenn man die Erfolge von KTM im Straßen-Rennsport mit Gelände- und Abenteuersport kumuliert, damit es nach mehr aussieht.

Erst wenige Jahre dabei und dazu ein Beispiel aus der Königsklasse
Die Orangen sind erst ab der Viertakt-Ära im Straßenrennsport angetreten. Sie waren in der Moto3 im meist reinen Zweikampf mit Honda (mangels weiterer Konkurrenz) durchaus erfolgreich und in der Moto2 zogen sie nach nur drei Jahren kleinlaut wieder den Schwanz ein. In der MotoGP brauchte KTM beinahe 4 Jahre für den ersten Sieg, Ducati hingegen schaffte es in deren erster Saison im ersten Rennen gleich aufs Podium. Fünf Runden später stand mit Loris Capirossi ihr erster Fahrer zuoberst auf dem Podium. Um (im Straßenrennsport) zur Legende zu werden, werden die Österreicher daher noch einen langen Atem benötigen. Was Sympathiepunkte bei den Fans betrifft, wäre dazu etwas mehr Bescheidenheit und weniger Eigenlob ratsam.

Provisorischer kombinierter MotoGP & WSBK Kalender 2021
In Kursivschrift haben wir die Events aufgeführt, an deren Durchführung wir starke Zweifel anmelden. Fehlend ist aktuell die noch völlig offene, von der Dorna angedachte 13. WorldSBK Runde, sowie Phillip Island. Als Termin kommt dafür nur das Wochenende vor oder nach dem Rennen auf dem Mandalika Circuit in Indonesien infrage. Für Phillip Island und die WSBK ist dort der Vertrag noch nicht unterzeichnet. In Rotschrift stehen die MotoGP Renntermine, welche mit einem WorldSBK Wochenende kollidieren, was zeitlich jedoch nur beim GP von San Marino eine Überschneidung bedeutet. Aufgrund der Zeitumstellung in Japan und Indonesien ist dies hingegen unkritisch.

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