MotoGP Jahresrückblick 2020 – die glücklose Nummer 4
Über Andrea Dovizioso und seine angeblich fiese Behandlung durch das Ducati Management wurde bereits viel Bockmist geschrieben. Merke: In der MotoGP geht es um sehr viel Geld und nicht um familiäre Emotionen. Im Mittelpunkt steht dabei alles andere, als was die Red Bullis mit ihren hanebüchenen Berichten über KTM ihren Lesern oft weismachen wollen. Der Italiener mit der Postur und den Oberarmen eines Freistilringers hatte in der Corona-Saison eigentlich nur ein einziges wirkliches Problem. Dessen Name ist Michelin und damit verbunden noch die Tatsache, dass andere Teams wie KTM bereits im Mai testen konnte, während sich Italien noch mitten im Lockdown befand. Die neuartigen Reifen des französischen Einheits-Lieferanten und die mangelnde Eingewöhnungszeit brach der Konstanz von Dovi 2020 quasi das Genick.
Unglaubliche Probleme statt Erfüllung der Favoritenrolle
Als feststand, dass Marc Marquez länger ausfallen würde, gab es einige klar auf der Hand liegenden Favoriten. Natürlich aufgrund des WM-Stands zuvorderst die beiden Yamaha Asse Quartararo und Viñales, als führende im WM-Zwischenklassement. Vor der Saison und seiner Schulter-Verletzung im Qualifying gehörte auch Alex Rins dazu und natürlich war Dovi als der dreifache Vize-Weltmeister von 2017 bis 2019 einer der meistgenannten. Doch statt Erfüllung der Favoritenrolle sah man Dovizioso und Ducati mit unglaublichen Problemen kämpfen. In der Hitze von Jerez war beim Saisonauftakt vor allem Francesco Bagnaia stark in Erscheiniung getreten. Pecco hätte definitiv im zweiten Saisonrennen in Jerez ohne seinen Motorschaden einen Podestplatz geholt. Aber die beiden und beileibe nicht nur einer der Werksfahrer hatten mit den neuen Michelins nichts als Probleme.
Das Favoritensterben unter der Lupe
Oft wird mit dem Finger nur auf Andrea Dovizioso gezeigt, wenn es um verpasste Chancen in der verkürzten Corona-Saison geht. Doch im Vergleich zum Italiener gab es 2020 noch wesentlich krassere Beispiele. Allen voran die beiden vermeintlichen Yamaha Speerspitzen Quartararo und Viñales, für welche die Türe zum ersten Titel nach den ersten beiden Rennen in Jerez weit offen stand. Im Gegensatz zum ursprünglichen Mitfavoriten Alex Rins waren bei ihnen jedoch exakt dieselben Gründe dafür zuständig wie beim Routinier aus Norditalien. Sie scheiterten an den Gummis aus Frankreich und fanden genauso wie Danilo Petrucci und Dovi zusammen mit ihren Teams oft schlicht keine Lösung dafür. Daher wäre es falsch zu behaupten, Dovi allein sei an den neuen Reifen von Michelin gescheitert. Selbst KTM Piloten waren nach Saisonhalbzeit oft der Verzweiflung nahe, als deren Testvorteil ab Barcelona weg war.
Die Saisonentwicklung von Dovi im Vergleich zu Mir
Der Blick auf diese Statistik dürfte für Andrea Dovizioso und sein Team sehr schmerzhaft sein. Belegen diese Zahlen doch eindeutig, wie nach durchaus akzeptablem Saisonauftakt immer wieder eine Stagnation eintrat. Vergleicht man mit dem Vorjahr, war bei weitem nicht das Maximum nötig, um vorne mit dabei zu sein. Doch der Fahrer und sein Team fanden meist schlicht keine Mittel, um so konkurrenzfähig wie in den Jahren davor zu sein. Allerdings waren sie damit bei weitem nicht allein.
Die GP-Karriere von Andrea Dovizioso in Zahlen
Mit insgesamt 327 Grand Prix in 20 Jahren gehört der italienische Routinier zu den Dauerbrennern der Geschichte. In seinen 8 Jahren für Ducati war er nie schlechter als in seiner Debut Saison 2008 mit Rang 8 klassiert. Davor hatte er bereits 4 Jahre für Honda und eines bei Tech 3 Yamaha absolviert und dabei immer in den Top 6 abgeschlossen. Der Mann aus Forlimpopoli war bereits davor ein Muster an Beständigkeit. Nebst dem 125-er WM-Titel war er zweimal 250 cm³ Vizeweltmeister und in der MotoGP von 2017 bis 2019 gar dreimal nacheinander. Sollte er nicht mehr ins Paddock zurückkehren, wäre er mit WM-Rang 4 in seiner letzten Saison wesentlich ehrenhafter in Erinnerung bleibend, als vergleichsweise ein Freddie Spencer oder der Social Media Playboy Jorge Lorenzo.
Die Ente des Jahres – Dovi als Yamaha-Testfahrer
Der Mann aus Forlimpopoli (und nicht etwa Forli, wie oft fälschlicherweise behauptet) zwischen den Rennstrecken von Misano und Imola ist kein Fan von Journalisten. Wer mag ihm dies verdenken, wurde er in seiner Karriere bestimmt oft genug von dieser Spezies ungerecht behandelt. Es gibt viele Sportler und beileibe nicht nur im Motorsport, die davon gleich mehrere Liedchen pfeifen können. Daher wundert es nicht, wenn auch in Italien manch Sportler Ratten mehr liebt als hinterhältige und sensationsgierige Schreiberlinge. Wohl daher schlug Dovi ihnen gleich bei seinem Abgang von Ducati nochmals ein Schnippchen. Die sich oft genug selbst lobenden Leute von Red Bull Media behaupteten prompt, Dovizioso werde Yamaha-Testfahrer, als er einen Tag später offiziell ein Pausen-Jahr bekannt gab. Einmal mehr hatten sich die (verdeckt unter anderem Namen als Red Bull auftretenden) „Fiesingers“ damit bis auf die Knochen blamiert und machten sich unfreiwillig zum Gespött der Motorsportwelt.
Die lustigste Pressekonferenz der Corona-Saison
Andrea Dovizioso hatte die Lacher auf seiner Seite, als er bei der Pressekonferenz zum GP der Emilia Romagna bei einem Quiz drei Dinge nennen musste, von welcher eines nicht stimmt. Er begann mit dem ersten Punkt aufzuzählen, seine größte Phobie seien Schlangen, als Zweites er sei immer pünktlich und Punkt 3, er liebe es an Pressekonferenzen zu gehen. Darauf brach unter sämtlichen anwesenden Fahrern riesiges Gelächter aus. An diesem Donnerstagabend, dem 17. September 2020 war „Desmo-Dovi“ übrigens noch WM-Leader. Der Italiener führte nach 6 von 14 Runden mit sechs Punkten Vorsprung auf Yamaha Ass Fabio Quartararo.
Ein Vergleich der Bände spricht
Wer sich die WM-Statistik von 2019 genauer ansieht (siehe dazu für mehr Details in unserer History), dem fällt schnell auf, wie krass der Unterschied zum Jahr danach damals war. Im Prinzip reicht dafür eine einzige Zahl, nämlich die 140 Punkte, welche Marc Marquez nach 7 Rennen des Vorjahres totalisierte. Zu Halbzeit der verkürzten Corona-Saison lag Andrea Dovizioso nach Misano als WM-Leader bei 84 Zählern. Am Saisonende nach 14 Runden waren es als WM-Vierter deren 135! Er selbst hatte 2019 nach 14 Rennen bereits 202 Punkte auf dem Konto gehabt und Marquez lag bei bei säge und schraube exakt 300. Im Vergleich dazu schaffte es Joan Mir (Suzuki) als Weltmeister von 2020 mit deren 171 nur knapp mehr als die Hälfte wie Marquez im Vorjahr.
Provisorischer kombinierter Kalender 2021
In Kursivschrift haben wir die Events aufgeführt, an deren Durchführung wir starke Zweifel anmelden. Fehlend ist aktuell die noch völlig offene, von der Dorna angedachte 13. WorldSBK Runde, sowie Phillip Island. Als Termin kommt dafür nur das Wochenende vor oder nach dem Rennen auf dem Mandalika Circuit in Indonesien infrage. Für Phillip Island und die WSBK ist dort der Vertrag noch nicht unterzeichnet. In Rotschrift stehen die MotoGP Renntermine, welche mit einem WorldSBK Wochenende kollidieren, was zeitlich jedoch nur beim GP von San Marino eine Überschneidung bedeutet. Aufgrund der Zeitumstellung in Japan und Indonesien ist dies hingegen unkritisch.
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