Über Sinn und Unsinn von Rennen in Losail

Im März entschieden wir uns nach langer Überlegung und vielen anfänglichen Zweifeln, das ersten Mal einen Abstecher zum MotoGP Rennen in Losail im Wüstenstaat Katar zu unternehmen. Die Idee entstand auch aus praktischen Gründen, da wir nach 2018 unbedingt wieder nach BuriRam für das WSBK-Rennen fliegen wollten. Nachdem viele Flüge kurz vor Reisebeginn ziemlich teuer waren, stach ein Angebot von Qatar Airways preislich verlockend heraus. Über unsere Standard-Buchungsplattform buchten wir eine Reise nach Doha, mit Weiterflug am Montagmorgen früh (02:40 Uhr) nach Bangkok. Seltsamerweise war ein Flug nur nach Doha und zurück sogar teurer, aber darüber zerbrachen wir uns nicht den Kopf. Wir wollten herausfinden, ob sich ein Besuch an einem MotoGP oder WSBK Rennen für Besucher aus Europa wirklich lohnt. Wir sollten noch unser blaues Wunder erleben, aber das konnten wir vor dem Abflug nach Qatar zum Glück noch nicht ansatzweise ahnen.

Das Ziel unserer 1. Etappe: MotoGP in Losail/Qatar – ein echtes Abenteuer.

Reisen nach Qatar – definitiv nicht empfehlenswert!

Das Unglück begann, ohne dass wir es zu diesem Zeitpunkt realisierten, bereits beim Check-in am Flughafen. Unser Gepäck wurde ab dem Wiener Flughafen Schwechat bis nach Bangkok durchgecheckt, obwohl uns nur bis Doha lieber gewesen wäre, schließlich wollten wir ja einige Kleider in Qatar wechseln, bevor es nach dem Nachtflug zuerst in ein Hotel und dann weiter an die Strecke ging. Wir glaubten den freundlichen Herren am Schalter der Qatar Airways in Wien, dass es kein Problem sei, die Koffer in Doha trotzdem entgegenzunehmen. In diesem Moment konnten wir noch nicht wissen, dass man uns später fürchterlich verschaukeln würde! Für den Nachtflug und eventuell am Abend im Hotel in Doha, kauften wir nach der Gepäckabgabe im Duty Free Shop in Wien eine Flasche Rotwein. Der Flug von Wien nach Doha war leicht verspätet, soweit aber angenehm. Erst nach der Landung begannen die ersten Unannehmlichkeiten. Zuerst ging es nicht ans Gate (sprich Fingerdock), obwohl der Hamad International riesig ist und dazu der Heimflughafen von Qatar Airways. Morgens um 6 Uhr gibt es schöneres als eine unfreiwillige Busfahrt, aber da mussten wir durch. Kurz nach der Passkontrolle gab es eine Durchleuchtung, bei welcher unsere Weinflasche im Handgepäck entdeckte wurde. Eigentlich ganz legal in Wien im Duty Free Shop gekauft und dort auch unser Ticket nach Doha vorgezeigt, allerdings dort nicht über mögliche Probleme in Qatar gewarnt. Ohne Erklärung, was nun abgeht, wurden wir zusammen seitlich in eine separate Zone außerhalb der Gepäck-Entnahme geführt. Morgens um kurz nach 6 hatten wir offenbar noch zu wenig Action erlebt. Mit einem flauen Gefühl im Bauch gingen wir mit. Letztlich musste ich irgendeinen Wisch unterschreiben und belegen, dass wir wirklich für einen Weiterflug nach Thailand gebucht waren. Die Flasche Wein nahm man uns ab und wir ahnten natürlich zu diesem Zeitpunkt bereits, dass wir sie nie wieder sehen würden.

Abendstimmung in Losail während MotoGP – eigentlich sehr malerisch und stimmungsvoll.

Von Qatar Airways verschaukelt – ohne Koffer ins Hotel

Wer gedacht hatte, dass wir es nun überstanden hätten, liegt leider weit daneben. Nun ging der Ärger erst richtig los. Wir versuchten an vier verschiedenen Schaltern, die Herausgabe unseres bis Bangkok bereits durch gebuchten Gepäcks durchzusetzen – ohne Erfolg! Pardon, eigentlich stimmt dies so nicht, gegen die bescheidene Gebühr von umgerechnet rund 500 Euro hätte man uns am 3. Schalter die Abholung ermöglicht. Notabene war dies etwa die Höhe des Ticketpreises für 1 Person. In Wien hatte man uns noch am Qatar Airways Schalter versprochen, die Koffer in Doha ohne Probleme abholen zu können. Also ab ins Hotel, den ersten Taxi-Anbieter (sprich Verbrecher, da er etwa das zehnfache des üblichen Preises wollte) stehen gelassen und ein seriöses Taxi gewählt. Wie üblich, bei Reisen in für uns neue Länder, hatten wir uns zum Glück vor Abflug über die gängigen Preise für Taxis schlau gemacht.

Hotel in Doha – die nächste Überraschung

Das von uns zur kurzen Erholung in Flughafennähe vom Doha International Airport gebuchte Hotel, war die nächste Enttäuschung. Eigentlich mit 4 Sternen und ein Best Western Plus Hotel, aber ein ziemlich schmuddeliger Laden. Es miefte sowohl im Lift, wie auch im Gang und im Zimmer. Immerhin war der Herr am Empfang sehr freundlich, auch late checkout war kein Problem und klappte ohne längere Diskussion. Übrigens, sofern Ihr jemanden kennt, der für die Fußball WM nach Qatar reisen möchte: Ein kleines Bier im Hotel kostet die Kleinigkeit von umgerechnet rund 12 EUR! Was passieren kann, wenn man (ohne Vorwarnung im Duty Free Shop) mit Alkohol einreist, beschrieb ich zuvor bereits. Uns tun die Fußballfans jetzt schon leid, welche die Reise nach Doha auf sich nehmen. Die meisten Hotels sind übrigens (wie z.B. auch in Sepang/Malaysia) ganz alkoholfrei, hier muss man ziemlich umdenken.

Haupteingang zur Strecke in Losail – am Renntag von MotoGP 2019.

Fahrt zur Strecke – MotoGP mitten in der Wüste

Vom Hotel zur Strecke mussten wir zu Fuß ein Taxi suchen, was uns zum Glück recht schnell gelang und der Fahrer fand auch problemlos den Weg nach Losail. Wie wir später noch feststellen sollten, keine Selbstverständlichkeit in Qatar. In etwa einer dreiviertel Stunde waren wir vom Hotel an der Strecke. Auf der Fahrt konnte man sich nicht richtig vorstellen, dass hier die Fußball WM stattfinden soll. Der Wüstenstaat Qatar ist eine Welt für sich, für Touristen (besonders aus Europa) im Grunde genommen absolut uninteressant. Verpflegung an der Strecke gibt es, aber nur ein sehr bescheidenes Angebot. Bier und andere alkoholischen Getränke gibt es, wie erwartet, hier nicht. Das Angebot an Speisen und Snacks war übersichtlich, der gesamte Verpflegungsbereich ist auf einer sehr kleinen Fläche.

Der einzige Verpflegungsbereich in Losail, am MGP Event 2019.

Die Rennen – bis auf MotoGP offenbar uninteressant

Vor dem MotoGP Rennen kamen einem die Moto3 und Moto2 fast vor, als handle es sich hier um bedeutungslose Rahmenrennen. Die sowieso schon spärliche Zuschauerzahl fand sich erst während MotoGP auf der Tribüne ein. Das Rennen in Losail ist am TV definitiv interessanter zu beobachten, als vor Ort. Die ab dem Moto2 GP im dunkeln liegende Strecke ist zwar beleuchtet, aber ohne Top-Feldstecher von der Tribüne her praktisch nicht einsehbar.

Die Haupttribüne während des Moto2 Rennens – nur spärlich besetzt.

Wenn man ganz oben auf der Tribüne steht, hat man einen (allerdings bescheidenen) Blick über einen Teil der Strecke. Im Unterschied zu den Rennen in Europa und Asien, sowie Nord- und Südamerika, sieht man in Doha nur sehr wenige Zuschauer. Die Zahlen sind erschreckend tief: Rund 30’000 Besucher für MotoGP und keine 20’000 bei WSBK. Nachdem die Flüge nach Doha sehr teuer sind, verwundert dies allerdings nicht. Auf die Frage, weshalb dann beide Top-Motorradserien hier veranstaltet werden, haben wir keine Antwort.

Blick vom Tribünen-Ende zur Kurve 1 in Losail.
Das Feld der MGP vor dem Start zum Rennen in Losail 2019.

Zurück zum Flughafen – unfreiwilliges Abenteuer

Das schlimmste Erlebnis wartete noch auf uns, die Rückfahrt im Taxi zum Flughafen Hamad International in Doha. Der Fahrer wirkte kurz nach der Losfahrt unsicher auf uns und war dauernd mit jemandem am Telefon. Irgendwann wurde uns klar, dass er den Weg zum Flughafen offensichtlich nicht kannte. Während der Fahrt wurde er immer unsicherer, letztlich hielt er sogar auf dem Pannenstreifen und fragte mich nach dem Weg. Er reichte mir sein Smartphone und rief mehrmals: „Airport, Airport“! Ich probierte auf seinem Gerät im Google Maps etwas zu finden, aber blöderweise erschien der Hamad International Airport dort nicht. Darauf gab ich es ihm dankend zurück und sagte ihm, sofern er nicht Frisör sei, müsste er eigentlich der Taxidriver sein und den Weg selbst wissen. Darauf stieg er aus und gestikulierte wild jedem auf der Schnellstraße vorbeifahrenden Auto und Taxi zu. Ein Autofahrer erweichte sich seiner und hielt darauf an. Er erklärte unserem Fahrer etwas und stieg wieder ein, worauf er ein Stück weit vorausfuhr. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass die Fahrt zum Flughafen ein Mehrfaches des üblichen Preises kosten sollte. Ich drückte dem Kerl sämtliche Qatari Rial, welche ich noch bei mir trug, in die Hand und versprach ihm, einen Bankomat zu suchen. Als wir mit Bargeld wieder zurückkamen, war er bereits weg. Wie wir später lasen, wird offenbar in Qatar laufend gebaut und es gibt täglich neue Umleitungen und Umfahrungen. Wenn allerdings nicht mal ein Taxi-Fahrer den Weg zum Hauptflughafen kennt, hört jeder Spaß auf.

Weiterflug – erneut mit einer Panne

Der Weiterflug nach Bangkok war leider verspätet und wir verpassten unseren Anschlussflug. Zudem hatten die Qatar Airways Mitarbeiter keine Immigration-Cards für Thailand (eigentlich Vorschrift für alle Fluglinien) mit an Bord. So hatten wir in Bangkok nach der verspäteten Landung erst recht keine Chance und mussten für den Weiterflug einen neuen Flug buchen. Dabei wurden wir von der freundlichen Dame von Bangkok Air bereits gewarnt, dass Qatar Air die Kosten wohl kaum übernehmen werde. Es sei uns verziehen, dass wir unser ursprüngliches Vorhaben daher überdenken, für WSBK ebenfalls nach Qatar anzureisen. Wir sind allerdings bereits gespannt, was an der Fußball WM alles abgehen wird und was man darüber lesen wird. An jeden, der jemanden kennt, der eine Reise dorthin plant: Wenn euch die Person etwas wert ist, warnt ihn bitte!

Unsere Station nach Qatar MGP – Destination of Speed, Chang Circuit in BuriRam für WSBK.

Fazit – Rennen in Qatar nur für Hartgesottene geeignet

Nach unseren Erfahrungen können wir die Reise nach Qatar nicht wirklich empfehlen, egal ob für MotoGP, WSBK oder Fußball WM. Sofern Qatar sich ernsthaft als Touristik-Land etablieren möchte, fehlt noch sehr viel, damit sich „Normaleuropäer“ hier auch nur ansatzweise wohlfühlen können. Offenbar haben die Qataris jedenfalls sehr viel Geld übrig, was die einzige Erklärung ist, wieso hier so viele Veranstaltungen von internationalem Format stattfinden. Wie heißt es doch so schön: Geld regiert die Welt…