Unsere Aufnahme vom Start zum ersten von drei Rennen in Brüx, wie die im Norden Tschechiens gelegene Kleinstadt auf Deutsch heißt. Es war der einzige Lauf, bei welchem Titelverteidiger Alvaro Bautista (Aruba.it Ducati) die Zielflagge sehen sollte, während Toprak Razgatlioglu (vorne links) den dritten Dreifachsieg holte.

Gemischte Eindrücke vom Besuch der 6. WorldSBK Runde

Etwas bedrückt nahmen wir bei unserem Besuch in Tschechien zur Kenntnis, dass unsere positiven Worte im Vorbericht zur Brüx-Runde womöglich etwas zu freundlich abgefasst waren. Obwohl die Organisation rund um das Event auf dem Autodrom Most auf uns diesmal etwas besser wirkte, als im Vorjahr, gab es trotzdem einige bedenkliche Beobachtungen. Das Verkehrschaos war zumindest wie stets und nur wer wie wir mit dem Motorrad anfuhr, kam halbwegs gut und ohne lange Wartezeiten durch. In unserem Fall eskortierte sogar wie 2018 als VIP-Gäste in Brünn ein Motorradpolizist unser Geleit bis vor die Zufahrt, an einer riesigen Autokolonne vorbei, die kaum vorwärts kam. Immerhin war diesmal klar signalisiert, wohin man für die reservierten Parkflächen abbiegen musste und wir kamen sowohl am Samstag, wie auch tags darauf stressfrei bis fast direkt an die Strecke zum kostenpflichtigen Motorrad-Abstellplatz. Der Preis war im Gegensatz zu Italien fair, aber dafür bekamen wir dort am Sonntag eine andere unschöne Geschichte mit. Zahlreiche Besucher ärgerten sich maßlos über einen Betrug, als was sie ihre Ticket-Bestellung leider wahrnehmen mussten. Statt für beide Wochenend-Tage, wie von der offiziellen Autodrom-Webseite aus ihrer Sicht suggeriert, galt ihr Ticket nur einen dieser beiden Tage. In solchen Fällen erinnern wir uns stets an die Worte eines tschechischen Ingenieurs und Freundes, der sein Land mit finsterer Miene als leider komplett Mafia-verseucht schilderte.

Wie man auf diesem Beispiel sieht, stand auf den Tickets sogar „Sa/Su“ für Samstag/Sonntag und dazu „20./21.7.2024“ aufgedruckt, weshalb viele Käufer nicht argwöhnisch waren und beim Kauf natürlich annahmen, dass es für das ganze Wochenende und nicht nur einer der beiden Tage gültig war – eine absolute Schande und ein hinterhältiger Betrug aus Kundensicht an unzähligen Most-Besuchern!
Für diese Aufnahme von Sieger Toprak brauchten wir beide Ellbogen, nachdem kurz zuvor eine Gruppe von türkischen Fans sowohl uns, wie auch einen offiziellen Fotografen plötzlich wegdrängen wollte. Dass wir bereits 10 Minuten an dieser Stelle gewartet hatten, schien diese Leute nicht im Geringsten zu beeindrucken.

Die“Fans“ von Toprak – ein ständig wachsendes Ärgernis

Nach unseren Beobachtungen und Erfahrungen zumindest in Assen, Misano und Most können wir die Verärgerung vieler Besucher und offizieller Fotografen über die türkischen Landsleute und deren mehr als nur merkwürdiges Auftreten mehr als gut nachvollziehen. Mit ihren riesigen Fahnen und ihrem Hype um den neuen Nationalhelden Razgatlioglu machen sie sich zunehmend immer weniger Freunde, siehe auch oben den Kommentar zu unserer Aufnahme von „El Turco“, wie ihn viele mittlerweile nennen. Zunehmend rücksichtsloser auftretende türkische Gruppen feiern offenbar mehr sich und ihre Herkunft , als den Sport. Ausgerechnet die Fahne eines Landes, dass für die meisten europäischen Mitmenschen durch von dessen Präsidenten systematisch begangenen Menschenrechts-Verletzungen eher als Symbol einer Russland nicht unähnlichen Diktatur gesehen wird, könnte man auch zurückhaltender feiern. Bekanntlicher Weise gehört eine erdrückende Mehrheit von Ausland-Türken in Europa zu den überzeugten Wählern Erdogans. Ein Despot mit der Handlungsweise eines Verbrechers, wie beispielsweise auch der ungarische Präsident Orban. Als langjährige Besucher hatten wir ab 2018 bis zur Pandemie derartige Auftritte von Toprak-„Fans“ nie beobachtet, obwohl an fast allen Rennen zu Gast. Rücksichtnahme auf andere und echtes Interesse am Rennsport scheint den meisten von seinen heutzutage an der Strecke auftauchenden Landsleuten jedenfalls ein Fremdwort zu sein.

Mit den türkischen Fahnen wird seitens der immer zahlreicher anreisenden Anhängerschaft von Toprak nicht gespart. Falls dies die übrigen Besucher jedoch stört und deren Ausblick auf das Geschehen beeinträchtigt, scheint dessen türkischen Fans leider weitgehend egal zu sein. Unsere Aufnahme von kurz vor dem Start zum ersten WorldSBK Lauf in Most von der Startaufstellung zeigt ein halbwegs erträgliches Beispiel.
Andrea Iannone (GoEleven Ducati) von uns auf dem Weg zu seinem Samstags-Podium fotografiert. Der bald 35-jährige Mann aus Vasto bewies wie sein ehemaliger MotoGP Kollege Danilo Petrucci auch in Most, wie stark selbst die private Ducati Panigale V4R im Vergleich zur übrigen Konkurrenz immer noch ist. Selbst der Pata Yamaha Nezugang und Ausnahmekönner Johnny Rea muss alles aus sich holen, um diese zu schlagen.

Vor- und Nachteile der tschechischen Runde im Autodrom Most

Leider scheinen dem Organisator wie bei vielen anderen Veranstaltungsorten in erster Linie das zahlungs-kräftige VIP Publikum vor allem am Herzen zu liegen. Anders kann man es sich kaum erklären, dass für die unzähligen Besucher auf der Haupt- und Naturtribüne entlang der Strecke nur ein einziger recht winziger Großbildschirm angebracht ist. Nur gerade die Zuschauer ganz links auf der überdachten Haupttribüne haben wirklich etwas davon. Angesichts der für tschechische Verhältnisse horrend teuren Tickets ist dies schlicht eine Schande. Mittlerweile bewahrheitet sich immer mehr, dass Rechte-Inhaber Dorna und die Veranstalter wie in der MotoGP in erster Linie nur am großen Geld verhältnismäßig weniger reicher und dadurch privilegierter VIP-Gäste interessiert sind, für welche auch viel geboten wird, wie wir bereits 2018 in Brünn bei der Derniere auf dem Masaryk Ring für die WorldSBK miterleben durften. Allerdings waren dort sowohl die VIP-Tickets (wir bezahlten etwas über 200 EUR), sowie besonders auch die normalen Eintrittskarten noch preislich deutlich günstiger, als heute in Most. Zieht man dabei auch noch die heutigen Bauernfänger-Methoden in Betracht, bereuen wir unseren viel zu positiv verfassten Vorbericht und verzichten womöglich kommendes Jahr auf dieses Event.

Wer einige Hundert Euro springen ließ, durfte sich auf dem Autodrom Most über eine absolut bevorzugte Behandlung freuen, wie wir dies bereits 2018 in Brünn erleben konnten, als wir ein VIP-Package für etwas über 200 Euro erstanden. Den immer geldgierigeren Organisatoren sind die Käufer von VIP-Tickets immer wichtiger, weil sie wesentlich höhere Gewinne versprechen, als die viel zahlreicheren Besucher mit normalen Eintrittskarten.
Vor dem Start zum WorldSBK Rennen auf der rechten Haupttribüne des Autodrom Most, auf welcher man fast direkt über der Start- und Ziellinie sitzt. Weit hinten oberhalb des unteren Bildrands im Hintergrund der einzige „Großmonitor“ für die tausenden Besucher, von welchem die Mehrheit leider absolut nichts hat.

Zwischenstand in der Weltmeisterschaft zur Halbzeit

Weil Alvaro Bautista nur noch ein Schatten der letzten beiden Jahre ist, stiehlt dem kleinen Spanier immer häufiger sogar Werks-Ducati Rookie und Teamkollege Bulega die Show. Der Italiener hat erst einen Sieg im ersten Lauf von Australien auf dem Konto und liegt trotzdem im Zwischenklassement noch deutlich vor dem amtierenden Weltmeister. Lächerliche 3 bis 4 Kilogramm Zusatzgewicht aufgrund der seit langer Zeit überfälligen Reglements-Änderung mit einem Maximalgewicht für Pilot und Maschine scheinen einen angeblich sensationell starken Fahrer wie Bautista wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Obwohl selbst Yamaha Neuzugang Jonathan Rea derzeit meist ohne Podest-Chancen kämpft und dessen früherer Kawasaki Teamkollege Alex Lowes wie im Vorfeld befürchtet zu oft patzt, steht Alvaro mit erst zwei Siegen da, wovon einer sogar nur im Tissot Sprint-Race erzielt wurde. Es sieht derzeit nicht danach aus, als könne Ducati trotz immer noch deutlich überlegener Motorleistung dem BMW Ass aus der Türkei in der zweiten Saisonhälfte noch ernsthaft Konkurrenz leisten. Toprak Razgatlioglu kann sich wohl derzeit nur noch selbst schlagen und selbst auf der endlos langen Start-Zielgeraden des Autodromo do Algarve nahe der Küstenstadt Portimão ist er auf seiner M-1000RR nun nicht mehr so chancenlos wie noch im Vorjahr auf der Yamaha R1, womit er sogar in Portugal als Favorit anreist.

Völlig unerwartet wird es nach den beiden einseitigsten Jahren der WorldSBK auch 2024 offensichtlich dank BMW Neuzugang Toprak schon beinahe eintönig, was den Kampf um Siege betrifft. Trotzdem sollte man in diesem Fall zur Kenntnis nehmen, dass nun der Pilot den Unterschied macht und nicht seine Maschine. Dies wird durch die Position von „Magic Michael“ van der Mark als Werks-Teamkollege von Toprak unterstrichen, der alles andere als ein Nasenbohrer ist.
Unsere Aufnahme vom Start zum ersten WSBK Rennen auf dem Autodrom Most mit links im Bild einem unwiderstehlichen Toprak Razgatlioglu (BMW M-1000RR), der mit seinen Gegnern in Tschechien förmlich spielen konnte und alle drei Rennen ohne ernsthafte Gegenwehr überlegen für sich entschied.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).