Gemischte Eindrücke vom Besuch der 6. WorldSBK Runde
Etwas bedrückt nahmen wir bei unserem Besuch in Tschechien zur Kenntnis, dass unsere positiven Worte im Vorbericht zur Brüx-Runde womöglich etwas zu freundlich abgefasst waren. Obwohl die Organisation rund um das Event auf dem Autodrom Most auf uns diesmal etwas besser wirkte, als im Vorjahr, gab es trotzdem einige bedenkliche Beobachtungen. Das Verkehrschaos war zumindest wie stets und nur wer wie wir mit dem Motorrad anfuhr, kam halbwegs gut und ohne lange Wartezeiten durch. In unserem Fall eskortierte sogar wie 2018 als VIP-Gäste in Brünn ein Motorradpolizist unser Geleit bis vor die Zufahrt, an einer riesigen Autokolonne vorbei, die kaum vorwärts kam. Immerhin war diesmal klar signalisiert, wohin man für die reservierten Parkflächen abbiegen musste und wir kamen sowohl am Samstag, wie auch tags darauf stressfrei bis fast direkt an die Strecke zum kostenpflichtigen Motorrad-Abstellplatz. Der Preis war im Gegensatz zu Italien fair, aber dafür bekamen wir dort am Sonntag eine andere unschöne Geschichte mit. Zahlreiche Besucher ärgerten sich maßlos über einen Betrug, als was sie ihre Ticket-Bestellung leider wahrnehmen mussten. Statt für beide Wochenend-Tage, wie von der offiziellen Autodrom-Webseite aus ihrer Sicht suggeriert, galt ihr Ticket nur einen dieser beiden Tage. In solchen Fällen erinnern wir uns stets an die Worte eines tschechischen Ingenieurs und Freundes, der sein Land mit finsterer Miene als leider komplett Mafia-verseucht schilderte.
Die“Fans“ von Toprak – ein ständig wachsendes Ärgernis
Nach unseren Beobachtungen und Erfahrungen zumindest in Assen, Misano und Most können wir die Verärgerung vieler Besucher und offizieller Fotografen über die türkischen Landsleute und deren mehr als nur merkwürdiges Auftreten mehr als gut nachvollziehen. Mit ihren riesigen Fahnen und ihrem Hype um den neuen Nationalhelden Razgatlioglu machen sie sich zunehmend immer weniger Freunde, siehe auch oben den Kommentar zu unserer Aufnahme von „El Turco“, wie ihn viele mittlerweile nennen. Zunehmend rücksichtsloser auftretende türkische Gruppen feiern offenbar mehr sich und ihre Herkunft , als den Sport. Ausgerechnet die Fahne eines Landes, dass für die meisten europäischen Mitmenschen durch von dessen Präsidenten systematisch begangenen Menschenrechts-Verletzungen eher als Symbol einer Russland nicht unähnlichen Diktatur gesehen wird, könnte man auch zurückhaltender feiern. Bekanntlicher Weise gehört eine erdrückende Mehrheit von Ausland-Türken in Europa zu den überzeugten Wählern Erdogans. Ein Despot mit der Handlungsweise eines Verbrechers, wie beispielsweise auch der ungarische Präsident Orban. Als langjährige Besucher hatten wir ab 2018 bis zur Pandemie derartige Auftritte von Toprak-„Fans“ nie beobachtet, obwohl an fast allen Rennen zu Gast. Rücksichtnahme auf andere und echtes Interesse am Rennsport scheint den meisten von seinen heutzutage an der Strecke auftauchenden Landsleuten jedenfalls ein Fremdwort zu sein.
Vor- und Nachteile der tschechischen Runde im Autodrom Most
Leider scheinen dem Organisator wie bei vielen anderen Veranstaltungsorten in erster Linie das zahlungs-kräftige VIP Publikum vor allem am Herzen zu liegen. Anders kann man es sich kaum erklären, dass für die unzähligen Besucher auf der Haupt- und Naturtribüne entlang der Strecke nur ein einziger recht winziger Großbildschirm angebracht ist. Nur gerade die Zuschauer ganz links auf der überdachten Haupttribüne haben wirklich etwas davon. Angesichts der für tschechische Verhältnisse horrend teuren Tickets ist dies schlicht eine Schande. Mittlerweile bewahrheitet sich immer mehr, dass Rechte-Inhaber Dorna und die Veranstalter wie in der MotoGP in erster Linie nur am großen Geld verhältnismäßig weniger reicher und dadurch privilegierter VIP-Gäste interessiert sind, für welche auch viel geboten wird, wie wir bereits 2018 in Brünn bei der Derniere auf dem Masaryk Ring für die WorldSBK miterleben durften. Allerdings waren dort sowohl die VIP-Tickets (wir bezahlten etwas über 200 EUR), sowie besonders auch die normalen Eintrittskarten noch preislich deutlich günstiger, als heute in Most. Zieht man dabei auch noch die heutigen Bauernfänger-Methoden in Betracht, bereuen wir unseren viel zu positiv verfassten Vorbericht und verzichten womöglich kommendes Jahr auf dieses Event.
Zwischenstand in der Weltmeisterschaft zur Halbzeit
Weil Alvaro Bautista nur noch ein Schatten der letzten beiden Jahre ist, stiehlt dem kleinen Spanier immer häufiger sogar Werks-Ducati Rookie und Teamkollege Bulega die Show. Der Italiener hat erst einen Sieg im ersten Lauf von Australien auf dem Konto und liegt trotzdem im Zwischenklassement noch deutlich vor dem amtierenden Weltmeister. Lächerliche 3 bis 4 Kilogramm Zusatzgewicht aufgrund der seit langer Zeit überfälligen Reglements-Änderung mit einem Maximalgewicht für Pilot und Maschine scheinen einen angeblich sensationell starken Fahrer wie Bautista wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Obwohl selbst Yamaha Neuzugang Jonathan Rea derzeit meist ohne Podest-Chancen kämpft und dessen früherer Kawasaki Teamkollege Alex Lowes wie im Vorfeld befürchtet zu oft patzt, steht Alvaro mit erst zwei Siegen da, wovon einer sogar nur im Tissot Sprint-Race erzielt wurde. Es sieht derzeit nicht danach aus, als könne Ducati trotz immer noch deutlich überlegener Motorleistung dem BMW Ass aus der Türkei in der zweiten Saisonhälfte noch ernsthaft Konkurrenz leisten. Toprak Razgatlioglu kann sich wohl derzeit nur noch selbst schlagen und selbst auf der endlos langen Start-Zielgeraden des Autodromo do Algarve nahe der Küstenstadt Portimão ist er auf seiner M-1000RR nun nicht mehr so chancenlos wie noch im Vorjahr auf der Yamaha R1, womit er sogar in Portugal als Favorit anreist.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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