Valentino Rossi (Monster Energy Yamaha) – wenige Minuten vor seinem Heimrennen auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli, nur 10 Kilometer von seinem Wohnort Tavullia entfernt. Bis anfangs der letzten Runde lag der Altmeister danach auf Podiumskurs (© MotoGP).

Franco Morbidelli gewinnt sein erstes MotoGP Rennen

Franco Morbidelli (Petronas Yamaha SRT) ließ gleich nach dem Start nichts anbrennen und übernahm von Beginn an die Führung. Nicht etwa Polesetter Maverick Viñales (Monster Energy Yamaha) und der mit seinem Teamkollegen „Morbido“ ebenfalls aus der ersten Reihe gestarteten Fabio Quartararo leisteten ihm danach jedoch Gesellschaft, sondern Valentino Rossi. Der Altmeister war von Startplatz vier aus ins Rennen gegangen und lag nach wenigen Kurven bereits direkt hinter Morbidelli. Zuerst sah es danach aus, als sei Jack Miller (Pramac Ducati) der härteste Widersacher der beiden. Doch der zuerst auf Platz 3 liegende Australier verlor zusehends an Boden und wurde nach und nach von mehreren Konkurrenten eingeholt und danach auch distanziert. Nebst Miller hatten mit Viñales und Quartararo ausgerechnet die zwei Topfavoriten auf den Sieg sichtlich Mühe, die Pace der Spitze mitzugehen. Der Spanier gab nach dem Rennen zu Protokoll, dass er mit Reifenproblemen zu kämpfen hatte und die Ursachen dazu noch zusammen mit dem Team untersucht werden müssten. Eine Erklärung dafür hatte er unmittelbar nach dem Rennen noch nicht, sondern wirkte darob ziemlich ratlos.

Ein nachdenklich wirkender Jack Miller (Pramac Ducati) vor dem Start zum 6. Rennen der Saison in Misano. Nach anfänglich dritter Position reichte es für den Aussie am Ende nur für Rang 8. Trotzdem ist er damit immer noch WM-Dritter (© MotoGP).

Quartararo crasht – Rossi knapp am Podium vorbei

Nach wie so oft bescheidenem Start lag der als WM-Leader und Mitfavorit auf den Sieg ins Rennen gegangene Fabio Quartararo (Petronas Yamaha SRT) in den ersten 6 Runden hinter Markenkollege Viñales. Im 7. Umlauf passierte der Franzose das Ziel das erste Mal vor diesem auf Position 4. Doch statt danach auf den vor ihm liegenden Jack Miller (Ducati) aufzuholen, flog Fabio in Kurve 4 ab und bekam seine Yamaha danach lange Zeit nicht mehr in Gang. Fabio konnte das Rennen als letzter wieder aufnehmen, fuhr aber kurz danach in die Box. Er ging nochmals auf die Strecke, flog aber gleich ein zweites Mal ab und damit war die Sache für ihn endgültig gelaufen. Die Enttäuschung war auch bei Valentino Rossi am Ende groß, wie er nach dem Rennen im Interview anmerkte. Der Italiener lag lange Zeit auf Platz zwei, bevor er zuerst von Francesco Bagnaia (Pramac Ducati) und in der letzten Runde noch von Joan Mir (Suzuki) kassiert wurde. Rang vier vor Alex Rins (Suzuki) war letztlich für den Altmeister nach seiner guten Leistung keine Belohnung. Doch zumindest machte Rossi auf die Führenden im WM-Zwischenklassement damit etwas Boden gut.

Die erste Startreihe beim 1. Rennen in Misano, von links Viñales, der spätere Sieger Morbidelli und Quartararo, welcher nach seinem ersten Sturz einige Zeit später gleich nochmals abflog (© MotoGP).

Führungswechsel in der WM-Zwischenwertung

Andrea Dovizioso (Ducati) wurde im ersten von 2 Rennen von Misano nur siebter und konnte von Quartararos Ausfall daher nicht in gewünschten Maß profitieren. Trotzdem konnte der italienische Routinier dadurch die WM-Führung übernehmen, allerdings nur mit 6 Punkten Vorsprung auf den Franzosen. Die Abstände in der Weltmeisterschaft sind aktuell allerdings noch derart gering, dass selbst der aktuell auf Platz 10 liegende Spielberg-Sieger Miguel Oliveira (KTM) trotz bescheidener Leistung im ersten Rennen von Misano mit P11 sich noch Chancen auf den Titel ausrechnen darf. Aktuell kann mit nur einem Rennen die Reihenfolge unter den ersten neun Fahrern wieder komplett durcheinander geraten. Takaaki Nakagami (LCR Honda Idemitsu) fehlen auf Position neun liegend derzeit zu „Dovi“ lediglich 23 Zähler.

Joan Mir (Suzuki) – der Spanier lag lange Zeit nicht auf Podiumskurs. Doch im letzten Rennviertel konnte er auf seinen Teamkollegen Alex Rins aufholen und diesen kurz danach auch überholen, sowie in der letzten Runde auch noch den auf P3 liegenden Valentino Rossi (© MotoGP).

Zahlreiche Überraschungen sorgten für Spannung

Kurz vor dem Start wurde an der Yamaha von Maverick Viñales noch hektisch herumgeschraubt. Letztlich konnten die Mechaniker jedoch Entwarnung geben und es war so weit alles in Ordnung. Probleme hatte der Spanier im Rennen letztlich nur mit den Reifen und seiner Pace. Nachdem Francesco Bagnaia immer noch an Krücken geht, war vor allem seine Leistung eine der größten Überraschungen. Bezüglich der Schmerzen in seinem Bein war es laut seiner Aussage im Interview nach dem Rennen ein Ritt auf der Rasierklinge. Der Italiener musste gegen Ende etwas zurückstecken und fürchtete sich bereits, dass er von den hinter ihm fahrenden Rossi und Mir noch eingeholt würde. Letztlich reichte es für den tapferen Ducati Piloten jedoch und mit seiner Leistung gehört er natürlich nun zu den Top-Anwärtern auf den Platz im Werks-Team für nächstes Jahr an der Seite von Jack Miller.

Start zum 6. Rennen der verkürzten Corona-Saison mit nur 14 Runden in der MotoGP, dem dritten von 5 Doppelrennen im modifizierten WM-Kalender 2020. Auffällig weit hinter sieht man die orangen Farben von KTM und Repsol Honda, den beiden größten Verlierern am 13. September 2020 in Misano (© MotoGP).

Johann Zarco – kurz vor Schluss noch aus den Top Ten geflogen
Der Franzose fuhr bis 4 Runden vor Schluss ein solides Rennen und lag bis dahin immer in den Top Ten. Doch im Kampf um die Verteidigung seiner Platzierung wurde Johann Zarco ein Opfer der hinter ihm liegenden KTM-Meute, wonach er auch noch von Aleix Espargaró auf der Aprilia kassiert wurde. Am Ende rettete der Ducati Pilot immerhin Rang 15 bis ins Ziel. Es ist fast nicht zu glauben, dass er damit sogar beide Red Bull Hondas mit Alex Marquez und Marcs Ersatz Stefan Bradl schlug. Noch wichtiger für den Mann aus dem südfranzösischen Cannes war jedoch, dass er dazu auch noch Ducati Werkspilot Danilo Petrucci hinter sich lassen konnte. Tech 3 KTM-Teamchef Hervé Poncharal dürfte sich angesichts der Platzierung seines künftigen Fahrers mittlerweile ernsthafte Sorgen machen. Der arme „Petrux“ ist als letztjähriger Sieger beim GP von Mugello seit der zweiten Saisonhälfte im Vorjahr nur noch ein Schatten seiner selbst.

Johann Zarco (Esponsorama Racing Ducati) – der Franzose muss nach Rang 15 auf das zweite Misano-Wochenende hoffen. Immerhin schlug er jedoch im ersten Rennen insgesamt drei Werksfahrer von Honda und Ducati (© MotoGP).

KTM – vom Höhenflug in Spielberg auf dem Boden zurück

Noch am Freitag tönte es nach guten Leistungen in den ersten beiden Trainings bei den Red Bullis und KTM, als könne der Weg zum Sieg nur über die Orangen führen. Doch aus ihrem Trainings-Vorsprung durch ihre ausgiebigen Testfahrten an selber Stätte vermochte die österreichische Marke und deren Fahrer überraschend wenig Profit zu ziehen. Mit Stürzen von Pol (insgesamt deren 3 am Samstag) und Iker Lecuona sah es tags darauf bereits weniger gut aus mit der ganzen Herrlichkeit. Und im Rennen am Sonntag spielte letztlich keine einzige KTM eine Rolle. An diesem Tag hatten die anderen Marken den Hut auf und die Orangen spielten höchstens die dritte Geige. Die beste KTM auf Platz zehn, das erinnert an die oft peniblen ersten drei Jahre der Mattighofener und grenzt an eine Blamage.

Pol Espargaró (Red Bull KTM) – laut eigener Aussage vor dem 1. Misano Rennen zählt sich der Katalane zu den WM-Mitfavoriten. Mit Platz 10 war er zwar bester KTM Pilot, aber trotzdem unterstrich der Bad-Boy der MotoGP seine Ambitionen dadurch bei weitem nicht. Aktuell liegt das katalanische Großmaul übrigens gerade einmal auf WM-Rang 11 (© MotoGP).

Dichtung und Wahrheit

Wir erinnern uns sofort wieder an hochnäsige Schlagzeilen von Red Bull Media in der Art „..die Gegner fragen sich mittlerweile nach dem Erfolgsgeheimnis von KTM..“. Auch die voreilige Aussage im Motorsport-Magazin vom 2. September dieses Jahres regt mittlerweile zum Schmunzeln an. Damals wurde dort von einem Herrn Zörweg keck behauptet: „Die KTM RC16 ist das stärkste Motorrad der Gegenwart.“. Interessanterweise hatte KTM Sportchef Pit Beirer offensichtlich bereits vor dem ersten Rennen in Misano eine wesentlich realistischere Vorahnung. Im Interview mit Servus TV gab dieser wörtlich zu Protokoll „jetzt kommen wieder die normalen Rennen“. Dem Mann im Rollstuhl war wohl bereits vor dem Rennen klar, dass seine Truppe an der Adria wieder auf dem Boden der Tatsachen landen dürfte. Ein Markus Zörweg und Günter Wiesinger muss sich wohl oft reichlich dumm vorkommen, wenn die Wahrheit deren Dichtungen plötzlich einholt. Nicht nur was die verfrühte Verherrlichung von KTM betrifft, sondern auch die von deren Redaktionen herbei geschriebene angebliche Yamaha Krise. Viel öfter kann man fast nicht falschliegen, als diese voreiligen und meist nur auf Sensationsmeldungen fixierten Schreiberlinge in den letzten Wochen.

Brad Binder (Red Bull KTM) vor dem Start in Misano – ein Paradebeispiel für den Streichholz-Effekt bei KTM. Begünstigt durch den Testvorsprung der österreichischen Marke konnte der Südafrikaner in Brünn zuschlagen und in Spielberg nachlegen. Doch in Misano landete Binder von Beginn an völlig in der Versenkung und kam nicht über Platz 12 im Rennen hinaus. Damit stürzte er in nur einem Rennen von WM-Zwischenrang 4 auf Position 8 ab (© MotoGP).

Resultat des 1. Rennens von Misano

Takaaki Nakagami wurde infolge Überschreitung der Track-Limits um eine Position zurückversetzt, weshalb er trotz Zielankunft vor Jack Miller hinter diesem platziert ist.

Die Strecke von Misano

Der Misano World Circuit Marco Simoncelli wurde nach dem fürchterlichen Unfall des italienischen MotoGP Fahrers in Sepang auf dessen Namen umbenannt. Der Crash von Wayne Rainey im Jahr 1993, seitdem der US-Amerikaner im Rollstuhl sitzt, sorgte im Anschluss für die Umkehrung der Fahrtrichtung auf den Uhrzeigersinn. Dieser Unfall sorgte damals auch für eine 14-jährige Pause der Motorrad-WM auf diesem schön gelegenen Kurs.

WM-Zwischenstand nach 6 von 14 Runden

Der Vorsprung des neuen WM-Leaders auf Platz 10 beträgt gerade einmal 28 Punkte, so eng ging es schon seit ewigen Zeiten in der Königsklasse nicht mehr zu. Während die KTM-Piloten deutlich nach hinten gespült wurden, machten die Konkurrenten von Ducati und Suzuki deutlich Boden gut. Vom angeblich in einer Krise steckenden Hersteller Yamaha war in Misano nichts mehr zu sehen. Sämtliche Piloten der Marke sind in den Top sieben aufzufinden. Dass die beste Honda von Takaaki Nakagami punktgleich mit der besten KTM von Brad Binder nur 23 Punkte hinter Leader Dovizioso liegt, konnte vor kurzem noch nicht erwartet werden. Auch dieser Marke wurde in den letzten Tagen und Wochen eine Krise angedichtet. Das einzige Problem sind hier die in der 1. Misano-Runde punktelos gebliebenen Repsol Honda Fahrer Stefan Bradl und Alex Marquez, sowie der verletzte Cal Crutchlow (LCR Honda).

In der Spalte ganz rechts die Veränderung gegenüber der Vorrunde.
Der neue WM-Leader Andrea Dovizioso (Ducati) vor dem Rennen – nach dem Sturz von Quartararo reichte dem Italiener ein siebter Platz im 1. von 2 Rennen von Misano, um die Führung im Zwischenklassement vor dem Franzosen zu übernehmen (© MotoGP).

Der Rückblick auf WM-Runde 6

Fabio Quartararo (Petronas Yamaha SRT) – ohne seinen schlechten Start hätte der Franzose anfänglich wohl weniger stark forciert, nachdem er zuerst hinter Markenkollege Maverick Viñales festhing. Laut seiner eigenen Aussage nach dem Rennen war Fabio schlicht zu ungeduldig und werde aus diesem Fehler seine Lehren ziehen (© MotoGP).

Die vermeintlich zurückgekehrte Normalität verwundert

Mit Marc Marquez (Repsol Honda) möchte im Moment wohl kein Fahrer tauschen. Aufgrund eines simplen Armbruchs, welchen er vor 2 Monaten am 19. Juli 2020 erlitt, sah man ihn im Paddock nicht mehr auftauchen. Bei den Rennen kann Spanier derzeit bestimmt kaum hinsehen. Sämtliche seiner als gefährlichste Gegner vor Saisonbeginn eingestuften Piloten straucheln oft auf geradezu unglaubliche Weise. Auch die nach Brünn und Spielberg vermeintlich zurückgekehrte Normalität verwundert sämtliche Beobachter. Während die am höchsten gehandelten Favoriten für das Rennen mit Polesetter Maverick Viñales und dem vormaligen WM-Leader Fabio Quartararo (beide Yamaha) scheiterten, schlugen unerwartete Fahrer zu. Dank Franco Morbidelli sprang statt der beiden ein anderer für Yamaha in die Bresche und holte sich den Sieg. Doch niemand hätte vor dem Rennen mit Francesco Bagnaia (Pramac Ducati) auf Platz zwei gerechnet. Genauso sah Joan Mir (Suzuki) zu Rennbeginn, ebenso wenig wie Bagnaia, nicht zwingend wie ein Podiums-Kandidat aus.

Zu Beginn lag Jack Miller (Pramac Ducati) vor dem Verfolgerfeld auf Position 3 hinter den führenden Morbidelli und Rossi (beide Yamaha). Doch mit seiner Reifenwahl, respektive der seines Teams, bekam der Australier laut eigener Aussage mit Fortgang des Rennens immer mehr Probleme. Am Ende reichte es nur zum enttäuschenden 8. Platz, doch Miller behielt immerhin trotzdem noch seinen 3. WM-Zwischenrang (© MotoGP).

Ursachenforschung für viele am Dienstag angesagt

Grob gesagt gab es nach dem Rennen zwei Kategorien von Fahrern. Zur ersten gehören mit dem neuen WM-Leader Andrea Dovizioso (Ducati) und Yamaha Ass Viñales zwei der Topfavoriten auf den Weltmeistertitel 2020. Diese beiden gaben nach dem Rennen nicht als Einzige zu Protokoll, dass sie die Ursachen für ihr schlechtes Abschneiden absolut nicht verstehen. Sie müssen zusammen mit ihren Teams im offiziellen Test vom Dienstag, dem 15. September auf dem Kurs von Misano dringend nach Lösungen suchen. Weil bereits in wenigen Tagen geht es mit der 2. Runde im dritten von fünf Doppelrennen an der Adria bereits wieder um die Wurst. Etwas einfacher scheinen es Fahrer wie Fabio Quartararo (Yamaha) und Johann Zarco (Ducati) zu haben. Sie gehören zur zweiten Kategorie. Beide beklagten sich nicht über ihre Abstimmung und haben laut eigenen Aussagen bereits Ideen, was notwendig sein wird, um sich für die siebte von 14 WM-Runden der MotoGP zu verbessern.

Der sympathische Johann Zarco (Esponsorama Racing Ducati) im Interview nach dem Rennen – der Franzose suchte gar nicht lange nach Ausreden und gratulierte „Pecco“ Bagnaia als bestem Ducati Fahrer für dessen hervorragende Leistung. Mit dem ersten Dreiviertel seines eigenen Rennens war Zarco soweit zufrieden, bevor er mit nachlassender Haftung der Reifen kämpfte und mehrere Plätze verlor. Immerhin schlug er am Ende trotzdem noch 3 Werksfahrer von Honda und Ducati (© MotoGP).

Was erwartet uns am zweiten Misano-Wochenende?

Dies hängt von mehreren Faktoren ab und zwei der wichtigsten dabei werden laut Aussage von Fabio Quartararo der Start sein, sowie natürlich eine möglichst gute Startposition. Wie das Rennen von Valentino Rossi und Jack Miller am ersten Wochenende von Misano zeigte, ist dies jedoch noch keine Garantie für einen Podiumsplatz. Doch immerhin entscheidet sich auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli meist bereits in der Anfangsphase, wer Aussichten auf das Treppchen hat und wer nicht. Nach dem Absturz von KTM nach deren Höhenflug auf den Strecken von Brünn und Spielberg sind die Fahrer der Orangen wieder hart auf dem Boden der Realität gelandet. Trotz Vorteil durch vorherige Tests in der Corona-Zwangspause gelang es keinem der vier Piloten, daraus Profit zu ziehen. Doch auch sie haben wie alle andern eine zweite Chance und werden versuchen, diese zu nutzen, bevor es eine Woche später in Barcelona weitergeht.

Die Riviera von Rimini – sie gibt dem Doppelrennen von Misano (zusammen mit Lenovo und Tissot) seinen Namen. Es gab Zeiten, als dieser Begriff auf die meisten Menschen in Europa sehr wenig Anziehungskraft hatte. Trotzdem und gerade deshalb ist vor allem auch in der Corona-Saison der Tourismus für die Region äußerst wichtig. Im Gegensatz zu bisher sämtlichen anderen Veranstaltungen ist es seit dem Saisonauftakt in Losail (Katar) sogar das erste Rennen mit einer beschränkten Anzahl von Zuschauern.

Die unglaubliche Situation in der Weltmeisterschaft

Wenn nach dem 2. Rennen von Misano in der MotoGP Halbzeit herrscht, wird die Ausgangslage immer noch völlig offen sein, was die WM betrifft. Noch nie in der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft und natürlich auch seit Einführung der MotoGP 2002 gab es eine vergleichbare Situation. Rein theoretisch könnte nach wie vor jeder Weltmeister werden. Aktuell liegen bis auf Platz 9 hinter WM-Leader Dovizioso in der Tabelle sämtliche Fahrer innerhalb von 25 Punkten. Somit könnte sich jeder dieser Piloten mit nur einem Rennen bei für ihm passenden Ausgang des Rennens an der Spitze wiederfinden.

In der Spalte ganz Rechts die Veränderung gegenüber der Vorrunde. Die drei Fahrer auf dem Podium machten allesamt einen Sprung um 4 Plätze nach vorne. Größter Verlierer in Misano war mit einem Rückfall um 4 Positionen der Südafrikaner Brad Binder (Red Bull KTM).

Zwischenstand in der Hersteller-WM

Trotz vier Fahrern auf Bikes mit einer Werks-Spezifikation holte KTM in Misano gerade einmal 6 lächerliche Zähler, weil Pol Espargaró als bester der Orangen nicht über Platz 10 hinauskam. Selbst Takaaki Nakagami auf der Vorjahres-Honda konnte noch mehr Punkte für die durch den Ausfall von Marc Marquez und Cal Crutchlow arg gebeutelte Marke beisteuern. Wie nach den für sie schwierigen Rennen in Spielberg erwartet, kehrte auf der andern Seite Yamaha an der Adria wieder auf die Siegesstraße zurück. Auch Suzuki war in Misano wieder stark, weshalb KTM um den 3. Platz im Zwischenklassement bereits zittern muss. Für den Hersteller mit dem laut einigen voreiligen Schreiberlingen bestem Bike des Jahres scheint deren Höhenflug bereits wieder abrupt beendet.

Joan Mir (Suzuki Ecstar) – dem anfänglich nur auf P8 liegenden Spanier gelang mit einem Exploit in den letzten Runden noch das bereits zweite Podium der Saison. Im Verhältnis zur Zahl ihrer Fahrer ist die japanische Marke aktuell erfolgreichster Hersteller in der MotoGP (© MotoGP).

Zwischenstand in der Team-WM

Wie von KTM Sportchef Pit Beirer vor dem Rennen bereits befürchtet, begann auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli der Abstieg seines Werksteams in der Teamwertung. Während Red Bull KTM zwei Plätze verlor, gingen mit Suzuki und Pramac Ducati gleich zwei Konkurrenten an ihnen vorbei. Ohne die Verletzungen von Marc Marquez (Repsol Honda) und Cal Crutchlow (LCR Honda) sähe es für die Orangen zudem noch deutlich düsterer aus. In den letzten Jahren hatte Marquez jeweils meist im Alleingang für die Führung in der Team- und Markenwertung gesorgt. So gewann Honda und das Repsol Team 2019 gleich beide Wertungen, sowie Marc überlegen seinen 6. Fahrertitel in der Königsklasse. Dass Stefan Bradl kein würdiger Ersatz auf dessen Maschine sein kann, war wohl jedem Fan und nicht nur Experten im Vorfeld klar. Derart miserable Leistungen vom Bayern und vor allem Teamkollege Alex Marquez hatten aber selbst wir nicht erwartet. Den Ausreden bezüglich der nicht konkurrenzfähigen Honda RC213V von 2020 stehen die Bestzeiten von Marc Marquez im 1. Rennen von Jerez gegenüber. Dies stellte kürzlich auch Teamchef Alberto Puig klar.

In der Spalte ganz Rechts die Veränderung gegenüber der Vorrunde. Suzuki liegt bereits in Tuchfühlung zum Ducati Werksteam und Pramac Ducati war im ersten Rennen von Misano überraschend das erfolgreichste Team überhaupt.
Ein bewegender Moment für Franco Morbidelli (Petronas Yamaha SRT) – der Italiener gewann sein erstes MotoGP Rennen in seinem Leben. Dazu sicherte er seinem Team nach dem Ausfall von Fabio Quartararo den Verbleib an der Spitze in der Tabelle der Teamwertung (© MotoGP).

Das Programm vom 2. Rennen in Misano

Der kombinierte Kalender der MotoGP und WorldSBK

Am nächsten Wochenende findet parallel zum 2. MotoGP Rennen in Misano auch die bereits drittletzte Runde der Motul WorldSBK in Barcelona statt. Nur eine Woche bevor auch die MotoGP auf dem Circuito de Catalunya gastieren wird. Aufgrund der Terminkollision werden die Rennen der WorldSBK am Sonntag zeitlich verschoben ausgetragen. Weitere Details dazu siehe in unserem in Kürze aufgeschalteten Vorbericht zur sechsten Runde der Superbike WM.