Miguel Oliveira (Tech 3 KTM) – bei seinem Heimrennen ohne Zuschauer sorgte der Portugiese für ein Freudenfest vor den Fernsehschirmen und gewann das zweite MotoGP Rennen seiner Karriere (© MotoGP).

Oliveira mit Heimsieg – Ducati gewinnt Herstellerwertung

Nachdem der Weltmeister mit Joan Mir bereits seit dem vorletzten WM-Lauf im 2. Rennen von Valencia feststand, ging es noch um den Sieg in der Herstellerwertung der MotoGP. KTM hatte dabei schon länger seine Chancen verspielt, doch punktgleich war es beim Saisonfinale noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Suzuki und Ducati. Lokalmatador Miguel Oliveira fuhr von der Poleposition einen lupenreinen Start-Ziel-Sieg ein. Damit kam um diese Entscheidung keine Spannung auf und es gab auch keinen zusätzlichen und 10. MotoGP Sieger in der verkürzten Corona-Saison.

Jack Miller (Pramac Ducati) – für seine Beförderung ins Ducati Werksteam revanchierte sich der Australier mit der Sicherstellung des Herstellertitels, als bester von 3 Ducati Piloten in den top Ten (© MotoGP).

Drei Ducatis in den Top Ten – auch Dovi überzeugend

Jack Miller fuhr sich im Portugal Grand Prix förmlich die Seele aus dem Leib, um sich bei Franco Morbidelli für die knappe Niederlage in Valencia 2 zu revanchieren. Tatsächlich gelang es dem Australier, den stärksten Yamaha Piloten der Saison 2020 in der letzten Runde noch abzufangen. Während Johann Zarco vom zwischenzeitlich fünften Platz am Ende noch auf Rang 10 abrutschte, konnte sich Andrea Dovizioso immer weiter nach vorne arbeiten. In seinem letzten Rennen für Ducati arbeitete sich der Italiener mit einem sensationellen Finish noch an Stefan Bradl vorbei. Da die beiden Suzuki Piloten strauchelten, trugen vor allem er und Jack damit maßgebend zur Sicherung der Herstellerwertung für Ducati bei.

Johann Zarco (Esponsorama Ducati) – nach starkem Qualifying und erbittertem Kampf mit Platz 10 am Ende nur schlecht belohnt. Doch nächste Saison erhält der starke Franzose auf der aktuellen Ducati beim Pramac Racing Team eine neue Chance sein volles Potenzial zu zeigen (© MotoGP).

Versöhnlicher Abschluss für Rossi – Desaster für Quartararo

Während der Altmeister bei seinem letzten Rennen für Monster Energy Yamaha vom miserablen 17. Startplatz immerhin noch auf Rang 12 vorstiess, erlebte Fabio Quartararo ein weiteres Desaster. Als ehemaliger WM-Leader reiste er auf P5 im Zwischenklassement liegend nach Portimão. Doch trotz guter Ausgangslage mit Startposition 5 ging es für den Franzosen schon früh nach hinten. Aus der ersten Runde kehrte er nur auf Platz 8 zurück. Einen Umgang später hatte sich der junge Mann aus Nizza um eine Position verbessern können. Doch ab dann ging es nur noch nach hinten. Am Ende landete er weit abgeschlagen und bitter enttäuscht auf Platz 14. Als achter im Endklassement wurde er beinahe noch von Sieger Miguel Oliveira überholt und hatte noch 3 Positionen verloren.

Valentinno Rossi bei seinem letzten Rennen für Monster Energy Yamaha, bevor er anstelle von Fabio Quartararo zu Petronas Yamaha SRT wechselt, der 2021 seinen Platz im Werksteam einnehmen wird (© MotoGP).

Letzter Grand Prix für Cal Crutchlow als Stammpilot

Der Engländer lag nach gutem Qualifying und einwandfreiem Start auf Platz 4, als er von Pol Espargaró überholt wurde. Zusammen mit dem Katalanen, Stefan Bradl und Johann Zarco bildete Crutchlow lange die Verfolgergruppe hinter den drei Führenden Oliveira, Morbidelli und Miller. In der 20. von 25 Runden lag der LCR Honda Fahrer auf Platz 6, bevor ihm anfangs des fünftletzten Umgangs ein Fehler passierte und er dabei weit von der Strecke abkam. Dabei behinderte er auch Johann Zarco und die beiden verloren danach ihren Rythmus und wertvolle Positionen. Während Zarco sich noch knapp in den Top Ten halten konnte, ging es für Cal danach noch bis auf P13 zurück.

Cal Crutchlow (LCR Honda) – der Engländer fuhr seinen letzten Grand Prix als Stammpilot und brachte sich durch einen unglücklichen Fehler 5 Runden vor Schluss um ein letztes Topresultat (© MotoGP).

Ergebnis MotoGP Grand Prix Portugal

Der Autodromo do Algarve

WM-Finale im Rückblick

Die verschiedenen Sieger der Corona-Saison in der MotoGP auf dem Abmarsch, von links Brad Binder (GP Brünn), Fabio Quartararo (2 x Jerez und Barcelona), Maverick Viñales (Misano 2), Franco Morbidelli (Misano 1, Aragon 2, Valencia 2), Joan Mir (Valencia 1), Alex Rins (Aragon 1), Andrea Dovizioso (Spielberg 1), Miguel Oliveira (Spielberg 2, Portimão) und Danilo Petrucci als Le Mans Sieger. Mit Dovi ist noch nicht sicher, ob wir ihn nächste Saison wiedersehen werden. Viele weigern sich, an dessen sogenannte „Sabbatical-Geschichte“ so richtig zu glauben (© MotoGP).

Fazit vom Saisonfinale in Portugal

Wer daran gezweifelt hatte, dass KTM extrem von den früheren und ausgiebigen Tests mit den neuen Michelin Reifen profitiert hatte, musste sich im FP1 vom GP von Portugal verwundert die Augen reiben. Mit Lorenzo Savadori lag hinter seinem Aprilia Gresini Teamkollegen Aleix Espargaró ein absoluter sogenannter Underdog auf Platz 4. Dies war einzig dem vorherigen Test von Aprilia auf dieser Strecke zu verdanken. Da wir bereits im 15. und letzten MotoGP Event der Saison angekommen waren, relativierte sich am Freitagnachmittag die Situation schon früh wieder. Der Grund dafür war, dass mittlerweile sämtliche Teams mit den Michelin Reifen bei ähnlichen Temperaturen und Verhältnissen wie in Portimão Erfahrung hatten.

Jack Miller (Pramac Ducati) – sichtlich gelangweilt in der Pressekonferenz vor dem Portugal GP. Nach dem Wegfall von Cal Crutchlow und Dovi ist er nebst Valentino Rossi noch einer der wenigen Farbtupfer, was spezielle Charaktere in der MotoGP Königsklasse betrifft. Auch Andrea Dovizioso machte nie einen Hehl daraus, wie sehr ihn diese Form des Zeitvertriebs langweilte. Im Rennen war Miller dann aber voll da und fuhr sensationell stark (© MotoGP).

Miguel Oliveira – verdienter und logischer MotoGP Sieger

Nebst Aprilia hatten auf dem Autodromo do Algarve auch Dani Pedrosa für KTM und Stefan Bradl für HRC Honda getestet. Letzterer profitierte auch als Einsatzfahrer extrem von den vorherigen Tests. Miguel Oliveira als Lokalmatador konnte sich auf die wertvollen Erfahrungen von Longrun-Tests des spanischen KTM Testfahrers verlassen. Daher war die Reifenfrage für diese beiden Marken bereits geklärt und durften für den GP von Portugal durchaus zuversichtlich sein. Dass der Portugiese auf seiner Heimstrecke auch dank seiner Streckenkenntnis dazu noch einige Zehntel auf die Konkurrenz verwunderte daher wenig. Miguel ist ein absolut logischer Sieger und hat seinen zweiten MotoGP Triumph der Karriere völlig verdient.

Miguel Oliveira (Tech 3 KTM) – angehender Zahnarzt und einer der aktuell stärksten Fahrer in der Königsklasse des Prototypen-Rennsports. In seinem Land ein Megastar und für den Motorsport in ganz Europa damit ein absoluter Glücksfall. Der Portugiese hätte ohne den Abschuss durch seine Mannschaftskollegen Brad Binder (in Jerez 1) und Pol Espargaró (in Spielberge 1) definitiv Titelchancen gehabt. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben (© MotoGP).

Pol Espargaró – glückloser Bad-Boy der MotoGP

Der Katalane ist ein sogenanntes Vollgas-Tier, womit er durchaus berechtigt seine Anhänger hat. Schliesslich ist er Rennfahrer von Beruf, dabei hat man meist nur Erfolg, wenn man Egoist ist und gnadenlos reinhält. Trotzdem schadet es nicht, wenn man selbst als MotoGP Pilot sein Hirn benutzt. Laut Miguel Oliveira hat Pol Espargaró in diesem Bereich jedoch arge Defizite. Womöglich hätte der aus Granollers, nur wenige Kilometer vom Circuito de Cataluña aufgewachsene Spanier ohne seine zu vielen Fehler gar um die WM mitkämpfen können.

Pol Espargaró vor seinem letzten Rennen für Red Bull KTM – das Großmaul der MotoGP könnte harten Zeiten bevorstehen, wenn er nächste Saison an der Seite von Marc Marquez antreten wird. Sofern der 6-fache MotoGP Weltmeister wieder fit zurückkehren wird, könnte die Luft für Pol endgültig sehr dünn werden (© MotoGP).

Die Siege für KTM holten andere
Man kann es jedenfalls drehen und wenden wie man will, in seiner letzten Saison als KTM Werksfahrer wurde er von seinen Kollegen viel zu oft in den Schatten gestellt. Zwar holte er die meisten Podestplätze für die Österreicher, doch auf der anderen Seite patzte er viel zu oft. Dazu pickten sich mit Teamkollege Binder und Markenkollege Miguel Oliveira andere die Rosinen aus dem Kuchen und holten die ersten Siege für KTM. Die Stunde der Wahrheit kommt in der nächsten Saison für Pol, bei Repsol Honda an der Seite von Marc Marquez.

Der südafrikanische Sonnyboy Brad Binder – auf Anhieb schnell und gleich bei seinem dritten MotoGP Rennen der Karriere in Brünn siegreich. Zusammen mit Miguel Oliveira in der nächsten Saison die Speerspitze des KTM-Werksteams (© MotoGP).

Yamaha – mit Licht und Schatten

Der ganz große Lichtblick war bei Yamaha erneut Franco Morbidelli auf dem „A-Spec“ Bike, basierend auf dem Vorjahresmodell der M1. Nachdem Fabio Quartararo oft unerwartet schwächelte, war der Italiener oft Retter in der Not für deren Petronas Yamaha SRT Team. Zudem wurde der viel zu oft unterschätzte Morbido nun bester Yamaha Pilot der Saison 2020, Chapeau! Zum Glück für Valentino Rossi fand die Saison für ihn mit seiner sehr guten Leistung beim Saisonfinale noch einen glücklichen Abschluss. Der Altmeister kann es noch, aber ob er und Maverick Viñales in der nächsten Saison konstant vorne mithalten sollen, ist leider sehr unwahrscheinlich. Man darf zudem gespannt sein, ob Fabio Quartararo im nächsten Jahr wieder zu seiner Topform von 2019 auflaufen kann.

Fabio Quartararo (Petronas Yamaha SRT) in seiner Box nach dem GP von Portugal – ab Brünn viel zu oft ein Häufchen Elend. Doch zu früh sollte man den jungen Franzosen noch nicht abschreiben. Nächste Saison ist womöglich vieles wieder anders und er kann an seine Topresultate vom Vorjahr und seinen guten Momenten in dieser Saison anknüpfen (© MotoGP).

Suzuki – souverän und mit beeindruckender Konstanz

Auch wenn das Saisonfinale für Joan Mir und Alex Rins zu einer Enttäuschung wurde, die Resultatblätter lügen nicht. Mit nur zwei Piloten die Plätze eins und drei zu holen, nach zwanzig Jahren wieder eine Fahrer-und Team-Weltmeisterschaft in der Königsklasse zu gewinnen, besser geht es kaum. Bis auf ihre Schwächen im Qualifying ging es gar kaum besser. Die beiden Suzukis wurden in der Corona-Saison 2020 zum Schrecken aller Gegner. Wie sie bei fast jedem Rennen jeweils durchs Feld pflügten und bei praktisch sämtlichen Verhältnissen immer konstant mit dabei waren, rang sämtlichen Gegnern Respekt ab. Nächstes Jahr werden sie definitiv erneut die Mannschaft sein, welche es zu schlagen gilt.

Ein enttäuschter Alex Rins in der Suzuki Box nach dem Finalrennen in Portimão, nachdem er mit durchdrehenden Reifen bis auf Platz 15 zurückgefallen war. Trotzdem darf der Spanier auf sich und die Leistung seines Teams stolz sein. Nächste Saison gehört er definitiv zu den Topfavoriten auf den Titel (© MotoGP).

Honda und Aprilia – die beiden Schlusslichter

Noch vor wenigen Monaten hätte man uns für eine solche Überschrift für verrückt erklärt. Schliesslich ist hier mitunter auch die Rede von Repsol Honda, dem erfolgreichsten Team der letzten 3 Jahrzehnte in der Königsklasse. Doch es ist kein schlechter Witz, LCR Honda war gar noch besser als das Werksteam, obwohl Takaaki Nakagami auf der Vorjahres-Maschine unterwegs war. Dazu Cal Crutchlow von jedem normalen Arzt während dreiviertel der Saison krankgeschrieben worden wäre, derart marode war sein Gesundheitszustand. Aleix Espargaró war in Abwesenheit des gesperrten Andrea Iannone für Aprilia der einzige Hoffnungsträger. Drei Top Ten Resultate in 15 Rennen sind jedoch eine letztlich enttäuschende Ausbeute für das italienische Team.

Das Autodromo do Algarve aus der Vogelperspektive – die Strecke brachte Würze in das Saisonfinale und wie von uns im Vorfeld erwartet, gab es so gut wie keine Kritik. Bis auf 2016 fuhr die WorldSBK seit Fertigstellung des wunderschön gelegenen Kurses im Hinterland der Algarve ohne Unterbruch in Portimão. Wir haben viele gute Erinnerungen an die Besuche in dieser Gegend und tolle Rennen, welche wir bisher hier miterleben durften.

WM-Endstand MotoGP nach 14 Runden

Herstellerwertung MotoGP

Suzuki fiel von Platz 1 noch auf Rang 3 ab, während Ducati dank Platz 2 von Miller wenigstens diese Wertung für sich entscheiden konnte. Wie wertvoll Franco Morbidellis dritter Platz war, zeigt sich an Platz 2 für Yamaha. Ohne die Streichresultate durch die „Ventil-Causa“ der ersten beiden Runden in Jerez hätte die japanische Marke mit den gekreuzten Stimmgabeln im Logo die Wertung allerdings klar für sich entschieden. Der Absturz von Honda erklärte sich mit der Absenz von Marc Marquez, welche sein Bruder und insbesondere Test- und Ersatzfahrer Bradl bei weitem nicht zu kompensieren vermochten.

WM-Endstand Teamwertung

In der Spalte ganz rechts die Veränderung gegenüber der Vorrunde.

Das TV-Angebot – zusätzliche Katastrophe im Corona-Jahr

Leider brachte Servus TV zum Ärger der MotoGP Fans auch in der Corona-Saison weiterhin nur ein Sparprogramm. Der zu Red Bull Media gehörende Sender stieg mit Ausnahme des Heimrennens in Spielberg jeweils erst am Samstagmittag mit der TV-Live-Übertragung ein. Der Verzicht auf rund zwei Drittel der Action im Fernsehen war diese Saison insbesondere aufgrund der Pandemie mit das größte Ärgernis, was die MotoGP Saison betrifft. Dadurch verpassten die TV Zuschauer jeweils den kompletten Freitag und Samstagmorgen und somit die engen Vorentscheidungen um den direkten Einzug ins Q2. Dass viel zu viel lästige Werbung eingeblendet wurde und die Qualität von Präsentation und Kommentatoren nie an das Niveau von Vorgänger Eurosport herankam war die zweite große Enttäuschung, welche die Österreicher den Fans zumuteten.

Stefan Bradl auf der Repsol Honda – nach einer haarsträubend schlechten ersten Saisonhälfte als Ersatzpilot für den Langzeit-Verletzten Marc Marquez kamen wenigstens ab Le Mans die ersten leichten Erfolge. Ob Red Bull Media dem Bayern damit einen Gefallen tat, selbst schlechte Resultate schönzureden, sei dahingestellt. Hauptsache, Bradl konnte sich am Ende die Vertragsverlängerung retten. Sollte der letztjährige Weltmeister jedoch wieder fit werden, werden wir Stefan Bradl nächste Saison eher selten noch auf der Strecke sehen. Dabei wäre er immer noch im besten Alter als Stammpilot (© MotoGP).

MotoGP Kalender 2020