Scott Redding (Aruba.it Ducati) vor Garrett Gerloff (GRT Yamaha) und Alvaro Bautista (HRC Honda) – im ersten Rennen am Samstag hatte der Engländer überraschend das Podium verpasst und wurde nur Vierter.

Rückblick auf das WorldSBK Doppelrennen vom Sonntag

Nach seinem Sensationssieg und dem hundertsten Jubiläum war natürlich Jonathan Rea auch für das Superpole Race der meistgenannte Favorit. Die Verhältnisse hatten sich jedoch komplett geändert und es war feucht geworden im Motorland Aragon. Dabei stand die Frage im Raum, auf welchen Reifen die Fahrer es versuchen wollten, um die 10 Runden im Sprintrennen am besten zu überstehen. Am Samstag waren im trockenen viele Piloten auf unterschiedlichen Mischungen unterwegs und am Schluss hatten drei verschiedene Konfigurationen innerhalb von nur 0,65 Sekunden gelegen. Vermutlich war genau das Vorgehen richtig, was Garrett Gerloff nach dem Rennen zu Protokoll geben sollte und vermutlich auch Kawasaki vor dem Rennen tat. Das Beste war ganz eindeutig, diejenigen zu fragen, welche erst kurz davor gefahren waren. Die WSSP 300 war kurz davor auf der Strecke gewesen und die Fahrer konnten auf Anfrage bestätigen, dass die Ideallinie so gut wie trocken sei.

Start zum ersten Rennen der Saison am Samstag mit den beiden Kawasaki Piloten Rea und Lowes, die sofort in Führung gingen und am Ende nach überragender Leistung den ersten Doppelsieg zur Premiere für die neue ZX-10RR Ninja holten.
Die Ausgangslage vor dem Sonntag mit den ersten beiden Rennen von WSBK und WorldSSP 600. Dass keine Ducati auf dem Podest vertreten sein würde, hatte sämtliche Beobachter dabei überrascht, aber immerhin war Redding vor Davies vierter geworden und Sykes hatte für BMW ein erstes Top Ten Resultat mit der neuen M-1000RR geholt.

Das Superpole Race – eine weitere Demonstration von Jonathan Rea
Als die Ampeln ausgingen, war es erneut der amtierende Weltmeister und bereits 100-fache WSBK-Sieger, der das Geschehen schon bald prägen sollte. Anfänglich wehrte sich Scott Redding noch nach Kräften und überquerte die Ziellinie nach Runde 1 als erster vor Rea, Lowes, Sykes, Haslam, Bautista und Davies. Aber im kurvigen Teil war es um den Ducati Piloten wenig später geschehen und der WM-Leader fuhr dem Vizeweltmeister des Vorjahres sofort davon. Auch Alex Lowes schnappte sich seinen Landsmann kurz danach und ab dann waren die beiden Kawasaki Teamkollegen wieder auf Kurz zum zweiten Doppelsieg des Wochenendes. Die Ducati Hoffnung hatte sich bei der Reifenwahl offenbar verpokert und er fiel danach bis auf Rang 8 zurück. Zum zweiten Mal nach dem Samstag kam es hinter den beiden Kawasakis mit Garrett Gerloff zu einem zweiten Podium für Yamaha.

Garrett Gerloff (GRT Yamaha) beim Podiums-Interview nach dem Superpole Race. Nach Platz 9 am Samstag war der US-Boy diesmal „best of the Rest“ hinter dem Kawasaki Duo und stand mit Rang 3 zum ersten Mal in dieser Saison auf dem Podest.

Die besten hinter dem Podium
Ein sensationell starker Michael van der Mark entschädigte sich hinter Chaz Davies mit seinem ersten Top fünf Resultat auf der BMW M-1000RR für einen 11. Platz am Vortag. Die Freude im Werksteam der Blau-Weißen wurde jedoch durch den Ausfall mit technischen Problemen von Tom Sykes nach 7 von 10 Runden etwas getrübt. Der Engländer war am Samstag mit P6 noch bester BMW Fahrer geworden, als Jonas Folger und Eugene Laverty die Punkteränge verpasst hatten. Der Nord-Ire war dabei das erste Ausfall-Opfer des deutschen Herstellers geworden. Für dass es feucht war am Sonntagmorgen, dürfte Toprak als sechster noch halbwegs zufrieden gewesen sein. Nach seinem unverschuldeten Sturz infolge technischer Störung am Tag davor war auch Alvaro Bautista mit Rang 7 zumindest das erste Mal in die Punkteränge gefahren, wie auch hinter ihm Redding und Nozane als letzte der ersten neun. Sämtliche anderen konnten sich höchstens über ihre Platzierung freuen, sofern sie überhaupt die Zielflagge sahen. Mahias war in der ersten Runde in Kurve 9 das einzige Sturzopfer gewesen.

Chaz Davies vor Scott Redding (beide Ducati) und Garrett Gerloff – der Waliser war nach Platz 5 am Samstag im Superpole Race als vierter bester Ducati Pilot, doch am Nachmittag lief es ihm danach alles andere als nach Wunsch.

Das dramatische 2. Rennen mit dem geglückten Reifenpoker von Redding

Im Grunde genommen ist Lauf zwei am Sonntag ja das dritte Rennen, aber egal. Ein Reifenpoker sollte diesmal fraglos den Ausgang des zweiten Laufs bringen. Als einer von nur zwei Fahrern war es Scott Redding, der diesmal die passende Strategie wählte, nachdem er mit seinem Team am Morgen noch daneben gegriffen hatte. Nachdem anfänglich noch Rea geführt hatte, wurde dieser von Garrett Gerloff um ein Haar zu Sturz gebracht, als dieser mit einem viel zu optimistischen Versuch in Kurve 14 beim Angriff auf den Leader stürzte. Wie der Nord-Ire sich dabei retten konnte, grenzten an ein Wunder. Er fuhr danach auf P4 weiter und auch der Texaner konnte wieder aufstehen und das Rennen fortsetzen, kassierte aber noch einen Long-Lap-Penalty für seine etwas kopflose Aktion. Er entschuldigte sich, wie wir danach im Parc fermé sahen auch umgehend beim Nord-Iren dafür und dieser akzeptierte und war am Ende selbst nur froh, nicht seinerseits dadurch noch gestürzt zu sein.

Als den Zuschauern am Monitor der Atem stehenblieb – Garrett Gerloff mit seiner GRT Yamaha rutscht in Kurve 14 weg und Johnny Rea muss geradeaus, gibt sogar dabei noch Gas in Richtung Kiesbett, wie er später zu Protokoll geben sollte, um nicht vom Bike des Texaners abgeräumt zu werden. Nach dieser mirakulösen Rettung schaffte es der Kawasaki Pilot trotzdem noch auf Platz 2.

Das Feld zog sich früh auseinander
Ab Runde 6 gab es mit Scott Redding auf seinem Slick-Hinterreifen nur noch einen Leader, nachdem dieser an Toprak vorbei in Führung gegangen war. Dahinter ging es jedoch lange Zeit um P2 wild zur Sache. Teils lag dabei Johnny Rea nur auf Position 5 und es sah lange danach aus, als verpasse er zum ersten Mal nach 19 Podestplätzen in Aragon nun das Podium. Es war zunächst BMW Neuzugang van der Mark, der die Verfolgergruppe anführte und von hinten kam dem Quartett mit ihm, Rea, Lowes und Toprak auch Tom Sykes auf der zweiten Werks-BMW immer näher. Im letzten Renndrittel hatte offenbar ab einem gewissen Punkt der WM-Leader keine Lust mehr auf diese Positionskämpfe und Rea setzte sich deutlich ab, um einem sicheren zweiten Rang entgegenzufahren. Während Razgatlioglu zurückfiel, waren es nun Sykes und „Magic Michael“, die Alex Lowes teils links und rechts versuchten zu überholen. Aber dieser machte es seinem Teamkollegen wenige Runden vor Schluss nach und er setzte sich ab und holte sich Platz drei vor den beiden.

Kurz vor der Aufwärmrunde zum zweiten und letzten Rennen des Tages der WorldSBK – die wenigen privilegierten Zaungäste links im Bild über den Boxen. Mehr Details zu den Ereignissen der drei Tage in Aragon siehe auch in unserem jeweiligen Live-Blog von Freitag bis Sonntag.

Die Gewinner des zweiten Rennens am Sonntag
Von Redding war definitiv auch die mentale Leistung sehr stark gewesen, als er anfänglich mit seinem Slick-Hinterreifen versuchen musste herauszufinden, was es verträgt. Hätte Regen eingesetzt, wäre er zum Verlierer des Tages geworden, mit nur 2 Punkten aus dem SP-Race vom Morgen. Aber der Engländer behielt die Nerven und fuhr ab dem ersten Drittel des Rennens souverän an die Spitze und einem sicheren Sieg entgegen. Vor allem Rea und Lowes, die nach ihrem dritten Doppelpodium in dieser Reihenfolge die WM nach dem Auftakt in Aragonien anführen, sind natürlich als beste des Wochenendes die großen Gewinner. Tom Sykes und Michael van der Mark gehörten mit Platz 4 und 5 zwar zu den Geschlagenen im Kampf ums Podium, aber dieses Resultat gibt dem BMW Werksteam bestimmt Auftrieb, bevor es sogleich nach Estoril weitergeht. Mit dem ersten Top Ten Ergebnis der Saison zählt auch Jonas Folger zusammen mit Lucas Mahias und Andrea Locatelli zu den Fahrern, die mit dem Resultat von Lauf 2 sehr zufrieden sein können. Toprak hingegen ist nach seinem ersten Podium im ersten Rennen nach zwei sechsten Plätzen zwar nicht vollauf glücklich. Aber trotzdem war er mit 30 Punkten besser als je zuvor im Motorland und mit Estoril kommt nun ein Kurs, an welchen er aus dem Vorjahr sehr gute Erinnerungen hat.

Alex Lowes (Kawasaki ZX-10RR) vor Redding, Razgatlioglu und Davies – der Teamkollege des amtierenden Weltmeisters überzeugte auf der ganzen Linie und fuhr dreimal aufs Podest an diesem Wochenende. Nun muss er es in Estoril besser machen, als im Vorjahr, wo er gleich mehrmals gestürzt war.

Die klaren Verlierer des zweiten Rennens
An erster Linie sind hierbei die gestürzten Chaz Davies, Leon Haslam und Tito Rabat zu nennen. Erstgenannter fuhr danach zwar noch weiter, schaffte aber wie Rinaldi als sein Nachfolger im Ducati-Werksteam mit Rundenrückstand keine WM-Punkte mehr. Nach einem unverschuldeten Sturz im 1. Rennen und P7 im Superpole Race konnte auch Alvaro Bautista mit Rang 11 nicht zufrieden sein. Der hinter ihm ins Ziel gekommene Kohta Nozane hatta am Morgen noch mit Rang 9 einen Punkt im SP-Race geholt, weshalb Platz 12 im zweiten Rennen eher eine leichte Enttäuschung für den japanischen Rookie darstellte. Weil Eugene Laverty auf der BMW M-1000RR erst zum zweiten Mal überhaupt gefahren war, konnte man bei ihm nicht viel mehr als die Ränge 16 und 17 am Sonntag erwarten. Trotzdem tut es weh, einen 13-fachen WSBK-Laufsieger derart hinterherfahren zu sehen. Nachfolgend das Resultat des Superpole-Sprintrennens und vom zweiten Lauf am Sonntagnachmittag.

Die Situation in der Weltmeisterschaft nach der ersten Runde

Mit Alex Lowes als WM-Zweiten hätten wohl auch die meisten selbsternannten und als solches deklarierten Experten kaum gerechnet. Keine Überraschung ist vielleicht am ehesten der WM-Leader, auch wenn Aragon bisher alles andere als seine Lieblingsstrecke war. Bevor es nach Estoril geht, zeigt sich ein selbst von echten Fachleuten kaum erwartetes Bild mit zwei BMW Fahrern in den Top Ten im Zwischenklassement und dafür keiner Honda. Auf der vermeintlichen Ducati Strecke war nur einmal eine Rote auf dem Podest vertreten, dies das unglaublich anmutende Fazit nach dem Saisonauftakt. In nachfolgender Tabelle haben wir die Runden 5 bis 12 vorerst ausgeblendet. Das Superpole-Rennen und auch der zweite Lauf wurden als Regenrennen gestartet, aus diesem Grund sind die Spalten blau hinterlegt.

Motorland Aragon Streckenkarte

Die WorldSBK fährt seit 2011 in Aragon und den ersten Sieg holte damals Marco Melandri auf Yamaha, während Aprilia Ass Max Biaggi den 2. Lauf gewonnen hatte. Im Jahr danach gewannen erneut die beiden Italiener, aber in umgekehrter Reihenfolge und Melandri auf einer BMW. In den beiden Jahren danach waren es zuerst Davies und danach Sykes auf Kawasaki, welche sich je einen Doppelsieg holten.

Der WorldSBK Kalender – ein eher fragwürdiges Konstrukt

Mit Most und Navarra kamen seit erster Version vom November 2020 bereits zwei neue Strecken dazu und in Fettschrift sind die geänderten Daten weiterer Events wie Estoril, was ursprünglich auf Anfang Mai geplant war und dazu Assen nun im Juli, statt als Saisonauftakt im April. Die untersten beiden Termine sind sehr fragwürdig und daher in Kursivschrift aufgeführt. Aufgrund der Pandemie und im zweiten Fall der aktuell unklaren Fertigstellung ist durchaus mit einer Streichung zu rechnen.

>>Mehr Details siehe in unseren jeweiligen Live-Blogs der einzelnen Tage.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).