Alex Lowes (Kawasaki ZX-10RR) vor den Yamaha Piloten Toprak Razgatlioglu und Andrea Locatelli, sowie BMW Hoffnung Michael van der Mark – der Mann aus Lincoln machte am Sonntag seine Sache besser als bei seinem Sturz am Vortag und selben tags sein Zwillingsbruder Sam in Mugello.

Rea mit Doppelsieg – Redding begeht Kapitalfehler

Vor dem Superpole Race trauten die meisten Beobachter ihren Augen kaum, als der WM-Leader auf normalen SC0-Rennreifen in der Startaufstellung stand. Während die gesamte Konkurrenz hinten auf den extra für das Sprintrennen entwickelten SCX-Pneu setzte, entschieden sich die Kawasaki Fahrer Rea, Lowes und Mahias für den Standardreifen für die normale Renndistanz. Obwohl es sich viele sich kaum vorstellen konnten, aber am Ende ging die Rechnung des amtierenden Weltmeisters und seiner Markenkollegen auf. Selbst ein Toprak Razgaglioglu in absoluter Hochform konnte den besten Superbike Fahrer aller Zeiten nicht am Sieg hindern. Als Sieger vom Vortag spielte Scott Redding hingegen nur die dritte Geige, aber für die Ducati Hoffnung sollte es am Nachmittag noch schlimmer kommen.

Ein wahrhaft trauriger Moment vor dem Start mit einer Schweigeminute für den nach seinem schweren Unfall im Moto3 Qualifying in Mugello im Spital von Florenz tags darauf verstorbenen, erst 19-jährigen Moto3 Piloten Jason Dupasquier.

Das zweite Rennen am Sonntag mit dem Meisterstück von Rea

Gleich beim Start gab es eine Szene, welche Toprak die Chance für einen Sieg kosten sollte und einige Beobachter erstaunte. Ganz offensichtlich hatte der Türke einen Frühstart hingelegt und er wurde danach mit einem doppelten Long-Lap Penalty bestraft. Es war genauso bei Scott Redding sehr eng, aber darauf kommen wir in diesem Artikel später nochmals zurück. Rea als perfekter Starter hatte jedenfalls sichtbar bis zur ersten Kurve einen deutlichen Nachteil und kurz danach kam es beinahe noch schlimmer für den WM-Leader. Ähnlich wie von Tom Sykes im ersten Rennen von Australien 2020 wurde er in einer Linkskurve böse angerempelt. Diesmal war Michael Ruben Rinaldi und der Kawasaki Pilot konnte einen Sturz nur mit Mühe verhindern und fiel auf P6 zurück. Wie er sich danach wieder vorkämpfte war schlicht weltmeisterlich.

Michael Ruben Rinaldi (Aruba.it Ducati) vor Garrett Gerloff (GRT Yamaha) auf dem Cirtuito do Estoril – nach einem respektlosen Rempler gegen Jonathan Rea wurde der Italiener kurz danach vom US-Boy selbst aus dem Sattel geholt und konnte einen Crash dabei nicht verhindern.

Ausgleichende Gerechtigkeit oder nur schlichtes Pech
Was danach passierte, soll jeder Betrachter in der Konsequenz für sich selbst beurteilen. Wenig später wurde jedenfalls Rinaldi das Opfer einer übermütigen Aktion von Garrett Gerloff, der hinter dem Italiener stürzte und diesen gleich mit ins Kiesbett riss. Dadurch nahm Rea, nachdem er sich bereits wieder an Eugene Laverty auf P3 vorgearbeitet hatte, nun die Verfolgung von Leader Redding und dem dahinter liegenden Razgatlioglu auf. Letzterer musste seine Strafe antreten und fiel dadurch kurzfristig bis auf P6 zurück, von wo er eine wilde Aufholjagd startete. Rea hingegen war ab dann zweiter und begann den Leader unter Druck zu setzen. Ende der 14. Runde ging er an Redding nach Start-Ziel vorbei und dieser konterte danach sofort wieder, aber der Kawasaki Pilot gab nicht nach und schnappte sich die Ducati Hoffnung erneut.

Der Moment, als den Ducati Leuten in deren Box der Atem stockte – auf der Verfolgung des soeben zum zweiten Mal an ihm vorbeigegangenen Jonathan Rea landet Redding im Kiesbett von Kurve 4.

Gravierende Auswirkung für die WM-Wertung
Unmittelbar danach geschah es und Redding beging Kapitalfehler Nummer 2 in Estoril nach seinem Crash in der Superpole im Vorjahr. Beim Versuch dranzubleiben, rutschte er in der nächsten Linkskurve übers Vorderrad weg. Der Mann aus Quedgeley konnte danach wieder aufsteigen und weiterfahren, aber mehr als Platz 14 war für ihn danach nicht mehr drin. Die Rennleitung sah es bei seinem Start später jedoch genauso wie wir in unserem Live-Blog und der Engländer erhielt später 6 Strafsekunden, was ihn aus den Punkterängen warf. Dies ist ein wahrhaft gravierender Moment für die WM-Wertung, weil jetzt plötzlich Toprak der nächste Verfolger des Weltmeisters ist. Sofern es nicht regnen sollte in zwei Wochen, gilt er als einer der härtesten Gegner des Kawasaki Piloten, nachdem er ihn dort vor unseren Augen bereits 2019 bis zum buchstäblich letzten Meter gefordert hatte. Zumindest im letzten Rennen am Sonntag, während bei Regen am Tag davor der Türke bei Regen in Kurve 13 gestürzt war. Jonathan Rea hingegen baute seinen Vorsprung in der WM von nur 8 Punkten am Samstagabend auf nun 35 aus.

Jonathan Rea (Kawasaki Racing Team) bei seinem vielleicht wichtigsten Sieg der Saison vor Chaz Davies (GoEleven Ducati) auf dem Circuito do Estoril am Sonntagnachmittag im 2. Rennen.

Die Gewinner und Verlierer des Sonntags in Portugal

Nebst Jonathan Rea sind als wichtigste Gewinner vor allem Toprak und Davies zu nennen, dazu noch der zweite Mann im Kawasaki Werksteam. Während er am Samstag noch gestürzt war, tat es ihm sein Zwillingsbruder Sam im Moto2 Rennen von Mugello einen Tag später gleich. Alex aber besann sich und blieb danach im Sprintrennen und auch dem zweiten Lauf sitzen. Dabei holte er sich die Ränge sechs und vier, womit er der vierte Gewinner des Tages war. Ein Stück weit kann man auch Eugene Laverty mit dazuzählen, weil er nach Crash am Samstag und Pech in Aragon mit den Rängen 8 und 9 zum ersten Mal überhaupt Punkte holte. Bei den Verlierern ist an erster Stelle als Team HRC Honda zu nennen. Die beiden Fahrer des Honda-Werksteams holten zusammen nur 17 Punkte am ganzen Wochenende. Das ist gegenüber dem Vorjahr an selber Stätte weniger als die Hälfte. Bei den Einzelfahrern gehört vor allem Tito Rabat schon fast zu den Verlierern der ersten beiden Runden. Der Katalane kannte die Strecke von Estoril bereits und hatte eine derart intensive Vorbereitung wie kaum ein anderer. Nach null Punkten in Aragon und nun zwei Top Ten Resultaten muss man bei Tito nun zuerst abwarten, was in Misano kommt.

„Magic Michael“ van der Mark (BMW M-1000RR) ist sich eigentlich gewohnt, um Podestplätze zu kämpfen. Aber derzeit muss er sich damit begnügen, einfach zu versuchen bester Fahrer der Blau-Weißen zu sein, mehr gibt das Material mangels seriöser Vorbereitung derzeit nicht her (© BMW Motorrad WorldSBK).

Nach starkem Samstag kam für BMW die Ernüchterung
Von WM-Rang 5 um drei Positionen verschlechtert war Tom Sykes der Mann mit dem nebst Jonas Folge schlimmsten Absturz der Blau-Weißen. Zwar landete der Mann aus Huddersfield in der Yorkshire Landschaft zweimal in den Top Ten, aber 11 Punkte sind für ein derart renommiertes Werksteam mit einem dazu neuen Modell schlicht zu wenig. Das beste Einzelresultat für BMW gelang „Magic Michael“ van der Mark mit Rang 6 am Sonntag. Dafür blieb der Niederländer im Superpole Race mit P13 hinter den Erwartungen. Während Eugene Laverty zum ersten Mal überhaupt Punkte holte, war Jonas Folger diesmal der Verlierer. Die Befürchtung, dass BMW nach mangelhafter Vorbereitung schon früh nach Ausreden suchen müsse, hat sich leider mittlerweile bewahrheitet. Wenn Kawasaki pro Saison so gut wie nie einen technisch bedingen Ausfall zu beklagen hat, scheint deren Bike der BMW punkto Qualität um Welten voraus zu sein. So einfach lautet das Verdikt nach viel zu vielen technischen Problemen in den ersten zwei Runden. Sofern das Team von Shaun Muir daran mitschuldig ist, müssten die Blau-Weißen die Konsequenzen ziehen.

Das HRC Honda Duo Alvaro Bautista und Leon Haslam auf dem Circuito do Estoril – nach einem verkorksten Samstag ging es bei den letzten beiden Rennen mehr um Schadensbegrenzung, aber für Misano muss eine Steigerung her.

Der WorldSBK Sonntag in Zahlen – Doppelsieg für den Weltmeister

Die Weltmeisterschaft vor der nächsten WM-Runde an der Adria

Am Sonntagmorgen vor dem Superpole Race noch mit nur 8 Punkten Vorsprung vor seinem nächsten Verfolger Scott Redding liegt Johnny Rea nun bereits mit 35 vor Toprak und sogar 38 vor dem Ducati Piloten, bevor es nach Misano geht. Unter den ersten 8 in der Weltmeisterschaft sind derzeit 6 Briten (der amtierende Weltmeister stammt aus Nord-Irland), ein Türke, dazu ein Niederländer und mit Gerloff ein US-Amerikaner. Letzterer erhielt eine saftige Strafe für seinen Abschuss von Michael Ruben Rinaldi im zweiten Rennen von Estoril am Sonntag. Wie Niki Tuuli in der WSSP bei seinem Vergehen am Samstag in Aragon, muss der US-Boy im ersten Rennen von Italien aus der Boxengasse Starten. Bei ihm war es beim Crash im zweiten Lauf von Aragon nur Glück gewesen, dass Rea dabei nicht auch zu Sturz kam, weshalb man ihn in Portugal zu Recht als Wiederholungstäter bezeichnen durfte. Aktuell sieht es bezüglich der Hersteller so aus, als machen Kawasaki, Ducati und Yamaha den Kampf um die vordersten Plätze unter sich aus. Honda und BMW sind bisher hingegen noch viel schuldig geblieben.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).