Ein folgenreicher und diverse harmlose Stürze im Training
Nach Kawasaki Teamkollege Leon Haslam erwischte es im FP2 auch Jonathan Rea, der allerdings in Kurve 2 harmlos ausrutschte und sich dabei (wie Haslam) nicht verletzte. Für seine schnellste Runde ging der Holländer Michael van der Mark hohe Risiken ein, wie sein Highsider am Ende des Trainings bewies. Nebst einer Gehirnerschütterung, Rippenbrüchen und starken Prellungen brach er sich (wie in Imola Eugene Laverty an beiden Händen) das Handgelenk rechts. Der bedauernswerte Michael musste die Nacht von Freitag auf Samstag im Krankenhaus verbringen und konnte nicht an den Rennen teilnehmen. Es war sogar damit zu rechnen, dass er bis Laguna Seca oder sogar nach der Sommerpause ausfallen würde. Als Vorjahressieger in Donington traf dies den NIederländer natürlich besonders hart. Aktuell lag van der Mark immer noch auf Platz 3 der Zwischenwertung. Nachdem seine OP erfolgreich verlaufen war, hoffte er auf eine baldige Rückkehr auf seine Yamaha, möglichst bereits in England. Und der Wunsch des jungen Mannes aus der Käsestadt Gouda sollte in Erfüllung gehen, er biss in Donington Park auf die Zähne und fuhr dort bereits wieder mit, wenn auch stark handicapiert.
Superpole und Ducatis Bluff
In Misano hielt sich Alvaro Bautista mit seiner Ducati in der Superpole deutlich zurück, wie sich am Sonntag dann zeigen sollte und beendete als unauffälliger Fünfter die Qualifikation. Mit einer halben Sekunde Rückstand auf Polesetter Jonathan Rea und nur in Reihe 2 stehend, ging der kleine Spanier ins Rennen. Doch man konnte davon ausgehen, dass am Samstagmorgen seitens Bautista und Ducati bloss geblufft wurde. Hinter Rea qualifizierte sich überraschend Sandro Cortese auf Platz 2 und Tom Sykes mit seiner BMW komplettierte die erste Reihe auf P3, knappe 0.05 Sekunden vor Alex Lowes auf Position 4. Nur für Startplatz 12 reichte es beim Bayern Markus Reiterberger, welcher damit deutlich hinter seinem Teamkollegen Sykes ins Rennen gehen musste.
Lauf 1 am Samstag
Bei extrem schwierigen Bedingungen und wechselnd starkem Regen setzte sich der amtierende Weltmeister Jonathan Rea als bester Fahrer durch. Nach der 1. Aufwärmrunde wurde infolge zu starkem Regen der 1. Lauf in Misano um 14 Uhr bereits vor dem Start zum ersten Mal abgebrochen. Nach dem 2. Start dauerte das Rennen nur wenige Runden, bis aufgrund eines erneuten Wolkenbruchs nochmals abgebrochen werden musste. Beim 3. Start wurde das auf 18 Runden verkürzte Rennen, trotz wechselnd intensivem Regen bis zum Ende durchgeführt. Doch viele Fahrer sollten die Zielflagge am Ende nicht sehen.
Lowes übertrieb es im Regen – Loris Baz glänzte
Sechs Runden lang führte Jonny Rea vor seinem Landsmann Alex Lowes, bevor dieser sich an die Spitze setzte. Zwei Umgänge später stürzte er aber in Kurve 12 und Rea übernahm wieder die Führung, welche er bis zum Ende nicht mehr abgab. Als in Runde 9 wieder Rea das Rennen anführte, war sein Teamkollege Leon Haslam bereits Dritter, mit einem Respekt Abstand hinter Tom Sykes auf der BMW S1000-RR. Der Engländer lag seinerseits bereits deutlich hinter Rea zurück und konnte seinen zweiten Platz bis ins Ziel verteidigen. Das erste Podium für BMW Motorrad seit der Rückkehr 2019 als Werksteam in die WSBK wurde Realität.
Weitere Sturzopfer und geschenktes Podium für Bautista
Leon Haslam stürzte in Kurve 8 in der zwölften Runde, einen sicheren dritten Platz vor Augen. Zwei Runden davor machte Chaz Davies seinem Ducati Teamkollegen Bautista Platz, welcher dadurch letztlich kampflos auf das Podium kam. Ein überragender Loris Baz aus dem niederländischen Ten Kate Team machte dem kleinen Spanier beinahe noch das Podium streitig. Nach einem heftigen Rutscher entschied sich der Franzose allerdings, den vierten Platz sicher nach Hause zu bringen. Sein neu durch Yamaha ausgerüstetes Team stieg erst ab Jerez in der 6. Runde wieder in die WSBK ein und durfte auf dieses Resultat mehr als stolz sein. Letztlich war Baz nach dem Sturz von Lowes stärkster Yamaha Fahrer, noch vor Marco Melandri und Sandro Cortese.
Die beiden Deutschen – deutlich unter dem Soll
Der aus der ersten Reihe startende Sandro Cortese hatte in seiner ersten Saison in der WSBK im 1. Lauf in Misano sein erstes Regenrennen auf der Yamaha bestritten, genauso wie Markus Reiterberger auf der BMW S1000-RR. Nach Sandros Platz 2 in der Superpole war der 7. Rang im ersten Rennen leider ein Misserfolg, aber immerhin war er nicht gestürzt. Zu Beginn des Rennens war Cortese bereits weit zurückgefallen. Zwei Runden danach lag er gar nur noch auf Position 15. Knapp vor den Ersatzfahrern Yuki Takahashi (für Leon Camier auf Althea Moriwaki Honda) und Lorenzo Zanetti (für Eugene Laverty auf Go Eleven Ducati) und 45 Sekunden hinter Sieger Jonathan Rea war seine Platzierung dennoch kein Ruhmesblatt. Noch schlechter erging es dem Bayern Markus Reiterberger, der in der 3. Runde in Kurve 8 weit ging und dadurch auf den zweitletzten Platz zurückfiel. Mit Platz 15 rettete er zwar einen Punkt, war allerdings der Letzte der klassierten Fahrer, während sein Teamollege Tom Sykes auf dem Podium um die Wette strahlte.
Ergebnis 1. Rennen
Das Superpole Race – Ducatis Bluff wird offensichtlich
Ducati und Bautista – bei trockenen Bedingungen die Karten aufgedeckt
Im Superpole Rennen am Sonntag wurde offensichtlich, dass Ducati mit Bautista bis am Samstagmorgen in der Superpole nur geblufft hatte. Leider geriet das SP Race aufgrund der Mehrleistung von Bautistas Ducati zur Farce. Dank der langen Geraden und zahlreichen Beschleunigungsstrecken in Misano, kam wie bereits in den Rennen davor, der Leistungsüberschuss der MotoGP Replica des kleinen Spaniers voll zum Tragen. Besucher und TV-Zuschauer konnten von bloßem Auge erkennen, um wie viel schneller Bautista auf der Geraden gegenüber sämtlichen Gegnern war. Gegenüber dem Jonathan Rea und seiner Kawasaki lag der Topspeed von Alvaro um beinahe 10 Km/h höher. Die vielen Ducatistis an der Strecke beobachteten mit großer Freude, wie Bautista am Ende der ersten Runde förmlich an Rea vorbeiflog.
Frustrierende Chancenlosigkeit für Rea
Im Interview mit Paddock Show Moderator Michael Hill gab Weltmeister Rea später zu Protokoll, die Situation auf der Geraden sei absolut lächerlich gewesen. Selbst auf der relativ kurzen Start-Ziel Geraden von Misano verlor er auf seinen Gegner mit seinen rund 20 PS Mehrleistung mehrere Motorradlängen, ohne sich auch nur im Windschatten Bautistas halten zu können. Der Abstand von Bautista auf den zweitplatzierten Alex Lowes nach nur 10 Runden betrug über 7 Sekunden, auf den Vierten Toprak Razgatlioglu waren es zu diesem Zeitpunkt bereits über 9 Sekunden. Jonathan Rea beging in der 8. Runde in Kurve 10 einen Fehler und rutschte aus, konnte aber auf Position 6 das Sprintrennen wieder aufnehmen und kam auf P5 ins Ziel. Teamkollege Leon Haslam erreichte nach seinem Sturz im Regenrennen am Samstag diesmal das Podium und überquerte die Ziellinie als Dritter. Dahinter folgten der Türke Toprak Razgatlioglu und Jonathan Rea, vor Lokalmatador Marco Melandri, Michael Ruben Rinaldi und Ducati Testfahrer Michele Pirro, der mit einer Wildcard angetreten war.
Cortese verpasste erstes Podium mit Sturz – Reiti enttäuschte erneut
Vom zweiten Startplatz losgefahren, lag Sandro Cortese lange auf Platz 3 und damit auf Podiumskurs. Auch wenn es nach dem Superpole Race kein eigentliches Siegerpodium gibt, aber nach zahlreichen guten Trainings in der 7. von 13 Runden hatte der Deutsche endlich ein Top drei Resultat vor Augen. Doch für den aus Italien stammenden Cortese sollte es einfach nicht sein. Vier Runden vor Schluss begrub er seine Hoffnung auf das erste Topresultat der Saison im Kiesbett der letzten Kurve 16 vor Start-Ziel. Auch Chaz Davies gehörte in der dritten Runde zu den Bruchpiloten, der Waliser konnte danach jedoch das Rennen fortsetzen, wurde jedoch als 17. nur letzter der klassierten Fahrer. Nicht viel besser erging es BMW Pilot Markus Reiterberger im Sprintrennen. Der Bayer kam zwar ohne Sturz über die 10 Runden, aber mit über 20 Sekunden Rückstand auf Sieger Bautitsta. Nach dem schwachen Resultat vom Regenrennen am Vortag hätte Reiti endlich ein gutes Ergebnis benötigt. Doch Rang 13 ohne WM-Punkte war nicht das, was er und sein Team sich erhofft hatten. Reiterbergers Teamkollege Tom Sykes hatte Pech und musste mit technischen Problemen eine Runde vor Schluss an die Box fahren und aufgeben. Zu Rennbeginn lag er noch in den Top fünf und vor dem späteren Dritten Leon Haslam.
Ergebnis Superpole Race
Bautista zeigt Nerven – Rea souveräner Doppelsieger
Noch am Sonntagmorgen sah man beim Superpole Race zahlreiche Ducati Fahnen, die von den anwesenden Tifosis geschwenkt wurden. Doch kurz nach dem Start zum zweiten Lauf am Nachmittag war die Herrlichkeit bereits ab der 2. Runde vorbei. Im Regenrennen am Vortag hatte allein der Fahrer den Ausschlag für das Resultat gemacht und prompt zeigte Jonathan Rea sich bei dieser Gelegenheit überlegen und dominierte seine Gegner bei dieser Gelegenheit. Offensichtlich zeigte Alvaro Bautista bereits seit der dominanten Vorstellung von Jonathan Rea in Imola immer mehr Nerven. Schon eine Runde früher in Jerez im 2. Rennen war Bautista kurz nach dem Start in Runde 2 gestürzt. Und nur eine WM-Runde später wiederholte sich in Misano exakt dasselbe Malheur. Ohne in Bedrängnis zu sein, rutschte Bautista in der 2. Runde in Kurve 4 übers Vorderrad weg. Der Spanier konnte sich danach wieder aufrappeln und weiterfahren. Doch dafür musste er sich am Ende des Feldes einreihen, nachdem er seine Ducati wieder in Gang gebracht hatte.
Dreifacher Triumph für Kawasaki statt Ducati-Festival
Für Jonathan Rea begann danach trotz Bautistas Sturz kein leichtes Spiel, sondern ein bis zur letzten Runde geführter, erbitterter Kampf mit seinem Markenkollegen Toprak Razgatlioglu. Der Türke versuchte alles, um den ersten Sieg in seiner Karriere einzufahren, aber der Weltmeister war wie so oft zu stark und überquerte knapp vor Toprak die Ziellinie. Reas Teamkollege Leon Haslam komplettierte den Triumph für Kawasaki. Statt einem Ducati-Festival wurde es zur Überraschung der meisten Besucher und zum Leidwesen der zahllosen in Misano erschienenen Ducati Fans alles andere als Fest für die Roten. Nach Imola war Misano das zweite Rennen, bei welchem sich die Veranstalter somit im wahrsten Sinne des Wortes verzockt hatten. Anstelle einer Ducati Party fand dank des Nord-Iren Jonathan Rea auf dem Autodromo Marco Simoncelli genau wie in Imola im Vormonat erneut ein Kawasaki-Fest statt. Mit der Preiserhöhung um rund 100 Prozent gegenüber 2018 hatten sich die Veranstalter genauso wie in Imola definitiv verspekuliert, in Imola kamen 2019 mehr als 4000 Besucher weniger als im Vorjahr.
Unterschiedlich zufriedene Gesichter der restlichen Fahrer
Alex Lowes konnte sich gegen seinen Landsmann Leon Haslam nicht durchsetzen und kam als beste Yamaha auf Platz 4, knapp eine Sekunde vor der besten Ducati mit Michael Ruben Rinaldi. Tom Sykes auf Rang 6 war erneut deutlich stärker als Markus Reiterberger, welcher nicht über P11 hinaus kam. Bautistas Aruba Ducati Teamkollege Chaz Davies kam immerhin an siebter Stelle noch vor seinem Ducati Teamkollegen und Testfahrer Michele Pirro ins Ziel, zufrieden sah er mit diesem Resultat allerdings nicht aus. Wieso Alvaro Bautista im Vorfeld des Rennens seinen Markenkollegen Pirro als gefährlichen Gegner eingestuft hatte, bleibt wohl sein Geheimnis. Mit mickrigen 8 Punkten aus 3 Rennen war dieser keinen Deut besser als Moriwaki Althea Ersatzfahrer Yuki Takahashi, der auf der leistungsmäßig extrem unterlegenen Honda ebenfalls nur einen achten Platz (im 1. Lauf) als einzig zählbares Resultat vorweisen konnte. Sogar der kurzfristig bei Go Eleven Ducati für den immer noch verletzten (nach Bruch beider Handgelenke) Iren Eugene Laverty angetretene Lorenzo Zanetti war mit je 7 Punkten aus Lauf 1 und 2 deutlich besser.
Cortese und Reiti – leider auch am Sonntag glücklos
Sandro Cortese blieb mit seiner Yamaha nach dem morgendlichen Sturz im Sprintrennen auch im zweiten Lauf leider erneut unter den Erwartungen. Mit einem neuerlichen Sturz, diesmal in Kurve 1 in der fünften Runde, begrub er schon früh die Hoffnungen auf ein gutes Resultat. Nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte, reichte es für den „Italo-Schwaben“ am Ende nur für Rang 15 und einen einzigen WM-Punkt. In der viertletzten Runde wurde er davor sogar vom vor ihm ebenfalls gestürzten Alvaro Bautista vor Renn-Ende noch überholt. Als Elfter lag Markus Reiterberger am Ende von Lauf 2 immerhin vor Loris Baz, der am Vortag im Regenrennen noch stark aufgetrumpft hatte. Doch durch die schwachen Resultate seit seinen zwei sechsten Rängen in Assen drohte dem Bayern beim BMW-Werksteam mittlerweile der Rauswurf zum Saisonende.
Ergebnis Lauf 2 Misano
WM-Zwischenstand – Jonathan Rea holte deutlich auf
Durch seinen zweiten selbstverschuldeten Sturz nach dem 2. Rennen von Jerez verspielte Alvaro Bautitsta mittlerweile einen Großteil seines Vorsprungs im WM-Zwischenklassement. Vor Donington Park war Alvaros Punktepolster von nach Assen 63 Punkten auf nur noch 16 Zähler zusammengeschrumpft. Und nach Misano kam mit Donington Park das Heimrennen für Jonathan Rea in England.
Das Rennen in Misano für 2020
Nach dem gestrigen Kalender-Update wurde das Rennen von Misano vom Juni auf Anfang November verschoben. Dadurch besteht sogar eine Chance, dass trotz Corona Pandemie wenigstens ein Event in Italien durchgeführt werden kann. Der diesjährige WM-Lauf auf dem Autodromo Dino e Enzo Ferrari in Imola wurde abgesagt, da er im Epizentrum der Krise in Italien liegt. Aktuell wäre laut am 14. April modifiziertem Kalender die Weiterführung der Saison in Donington Park per Anfang Juli, danach soll Oschersleben an der Reihe sein. Drücken wir die Daumen, dass ein kleines Wunder passiert und es trotz gegenwärtiger Reisebeschränkungen letztlich so klappt.
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