Fazit vom Saisonfinale in Portugal
Wer daran gezweifelt hatte, dass KTM extrem von den früheren und ausgiebigen Tests mit den neuen Michelin Reifen profitiert hatte, musste sich im FP1 vom GP von Portugal verwundert die Augen reiben. Mit Lorenzo Savadori lag hinter seinem Aprilia Gresini Teamkollegen Aleix Espargaró ein absoluter sogenannter Underdog auf Platz 4. Dies war einzig dem vorherigen Test von Aprilia auf dieser Strecke zu verdanken. Da wir bereits im 15. und letzten MotoGP Event der Saison angekommen waren, relativierte sich am Freitagnachmittag die Situation schon früh wieder. Der Grund dafür war, dass mittlerweile sämtliche Teams mit den Michelin Reifen bei ähnlichen Temperaturen und Verhältnissen wie in Portimão Erfahrung hatten.
Miguel Oliveira – verdienter und logischer MotoGP Sieger
Nebst Aprilia hatten auf dem Autodromo do Algarve auch Dani Pedrosa für KTM und Stefan Bradl für HRC Honda getestet. Letzterer profitierte auch als Einsatzfahrer extrem von den vorherigen Tests. Miguel Oliveira als Lokalmatador konnte sich auf die wertvollen Erfahrungen von Longrun-Tests des spanischen KTM Testfahrers verlassen. Daher war die Reifenfrage für diese beiden Marken bereits geklärt und durften für den GP von Portugal durchaus zuversichtlich sein. Dass der Portugiese auf seiner Heimstrecke auch dank seiner Streckenkenntnis dazu noch einige Zehntel auf die Konkurrenz verwunderte daher wenig. Miguel ist ein absolut logischer Sieger und hat seinen zweiten MotoGP Triumph der Karriere völlig verdient.
Pol Espargaró – glückloser Bad-Boy der MotoGP
Der Katalane ist ein sogenanntes Vollgas-Tier, womit er durchaus berechtigt seine Anhänger hat. Schliesslich ist er Rennfahrer von Beruf, dabei hat man meist nur Erfolg, wenn man Egoist ist und gnadenlos reinhält. Trotzdem schadet es nicht, wenn man selbst als MotoGP Pilot sein Hirn benutzt. Laut Miguel Oliveira hat Pol Espargaró in diesem Bereich jedoch arge Defizite. Womöglich hätte der aus Granollers, nur wenige Kilometer vom Circuito de Cataluña aufgewachsene Spanier ohne seine zu vielen Fehler gar um die WM mitkämpfen können.
Die Siege für KTM holten andere
Man kann es jedenfalls drehen und wenden wie man will, in seiner letzten Saison als KTM Werksfahrer wurde er von seinen Kollegen viel zu oft in den Schatten gestellt. Zwar holte er die meisten Podestplätze für die Österreicher, doch auf der anderen Seite patzte er viel zu oft. Dazu pickten sich mit Teamkollege Binder und Markenkollege Miguel Oliveira andere die Rosinen aus dem Kuchen und holten die ersten Siege für KTM. Die Stunde der Wahrheit kommt in der nächsten Saison für Pol, bei Repsol Honda an der Seite von Marc Marquez.
Yamaha – mit Licht und Schatten
Der ganz große Lichtblick war bei Yamaha erneut Franco Morbidelli auf dem „A-Spec“ Bike, basierend auf dem Vorjahresmodell der M1. Nachdem Fabio Quartararo oft unerwartet schwächelte, war der Italiener oft Retter in der Not für deren Petronas Yamaha SRT Team. Zudem wurde der viel zu oft unterschätzte Morbido nun bester Yamaha Pilot der Saison 2020, Chapeau! Zum Glück für Valentino Rossi fand die Saison für ihn mit seiner sehr guten Leistung beim Saisonfinale noch einen glücklichen Abschluss. Der Altmeister kann es noch, aber ob er und Maverick Viñales in der nächsten Saison konstant vorne mithalten sollen, ist leider sehr unwahrscheinlich. Man darf zudem gespannt sein, ob Fabio Quartararo im nächsten Jahr wieder zu seiner Topform von 2019 auflaufen kann.
Suzuki – souverän und mit beeindruckender Konstanz
Auch wenn das Saisonfinale für Joan Mir und Alex Rins zu einer Enttäuschung wurde, die Resultatblätter lügen nicht. Mit nur zwei Piloten die Plätze eins und drei zu holen, nach zwanzig Jahren wieder eine Fahrer-und Team-Weltmeisterschaft in der Königsklasse zu gewinnen, besser geht es kaum. Bis auf ihre Schwächen im Qualifying ging es gar kaum besser. Die beiden Suzukis wurden in der Corona-Saison 2020 zum Schrecken aller Gegner. Wie sie bei fast jedem Rennen jeweils durchs Feld pflügten und bei praktisch sämtlichen Verhältnissen immer konstant mit dabei waren, rang sämtlichen Gegnern Respekt ab. Nächstes Jahr werden sie definitiv erneut die Mannschaft sein, welche es zu schlagen gilt.
Honda und Aprilia – die beiden Schlusslichter
Noch vor wenigen Monaten hätte man uns für eine solche Überschrift für verrückt erklärt. Schliesslich ist hier mitunter auch die Rede von Repsol Honda, dem erfolgreichsten Team der letzten 3 Jahrzehnte in der Königsklasse. Doch es ist kein schlechter Witz, LCR Honda war gar noch besser als das Werksteam, obwohl Takaaki Nakagami auf der Vorjahres-Maschine unterwegs war. Dazu Cal Crutchlow von jedem normalen Arzt während dreiviertel der Saison krankgeschrieben worden wäre, derart marode war sein Gesundheitszustand. Aleix Espargaró war in Abwesenheit des gesperrten Andrea Iannone für Aprilia der einzige Hoffnungsträger. Drei Top Ten Resultate in 15 Rennen sind jedoch eine letztlich enttäuschende Ausbeute für das italienische Team.
Ergebnis MotoGP Grand Prix Portugal
WM-Endstand MotoGP nach 14 Runden
Herstellerwertung MotoGP
Suzuki fiel von Platz 1 noch auf Rang 3 ab, während Ducati dank Platz 2 von Miller wenigstens diese Wertung für sich entscheiden konnte. Wie wertvoll Franco Morbidellis dritter Platz war, zeigt sich an Platz 2 für Yamaha. Ohne die Streichresultate durch die „Ventil-Causa“ der ersten beiden Runden in Jerez hätte die japanische Marke mit den gekreuzten Stimmgabeln im Logo die Wertung allerdings klar für sich entschieden. Der Absturz von Honda erklärte sich mit der Absenz von Marc Marquez, welche sein Bruder und insbesondere Test- und Ersatzfahrer Bradl bei weitem nicht zu kompensieren vermochten.
WM-Endstand Teamwertung
Das TV-Angebot – zusätzliche Katastrophe im Corona-Jahr
Leider brachte Servus TV zum Ärger der MotoGP Fans auch in der Corona-Saison weiterhin nur ein Sparprogramm. Der zu Red Bull Media gehörende Sender stieg mit Ausnahme des Heimrennens in Spielberg jeweils erst am Samstagmittag mit der TV-Live-Übertragung ein. Der Verzicht auf rund zwei Drittel der Action im Fernsehen war diese Saison insbesondere aufgrund der Pandemie mit das größte Ärgernis, was die MotoGP Saison betrifft. Dadurch verpassten die TV Zuschauer jeweils den kompletten Freitag und Samstagmorgen und somit die engen Vorentscheidungen um den direkten Einzug ins Q2. Dass viel zu viel lästige Werbung eingeblendet wurde und die Qualität von Präsentation und Kommentatoren nie an das Niveau von Vorgänger Eurosport herankam war die zweite große Enttäuschung, welche die Österreicher den Fans zumuteten.
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