Fabio Quartararo (Petronas Yamaha SRT) – ohne seinen schlechten Start hätte der Franzose anfänglich wohl weniger stark forciert, nachdem er zuerst hinter Markenkollege Maverick Viñales festhing. Laut seiner eigenen Aussage nach dem Rennen war Fabio schlicht zu ungeduldig und werde aus diesem Fehler seine Lehren ziehen (© MotoGP).

Die vermeintlich zurückgekehrte Normalität verwundert

Mit Marc Marquez (Repsol Honda) möchte im Moment wohl kein Fahrer tauschen. Aufgrund eines simplen Armbruchs, welchen er vor 2 Monaten am 19. Juli 2020 erlitt, sah man ihn im Paddock nicht mehr auftauchen. Bei den Rennen kann Spanier derzeit bestimmt kaum hinsehen. Sämtliche seiner als gefährlichste Gegner vor Saisonbeginn eingestuften Piloten straucheln oft auf geradezu unglaubliche Weise. Auch die nach Brünn und Spielberg vermeintlich zurückgekehrte Normalität verwundert sämtliche Beobachter. Während die am höchsten gehandelten Favoriten für das Rennen mit Polesetter Maverick Viñales und dem vormaligen WM-Leader Fabio Quartararo (beide Yamaha) scheiterten, schlugen unerwartete Fahrer zu. Dank Franco Morbidelli sprang statt der beiden ein anderer für Yamaha in die Bresche und holte sich den Sieg. Doch niemand hätte vor dem Rennen mit Francesco Bagnaia (Pramac Ducati) auf Platz zwei gerechnet. Genauso sah Joan Mir (Suzuki) zu Rennbeginn, ebenso wenig wie Bagnaia, nicht zwingend wie ein Podiums-Kandidat aus.

Zu Beginn lag Jack Miller (Pramac Ducati) vor dem Verfolgerfeld auf Position 3 hinter den führenden Morbidelli und Rossi (beide Yamaha). Doch mit seiner Reifenwahl, respektive der seines Teams, bekam der Australier laut eigener Aussage mit Fortgang des Rennens immer mehr Probleme. Am Ende reichte es nur zum enttäuschenden 8. Platz, doch Miller behielt immerhin trotzdem noch seinen 3. WM-Zwischenrang (© MotoGP).

Ursachenforschung für viele am Dienstag angesagt

Grob gesagt gab es nach dem Rennen zwei Kategorien von Fahrern. Zur ersten gehören mit dem neuen WM-Leader Andrea Dovizioso (Ducati) und Yamaha Ass Viñales zwei der Topfavoriten auf den Weltmeistertitel 2020. Diese beiden gaben nach dem Rennen nicht als Einzige zu Protokoll, dass sie die Ursachen für ihr schlechtes Abschneiden absolut nicht verstehen. Sie müssen zusammen mit ihren Teams im offiziellen Test vom Dienstag, dem 15. September auf dem Kurs von Misano dringend nach Lösungen suchen. Weil bereits in wenigen Tagen geht es mit der 2. Runde im dritten von fünf Doppelrennen an der Adria bereits wieder um die Wurst. Etwas einfacher scheinen es Fahrer wie Fabio Quartararo (Yamaha) und Johann Zarco (Ducati) zu haben. Sie gehören zur zweiten Kategorie. Beide beklagten sich nicht über ihre Abstimmung und haben laut eigenen Aussagen bereits Ideen, was notwendig sein wird, um sich für die siebte von 14 WM-Runden der MotoGP zu verbessern.

Der sympathische Johann Zarco (Esponsorama Racing Ducati) im Interview nach dem Rennen – der Franzose suchte gar nicht lange nach Ausreden und gratulierte „Pecco“ Bagnaia als bestem Ducati Fahrer für dessen hervorragende Leistung. Mit dem ersten Dreiviertel seines eigenen Rennens war Zarco soweit zufrieden, bevor er mit nachlassender Haftung der Reifen kämpfte und mehrere Plätze verlor. Immerhin schlug er am Ende trotzdem noch 3 Werksfahrer von Honda und Ducati (© MotoGP).

Was erwartet uns am zweiten Misano-Wochenende?

Dies hängt von mehreren Faktoren ab und zwei der wichtigsten dabei werden laut Aussage von Fabio Quartararo der Start sein, sowie natürlich eine möglichst gute Startposition. Wie das Rennen von Valentino Rossi und Jack Miller am ersten Wochenende von Misano zeigte, ist dies jedoch noch keine Garantie für einen Podiumsplatz. Doch immerhin entscheidet sich auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli meist bereits in der Anfangsphase, wer Aussichten auf das Treppchen hat und wer nicht. Nach dem Absturz von KTM nach deren Höhenflug auf den Strecken von Brünn und Spielberg sind die Fahrer der Orangen wieder hart auf dem Boden der Realität gelandet. Trotz Vorteil durch vorherige Tests in der Corona-Zwangspause gelang es keinem der vier Piloten, daraus Profit zu ziehen. Doch auch sie haben wie alle andern eine zweite Chance und werden versuchen, diese zu nutzen, bevor es eine Woche später in Barcelona weitergeht.

Die Riviera von Rimini – sie gibt dem Doppelrennen von Misano (zusammen mit Lenovo und Tissot) seinen Namen. Es gab Zeiten, als dieser Begriff auf die meisten Menschen in Europa sehr wenig Anziehungskraft hatte. Trotzdem und gerade deshalb ist vor allem auch in der Corona-Saison der Tourismus für die Region äußerst wichtig. Im Gegensatz zu bisher sämtlichen anderen Veranstaltungen ist es seit dem Saisonauftakt in Losail (Katar) sogar das erste Rennen mit einer beschränkten Anzahl von Zuschauern.

Die unglaubliche Situation in der Weltmeisterschaft

Wenn nach dem 2. Rennen von Misano in der MotoGP Halbzeit herrscht, wird die Ausgangslage immer noch völlig offen sein, was die WM betrifft. Noch nie in der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft und natürlich auch seit Einführung der MotoGP 2002 gab es eine vergleichbare Situation. Rein theoretisch könnte nach wie vor jeder Weltmeister werden. Aktuell liegen bis auf Platz 9 hinter WM-Leader Dovizioso in der Tabelle sämtliche Fahrer innerhalb von 25 Punkten. Somit könnte sich jeder dieser Piloten mit nur einem Rennen bei für ihm passenden Ausgang des Rennens an der Spitze wiederfinden.

In der Spalte ganz Rechts die Veränderung gegenüber der Vorrunde. Die drei Fahrer auf dem Podium machten allesamt einen Sprung um 4 Plätze nach vorne. Größter Verlierer in Misano war mit einem Rückfall um 4 Positionen der Südafrikaner Brad Binder (Red Bull KTM).

Zwischenstand in der Hersteller-WM

Trotz vier Fahrern auf Bikes mit einer Werks-Spezifikation holte KTM in Misano gerade einmal 6 lächerliche Zähler, weil Pol Espargaró als bester der Orangen nicht über Platz 10 hinauskam. Selbst Takaaki Nakagami auf der Vorjahres-Honda konnte noch mehr Punkte für die durch den Ausfall von Marc Marquez und Cal Crutchlow arg gebeutelte Marke beisteuern. Wie nach den für sie schwierigen Rennen in Spielberg erwartet, kehrte auf der andern Seite Yamaha an der Adria wieder auf die Siegesstraße zurück. Auch Suzuki war in Misano wieder stark, weshalb KTM um den 3. Platz im Zwischenklassement bereits zittern muss. Für den Hersteller mit dem laut einigen voreiligen Schreiberlingen bestem Bike des Jahres scheint deren Höhenflug bereits wieder abrupt beendet.

Joan Mir (Suzuki Ecstar) – dem anfänglich nur auf P8 liegenden Spanier gelang mit einem Exploit in den letzten Runden noch das bereits zweite Podium der Saison. Im Verhältnis zur Zahl ihrer Fahrer ist die japanische Marke aktuell erfolgreichster Hersteller in der MotoGP (© MotoGP).

Zwischenstand in der Team-WM

Wie von KTM Sportchef Pit Beirer vor dem Rennen bereits befürchtet, begann auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli der Abstieg seines Werksteams in der Teamwertung. Während Red Bull KTM zwei Plätze verlor, gingen mit Suzuki und Pramac Ducati gleich zwei Konkurrenten an ihnen vorbei. Ohne die Verletzungen von Marc Marquez (Repsol Honda) und Cal Crutchlow (LCR Honda) sähe es für die Orangen zudem noch deutlich düsterer aus. In den letzten Jahren hatte Marquez jeweils meist im Alleingang für die Führung in der Team- und Markenwertung gesorgt. So gewann Honda und das Repsol Team 2019 gleich beide Wertungen, sowie Marc überlegen seinen 6. Fahrertitel in der Königsklasse. Dass Stefan Bradl kein würdiger Ersatz auf dessen Maschine sein kann, war wohl jedem Fan und nicht nur Experten im Vorfeld klar. Derart miserable Leistungen vom Bayern und vor allem Teamkollege Alex Marquez hatten aber selbst wir nicht erwartet. Den Ausreden bezüglich der nicht konkurrenzfähigen Honda RC213V von 2020 stehen die Bestzeiten von Marc Marquez im 1. Rennen von Jerez gegenüber. Dies stellte kürzlich auch Teamchef Alberto Puig klar.

In der Spalte ganz Rechts die Veränderung gegenüber der Vorrunde. Suzuki liegt bereits in Tuchfühlung zum Ducati Werksteam und Pramac Ducati war im ersten Rennen von Misano überraschend das erfolgreichste Team überhaupt.
Ein bewegender Moment für Franco Morbidelli (Petronas Yamaha SRT) – der Italiener gewann sein erstes MotoGP Rennen in seinem Leben. Dazu sicherte er seinem Team nach dem Ausfall von Fabio Quartararo den Verbleib an der Spitze in der Tabelle der Teamwertung (© MotoGP).

Das Programm vom 2. Rennen in Misano

Der kombinierte Kalender der MotoGP und WorldSBK

Am nächsten Wochenende findet parallel zum 2. MotoGP Rennen in Misano auch die bereits drittletzte Runde der Motul WorldSBK in Barcelona statt. Nur eine Woche bevor auch die MotoGP auf dem Circuito de Catalunya gastieren wird. Aufgrund der Terminkollision werden die Rennen der WorldSBK am Sonntag zeitlich verschoben ausgetragen. Weitere Details dazu siehe in unserem in Kürze aufgeschalteten Vorbericht zur sechsten Runde der Superbike WM.