Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) hier im Bild vor Toprak Razgaglioglu (Pata Yamaha R1) überstrahlte auf dem Autodromo do Algarve alles. Drei Siege in 3 Rennen – mehr geht nicht (© Kawasaki Racing Team).

Die überragende Vorstellung des Weltmeisters

Wie im Vorjahr konnte Ducati auf dem Autodromo do Algarve nicht ausreichend vom PS- und Speed-Vorteil der radikalen MotoGP Replica Panigale V4R profitieren. Im letzten Winter wurde wie so oft in der Vergangenheit auf dieser Strecke bereits getestet. Dadurch hatte Bautista-Nachfolger Redding sogar Gelegenheit, die schwierige und für ihn neue Strecke ausgiebig kennenzulernen. Doch trotz PS-Überlegenheit und der Daten vom Vorjahressieger aus Lauf 2 war „Scotty“ chancenlos im Kampf zur Verteidigung seiner WM-Führung. Redding hatte sogar im 1. Rennen und dem Superpole Race Probleme und belegte lediglich die Ränge 7 und 5, bevor es ihm im 2. Lauf am Sonntag für Platz 2 reichte. Auch ein entfesselt fahrender Toprak Razgatlioglu konnte dem 5-fachen Weltmeister nicht folgen und musste sich in den ersten beiden Rennen mit P2 begnügen. Als er es am Sonntagnachmittag mit der Brechstange probierte, fabrizierte der Türke gar den ersten Sturz der Saison.

Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha R1) bei seinem Crash im 2. Rennen in Portimão. Nach 2 Ausfällen mit technischen Problemen in Australien und Jerez nun der erste selbstverschuldete. Der Rückstand auf WM-Leader Rea wuchs damit auf 33 Punkte an (© WorldSBK).

Der Rückfall des ehemaligen WM-Leaders und die angebliche Kawasaki-Krise

Alex Lowes wurde als Teamkollege des amtierenden Weltmeisters von einigen voreiligen Journalisten nach seiner WM-Führung in Phillip Island bereits als neue Bedrohung für Jonathan Rea aus dem eigenen Team gefeiert. Doch bereits nach der zweiten Runde in Jerez beruhigten sich die Gemüter der Sensationshungrigsten wieder deutlich. Im Gegenteil meldeten nun plötzlich viele Unverbesserlichen eine Krise bei Kawasaki herbei. Ein sechster Platz von Jonathan Rea hatte nach einem 2. Rang und seinem Sieg im Superpole Race bereits dafür gereicht. Begleitet von eher mageren 21 Punkten seines Teamkollegen, der allerdings im Vorjahr an selber Stätte nur 2 Punkte zu erzielen vermochte. Von einer Kawasaki Krise war jedenfalls in Portugal beileibe nichts zu spüren. Hingegen fiel nach zwei vierten Plätzen in den ersten beiden Rennen im 2. Lauf Alex Lowes wieder in sein altes Muster zurück. Der seit Jahren als Crash-Pilot verschriene Engländer beendete seine Hoffnungen prompt wieder einmal im Kiesbett.

Sam Lowes (Kawasaki, im Bild vor Redding, Rinaldi, Baz und Sykes) führte nach der 1. Runde in Australien die WM an. Aus Portugal reiste er nach Runde 3 mit 45 Zähler Rückstand auf WM-Leader Rea ab (© Kawasaki Racing Team).

Die BMW-Pleite

Im Vergleich zu ihren Ankündigungen vor Saisonbeginn muss man sowohl Tom Sykes, wie auch seine Teamleitung, als die großen Verlierer nach den ersten 3 Runden der verkürzten Saison zu bezeichnen. Es war anfangs des Jahres noch vom Kampf um Spitzenplätze und gar Siege die Rede bei den Verantwortlichen. Auch Tom Sykes stieß nach den letzten Testfahrten noch ins selbe Horn. Nach Portimão steht der Spaßvogel vom Dienst in der WorldSBK jedoch mit einem 7. Platz als bestem Resultat aus 9 Rennen da. In der WM liegt Sykes auf Rang 10 und sein Teamkollege Eugene Laverty gar nur auf Platz 14. Letzterer wird wohl als Pechvogel des Jahres 2020 in die Geschichtsbücher eingehen, nachdem er diesen Titel bereits im Vorjahr zu Recht getragen hatte.

Tom Sykes im Paddock Show Interview mit Moderator Michael Hill in Imola 2019. Von den teils hervorragenden Resultaten im ersten Jahr können Fahrer und Team im Moment nur träumen.

Eugene Laverty und sein Pech in Portugal
Der Nord-Ire wurde im Superpole-Race von Chaz Davies abgeschossen und flog im 2. Rennen in Kurve 5 ab. Er konnte danach das Rennen noch fortsetzen, mehr als Platz 12 war danach jedoch nicht mehr drin. Im 1. Rennen hatte es nur für den 10. Rang gereicht. Offenbar verzichtet BMW nun ernsthaft auf die Teilnahme an den Valencia Tests am 13. und 14. August, bei welchem fast sämtliche anderen Teams teilnehmen. Statt derart halbherzig an einer WM teilzunehmen, würden es die Münchner demnach wohl besser gleich sein lassen.

Eugene Laverty (BMW) im 1. Rennen am Samstag vor Alvaro Bautista und Leon Haslam (beide HRC Honda) – Platz 10 blieb für den Nord-Iren das bisher beste Resultat der ersten 3 WM-Runden (© WorldSBK).

HRC Honda mit auf und ab – aber Hoffnung auf Steigerung

Im Vergleich zu BMW ist HRC Honda mit der brandneuen CBR-1000RR-R tadellos auf Plan. Was uns auch beeindruckt, ist die Bescheidenheit, mit welcher selbst der amtierende Vize-Weltmeister Alvaro Bautista sich meist zur Situation meldet. Von vielen voreiligen Schreiberlingen bereits vor dem ersten Rennen schon fast zum potenziellen Verlierer abgestempelt, beeindruckte der kleine Spanier prompt beim Saisonauftakt mit zwei hervorragenden Rennen in Down Under. Mit zwei sauberen 6. Rängen hatte nach seinen bescheidenen Trainingsergebnissen fast niemand gerechnet, mit Ausnahme vielleicht von uns. Wir hatten bereits vor dem Rennen aus Australien berichtet, man solle Bautista nicht zu früh abschätzen und behielten am Ende damit Recht. Noch fehlt bei HRC Honda und seinen Fahrern das ein- oder andere Puzzlesteinchen. Aber mit WM-Rang 7 für Alvaro und 11 für Leon wurde vielen Skeptikern bereits eindrücklich der Mund gestopft.

Alvaro Bautista (HRC Honda) vor Eugene Laverty (BMW) und Teamkollege Leon Haslam – die Piloten von HRC Honda überzeugten bisher mehrheitlich, auch wenn noch ein gutes Stück Arbeit vor ihnen und ihrem Team liegt (© WorldSBK).

Viel Licht und Schatten

Michael van der Mark meldete sich in der 3. Runde in Portugal endlich wieder auf dem Podium zurück. Zu Beginn der Saison stand er oft im Schatten seines neuen Pata Yamaha Teamkollegen Toprak Razgatlioglu. Doch der Niederländer zeigte mit Ausnahme des Superpole Race über die volle Distanz zwei hervorragende Rennen. Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) kann man getrost als positivste Überraschung seit es in Europa weitergeht bezeichnen. Ohne Hilfe des Werks leisten der Fahrer und sein Team Goeleven erstaunliches. Meist war Rinaldi sogar dabei erfolgreicher als Ducati Werksfahrer Chaz Davies. Dieser zeigt immer wieder Schwächen und steht wie im Vorjahr erneut deutlich im Schatten seines Teamkollegen, nur das dieser neu Redding heißt. Nebst Loris Baz von Ten Kate Yamaha muss auch Garrett Gerloff (GRT Yamaha) als positive Überraschung genannt werden. Die beiden dürften der Marke in dieser Saison noch viel Freude bereiten.

„Magic Michael“ van der Mark (Pata Yamaha, hier vor Redding und Lowes) meldete sich in Portimão eindrücklich zurück und fuhr in den beiden Rennen über die volle Distanz aufs Podium (© WorldSBK).

Die größeren und kleineren Enttäuschungen

Abgesehen von Großmaul Marco Melandri (Barni Ducati), der in Portugal vieles schuldig blieb, ist vor allem dessen Landsmann Federico Caricasulo (GRT Yamaha) zu nennen, der bisher arg enttäuschte. Magere 12 WM-Punkte sind für den WSSP 600 Vize-Weltmeister von 2019 schlicht zu wenig. Auch von Xavi Fores (Kawasaki Puccetti Racing) hätte man sich mehr als 14 Zähler nach 3 Runden erwartet. Für dMaximilian Scheib (ORELAC Racing VERDNATURA Kawasaki) gilt nach hervorragendem Saisonauftakt, dass er lieber öfters sitzenbleibt und sich versucht, beim Doppelrennen in Aragon wieder besser in Szene zu setzen. Der Chilene hat, genauso wie Tati Mercado (Motocorsa Racing Ducati) definitiv das Zeug dazu, regelmäßig in die Punkteränge vorzustoßen. Ob die beiden Franzosen Ponsson (Nuova M2 Racing Aprilia) und Barrier (Brixx Performance Ducati) ebenfalls dazu in der Lage sind, können sie in den folgenden Runden noch versuchen zu beweisen.

Start zum 2. Rennen der Motul WorldSBK am Sonntag, dem 9. August 2020 auf dem Autodromo do Algarve. Ganz links im bild Marco Melandri (Barni Ducati), der sich nach vollmundigen Ankündigungen vor seiner Rückkehr alles andere als mit Ruhm bekleckerte. Ganze 2 Pünktchen nahm der Winzling aus Portugal mit nach Hause (© WorldSBK).

Der einzig verbliebene Deutsche in der WorldSBK
Nach dem bösen Sturz von Sandro Cortese in der letzten Runde im 1. Rennen bleibt uns nichts, als dem Berkheimer gute Genesung zu wünschen. Ob und wann er wieder ins Paddock oder gar auf sein Bike zurückkehrt, ist dabei völlig nebensächlich. Vorrang hat beim Deutschen eine hoffentlich vollständige Genesung.

Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) vor Tom Sykes (BMW) – der Italiener fuhr seit dem Saison-Restart schlicht sensationell und hätte sich mit seinen Leistungen eigentlich einen Platz in einem Werksteam verdient (© WorldSBK).

WM-Zwischenstand WorldSBK nach Runde 3 in Portugal

Der kombinierte Kalender WorldSBK und MotoGP 2020

Bevor es beim Motorland Aragon mit dem einzigen Doppelrennen der Motul WorldSBK ab 28. August weitergeht, findet an selber Stätte von den meisten Teams noch ein 2-tägiger Test statt. In Kursivschrift die bei der WSBK noch unbestätigten Events und in rot das mit Sicherheit nicht stattfindende Rennen in Argentinien, welches trotzdem immer noch im Kalender steht.