Der junge Barry Sheene auf einer 125 cm³ Suzuki schaffte im Jahr 1971 den Durchbruch im Grand Prix Sport und damals ahnte noch niemand, dass der Junge aus London nur fünf Jahre später zu einem der beliebtesten GP Fahrer aller Zeiten werden sollte.

Der Grand Prix der DDR vor 50 Jahren

Während die Vorbereitung für ein Geisterrennen (mit Ausnahme einer ganzen Menge VIP’s) am Sachsenring voll in Gang sind und sogar teils mit feuchten Verhältnissen zu rechnen ist, werfen wir einen Blick zurück. Und zwar genau 50 Jahre, als Barry Sheene erst in seinem einundzwanzigsten Lebensjahr steckte und soeben damit begonnen hatte, die Welt des internationalen Rennsports mit seiner Anwesenheit zu beglücken. Der Grand Prix der DDR war der sechste von 13 WM-Läufen und zum bereits vierten Mal seit 1967 fanden alle Events nur noch in Europa statt. Zur damaligen Zeit war das Rennen auf dem Sachsenring das vielleicht bedeutendste Sportereignis hinter dem eisernen Vorhang überhaupt. Und leider wurde es von zwei Ereignissen überschattet, von welchen eines das baldige Ende dieses in der Gegend und bis weit über die Grenzen Sachsens und der DDR unglaublich beliebten Rennens bedeuten sollte.

Das Programmheft zu einem einzigartigen Volksfest in der Kleinstadt Hohenstein-Ernstthal, bei welchem die Bürger des „Arbeiter und Bauernstaats“ damals die internationalen Stars des Grand Prix Sport hautnah erleben konnten. Zu einer Zeit, als es selbst im Westen noch so gut wie keine TV-Übertragungen vom Motorrad-Rennsport gab.

Der tragische Unfall von Günter Bartusch
Es war einer der erfolgreichsten Fahrer der DDR, welcher am 9. Juli bereits beim Auftakt zum Rennwochenende auf tragische Weise sein Leben verlor. Am 18. April 1943 im nahen Freiberg (zwischen Chemnitz und Dresden) geboren, war er drei Jahre davor bei seinem ersten Grand Prix gleich auf Anhieb hinter den beiden Yamaha Werksfahrern Phil Read und Bill Ivy auf Rang drei gefahren. Für den MZ-Fahrer ging es bei seinem zweiten internationalen Einsatz am GP von Tschechien in Brünn gleich so weiter. Günter Bartusch holte sich erneut Platz 3 und zur Belohnung durfte er im Jahr danach sogar vier Grand Prix Rennen bestreiten. Bestes Resultat war ein zweiter Rang in Imatra (Finnland) und mit 12 Punkten wurde er WM-Sechzehnter in der über 11 Runden ausgetragenen Saison. Ein Jahr später trat er gleich in drei Klassen an und holte beim GP von Frankreich in Le Mans, sowie an der damals zur WM zählenden TT (dort auch bis 250 cm³) je einen dritten Platz in der 125-er Klasse. Dazu beim Ulster GP bis 350 cm³ sogar einen zweiten Rang. Einige behaupteten nach seinem tragischen Unfall, ihm sei wie zwei Jahre davor bei Bill Ivy auf dessen Jawa, der Motor seiner MZ festgegangen, was von offizieller Seite jedoch dementiert wurde. Vor dem Start zum Rennen wurde dem im Alter von erst 28 Jahren verstorbenen Sachsen mit einer Schweigeminute gedacht.

Das letzte Foto von Günter Bartusch, kurz bevor der in seinem Land sehr populäre Motorsportler im Training bei einem Sturz sein Leben verlor. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs war er nach Helmut Arnold (DDR), Gerhard Hofmann (BRD), Werner Daubitz (DDR) und Bill Ivy bereits das fünfte Todesopfer in Hohenstein-Ernstthal.
Nur die Queckenberg-Kurve und danach der Start-Zielbereich existieren auf dem heutigen Sachsenring noch, während es damals auf normalen Straßen durch die Ortschaft und hoch in Richtung der Autobahn und dieser entlang ging, bevor das Bergabstück durch den Wald folgte. Zwei Jahre davor war mit Bill Ivy einer der erfolgreichsten und beliebtesten Rennfahrer der damaligen Zeit auf dieser gefährlichen Strecke tragisch verunfallt. Mehr über seine Geschichte siehe in unserer ständig wachsenden History.

Der Grand Prix der DDR von 1971

In der 125 cm³ Klasse siegte Angel Nieto (Derbi) vor Barry Sheene (Suzuki) und dem Schweden Börje Jansson auf der deutschen Marke Maico. Dazu blieb der kleine Spanier auf dem aus seinem Land stammenden Fabrikat auch in der sogenannten Schnapsglasklasse bis 50 cm³ siegreich, vor den beiden Niederländern de Vries und Schurgers (beide Kreidler). Bei den 350-ern gewann wie so oft in diesen Jahren Giacomo Agostini auf der haushoch überlegenen MV Agusta mit 1:20,4 Minuten vor Paul Smart (GB, Yamaha) und der Ungar Laszlo Szabo hatte ebenfalls auf einer Yamaha beinahe 2 Minuten Rückstand auf den Italiener. Bis auf zwei weitere Fahrer hatte der mehrfache Weltmeister sämtliche anderen überrundet, als er die Zielflagge sah.

Laslo Szabo (hier auf MZ vor Francesco Villa in der Saison 1969) war beim 350-er Grand Prix der DDR auf Yamaha starker dritter geworden.

Das groteske Resultat des 500 cm³ Grand Prix der DDR
In der Königsklasse dominierte „Ago nazionale“ noch dramatischer und nur der Neuseeländer Keith Turner auf Suzuki kam in derselben Runde im Ziel an. Bei über zweieinhalb Minuten Vorsprung des Siegers erübrigen sich die „Nachkommastellen“ vollkommen. Der Grund dieser erdrückenden Überlegenheit lag einige Jahre zurück, als die FIM ohne vorherige Rücksprache mit den japanischen Werken auf Druck der europäischen Werke eine drastische Reglementsänderung beschlossen hatte. Darauf war Honda schlagartig vom Rennsport zurückgetreten und sollte erst über ein Jahrzehnt später wieder zurückkehren. Auch Suzuki war nach der Ankündigung der im Februar 1968 auf die Saison im Jahr danach beschlossene Änderung zusammen mit Honda ausgestiegen. Das Werk aus Hamamatsu kehrte jedoch wesentlich früher als das weltgrößte Motorradwerk wieder in den Grand Prix Rennsport zurück.

Die Entwicklung des Sachsenring-Rekords seit 1927 bis vor dem Rennen von 1971, als Agostini mit 172,073 km/h seine frühere Bestmarke von 1968 deutlich verpasste. Aber durch die Überlegenheit seiner MV konnte der Italiener sich eine etwas gemütlichere Gangart auf dem gefährlichen Straßenkurs durchaus erlauben.

Der falsche Sieger und vor allem die falsche Hymne im 250 cm³ GP

Das Rennen der Viertelliter-Klasse sollte gleich aus mehrerlei Gründen in die Geschichte eingehen. Wie in den beiden kleinsten Kategorien ging es hier bis zum Schluss durchaus spannend und dramatisch zu. Und zum Ungemach der unzähligen anwesenden Parteigenossen im Unrechts-Staat DDR war es ausgerechnet ein „Wessie“, welcher dabei die Rolle des Helden spielte. Den Schwaben verstanden die Sachsen natürlich besonders gut, wenn er ins Mikrofon sprach und seine Leistung nötigte selbst seinen Gegnern an diesem Sonntag allen Respekt ab. Von Position 10 hatte sich der lange Mann aus Hermaringen kontinuierlich nach vorne gearbeitet. In der zehnten Runde übernahm er die Führung und am Ende war es ausgerechnet der Mann aus dem Land des „Klassenfeinds“, welcher zuoberst auf dem Podium stand. Die Polit-Funktionäre sorgten vor der westdeutschen Nationalhymne sogar dafür, dass fast alle Lautsprecher, zumindest bis auf diejenigen bei Start-Ziel, abgeschaltet wurden. Aber damit schossen sie ein Eigengoal, weil die begeisterten Fans aus mehrheitlich der DDR einfach selbst mitsang, was sich rund um die Strecke fortsetzte. Es gab nur noch eine Ausgabe von 1972 und danach kam das Aus für den GP der DDR, was ausgerechnet dem Sieg eines Westdeutschen und vor allem sturen Parteifunktionären zu verdanken war.

Rodney Gould vor Phil Read und Dieter Braun, nachdem sich der Deutsche bereits von P10 vorgekämpft hatte und nur noch knapp hinter dem Führungs-Duo gelegen hatte, welchem er kurz danach das Hinterrad zeigen sollte.

>GP Deutschland Vorschau: siehe separaten Bericht auf dieser Seite.