Strahlemann und Aragon-Sieger Alvaro Bautista zusammen mit Jonathan Rea und Chaz Davies an der Paddock Show von uns 2019 fotografiert. Einen besseren und erfolgreicheren Saisonstart als die ersten 11 Rennen zu gewinnen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Und genau dies gelang dem schnellen Spanier dank seiner „Wunderwaffe“ im ersten WorldSBK Jahr.

Ein Rück- und Ausblick zur Nr. 19 – Alvaro Bautista

Als der kleinwüchsige Spanier nach seinem Umstieg von der MotoGP in der WorldSBK durchstartete, übersahen fast alle Berichterstatter ein winziges Detail. Nach den ersten 11 Rennen in 4 Runden lag Alvaro Bautista bereits 53 Punkte vor dem amtierenden Weltmeister. Wir hatten bereits als Zeugen vor Ort auf besagte Kleinigkeit hingewiesen. Während sämtliche anderen deutschsprachigen Berichterstatter von zu Hause aus berichtend, dies offensichtlich übersahen, was beispielsweise wir mit eigenen Augen in den Rennen von BuriRam miterlebt hatten. Der Punkt war nämlich, dass die neue MotoGP Replica Panigale V4R in Beschleunigung und Topspeed mit dem kleinen Spanier als „Jockey“ haushoch überlegen war. Dies konnte selbst ein Jonathan Rea mit fahrerischen Mitteln nicht wettmachen. Doch dann kamen die ersten sogenannten Fahrerstrecken und der Rest der Geschichte ist den meisten bekannt. Wenn nicht, bitte auf unserer History zu 2019 sich die detaillierten Berichte zur WSBK-Saison zu Gemüte zu führen.

Alvaro Bautista in BuriRam (Thailand) 2019 auf der Outlap zur Startaufstellung von uns festgehalten. Im Rennen wäre der kleine Spanier wohl auch aufrecht sitzend an Jonathan Rea auf den Geraden vorbeigefahren, so überlegen war sein Topspeed gegenüber sämtlichen Konkurrenten.

Der überraschende Wechsel auf die Saison 2020

Statt seinen Ducati Vertrag zu Saisonmitte zu verlängern, kam plötzlich von Bautista die Meldung, er trenne sich auf Ende 2019 von den Roten. Damit hatte auch die Sorte Journalisten nicht gerechnet, welche sonst immer so tun, als hörten sie das Gras wachsen. Dabei waren es ausgerechnet solche Zeitgenossen, welche eine gewisse Mitschuld daran trugen, dass der Spanier sich bei der Firma im Lauf der Saison unbeliebt machte. Ob seine Bemerkung gegenüber einigen Schreiberlingen ernst gemeint war, oder er sich nur über sie lustig machen wollte, werden wir nie erfahren. Tatsache ist aber, dass es welche gab, die so dämlich waren, es zu veröffentlicht. Die Rede ist von einer der peinlichsten Behauptungen, welche es im Zweirad-Rennsport in letzter Zeit gab. Um es kurz zu machen, seine Stürze (sprich Ausrutscher über das Vorderrad) von Jerez und Misano in der 2. Runde lägen an einem technischen Problem der Ducati. Diese Lachnummer fanden viele lustig, nicht aber die Ducati-Verantwortlichen.

Alvaro Bautista nach Platz 14 im zweiten Rennen im Parc Fermé von Misano 2019, als wir festhielten, wie er von seinen Teammitgliedern getröstet werden musste. Der Spanier war unbedrängt in Führung liegend ausgerutscht, weil er es schlicht übertrieben hatte. In Donington flog er erneut ab und Rea war ab dann WM-Leader.

Die Wandlung zum Underdog bei Honda

Natürlich hatte Bautista nach dem Wechsel zu HRC Honda null Erwartungsdruck und ein neues Bike mitzuentwickeln war für den Routinier durchaus reizvoll. An der Seite von Leon Haslam kann dabei auch nicht viel schiefgehen. Bevor beim Saisonauftakt die Ampeln ausgingen, hatten viele zu Hause sitzenden Möchtegern-Schlauberger den Spanier jedoch schon lange abgeschrieben. Wir jedoch sahen ihn vor Ort und die bescheidenen Test-, Trainings- und Quali-Resultate vermochten uns nicht ausreichend negativ zu beeindrucken.

Alvaro Bautista (HRC Honda) im Qualifying der Superpole von Phillip Island (Australien) von uns am 29. Februar 2020 vor Ort fotografiert. Die Zeiten überzeugten bis zum ersten Rennen überhaupt nicht, doch am Nachmittag fuhr er wie ein heisses Messer durch die vor ihm gestartete Meute.

Eine gewohnte Rolle für den Spanier
Den Underdog spielte er auch 2019 im Qualifying von Misano schon, aber im trockenen fuhr er am Sonntagmorgen im Superpole Race auf und davon. Siehe da, wir sollten umgehend mit unserer Prognose vor dem ersten Rennen recht behalten, dass man ihn nicht zu früh unterschätzen sollte. Von Startplatz 15 auf Rang 6 zu fahren, Chapeau! Der von vielen vorschnell als beinahe-Sieger verkaufte Polesetter Tom Sykes (BMW) hingegen hatte einen anderen Weg im Rennen gefunden. In erster Linie ging es für ihn von der Spitze nach weit hinten. Er landete beinahe siebeneinhalb Sekunden hinter dem Spanier nur auf Rang 9. Merke: Für gute Test- und Trainingsresultate gibt es keine Punkte, abgerechnet wird erst beim Kreuzen der Zielflagge.

Alvaro Bautista (Aruba.it Ducati) 2019 von uns in Aragon nach dem Rennen auf dem Weg zum Siegerpodest fotografiert. Schlechte Test- oder Trainingsresultate sagen bei ihm rein gar nichts aus. Der Routinier kann im Rennen förmlich explodieren und dann geht bei ihm erst richtig die Post ab.

Die Saison 2020 – Top oder Flop

Der Spanier erinnert uns oft ein wenig an den „Renntiger“. Wem dies nichts sagt, der soll bitte auf unserer History unter H. P. Müller mal nachschauen. Es gibt Rennfahrer, die sind dafür auf die Welt gekommen und dazu gehört der kleine Mann aus Talavera de la Reina unbestritten. Ihm wurde nichts in die Wiege gelegt und er musste sich verschulden, um seinen Traum zu leben. Seine Hartnäckigkeit zahlte sich am Ende jedoch aus und 2006 wurde er 125 cm³ Weltmeister. Bei Alvaro lief es 2020 nach dem Motto Top oder Flop. Um es auf den Punkt zu bringen, er stellte beispielsweise Tom Sykes mit der BMW in dessen zweiten Jahr völlig in den Schatten. Trotz allen durch die Corona-Pandemie bedingten Problemen schafften es HRC Honda und Bautista, auf Anhieb zu beeindrucken.

Alvaro Bautista (Aruba.it Ducati) von uns beim Saisonfinale in Losail (Katar) 2019 fotografiert. Nach seinem Wechsel zu HRC Honda hatten ihn nach enttäuschenden Testzeiten schon viele abgeschrieben, doch seinen Kritikern stopfte er bereits beim Saisonbeginn das Maul.

Die wichtigsten Momente der vergangenen Saison

Alvaro Bautista gelangen in den ersten 11 Rennen der Saison insgesamt 7 Top Ten Resultate. Mit dem zweiten Lauf am ersten Wochenende in Aragon kam noch vor Hälfte der verkürzten Corona-Saison bereits die Erlösung. Das erste Podium wurde Realität und sämtliche Stürze und Probleme davor waren mit einem Schlag vergessen. Danach schaffte er noch zwei fünfte Plätze und eine weitere Platzierung in den ersten zehn. Platz 9 trotz mehrerer Stürze in der WM-Endabrechnung ist nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick aussehen mag. Vor allem im Vergleich zu BMW, der renommierten deutschen Marke mit Tom Sykes und Eugene Laverty. Diese beiden unbestrittenen Könner landeten deutlich hinter Bautista, obwohl sie bereits im zweiten Jahr die BMW S-1000 RR bewegten.

Alvaro Bautista und Federico Caricasulo auf dem Circuit de Nevers Magny-Cours – mit der brandneuen Honda CBR-1000RR-R hatte er anfänglich durchaus seine Mühe, doch seine Resultate bei einigen Rennen liessen aufhorchen. In der Saison 2021 geht es darum, erste Achtungserfolge zu bestätigen und um Podestplätze mitzukämpfen (© WorldSBK).

Die Ziele von Honda mit Bautista und Haslam

Der weltgrößte Hersteller hatte die neue Honda Fireblade CBR-1000RR-R nicht gebaut, um eine Statistenrolle in der Superbike WM zu spielen. Wie andernorts fälschlicherweise behauptet, ist die seriennahe Weltmeisterschaft auch nicht nur Mittel zum Zweck, um in den acht Stunden von Suzuka erfolgreich sein. Völlig falsch, dabei handelte es sich wieder einmal um typischen (Red) Bull Shit, als dies einer deren Schreiberlinge zum besten gab. Nichts wäre der japanischen Firma nämlich lieber, als endlich mal wieder Ducati und Kawasaki den Meister in der WSBK zu zeigen. Und hier wird mit komplett anderen Reifen gefahren, zudem spielt dabei der Benzinverbrauch keine Rolle, daher würde dies gar nichts bringen. Nein, man will definitiv bei HRC gewinnen und den Titel holen und dies gerne im zweiten Jahr bereits.

Leon Haslam vor Alvaro Bautista (HRC Honda) – jetzt, wo nicht mehr Red Bull drauf steht, sind sie schnell, werden aber dafür von der Red Bull Seite speedweek gerne bei jeder Gelegenheit miesgeredet. Doch die Resultate sprechen für sich und im Vergleich dazu sah die von den Red Bullis laufend hochgejubelte BMW-Truppe fürchterlich alt aus (© WorldSBK).

Endstand der Fahrer-WM 2020

Die WM-Chancen von Alvaro Bautista für 2021

Nebst Topfavorit und Titelverteidiger Jonathan Rea mit Kawasaki kann Honda bereits in der kommenden Saison ganz vorne mitspielen. Dass der Wille dazu vorhanden ist und die notwendigen Kapazitäten, bezweifelt kein Mensch, der von Verstand beseelt ist und eine Ahnung von Rennsport hat. Die Fortschritte von HRC Honda in der ersten Saison mit der brandneuen CBR-1000RR-R waren eklatant. Durchaus denkbar, dass Honda einmal mehr zum „Ducati-Killer“ wird und der amtierende Weltmeister gar davon profitiert. Für zahlreiche positive Überraschungen stehen die Chancen bei Alvaro Bautista ausgezeichnet. Dass er Jonathan Rea im Titelkampf ernsthaft bedrängen kann, ist jedoch ein anderes Thema. Ernsthaft daran glauben, mögen wohl die wenigsten.

Bautista und seine Honda am Boden- kein ungewohntes Bild in der verkürzten Saison 2020. Trotzdem trauen ihm und seinem Team viele Beobachter zu, dass sie nächste Saison den Durchbruch und Rennsiege schaffen können (© WorldSBK).

Die WorldSBK-Karriere von Bautista in Zahlen

Provisorischer Kalender für 2021

Eigentlich wollte der WSBK-Verantwortliche der Dorna, Gregorio Lavilla mit drei für die Superbike WM neuen Strecken überraschen (mehr über seine Karriere als Fahrer siehe in unserer History). Dessen sehr spät veröffentlichter provisorischer Kalender enthielt jedoch nur eine und zum Leidwesen vieler Deutschen Fans fehlt darin Oschersleben. Genau deshalb barg der Kalender auch so viele Überraschungen, vor allem den indonesischen Ort auf der Insel Lombok und Donington ohne WorldSSP. Während Red Bull Media fälschlicherweise bis kurz vor Veröffentlichung über deren Seite speedweek von einem angeblichen Start in Jerez berichtete, soll dieser Termin nun erst im September stattfinden. Saisonstart im April in Assen tönt jedenfalls gut. Aber viele befürchten, das Event fällt ohne Bewilligung für Zuschauer am Ende flach. Derzeit muss daher noch mit einigen Modifikationen gerechnet werden.

Der Vertrag mit Phillip Island steht noch nicht, genauso wie der Termin dafür, für welchen es fast nur die beiden von uns genannten Daten als vernünftige Möglichkeit gibt. Zumindest gilt dies für den Fall, dass auch wirklich der noch im Bau befindliche Mandalika Circuit bis im Herbst fertiggestellt und homologiert ist. Dazu müssen außerdem die Leute wieder reisen dürfen und es müsste ohne Einreisebeschränkungen gehen, was derzeit aufgrund Corona aber alles andere als sicher ist..