Tom Sykes (BMW) in Bildmitte und rechts davor sein späterer Teamkollege (Eugene Laverty Milwaukee Aprilia) von uns in der Startaufstellung von Aragon im April 2019 fotografiert. Im ersten Jahr gelangen dem Engländer auf der BMW S-1000 RR nach der werksseitigen Rückkehr der deutschen Marke in die WorldSBK einige Achtungserfolge.

Ein Rück- und Ausblick zur Nr. 66 – Tom Sykes

Der am 19. August 1985 in Huddersfield geborene Engländer ist eine Figur, wie sie in der MotoGP mehr als guttun würde. Mit Ausnahme von Valentino Rossi verblieb dort an Charakterköpfen mittlerweile nur noch Aussie Jack Miller. In dieser Beziehung ist die seriennahe Weltmeisterschaft extrem verwöhnt. Nebst Tom Sykes, „Magic Michael“ und hoffentlich bald wieder Jordi Torres, brachte auch Scott Redding viel Farbe ins WorldSBK Paddock. Wir erlebten in Nevers vor eineinhalb Jahren aus angemessener Distanz in einem Restaurant die Weltmeisterfeier des Teams von Jonathan Rea in Nevers mit. Der ehemalige Teamkollege des Nord-Iren brachte dabei die halbe Mannschaft mit seinen Sprüchen derart zum Lachen, dass einige von ihnen sich beinahe nicht mehr einkriegten. Legendär ist auch sein Spruch gegenüber einem Hotelportier unmittelbar neben uns sitzend in der Bar, die gerade schliessen wollte. Auf die Frage, ob jemand noch etwas wolle, antwortete der Spaßvogel vom Dienst „wir trinken die ganze Nacht“.

Tom Sykes von uns im Interview mit Paddock Show Moderator Michael Hill im Jahr 2019 aufgenommen. Der Engländer gilt als beliebter Gesprächspartner und ist nicht nur schnell, sondern ein hervorragender Entwicklungsfahrer.

Der „Mister Poleman“ beim Saisonauftakt

Wir waren nicht ganz zufällig vor Ort, als 2020 in Down Under die Saison wie üblich schon früh im Jahr begann. Auf der Insel Philip Island hatten wir im Örtchen Cowes ein vermeintliches 4-Sterne Hotel gebucht, über den Preis für 3 Nächte schweigen wir uns lieber aus. Jedenfalls waren wir schon in mancher österreichischen Pension zu Gast, die dagegen als Luxustempel herhält. Wie es auch sei, uns lockte in erster Linie der Rennsport dorthin und was auf der anderen Seite der kleinen Insel im Süden von Melbourne in dieser Beziehung vor Ort ablief. Der Mister „Poleman“ oder auch als der Master of Superpole bekannte Engländer schlug am Samstagvormittag zu. Von einigen Journalisten wurde er sogar schon davor als vermeintlicher Mitfavorit auf das Podest gefeiert, weil er nach den ersten Tests auf P3 lag. Jedenfalls holte sich der BMW Pilot seine bereits 50. Poleposition am 29. Februar 2020.

Tom Sykes von uns in Kurve 4, genannt Honda Corner in Phillip Island aufgenommen. Der Engländer startete zwar am Samstag zum WM-Auftakt von der Pole, doch kurz danach bekleckerte er sich alles andere als mit Ruhm.

Tom Sykes und sein unbestraftes Foul
Kurz nach dem Start zum ersten Rennen am Samstag kam es zu einer üblen Szene, als er in Kurve 9 innen am führenden Jonathan Rea in eine Lücke stach, welche gar nicht existierte. Mit seinem Knie bugsierte er den ehemaligen dabei unsanft neben die Strecke, welcher ins Gras musste und mit hoher Geschwindigkeit beinahe abgeflogen wäre. Dies ausgerechnet auf dem Phillip Island Circuit, auf dem Carl Fogarty aufgrund eines heftigen Crashes im April 2000 seine Karriere beenden musste. Mehr dazu siehe unter „History“ auf dieser Seite. Der amtierende Weltmeister stürzte dank seiner Motocross-Erfahrung nicht einmal, sondern nahm das Rennen danach von ganz hinten wieder auf.

Unsere Aufnahme vom Start zum ersten Rennen der Saison in Phillip Island (Australien), ganz rechts Polesetter Tom Sykes (BMW) vor Scott Redding (Ducati) und Jonathan Rea (Kawasaki), welcher schon nach wenigen Kurven die Führung übernahm. Doch die unsaubere Attacke des BMW Piloten sollte ihn am Ende das Rennen kosten.

Kein Auftakt nach Mass für die beiden ehemaligen Mannschaftskollegen
Bei seiner wilden Aufholjagd riskierte Rea einen Moment lang zu viel und crashte endgültig. Sykes hingegen wurde bis auf Rang 9 durchgereicht und selbst vom auf P15 gestarteten Alvaro Bautista am Ende noch um 7,5 Sekunden distanziert. Merke: Punkte gibt es jeweils erst im Rennen. Mancher Schreiberling sollte sich dies wohl besser hinter die Ohren schreiben. Die einzige Überraschung war letztlich, dass Sykes für sein Vergehen an seinem früheren Teamkollegen von der Rennleitung nicht bestraft wurde. Die meisten australischen Besucher hatten zum Vorfall ihre eigene Meinung, wie wir am Abend vielerorts mitbekamen. Da Rea mit einer Frau aus diesem Land verheiratet ist, hätten viele von ihnen dem Übeltäter auf dem BMW laut deren Aussagen am liebsten in die Weichteile getreten.

Tom Sykes (rechts) und Jonathan Rea von uns 2019 in Misano fotografiert. Meistens verstehen sich die beiden, aber in Brünn gab es 2018 bereits eine Situation, nach welcher sich der Weltmeister über seinen damaligen Teamkollegen bitter beschwerte.

2020: Eine Saison zum Vergessen für Tom Sykes

In Australien ging es nach dem verpatzten Auftaktrennen ähnlich schlecht weiter für den BMW Piloten. Platz 6 im Superpole Race gab nur 4 Punkte und Rang zehn im 2. Rennen war mit deren 6 auch nicht viel ergiebiger. In Jerez blieb es bei mickrigen 9 Punkten und in Portugal folgte in der 3. von nur 8 Runden das beste Ergebnis. Mit den Platzierungen 8, 6 und 7 fiel jedoch auch dieses ausserhalb der Top 5 aus. Im Vorjahr hingegen war Sykes mehr als einmal auf dem Podium gestanden. Daher hatten er und die Team-Verantwortlichen vor der Saison auch noch von Siegen und Podestplätzen gesprochen, als es um die Zielsetzungen für 2020 ging. Bestes Einzelergebnis wurde Lauf 2 in Barcelona mit Rang 5. Es wurde eine Saison zum Vergessen für Tom Sykes. Wie wir gelernt haben, gab es auch für Startplatz 2 des Engländers und die Pole von Teamkollege Laverty in Nevers danach keine Punkte. In der ersten Kurve kegelte Sykes diesmal gar im 1. Lauf Eugene aus dem Sattel und am Ende wurde er nur WM-Rang 12 für Sykes.

Tom Sykes in der BMW Box – kurz nach dem doppelten Crash mit Teamkollege Laverty, den er gleich mit abgeräumt hatte, war der Spaßvogel aus Huddersfield bereits wieder zu Scherzen aufgelegt (© WorldSBK).

>>Mehr über die WorldSBK Saison 2020 und frühere Jahre siehe in unserer History.

Tom Sykes in der Saison 2019 von uns bei der Autogrammstunde fotografiert. Der Engländer ist ein Original und es ist zu hoffen, dass er dem WorldSBK Paddock noch eine ganze Weile erhalten bleibt.

Die Karriere von Tom Sykes in Zahlen

Vor und bis zu seinem Einstieg in die WSBK:
2004 und 2005: jeweils Platz 5 in der British Supersport Championship.
2006: Platz 2 in der British Supersport Championship.
2007: Platz 6 in der British Superbike Championship.
2008: Platz 4 in der British Superbike Championship.
Der größte Erfolg in seiner bisherigen Karriere:
2013: Superbike Weltmeister, nachfolgend seine WSBK Statistik:

Endstand der Fahrer-WM 2020

Die WM-Chancen von Tom Sykes für die kommende Saison

Vieles hängt davon ab, wie stark die BMW M-1000 RR sein wird. Die Saison 2020 des BMW-Werksteams wurde zur Blamage. Irritierend war auch deren Verzicht an den Tests von Mitte November 2020. Nur mit einem konkurrenzfähigen Bike können Sykes und sein neuer Teamkollege van der Mark vorne mitmischen. Am 20. Januar werden bei den Testfahrten zum ersten Mal im neuen Jahr die Karten aufgedeckt. Gute Resultate bei den Vorsaisontests sind jedoch keine Garantie für starke Ergebnisse im Rennen. Wie die Kräfteverhältnisse wirklich aussehen, wird sich wohl erst zeigen, wenn es losgeht. Hierbei ist zu hoffen, dass der Kalender aufrechterhalten werden kann und es gegenüber dem Vorjahr 2021 mehr Rennen geben wird.

Tom Sykes auf der BMW S-1000 RR in Estoril – nächste Saison hat er mit dem M-Modell eine neue Waffe im Kampf um Punkte und Ruhm. Wie konkurrenzfähig er damit sein wird, steht noch vollkommen in den Sternen (© WorldSBK).

Provisorischer Kalender für 2021

Eigentlich wollte der WSBK-Verantwortliche der Dorna, Gregorio Lavilla mit drei für die Superbike WM neuen Strecken überraschen (mehr über seine Karriere als Fahrer siehe in unserer History). Dessen sehr spät veröffentlichter provisorischer Kalender enthielt jedoch nur eine und zum Leidwesen vieler Deutschen Fans fehlt darin Oschersleben. Genau deshalb barg der Kalender auch so viele Überraschungen, vor allem den indonesischen Ort auf der Insel Lombok und Donington ohne WorldSSP. Während Red Bull Media fälschlicherweise bis kurz vor Veröffentlichung über deren Seite speedweek von einem angeblichen Start in Jerez berichtete, soll dieser Termin nun erst im September stattfinden. Saisonstart im April in Assen tönt jedenfalls gut. Aber viele befürchten, das Event fällt ohne Bewilligung für Zuschauer am Ende flach. Derzeit muss daher noch mit einigen Modifikationen gerechnet werden.

Der Vertrag mit Phillip Island steht noch nicht, genauso wie der Termin dafür, für welchen es fast nur die beiden von uns genannten Daten als vernünftige Möglichkeit gibt. Zumindest gilt dies für den Fall, dass auch wirklich der noch im Bau befindliche Mandalika Circuit bis im Herbst fertiggestellt und homologiert ist. Dazu müssen außerdem die Leute wieder reisen dürfen und es müsste ohne Einreisebeschränkungen gehen, was derzeit aufgrund Corona aber alles andere als sicher ist.