Alvaro Bautista (links) und Leon Haslam bei der HRC Honda Präsentation vor der Saison 2020 in Japan. Mit der neuen Honda Fireblade CBR-1000RR-R brachte der weltgrößte Hersteller mit seinen beiden neuen Werksfahrern ein vielbeachtetes Comeback als richtiges Werksteam in der WorldSBK (© HRC Honda).

Ein Rück- und Ausblick zur Nr. 91 – Leon Haslam

Keiner im WorldSBK Paddock ist bereits so lange im Geschäft wie der Engländer. Bestimmt hat auch keiner von seinen Konkurrenten einen auch nur annähernd so berühmten Vater wie er. Ganz im Gegensatz zu Carl Fogartys Papa war „Rocket Ron“ Haslam bereits als Fahrer schon eine lebende Legende. Wir sind ihm auf dem Autodromo do Algarve begegnet, als wir im vorletzten Winter im Januar für die WorldSBK Tests anwesend waren. Als jahrelanger Inhaber einer Rennfahrerschule war er vor Ort, um damals seinen Sohn zu beobachten und ihn zu coachen. Er grüßte uns dabei freundlich und nickte uns zu, als wir an ihm im Infield vorbeikamen. In Donington Park sahen wir ihn im Juli darauf um die Wette strahlen, als sein Sohnemann auf heimischer Strecke auf dem Podest stand.

Leon Haslam bei den Jerez Tests im Januar – auf verregneter Strecke zählte der Engländer in der Regel zu den schnellsten Fahrern, egal ob in Spanien, Frankreich oder England (© WorldSBK).

Die Rückkehr aus der BSB in die WorldSBK auf die Saison 2019
Leon war damals als BSB-Champion des Vorjahres neu ins Kawasaki Team gekommen. An der Seite von Jonathan Rea sah bisher jeder Fahrer schnell uralt aus. Unter diesen Umständen schlug sich Haslam von Beginn an definitiv hervorragend. Beim Saisonauftakt in Phillip Island leistete er sich gar rundenlange Fights mit dem schnellsten Teamkollegen, welchen man nur haben kann. Zwei Podestplätze in Australien sprachen für sich und in BuriRam (Thailand) sahen wir ihn Mitte März, als wir erneut vor Ort waren dreimal in Folge auf Rang 5 fahren. Einem 4. Platz in Aragon folgten in Assen und Imola je zwei fünfte Ränge. In Jerez ging es mit den Positionen 9, 6 und 5 weiter. Im Regen von Misano flog er im 1. Rennen auf Podestkurs liegend ab, stand aber danach gleich zweimal nacheinander auf dem Podium. Ähnlich machte er danach in Donington weiter, als er im Regen Platz 3 holte.

Von uns nach dem 1. Rennen in Donington in der Paddock Show fotografiert von links Sieger Jonathan Rea (Kawasaki), Tom Sykes (BMW, P2), Leon Haslam (Kawasaki, P3) und der beste Privatfahrer Loris Baz (Yamaha, P4).

Das letzte Saisondrittel
Nachdem mit einem weiteren Podium und P5 Donington sehr erfolgreich verlaufen war, folgte in Laguna Seca ein leichter Rückschlag. Nach einem Crash im ersten Rennen in Kurve 8 folgten aber immerhin die Ränge 5 und 6. In Portugal war Leon Haslam nochmals genauso erfolgreich wie in Thailand mit drei fünften Plätzen, bevor in Nevers im 1. Rennen ein weiterer Sturz folgte. Die Positionen 9 und 7 waren tags darauf kein Trost. Mit der argentinischen Runde von San Juan folgten die Ränge 6, 8 und 10. Beim Saisonfinale in Losail (Katar) kam sein letztes Event in Diensten von Kawasaki. Mit den Plätzen 5, 4 und 9, sowie WM-Rang 7 war es ein durchaus ehrenhafter Abschied.

Leon Haslam vor Weltmeister Jonathan Rea (beide Kawasaki) und Michael van der Mark (Yamaha) in Phillip Island beim Saisonauftakt 2019. Mit seinen hervorragenden Resultaten stopfte der Engländer seinen Kritikern gleich zu Beginn des Jahres das Maul (© WorldSBK).

Von Laien kritisiert und von Fachleuten als wertvoll erkannt
Ein Hohlkopf von Red Bull Media (den Namen haben wir vergessen, irgendwas wie Kasperl Rettich oder ähnlich) hatte während der Saison 2019 behauptet, Haslam hätte keinen Platz in einem Werksteam verdient. Aber HRC Honda sah dies anders und nahm Leon unter Vertrag. Übrigens holte sein Nachfolger Alex Lowes im Jahr danach zwei Podestplätze weniger und war mit P6 gerade einmal einen Rang besser platziert als Haslam.

Leons Vater „Rocket Ron“ Haslam vor dem Finnen Teuvo Länsivuori und dem 1979 viel zu früh verstorbenen Tom Herron. Ron Haslam wurde zu einer Ikona für Honda im Rennsport, da er als Werkspilot unter anderem die legendäre NR500 mit Ovalkolben Motor und wurde einmal zweiter bei den 8 Stunden von Suzuka. In diesem Rennen war sein Sohn später wesentlich erfolgreicher.

Die Saison 2020 von Leon Haslam

Früh wurde im Winter vor einem Jahr allen Beobachtern klar, wie wertvoll die Dienste des Engländers für HRC Honda sind. Beispielsweise am 22. Januar bei den Tests in Jerez, als Leon Haslam auf nasser Strecke gleich auf Anhieb die Bestzeit markierte. Fünf Tage später fuhr er auf der brandneuen Honda CBR-1000RR-R im trockenen auf dem Autodromo do Algarve die sechstbeste Zeit. Teamkollege Alvaro Bautista hatte über 8 Zehntel Rückstand. Doch wie von uns vermutet, sollte sich der Spanier schon bald steigern und in Australien waren beide HRC Honda Piloten schon voll mit dabei. Platz 5 von Haslam in Phillip Island, direkt vor dem kleinen Spanier war schlicht sensationell. Es folgten für Leon die Ränge 8 und 12, nachdem er im letzten Rennen gemeinsam mit Rinaldi abgeflogen war und danach weiterfahren konnte.

Von uns im Honda Corner im Superpole Race am 1. März 2019 in Phillip Island festgehalten: Leader van der Mark vor Rea (verdeckt), Lowes, Toprak, Baz und hinten mit der Nr. 91 Leon Haslam auf der HRC Honda.

Die verkürzte Corona-Saison – ein klarer Nachteil für das neue HRC Team
Weil es für ein komplett neues Bike sehr viel zu entwickeln und optimieren gibt, traf die Pandemie besonders Teams wie HRC Honda. Besonders auch, weil die Ingenieure aus Japan nun nicht mehr so leicht hin und her reisen konnten. In Spanien nahe Barcelona stationiert, hatte das neue Werksteam erst recht alle Hände voll zu tun, um die Weiterentwicklung voranzutreiben. In Jerez schafften es Haslam und Bautista trotzdem immerhin viermal in die Top Ten. In Portimão holte der Spanier sein erstes Top 5 Ergebnis und Leon fuhr dreimal in die Punkteränge. Danach kam in Aragon bereits das erste Highlight mit den Plätzen 4 und 3 für Alvaro und zwei Top Ten Resultaten des Engländers. Am zweiten Wochenende an selber Stätte wurden es gar je ein vierter Rang für die beiden und erneut war Haslam jedes Mal in den ersten zehn im Ziel angekommen.

Leon Haslam auf der HRC Honda – in Aragon das erste Podium am zweiten Wochenende nur knapp verpasst. Aber unabhängig davon hatten beide Honda Piloten die Fahrer von BMW im 2. Jahr deren Teams im WM-Klassement deutlich hinter sich gelassen (© WorldSBK).

Vielversprechende erste Saison mit der neuen CBR-1000RR-R

Bösen Zungen wie beispielsweise Red Bull Media stopften die HRC Honda Piloten mit ihren hervorragenden Ergebnissen trotz aller Widrigkeiten schnell das Maul. Leon Haslam bewies zudem auch, dass er seinem Teamkollegen, dem Überflieger des ersten Saisondrittels 2019, in nichts nachstand. So wurden die beiden zum Saisonende punktgleich neunter und zehnter im WM-Gesamtklassement. Vor allem BMW sollte dieser Einstand des neuen Teams zu denken geben. Die brandneue Honda CBR-1000RR-R erwies sich bereits als pfeilschnell und sämtliche Gegner müssen sich für kommende Saison warm anziehen. Sollten Alvaro und Leon damit weitere Fortschritte erzielen, sind regelmässige Podestplätze zu erwarten.

Leon Haslam bei seinem spektakulären Crash in Nevers – trotzdem war er im Rennen danach wieder voll mit dabei. Der Engländer ist ein zäher Bursche und schnell obendrein, das bewies er auch oft genug selbst bei schwierigsten Bedingungen (© WorldSBK).

>>Mehr über die WorldSBK Saison 2020 und frühere Jahre siehe in unserer History.

Mit Jonathan Rea bei den 8 Stunden von Suzuka, im Vordergrund Leon Haslam im Gespräch mit seinem Teamkollegen von 2019, an dessen Seite er auch in der WorldSBK damals angetreten ist (© WorldSBK).

Die WorldSBK-Karriere von Leon Haslam in Zahlen

Der Sohn von „Rocket Ron“ Haslam, welcher daher in seiner Heimat anfänglich auch oft „Pocket Rocket“ genannt wurde, war nebst seinen WSBK Highlights einer der erfolgreichsten Fahrer bei den 8 Stunden von Suzuka. Drei Siege, zwei 2. Plätze und ein dritter Rang hatte er beim prestigeträchtigsten Rennen in Japan bisher erzielt. Zusammen mit Jonathan Rea ist er derzeit auch der Titelverteidiger nach deren Sieg für Kawasaki im Jahr 2019, weil im Corona-Jahr keine Austragung stattfand.

Endstand der Fahrer-WM 2020

Die WM-Chancen von Haslam für die kommende Saison

Honda hat Leon Haslam insbesondere auch engagiert, weil er mit viel Erfahrung auf sehr vielen verschiedenen Bikes ein hervorragender Entwicklungsfahrer ist. Zusammen mit Alvaro Bautista gelangen bereits einige Resultate, welche man ihnen in dieser kurzen Zeit nicht zugetraut hätte. Durch die Corona-Pandemie war die Saison drastisch verkürzt und mangelnde Reisefreiheit machte es auch für die japanischen Ingenieure sehr schwierig im verrückten Jahr 2020. Gerade deshalb darf man die Truppe für kommende Saison nicht unterschätzen. Dies gilt besonders auch für Leon Haslam, weil er durchaus öfters in der Lage sein dürfte, aufs Podest zu fahren. Sofern er sich nicht verletzt, kann er gar eine der großen Überraschungen der Saison 2021 werden.

Leon Haslam (HRC Honda) – ein oft unterschätzter Fahrer, der jedoch als einer der besten Piloten gilt, wenn es darum geht ein Bike weiterzuentwickeln. Gerade auch deshalb und weil er immer noch den notwendigen Speed hat, war er für Honda die goldrichtige Wahl (© WorldSBK).

Provisorischer Kalender für 2021

Eigentlich wollte der WSBK-Verantwortliche der Dorna, Gregorio Lavilla mit drei für die Superbike WM neuen Strecken überraschen (mehr über seine Karriere als Fahrer siehe in unserer History). Dessen sehr spät veröffentlichter provisorischer Kalender enthielt jedoch nur eine und zum Leidwesen vieler Deutschen Fans fehlt darin Oschersleben. Genau deshalb barg der Kalender auch so viele Überraschungen, vor allem den indonesischen Ort auf der Insel Lombok und Donington ohne WorldSSP. Während Red Bull Media fälschlicherweise bis kurz vor Veröffentlichung über deren Seite speedweek von einem angeblichen Start in Jerez berichtete, soll dieser Termin nun erst im September stattfinden. Saisonstart im April in Assen tönt jedenfalls gut. Aber viele befürchten, das Event fällt ohne Bewilligung für Zuschauer am Ende flach. Derzeit muss daher noch mit einigen Modifikationen gerechnet werden.

Der Vertrag mit Phillip Island steht noch nicht, genauso wie der Termin dafür, für welchen es fast nur die beiden von uns genannten Daten als vernünftige Möglichkeit gibt. Zumindest gilt dies für den Fall, dass auch wirklich der noch im Bau befindliche Mandalika Circuit bis im Herbst fertiggestellt und homologiert ist. Dazu müssen außerdem die Leute wieder reisen dürfen und es müsste ohne Einreisebeschränkungen gehen, was derzeit aufgrund Corona aber alles andere als sicher ist.