Vor dem zweiten Rennen der MotoGP in Österreich
Ziemlich überraschend kam Mitte Mai die Absage der Grand Prix von Finnland mit der Ankündigung, dafür in der Steiermark wie im ersten Corona-Jahr ein Doppelrennen durchzuführen. Als Begründung dafür wurde die Covid-Pandemie und die damit verbundenen Reisebeschränkungen genannt, was gleich doppelt fragwürdig ist. Zum einen ist Österreich seit dem Ischgl-Cluster ein klares Krisenland und in Finnland gab es keine derartigen Probleme. Zum andern waren im Mai und sind auch im Juli innerhalb von Europa keinerlei Beschränkungen für Finnland vorgesehen, ganz im Gegenteil zu beispielsweise Portugal oder England, die immer wieder aufgrund von Mutationen des Virus als Krisen- und Hochrisikogebiete eingestuft wurden. Im Paddock machte das Gerücht die Runde, dass Red Bull ein weiteres Rennen im Land des europäischen Hauptsitzes wollte und dafür der Dorna eine satte Summe geboten haben soll. Zudem gibt es wie beim Mandalika Circuit in Indonesien nach wie vor nirgends Fotos vom fertiggestellten Kurs samt Boxenanlage und dies ist das besonders fragwürdige an der Geschichte, weil dann hätte die Dorna bei ihrer offiziellen Ankündigung der Absage des GP von Finnland sich an einer Lüge beteiligt.
Weshalb in einer Krisenregion und nicht im unkritischen Finnland?
Im Gegensatz zu Finnland galt auch die Alpenrepublik mit Regionen wie Tirol hingegen immer wieder aus kritisch und es gab sogar Probleme mit Deutschland aufgrund Grenz-Schliessungen, um die Gefahr einer Einschleppung der sogenannten Südafrika-Variante von Covid-19 zu verhindern. Das skandinavische Land hingegen war, im Gegensatz zu Österreich seit dem Hotspot in Ischgl und später erneut im Tirol, nie in den Schlagzeilen. Trotzdem kam es zur Absage der Premiere auf dem KymiRing und nun wird es nach 2020 statt dem GP von Finnland ein zweites Doppelrennen der MotoGP in der Steiermark geben, was alles andere als einleuchtend ist. Genauso wenig der Umstand, dass die Veranstalter bereits früh angekündigt hatten, die beiden Läufe vor vollem Haus und ohne Zuschauerbeschränkung durchführen zu wollen. Die Frage, weshalb in einer Krisenregion und nicht im unkritischen Finnland gefahren wird, beschäftigte viele Geister. Die Wahrheit dazu werden wir aber vermutlich wie so oft nie erfahren.
Der Red Bull Ring in Spielberg
Das durch den Umbau als A1 Ring ziemlich missglückte Layout des ehemaligen Österreich Rings. Heute als Red Bull Ring bekannt und leider mit demselben schrecklichen Charakteristikum übernommen. Turn 2 ist keine wirkliche Kurve und existiert offensichtlich nur, um die Zahl 10 zu erfüllen. Richtigerweise hat der Kurs aber eigentlich nur neun echte Kurven, die zudem auch angebremst werden müssen. Mit der Start-Ziel-Gerade und den Teilen zwischen Turn 1 und 3, sowie bis zur engen Kurve vier sind allesamt mit Vollgas zu fahren, selbst in der MotoGP. Turn 2 ist keine wirkliche Kurve und dient einzig dem Umstand, dass man damit in Summe auf die Zahl zehn kam. Der einzig interessante Teil der Strecke ist zwischen Turn 4 und der Zielkurve 10. Ausgerechnet dieser dadurch sehr langweilige Kurs ist nun Gaststätte des zweiten Doppelrennens der Saison 2021.
Die Bilanz der aktuellen Fahrer für Spielberg
Die Zahlen von Marc Marquez werden dabei von seiner verletzungsbedingten Pause im Vorjahr verfälscht und er ist natürlich trotzdem nach Andrea Dovizioso der erfolgreichste Fahrer in der kurzen MotoGP Geschichte des Red Bull Rings. Berücksichtigt man nur die Zahl der gefahrenen Rennen liegt seine Bilanz bei eindrücklichen 17,75 Punkten pro Lauf, weshalb er automatisch als Favorit für die Veranstaltung von 2021 gilt. Zumindest vom mit einer Wildcard antretenden heutigen KTM Testfahrer Dani Pedrosa sollte er wenig Gegenwehr zu erwarten haben, auch wenn dieser den Kurs mittlerweile wie seine Westentaschen kennt. Als stärkste Herausforderer gelten aufgrund des hohen Vollgas-Anteils automatisch die Ducati Piloten, wobei KTM infolge des Heimvorteils nicht unterschätzt werden sollte. Durchaus möglich ist aber auch, dass Fabio Quartararo und die Suzuki Piloten erneut vorne mit dabei sein werden.
Die verrückteste Geschichte von Spielberg: Die Rückkehr des Löwen von Jesi
Es gab in den frühen 90-er Jahren einen Fahrer aus Italien, der auf dem damals Österreichring genannten Kurs auf einem noch deutlich anderen Layout beinahe sein Leben verlor. Die Details dazu sind in der WSBK-Story Teil 5 auf dieser Seite zu finden (siehe History – WorldSBK 1988 – 1994). Giancarlo Falappa war als Ducati Werksfahrer damals neuer Teamkollege des schnellen kleinen Franzosen Raymond Roche, im Gegensatz zu ihm einem ehemaligen GP-Fahrer. Die damalige Strecke war schlicht lebensgefährlich und teils waren ungeschützte Leitplanken nur einen bis eineinhalb Meter neben der Piste montiert, was im Jahr 1990 noch völlig normal war. Nur in den Kurven wurden diese mit Sandsäcken „gesichert“, während dies auf den langen Geraden für nicht notwendig gehalten wurde. Ausgerechnet an seinem Geburtstag verunfallte der zu diesem Zeitpunkt WM-Siebte schwer. Falappa hatte sich bereits zwei Runden davor in Mosport (Kanada) verletzt und deshalb 4 Rennen verpasst. In Spielberg erwischte es den Mann aus Jesi (südwestlich der Küstenstadt Ancona) fatal, als er einem langsameren Fahrer ausweichen wollte und mit weit über 200 km/h in die Leitplanke stürzte. Mit 27 Knochenbrüchen und einem Arterien-Riss entging der Italiener dem Tod dabei nur knapp und nach 12 Tagen im Koma rieten ihm die Ärtze und sein Umfeld, mit dem Rennsport aufzuhören.
Das unglaubliche Comeback
Sämtliche Warnungen und Bitten in den Wind schlagend, kam Giancarlo im Jahr danach zurück. Er konnte sein linkes Bein nicht mehr richtig beugen und noch schlimmer, seinen linken Arm nicht mehr vollständig gebrauchen. Es fiel ihm schwer, diesen vollständig zu heben, aber die Hand für die Betätigung der Kupplung funktionierte soweit tadellos. Der Neuanfang war schwierig, aber ausgerechnet in Spielberg gelang ihm kurz nach Laguna Seca das erst zweite Top Ten Ergebnis der Saison. In Hockenheim holte der Italiener sein einziges Podium und ein Jahr später schaffte er es endgültig wieder zurück an die Spitze. Sein neuer Weltmeister war der US-Boy Doug Polen, welcher als erster Privatfahrer 1991 Weltmeister geworden war und danach sein Teamkollege in der Ducati-Werksmannschaft wurde. Nach drei Podestplätzen kam ausgerechnet in der sechsten Runde in Spielberg nicht nur sein erster Sieg, sondern er gewann gleich beide Rennen von Spielberg. Der Schnitt von Falappas schnellster Runde betrug damals 188,888 km/h. In der MotoGP wurde bis 2020 die bis dahin schnellste Runde auf dem Red Bull Ring von Marc Marquez 2019 mit einem Schnitt von 187,2 km/h gemessen. Dies war natürlich auf der neuen Strecke, nach dem Umbau als A1 Ring, aber die Zahlen und vor allem seine mentale Stärke vermögen noch heute zu beeindrucken.
Der Stand in der WM sämtlicher Klassen auf einen Blick
Der Zeitplan für den GP der Steiermark
Der kombinierte Kalender für MotoGP und WorldSBK
In Rotschrift dabei die Kollisionen, bei welchen vor allem in den ersten drei Fällen die gleichzeitige Durchführung der MotoGP mit der WSBK letzterer enormen Schaden zufügt. Kaum ein Sender dürfte die Rennen von WSSP und Superbike WM deshalb live übertragen. Beispielsweise verzichtet Eurosport infolge Olympia für das Rennen von Most gleich komplett. Für die Fans der Serie, deren Teams und Sponsoren ist dies natürlich ein Schlag ins Gesicht. Aktuell stehen übrigens diverse Veranstaltungen auf der Kippe, so derzeit vor allem der GP von Malaysia in Sepang, WorldSBK Mandalika (Indonesien) und San Juan (Argentinien). Insofern ist noch mit einigen weiteren Veränderungen im permanent nur provisorischen und reichlich chaotischen Kalender von FIM & Dorna zu rechnen.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
Noch keine Kommentare