Blick in Richtung Zeltweg am MotoGP Sonntag von 2018.

Eine der schönst gelegenen Strecken Europas mit einigen Mängeln

Österreich gilt nicht ganz zu Unrecht als Europas Paradies für Wanderer und Naturliebhaber. Unbestritten ist auch die Alpenrepublik das Land, dem im Gegensatz zur Schweiz zwar die sehr hohen Berge fehlen, doch dafür sind die Preise für Touristen wesentlich moderater. Dazu scheuen die zahlreichen wunderschönen Seen mit dem Europäischen Ausland keinen Vergleich. Im Gegenteil sind sogar einige davon heute noch mit einer Wasserqualität gesegnet, welche beispielsweise den Anrainern des Sempacher-Sees in der Schweiz die Schamesröte ins Gesicht treibt. Was auch immer die Gründe sind, auch bezüglich einer eher selten nur gespielten Gastfreundlichkeit liegt Österreich gegenüber den meisten Nachbarländern weit vorne. Dass man dazu in den meisten Regionen dieses Landes gut und auch günstig isst, dürfte ebenfalls kein Geheimnis mehr sein. Trotzdem hat der Red Bull Ring durchaus auch seine Mängel, die wir in dieser Streckenvorstellung genauso wie für alle anderen Kurse, nicht verheimlichen wollen.

Andrea Dovizioso gehört in Spielberg mit seiner Ducati regelmäßig zu den Topfavoriten auf einen Sieg beim GP von Österreich. 2018 hatte der Italiener dem Repsol Honda Ass Marc Marquez zum zweiten Mal in Folge eine empfindliche Niederlage zugefügt (© MotoGP).

Die ursprüngliche Strecke – der Österreichring

Gebaut wurde der Kurs ursprünglich 1969 als Österreichring und war in den Siebziger-Jahren unter dem Begriff Zeltweg bekannt. Die nahegelegene Kleinstadt in nur 2 km Entfernung gab der Strecke in den ersten Jahrzehnten dadurch seinen Namen. Der Grund dafür war, dass auf dem Fliegerhorst Zeltweg-Hinterstoisser bereits ab den 1950-er Jahren Auto- und Motorradrennen durchgeführt wurden. Im Jahr 1963 fand der erste Große Preis von Österreich in Zeltweg statt. Wie so oft in den ersten Nachkriegs-Jahrzehnten bedeutete dies jedoch nicht, dass solche Rennen einen WM-Status hatten. So war es auch damals und erst 1964 zählte das Rennen in Zeltweg zur Automobil-Weltmeisterschaft. Die neue Anlage wurde am 26. Juli 1969 mit Trainingswettbewerben und einem Tourenwagenrennen eingeweiht. Die Rennstrecke von 1969 hatte einerLänge von knapp sechs Kilometern und wurde bis 1987 unter anderem für die Formel-1-Rennen zum Großen Preis von Österreich genutzt.

Aufnahme von einem Motorradrennen im Jahr 1957 auf dem Flugplatzkurs von Zeltweg.

Die ersten schweren Unfälle und das GP-Ende

Die erste schwere Tragödie passierte am 17. August 1975 beim Warm-up zum F1-GP von Österreich. Der Amerikaner Mark Donohue verunglückte durch einen vermutlich durch einen defekten Reifen verursachten Unfall. Dabei überschlug sich sein Wagen mehrfach und zerschellte an einer Werbetafel. Donohue schien nach seiner Bergung nicht schwer verletzt. Doch einen Tag später fiel er ins Koma und starb an einem Blutgerinnsel im Gehirn. Als Reaktion auf den tödlichen Unfall wurde die Strecke 1977 durch den Einbau einer Schikane entschärft. Der Österreichring war ein klassischer Hochgeschwindigkeitskurs und galt zwischenzeitlich als schnellste Strecke der Formel 1. Nach zwei Rennabbrüchen aufgrund von Massenkollisionen beim Großen Preis von Österreich 1987 wurde das Rennen aus dem Formel-1-Kalender gestrichen.

Diesen Wagen hätte der Besitzer damals besser geschont und gehütet wie seinen Augapfel. Dieser Ferrari GTO, wie er in Zeltweg 1964 eingesetzt wurde, wäre heute ein Vermögen wert.

Der tief greifende Umbau

1996 erfolgte ein kompletter Umbau, nach langen politischen Diskussionen. Damit ging auch eine Verkürzung auf 4,318 km einher. Außerdem wurde der Kurs dabei auf den neuesten Sicherheitsstandard gebracht. Im Vergleich zur ursprünglichen Streckenführung verschwanden bei der umgebauten und neu A1-Ring benannten Strecke die zahlreichen schnellen Kurven. Mehrere sogenannte „Stop-and-Go“ Abschnitte erlaubten viele Überholmanöver. Von 1997 bis 2003 fanden sieben Formel-1-Rennen statt. In den Jahren 1996 und 1997 fand hier außerdem der Große Preis von Österreich der Motorrad-Weltmeisterschaft statt. 2003 verabschiedete sich die Formel 1 ein zweites Mal aus der Steiermark. Offiziell aufgrund des neuen Tabak-Werbeverbotes in der EU. Hauptsächlich wurden dabei jedoch kommerzielle Gründe vermutet. Heute ist der Red Bull Ring Eigentum des Sprudel- und Medien-Konzerns. Nach zahlreichen Querelen gab es zuerst einen Abriss und danach einen Neuaufbau. Die Wiedereröffnung erfolgte am 15. Mai 2011.

Die Streckenskizze vom Red Bull Ring (© Projekt Spielberg).

Was erwartet die Fans am Red Bull Ring

Nicht ganz zu Unrecht behaupten zahlreiche Fans und TV-Zuschauer, dass die Strecke aufgrund ihres Layouts und der vielen Vollgas-Teile die wohl langweiligste im Kalender sei. Eigentlich schade, ist Spielberg doch unbestritten eine der am schönsten gelegenen Rennstrecken Europas. Doch es lässt sich schwer wegdiskutieren, dass der Kurs mit seinen 9 Kurven (offiziell sind es 10, aber für den leichten links-Knick nach Kurve 1 muss in den meisten Kategorien kaum gebremst werden) eine wenig aufregende Charakteristik aufweist. Vereinfacht gesagt kommt nach drei durch einen scharfen Rechtsknick getrennte Geraden angefangen mit Start-Ziel erst ab offizieller Kurve 4 der einzig fahrerisch anspruchsvolle Teil der 2011 wiedereröffneten Strecke.

In Bildmitte die „Kurve 2“ und dahinter die spitzwinklige Kurve 3, rechts im Bild sieht man Kurve 5 in einer Luftaufnahme vom MotoGP Rennen 2019 (© MotoGP).

Die bisherigen Sieger in der Motorrad-Weltmeisterschaft

Die Sieger in der Motorrad-WM auf dem Salzburgring

Fabio Quartararo (Petronas Yamaha SRT) – der Franzose schaffte als Privatfahrer 2019 trotz Speed-Nachteil der Yamaha einen sensationellen 3. Platz am Spielberg? (© MotoGP).

Die Nachteile von MotoGP auf der schön gelegenen Strecke

Zusammen mit zahlreichen anderen Verpflegungs-Kritikern beim Red Bull Rennen können wir gut auf dieses Rennen verzichten. Wenn man nicht einmal eine Cola kaufen kann, will (oder darf aufgrund der längeren Rückfahrt) man nicht stattdessen zum Bier greifen, ist man fast zum Griff des berüchtigten Brausegetränks des Streckenbesitzers gezwungen. Zudem ist die Suche einer in nur halbwegs vernünftiger Distanz zur Strecke am MotoGP Wochenende gelegenen Übernachtungsmöglichkeit schlicht hoffnungslos. Wir haben sogar auch einmal „zur Randzeit“ in Zeltweg übernachtet, als wir zu Besuch am Rupert Hollaus Gedächtnisrennen 2019 waren. Allerdings war das Hotel und das dazu gehörende Restaurant keineswegs empfehlenswert, pfui Teufel! Fairerweise müssen wir an dieser Stelle aber festhalten, dass es uns in Aragonien im selben Jahr kaum besser ging. Prompt hat dort auch die Strecke für Besucher ebenfalls viele Nachteile, insbesondere bezüglich deren Begehbarkeit.

Johann Zarco mit der KTM beim GP von Österreich 2019. Durch seinen freiwilligen und vorzeitigen Ausstieg des Franzosen aus seinem 2-jahres Vertrag für 2019 und 2020 wurde im Werksteam der Österreicher überraschend ein Platz frei (© MotoGP).

Übernachtungs-Tipps für Spielberg und die Anfahrt

Nachdem es in der Nähe an einem GP-Wochenende schlicht kein vernünftiges Angebot gibt, bleibt nur Campieren, will man in Nähe der Rennstrecke übernachten. Wer nicht nur am Rennsonntag anfahren will, dem sei Graz an erster Stelle empfohlen. Nur hier gibt es eine vernünftige Zahl an Hotels, die nicht völlig überteuert sind und trotzdem nahe genug liegen. Mit etwa einer Stunde Fahrzeit zur Strecke ist in der zweitgrößten Stadt der Alpenrepublik Österreich für jeden Geschmack etwas zu finden. Für die Anfahrt raten wir zudem dringend auf ein Zweirad. Bereits am Rolling Stones Konzert in Spielberg machten wir 2017 diese Erfahrung und an einem MotoGP Rennen braucht man mindestens mit dem Auto genauso viel Geduld. Egal woher man kommt, nur per Roller oder Motorrad hat man eine Chance, seine Nerven bei der Anfahrt zu schonen.

Oberhalb der Spielberg-Strecke mit Blick auf Zeltweg am Samstag des GP-Wochenendes 2018.
Eine Veranstaltung der ganz anderen Art besuchten wir am 16. September 2017.
Ladies and Gentlemen – The Rolling Stones. Auch die Urgesteine aus England gastierten bereits am Red Bull Ring. Nicht lange davor hatten wir die Stones bereits in der O2 Halle in London bewundern dürfen. Zum 50-Jahre Jubiläum sogar zusammen mit dem ab den 1970-ern für sie so wichtigen Gitarristen Mick Taylor als Gastmitglied.