Die zweite Katastrophe für den Favoriten des Portugal Wochenendes am Sonntagmorgen – ein vom Sturz am Vortag bereits physisch und mental angeschlagener Jonathan Rea und seine Kawasaki ZX-10RR beim unerwarteten Crash bereits in der ersten Runde.

Rea mit 2. Sturz im Titelkampf out – historischer Sieg für van der Mark

Am Sonntagmorgen dürfte sich die Miene des am Vortag noch schwer gestürzten Jonathan Rea deutlich aufgehellt haben, als er nach dem Aufstehen aus dem Fenster blickte. Es war sein erster Crash in 27 Rennen in Portimão gewesen. Trotz arger Prellungen und einer Schürfung am Unterarm sah die Welt vor dem Warm-up plötzlich wieder ganz anders aus für den Nord-Iren. Was oft prognostiziert war und meist anders kam, traf diesmal in der Algarve ein. Strömender Regen prägte das Aufwärmtraining auf dem Autodromo do Algarve bedeutete automatisch, dass dies die Verhältnisse sind, bei welchen Toprak Razgatlioglu bisher fast immer strauchelte. Der WM-Leader ist alles andere als ein begnadeter Regenkünstler und dies zeigte sich auch mit seiner Zeit im Warm-up, als er über 2 Sekunden auf die Bestzeit von „Magic“ Michael van der Mark verlor. Der nach seinem Crash am Samstag noch angeschlagene Kawasaki Pilot hingegen fühlt sich bei Nässe wohl wie ein Fisch im Wasser. Natürlich liess er es aber am Morgen vorsichtig angehen, verlor auf die Schnellsten jedoch trotzdem nur eine Sekunde. Damit war die Ausgangslage überraschend eine komplett andere, als wenn es für das Superpole Race trocken geblieben wäre.

Kurz vor dem Start kam die Sonne hervor, aber die Strecke war noch nass und damit sah alles ideal für Regenkönig Johnny Rea aus – doch es kam anders, als er und sein Team es sich davor erhofft hatten.

Das Sprintrennen über nur 10 Runden bei hervorkommender Sonne
Für den Sieger des ersten Laufs war vor dem Start der Umstand sicher beruhigend, dass im Superpole Race nur halbe Punkte vergeben werden. Damit war klar, dass Razgatlioglu die WM-Führung nicht verlieren kann, selbst wenn er die Zielflagge nicht sehen sollte. Viel wichtiger noch für Toprak war der Umstand, dass vor dem Start die Sonne sich zum ersten Mal an diesem Tag wieder zeigte und es sukzessive abtrocknete. Aber man sah definitiv noch viel Gischt bei der Aufwärmrunde und so wurde der Lauf als Regenrennen gestartet. Wenig überraschend ging Rea bereits in Kurve fünf an Razgatlioglu vorbei, während Rinaldi zu diesem Zeitpunkt nach einem Crash bereits im Kiesbett lag. Aber nur wenige Ecken später lag auch der amtierende Weltmeister zum zweiten Mal an diesem Wochenende am Boden. Mit dem zweiten Sturz des Wochenendes ist die Titelverteidigung für Johnny Rea endgültig in weite Ferne gerückt.

Drama für Leon Haslam (HRC Honda) bei seiner Jagd auf eine Podiumsplatzierung – der Engländer stürzte kurz danach ein weiteres Mal und verpasste damit sein erstes Podest seit 2019, nachdem er dies in Aragon 2 im Vorjahr ebenfalls nur knapp nicht geschafft hatte.

Toprak verliert Platz um Platz – van der Mark mit eigenem Rennen zum historischen Sieg
Während an der Spitze zu Halbzeit Michael van der Mark nachdem er Redding geschnappt hatte, einsam seine Runden zog, war Raztaglioglu nur noch siebter. Nach dem führenden Niederländer waren auch Loris Baz, Leon Haslam, Andrea Locatelli und Alvaro Bautista bereits am Türken vorbeigegangen. Der schnelle Mann aus Gouda war derweil auf dem Weg, den ersten Triumph für BMW einzufahren, den die Mannschaft der deutschen Marke seit ihrer werksseitigen Rückkehr auf die Saison 2019 feiern durfte. Scott Redding holte Rang 2 vor Loris Baz mit dem ebenfalls zweiten Podium an diesem Wochenende. Dahinter Locatelli vor Bautista, Razgatlioglu nur als sechstem, Bassani und Gerloff. Eugene Laverty als Ersatz für den seit Barcelona verletzten Tom Sykes holte für BMW als neunter den letzten im Superpole Race zu vergebenden Punkt, während Markenkollege Jonas Folger dies in seinem zweitletzten Rennen wie befürchtet verpasste. Sein Team verzichtet nach den desolaten Ergebnissen dieser Saison freiwillig auf die beiden Überseerennen in Argentinien und Indonesien. Somit bestreitet der ehemalige MotoGP Star aus Bayern am Sonntagnachmittag sein womöglich letztes WorldSBK Rennen der Karriere.

Michael Ruben Rinaldi bei seinem Crash in Turn 7 – der Italiener war kurz vor dem amtierenden Weltmeister im Kiesbett gelandet und verpasste damit ein weiteres Spitzenresultat auf dem Autodromo do Algarve nach Rang 4 am Vortag.

Das Superpole Rennen von Portimão in Zahlen

Die Interviews der Top 3 nach dem Rennen
Loris Baz betonte nach seinem zweiten Podium, dass er sich sehr gut im Nassen gefühlt habe. Einmal mehr konnte er festhalten, er könne es kaum glauben, nun als Chaz Davies Ersatz zum zweiten mal auf dem diesmal nur symbolischen Podest zu stehen. Der Franzose bedankte sich bei der GoEleven Mannschaft für eine hervorragend präparierte Ducati und freue sich damit natürlich auf das zweite Renne. Dabei in der ersten Reihe stehen zu dürfen, ist eine zusätzliche Belohnung für den schnellen Mann aus Sallanches (südöstlich von Genf in den französischen Alpen), wenn es ins letzte Rennen von Portugal und Europa geht. Scott Redding gab zu Protokoll, er wollte nicht stürzen und hatte eher eine Art Überlebensmodus eingeschaltet. Van der Mark aufzuhalten, der nichts zu verlieren habe, wollte er natürlich nicht riskieren. So stehe er nach dem dritten Platz 2 in Folge wieder in der ersten Starttreihe und damit freue er sich auf das Rennen am Nachmittag über die volle Distanz. Seit Barcelona 2020 gewann Michael van der Mark zum ersten Mal wieder ein Rennen. Er sprach von sehr schwierigen Bedingungen und bedankte sich ein prima präpariertes Bike bei seinem Team. Natürlich seien sie noch nicht so weit, diesen Erfolg auch im Trockenen zu wiederholen, aber der Sieg gebe trotzdem eine Menge Motivation für seine Mannschaft.

Das symbolische und überraschende Podium nach dem Superpole Sprintrennen mit von links Scott Redding (Aruba.it Ducati, P2), Sieger Michael van der Mark (BMW) und dem drittplatzierten Lorist Baz als Davies Ersatz für GoEleven Ducati.

Der Autodromo do Algarve

Der aktuelle WM-Stand in der WorldSBK

Trotz nur vier Punkten aus dem Sprintrennen konnte Razgatlioglu seinen Vorsprung auf seinen nächsten Verfolger, der mit seinem zweiten Crash ausschied, ein kleines Stück ausbauen. Redding fehlen auf Jonathan Rea als WM-Zweitem mit 25 exakt so viele Punkte, wie es für einen Sieg zu holen gibt. Dafür stehen die Chancen gut, aber es ist nicht zu hoffen, dass der meistgenannte Favorit für die Portugal Runde noch einen dritten Sturz am Nachmittag hinnehmen muss. Van der Mark ist nach seinem ersten Sieg für BMW in der Zwischenwertung nun an Alex Lowes vorbeigezogen und neu WM-Sechster. Loris Baz steigt in der Tabelle nach nur vier Rennen in dieser Saison mit Riesenschritten nach oben. Der Franzose liegt als Davies Ersatz nun am zweiten WSBK Wochenende bereits auf P17 und könnte sich mit einem guten Resultat am Nachmittag um drei Positionen auf Position 14 verbessern.

P, Rider, Points, Bike
1. TOPRAK RAZGATLIOGLU 478 YAMAHA
2. JONATHAN REA 429 KAWASAKI
3. SCOTT REDDING 404 DUCATI
4. MICHAEL RUBEN RINALDI 240 DUCATI
5. ANDREA LOCATELLI 233 YAMAHA
6. MICHAEL VAN DER MARK 201 BMW
7. ALEX LOWES 199 KAWASAKI
8. GARRETT GERLOFF 182 YAMAHA
9. ALVARO BAUTISTA 174 HONDA
10. TOM SYKES 167 BMW
11. AXEL BASSANI 162 DUCATI
12. CHAZ DAVIES 120 DUCATI
13. LEON HASLAM 115 HONDA
14. KOHTA NOZANE 48 YAMAHA
15. LUCAS MAHIAS 44 KAWASAKI
16. TITO RABAT 41 KAWASAKI
17. LORIS BAZ 40 DUCATI
18. EUGENE LAVERTY 31 BMW
19. CHRISTOPHE PONSSON 29 YAMAHA
20. ISAAC VINALES 28 KAWASAKI
21. JONAS FOLGER 20 BMW
22. LEANDRO MERCADO 20 HONDA
23. SAMUELE CAVALIERI 10 DUCATI
24. MARVIN FRITZ 6 YAMAHA
25. LORIS CRESSON 3 KAWASAKI
26. ANDREA MANTOVANI 2 KAWASAKI
27. LUKE MOSSEY 2 KAWASAKI

Jonathan Rea in Kurve 13 am Boden – nach seinem heftigen Crash am Vortag stürzte der amtierende Weltmeister im Superpole Race erneut und verlor damit faktisch die Chance, aus eigener Kraft noch seinen Titel verteidigen zu können.

Der Zeitplan für die portugiesische Runde in Portimao

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).