Unfähige Funktionäre riskierten Gesundheit der Fahrer
Um ein Haar hätten die 8 Stunden von Suzuka als spannendstes und bestes Langstreckenrennen aller Zeiten in die Geschichte eingehen können. Wer das Rennen live oder als Aufzeichnung (Eurosport übertrug live in voller Länge) verfolgte, kann dies definitiv bestätigen. Trotzdem gibt es Motorsport-Ignoranten, welche später dazu meinten, das Rennen „tröpfelte die ersten 7,5 Stunden vor sich hin“. Die Führung im Rennen wechselte jedenfalls laufend und immer wieder war es der absolut überragende WSBK-Weltmeister Jonathan Rea, der dem Geschehen seinen Stempel aufdrückte.
Als etwa nach siebeneinhalb Stunden Regen einsetzte, fuhr der Nord-Ire teils 3 Sekunden schneller, als die gesamte Konkurrenz. Doch kurz vor dem Ende sah man einen in Rauch aufgehenden Motor des Suzuki Endurance Racing Teams (SERT) mit der Nummer 2. Der Franzose Etienne Masson versuchte in einem Akt kaum zu überbietender Blödheit danach, sich bis zur Box zu retten und fuhr dafür mehrheitlich auf der Strecke. Mit der qualmenden und Öl versprühenden Suzuki musste ihm eigentlich klar sein, wie gefährlich dies in der Dämmerung auf nasser Strecke für die anderen Fahrer ist. Das Suzuki Team hatte bis dahin den sicher geglaubten EWC Meisterschaftstitel vor Augen, als der Motorschaden alles zunichtemachte. Und nun riskierten Masson und die Rennleitung, welche aufgrund der am TV gezeigten Szenen nicht sofort das Rennen abbrach, die Gesundheit sämtlicher anderen Fahrer. Zumindest hätte man das Pace Car sofort auf die Strecke schicken müssen, aber nichts davon passierte. Aus diesem Grund stürzte der überlegen führende Jonathan Rea auf der Ölspur, worauf erst danach umgehend das Rennen abgebrochen wurde. Jedem Laien musste klar sein, dass nun die Runde davor zählen musste und Kawasaki Racing mit den Fahrern Rea, Haslam und Razgatlioglu somit der Sieg zuzusprechen ist. Nicht aber die Rennleitung, welche mangels Reglements-Kenntnis die Sieger disqualifizierte. Daher feierte man vor Publikum und TV Kameras hurtig den falschen Sieger Yamaha und auf Platz 2 Red Bull Honda. Die beiden Yamaha Fahrer Alex Lowes und Michael van der Mark gaben nach dem Rennen einstimmig zu Protokoll, das Rennen hätte abgebrochen werden müssen und niemand anders als Kawasaki hätte den Sieg verdient. Alex Lowes hatte es nasser Strecke noch geschafft, Takahashi zu überholen. Laut ihm war es eine Schande, dass das Rennen so endete und zudem peinlich, unverdient zuoberst auf dem Podium zu stehen.
Zuerst falscher Sieger geehrt und vielerorts publiziert
Auch wenn der Veranstalter und viele Webseiten das Yamaha Werksteam bereits vorschnell als Sieger der 8 Stunden von Suzuka feierten, hiermit lagen natürlich alle falsch. Die FIM war nach einem Protest von Kawasaki Stunden später gezwungen, eine korrigierte Fassung der Resultat-Liste herauszugeben. Die skandalösen Fehler in Suzuka können damit nicht nachträglich korrigiert werden. Genauso wenig wie die peinliche Auslegung des Reglements nach dem Abbruch des Superpole Race der WSBK in Donington. Tom Sykes war auf seiner BMW S1000 RR im Trockenen auf einer Ölspur ausgerutscht, als das Rennen bereits abgebrochen war. Auch Jonathan Rea konnte einen Sturz in derselben Kurve nur um ein Haar verhindern und gab anschließend zu Protokoll, es seien keine Ölflaggen sichtbar gewesen. Da das Motorrad von Tom Sykes nicht innert 5 Minuten in der Pitlane zurück war, wurde sein 2. Platz aberkannt und er blieb ohne Punkte. Absolut verständnislos, sowohl für die meisten Fans, wie auch die Kommentatoren (z.B. Dirk Raudies und Lenz Leberkern bei Eurosport). Doch es geht noch peinlicher, was ungeschickte Entscheide oder gar Fehlleistungen von Funktionären betrifft, wie das Beispiel nach dem 1. Lauf der WSBK in Jerez beweist. Jonathan Rea war beim Versuch, in der Zielkurve innen an Alex Lowes vorbeizugehen, mit diesem kollidiert und Lowes kam dadurch zu Sturz. In der Zeitlupe konnte man sehen, wie Rea noch verzweifelt versuchte, sein Motorrad nach innen zu drücken, um Alex auszuweichen. An der Paddock Show wartete Moderator Michael Hill extra noch auf die offizielle Bestätigung des Resultats, bevor er Jonathan als Dritten zum Interview bat. Später wurde Rea nachträglich gleich doppelt bestraft, indem er im Superpole Race vom letzten Platz losfahren musste und um einen Platz auf Rang 4 zurückversetzt. Im 2. Lauf kam es zu einem wesentlich gefährlicheren Manöver, als Marco Melandri in eine nicht vorhandene Lücke stechen wollte, um Chaz Davies zu überholen und dadurch beide zu Fall brachte. Nur mit viel Glück blieben beide dabei unverletzt, im Gegensatz zu Rea entschuldigte sich Melandri dafür aber nicht einmal. Absolut unverständlicherweise wurde der Italiener dafür aber nicht rigoros bestraft.
Der Rennverlauf – Jonathan Rea überragend
Während Toprak Razgatlioglu als dritter Fahrer im Kawasaki Racing Team aus taktischen Gründen gar nicht zum Einsatz kam, fuhr Reas Teamkollege Leon Haslam sehr konstante Runden. Topraks Performance stand außer Frage, aber die Gefahr eines Sturzes war den Verantwortlichen womöglich doch zu groß. Bei unzähligen Überholvorgängen mit einem derartigen Starterfeld von 60 Maschinen, ist Routine und Coolness gefragt. Das Red Bull Honda Team setzte auf eine ähnliche Strategie und nur Stefan Bradl und Takumi Takahashi wechselten sich mit Ausnahme des zweitletzten Stints bei den Boxenstopps ab. WSBK Honda Pilot Ryuichi Kiyonari kam vermutlich aufgrund mangelnder Performance gar nicht zum Fahren. Dafür war Honda mit dem Werksteam in der Lage, wesentlich längere Distanzen als alle anderen Teilnehmer zu fahren, bis es zum nächsten Tankstopp ging. Moto GP Testfahrer Stefan Bradl wurde auf seiner Red Bull Honda von Rea nicht nur laufend überholt, sondern danach um mehr als 10 Sekunden abgehängt. Durch längere Etappen und den deutlich schneller als Bradl fahrenden Takumi Takahashi, gelang es gegen Leon Haslam immer wieder, sein Team in Führung zu bringen. Auch das Yamaha-Team war bis zum letzten Tankstopp konstant im Kampf und den Sieg beteiligt.
Die beiden WSBK Asse Michael van der Mark und Alex Lowes ergänzten sich mit dem schnellen Japaner Katsuyuki Nakasuga hervorragend. Durch einen Fehler beim letzten Boxenstopp und generell im Vergleich zu Honda und Kawasaki zu langen Stopps, war das ausgeglichene Team, bevor der Regen einsetzte, schon so gut wie beim Kampf und den Sieg geschlagen. Doch Honda hatte sich beim letzten Boxenstopp entschieden, erneut den schnelleren Takahashi für den letzten Stint auf die Strecke zu schicken. Verständlich war dies aufgrund der mangelhaften Performance des ehemaligen MotoGP Stars Stefan Bradl, der gegen Rea nie den Hauch einer Chance hatte. Als eine halbe Stunde vor Ablauf der 8 Stunden jedoch Regen einsetzte, flog Jonathan Rea allen Gegnern förmlich davon. Genau wie beim ersten Lauf der WSBK in Donington am 6. Juli 2019 im nassen, hatte der Rest des Feldes gegen den viermaligen und amtierenden WSBK Weltmeister nie den Hauch einer Chance. Und Alex Lowes konnte die Lücke zu Takahashi auf der Honda mit seiner Yamaha schließen und den Japaner mühelos überholen und distanzieren. Wäre der unverzeihliche Fehler des SERT-Fahrers und das anschließende Versagen der Rennleitung nicht gewesen, wäre Jonathan Rea mit deutlichem Vorsprung auf Lowes und die beste Honda am Ziel angekommen. Mit dem Werksteam gelang den Grünen erst nach stattgegebenem Protest der zweite Sieg im prestigeträchtigsten Rennen von Japan, welches für die Hersteller noch wichtiger ist, als das Heimrennen in der MotoGP. Es hätte eine würdige Siegesfeier mit dem richtigen Team auf der obersten Stufe des Treppchens gegeben, aber so geht diese Veranstaltung als Skandal von Suzuka in die Geschichtsbücher ein. Sofern wir richtig orientiert sind, wurde der fehlbare Suzuki Fahrer nicht einmal bestraft. Erst spät Abends wurde in einer nachgeholten Zeremonie ohne Zuschauer mit dem Kawasaki Team der eigentliche und würdige Sieger gefeiert und das Yamaha Team musste den Siegerpokal wieder zurückgeben, eine Schande!
Das Rennen im Rennen – FIM Endurance WM
Nach dem dramatischen und folgenreichen Ausscheiden durch einen Motorschaden wurde das SERT (Suzuki Endurance Racing Team) aus Frankreich seines sicher geglaubten WM-Titels beraubt. In der Endabrechnung reichte es durch den Ausfall letztlich nur für den 3. Rang, hinter FCC TSR Honda France und vor YART Yamaha aus Österreich. Die fahrerisch mit Josh Hook (AUS), Freddy Foray (FRA) und dem ehemaligen MotoGP Fahrer Mike di Meglio (FRA) hervorragend besetzte TSR Honda Truppe dürfte mit diesem Ausgang zufrieden gewesen sein. Vor der letzten Runde in Suzuka lag man mit 18 Punkten Rückstand auf SERT nur auf Platz 3 der Zwischenrangliste.
Den EWC Meisterschaftstitel sicherte sich mit Platz 12 im Rennen in Suzuka das Team SRC Kawasaki France, was den Triumph für die Grünen vervollständigte. Das SRC Team lag vor dem Abschlussrennen in Japan nur 5 Punkte vor SERT. Die Fahrer waren David Checa (SPA), Erwan Nigon und Jeremy Guarnioni (beide Frankreich).
TV Übertragung – Freude und Ärger
Die Live-Übertragung von Eurosport war dank 3 Mann Team um Lenz Leberkern definitiv nicht der Schwachpunkt während den 8 Stunden TV. Die Kommentatoren leisteten einen insgesamt sehr guten Job, mit vielen Rand-Informationen zum Geschehen und über die Teams. Auch die spannende Entscheidung um den Langstrecken-Gesamtsieg kam dabei nicht zu kurz. Absolut daneben aus Sicht der meisten Zuschauer war hingegen die dauernde und oft extrem lange Unterbrechung durch Werbe-Einblendung. In dieser Hinsicht ist Eurosport leider meist keinen Deut besser als der Red Bull Haussender Servus TV, bei deren Motorsport Liveübertragungen. Dazu noch meist im absolut dümmsten Moment und mehrmals genau dann, wann Reifenstopps der führenden Teams angesagt waren. So verpassten die Zuschauer gleich mehrere der wenigen Boxenstopps der führenden Teams, was bei einem Intervall in etwa im Stundentakt absolut unverständlich ist.
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