Rudi Felgenheier – der erste deutsche 250 cm³ Grand Prix Sieger
Deutsche Zweiradhelden wie Ewald Kluge, H. P. Müller, Werner Haas, Horst Fügner oder Georg „Schorsch“ Meier aus Zeiten kurz vor oder nach dem 2. Weltkrieg sind auch heute noch vielen Motorsportfans ein Begriff. Wer sie nicht kennt, findet über viele von ihnen in unserem History-Bereich auf dieser Seite sehr ausführliche und reich bebilderte Informationen. Aber wie steht es bitte um Rudi Felgenheier? Eigentlich sollte ein Motorsportler unsterblich werden, wenn er in der Viertelliterklasse erster GP-Sieger für sein Land wird. Aber beim am 20.11.1930 im Koblenzer Ortsteil Horchheim geborenen Deutschen trifft dies keinesfalls zu. Deshalb würdigen wir ihn und seine Leistungen mit diesem Bericht auf unserer Seite.
Der Beginn einer viel zu kurzen Rennfahrerkarriere
Laut den wenigen dazu noch existierenden Aufzeichnungen startete die Karriere von Rudi Felgenheier im Jahr 1950. Da er in diesem Jahr jedoch bereits in Resultatlisten der deutschen Meisterschaft bis 125 cm³ zu finden ist, kann dies wie beispielsweise in Wiki genannt, so kaum stimmen. Zuerst musste man sich damals in der sogenannten Ausweiskategorie seine ersten Sporen verdienen, bevor man bei den besten und damit lizenzierten Fahrern mitmischen darf. Wir fanden in unserem riesigen Archiv zumindest aus seinem ersten Jahr bei den Lizenzfahrern mehrfach die Erwähnung seines Namens. Er sollte danach dem Fabrikat DKW treu bleiben und schon wenig später eine Werksmaschine erhalten. Nach dem Krieg gab es nur noch wenige Produktionsjahre für DKW-Motorräder in Ingolstadt, während in Zschopau die Reste der ehemaligen Fabrikhallen für die Fertigung unter dem Namen IFA (später MZ) weiterlief. Dort war in den 1930-er Jahren DKW als weltgrößter Motorradhersteller bekannt geworden. Die erste DDR-Baureihe basierte daher auch auf dem Vorkriegsmodell RT 125 der Marke.
Der Durchbruch im Jahr 1951
Die Deutsche Meisterschaft dieser Saison begann mit dem sogenannten Eifelrennen. Die Achtelliterklasse startete jedoch zum ersten Mal beim Feldbergrennen, welches Rudi für sich entscheiden konnte. Er siegte vor dem ehemaligen Auto Union Werksfahrer H. P. Müller nach Abbruch bei 9 Runden. Vorgesehenen waren eigentlich deren zehn, aber das konnte Felgenheier bei seinem ersten und leider auch letzten Saisonsieg egal sein. Der erst 21-jährige aus Rheinland-Pfalz hatte wie bereits im Vorjahr offenbar die Verantwortlichen von DKW ausreichend beeindruckt. Deshalb sollte er im Folgejahr als Mitglied von deren Werksteam für den wichtigsten Erfolg in der Weltmeisterschaft der Ingolstädter Firma in deren leider viel zu kurzer Nachkriegsgeschichte sorgen. Weil zu dieser Zeit meist nur die ersten drei bis vier der Rangliste veröffentlicht wurden, kann nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden, welche Resultate Rudi in der Saison 1951 nebst seinem Auftaktsieg noch erzielt hatte. An seinem endgültigen Durchbruch in diesem Jahr ändert sich dadurch jedoch nichts.
Das Auf und Ab in seiner erfolgreichsten Saison
Für Felgenheier war 1952 eine Saison mit vielen Höhen, aber auch Tiefen, wie beispielsweise am 15. Juni des Jahres am Feldbergrennen im Taunus-Gebirge. Als Vorjahressieger in der kleinsten Klasse startete der 21 Jahre junge Mann aus Koblenz-Horchheim diesmal bei den 250-ern, verpasste die Zielflagge jedoch infolge eines zum Glück glimpflich verlaufenem Sturzes. Sein DKW Werkskollege Karl Hofmann kam mit einer Gehirnerschütterung und einem Armbruch bei seinem Abflug in einer spitzen Linkskehre weniger gut davon. Noch schlimmer erging es dem erst 23-jährigen Horst Herrmann. Der Stuttgarter fand bei einem Sturz in der zweiten Runde im Freitags-Training nach dem sogenannten Sprunghügel auf der 11,576 km langen Strecke mit insgesamt 37 Kurven den Tod. Für Rudi sollte es trotz Glück im Unglück jedoch der letzte Auftritt im Taunus sein, aber dies konnte er damals natürlich noch nicht ahnen.
Der zweiter große Triumpf von Rudi – 1952 am Sachsenring
Auf der Traditionsstrecke in der damaligen DDR anzutreten, war für alle Piloten ein einmaliges Erlebnis, egal ob aus dem Westen oder von hinter dem eisernen Vorhang. Bereits 1951 war Felgenheier auf dem schwierigen Kurs in Hohenstein-Ernstthal angetreten, damals in der Achtelliterklasse und mit der Nummer 168 am seiner DKW um 09:30 Uhr in der früh. Diesmal hatte er auf seiner 250-er DKW die Startnummer 116 und die Piloten wurden sogar um 9 Uhr morgens ins Rennen geschickt. Nachdem in der ersten Runde noch sein westdeutscher Markenkollege Ewald Kluge vor ihm führte, war es jedoch Rudi, der am Ende die Nase vorne haben sollte. Er legte die 12 Runden in 53:18 Minuten und damit einem Schnitt von 124 km/h zurück, was auf dem damaligen Straßenkurs ein hervorragender Wert war. 1950 war der aus Nürnberg stammende Fritz Rieß bei den Sportwagen bis 2000 cm³ auf seiner Rekordrunde kaum schneller als der Koblenzer gewesen. Nachdem Felgenheier bei seinem Grand Prix Sieg auf der Solitude auch vom Pech einiger Gegner profitiert hatte, war der Erfolg in Sachsen die endgültige Bestätigung seiner fahrerischen Klasse.
Ein gemischter Abschluss für Rudis Jahr des endgültigen Durchbruchs
Rudi Felgenheier sollte trotz Niederschlag an der Städte seines ersten großen Erfolgs am Feldberg noch seine Chancen in diesem Jahr bekommen. Nebst der Sensation auf dem Sachsenring gelang ihm beim Finale der DM (Deutschen Meisterschaft der Bundesrepublik von Westdeutschland) auf seiner 250 cm³ DKW immerhin noch ein zweiter Platz hinter NSU Werksfahrer Werner Haas. Dazu kam ein fünfter Rang am 7. September in München beim 3. Riemer Rundstrecken-Rennen, wo er anfänglich auf P3 lag. Danach jedoch vom „langen Hein“ Thorn-Prikker überholt wurde und in der Flughafenkurve zu Sturz kam. Er rappelte sich jedoch wieder auf und rette immerhin Rang fünf bis zur Zielflagge.
Das frühe Karrierenende an der Tourist Trophy
NSU hatte aufgerüstet und mit ihren Viertaktmotoren begann die Firma aus Neckarsulm nun richtig durchzustarten. Fast aus dem Nichts waren sie mit Werner Haas und dem jungen Österreicher Rupert Hollaus (mehr über dies beiden siehe in unserer History) plötzlich mit in der Weltelite angekommen und die italienischen Fabrikate wie Moto Guzzi, Morini und MV Agusta staunten genauso wie die Engländer über die Deutschen Piloten und die Leistungsfähigkeit ihrer Fabrikate. Dabei hatten diese und ihre Vorgänger noch im Jahr 1939 die Mehrheit der Läufe der damaligen Europameisterschaft für sich entschieden, bevor ein unsinniger Krieg den Rennsport für viele Jahre unterbrach. DKW hatte auf die Saison 1953 vor allem auf Siegfried „Sissy“ Wünsche, August Hobl und Karl Hofmann gesetzt. Die letzten beiden sollten vor allem in der 350 cm³ Klasse für die Ingolstädter die Kohlen aus dem Feuer holen. Statt einem Kompressor, welcher mittlerweile für deren Zweitakter verboten worden war, setzten sie auf eine Drehschieber-Steuerung zur Gemischzuführung.
Der letzte Einsatz des ersten 250 cm³ Weltmeisters aus Deutschland
Rudi Felgenheier war mit Startnummer 115 bereits für das Solitude-Rennen am 21. Juni 1953 von DKW gemeldet, aber er sollte nicht mehr antreten. EIn schwerer Sturz beim Training zur TT beendete seine Karriere vorzeitig. Der zu diesem Zeitpunkt erst 22-jährige gründete danach eine Mechanische Werkstatt in Lahnstein. Auf dem Snaefell Course verloren anfangs Juni 1953 nicht weniger als vier Fahrer ihr Leben. Nachfolgend ihre Todesdaten, Namen und der Ort ihres Ablebens:
Date | Name | NAT | Category | Manufacturer | Where, Age, TT Victim No. |
12.06.1953 | Geoffrey „Geoff“ J. Walker | AUS | 500 cc | Norton | Kerrowmoar, 23, 46 |
12.06.1953 | Robert Leslie „Les“ Graham | GBR | 500 cc | MV Agusta | Bray Hill, 42, 45 |
08.06.1953 | Thomas Walter Swarbrick | GBR | 350 cc | Norton | Kirk Michael, 29, 44 |
08.06.1953 | Harry L. Stephen | GBR | 350 cc | Norton | Bishhop’s Court, 37, 43 |
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
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