Nachdem wir seit Jahren unzählige MGP & WSBK Veranstaltungen besucht haben, hat uns diese Frage immer wieder beschäftigt: Wo bekommen wir mehr für unser Geld und für welche Serie lohnt es sich eher, für die Reise zu einem Rennwochenende?
Man kann die 2 Wettbewerbe relativ gut vergleichen. Zumindest in Europa finden in beiden Serien jeweils die WM-Läufe von 3 Kategorien statt. Moto3 hat ihr Gegenstück in der WSSP 300, Moto2 ist recht ähnlich zur WSSP und MotoGP ist die Königskategorie mit natürlich wesentlich mehr Prestige als WSBK. Ab und zu landen MGP oder Moto2 Fahrer in der anderen Serie, während auch umgekehrt schon öfters Fahrer aus WSBK und WSSP in Moto2 oder MGP antraten.

Spitzenrennsport zum anfassen – Jonathan Rea in Misano auf dem Weg zum Podium. Danach ging es zur Paddock-Show, mit Interviews der Top 3, 3-5 m vor dem Publikum

Die Fahrer – unterschiedlich erfolgreiche Wechsel

Dem Australier Troy Baylisss gelang sogar 2006 das einzigartige Paradestück, als er für Ducati in der WSBK Weltmeister wurde und beim letzten MGP Rennen der Saison teilnahm. Nachdem er in der WSBK bereits 12 von 24 Rennen gewonnen hatte, krönte er seine wohl beste Saison des Lebens gleich noch mit dem Sieg für Ducati in der MGP. Umgekehrt wurden der langjährige MotoGP Spitzenfahrer Carlos Checa 2011 in der WSBK für Ducati Weltmeister, im Alter von 39 Jahren. Max Biaggi gelang dies sogar zweimal, er wurde 2010 WSBK-Weltmeister und legte 2 Jahre später nochmals einen 2. Titel nach. Im Alter von 41 Jahren erinnert dies immer wieder an einen MGP-Fahrer in Gelb, der kürzlich erst in Argentinien mit seiner geliebten Yamaha M1 aufs Podium fuhr. Auch er wurde dieses Jahr bereits 40, die Rede ist natürlich von Valentino Rossi.

Eugene Laverty auf seiner Go Eleven Ducati in Aragon – 2 maliger Supersport-Vizeweltmeister und einmal WSBK-Vizeweltmeister. 2015 (auf Honda) und 2016 (Ducati) in der MGP angetreten, beste WM Platzierung Rang 13 im Jahr 2016. In der WSBK wieder auf dem Vormarsch, es ist durchaus mit ihm dieses Jahr wieder auf dem Podium zu rechnen.

WSSP und WSBK Fahrer, welche in die Moto2 oder MGP wechselten, hatten es hingegen oft extrem schwer. Nimmt man als Beispiel Kenan Sofuoglu, der Rekordweltmeister der WSSP hatte in der Moto2 viel Mühe. Bei seinem ersten Grand Prix 2010, als Ersatzfahrer für den tödlich verletzten Shoya Tomizawa in Estoril/Portugal, belegte er den fünften Platz. In der Saison 2011 startete Sofuoglu in der Moto2-Klasse für ein komplettes Jahr im Team Technomag-CIP auf Suter. Mit nur einer Podiumsplatzierung und WM-Rang 17 kehrte er im Folgejahr wieder in die WSSP zurück. Auf der andern Seite war ein Ben Spiess, als er nach seinem Weltmeistertitel in der WSBK 2009 in die MotoGP wechselte, durchaus erfolgreich. In den Jahren 2010 und 2011 erkämpfte er einen Sieg und 5 Podiumsplatzierungen. Mit einem 6. und 5. Rang in der Gesamtwertung eine durchaus respektable Leistung. Noch besser Cal Crutchlow, seit er 2011 in die MotoGP kam, war er nur zwei Mal nicht in den Top Ten der Jahresabrechnung. Bisher 3 Siege und 13 Podien sprechen für sich, 2013 landete er in der WM auf Platz 5.

Cal Crutchlow 2018 am Sachsenring, zu Saisonbeginn nach 3 Rennen auf Platz 1 in der WM. Dieses Jahr nach Platz 3 in Qatar aufgrund einer umstrittenen Durchfahrtsstrafe in Argentinien mit einem weniger glücklichen Start. Immerhin aktuell auf Platz 6 liegend.

Die Strecken

Viele WSBK Rennen finden auf denselben Strecken statt, wie auch die MGP. Nebst in Europa Aragon, Assen, Jerez und Misano, kommen noch Doha in Qatar und BuriRam in Thailand dazu. Kürzlich war übrigens Jonathan Rea bei Tests in Jerez schneller als die MGP Piloten. Im Gegensatz bis vor einigen Jahren, hören sich heute die Motorräder in der WSBK auch sensationell gut an. Bei Strecken wie Aragon, Assen, Jerez und Misano hat die WSBK für die Zuschauer an der Strecke zudem einige Trümpfe in der Hand. Nimmt man Jerez als Beispiel, ist die Anfahrt zur Strecke bei MotoGP Veranstaltungen jedes Jahr ein Geduldsspiel, es sei denn man fährt früh morgens hin. Jerez hat den Nachteil, dass geschätzt 98% aller Zuschauer auf exakt derselben Route zur Strecke fahren. Selbst Motorradfahrer müssen sich bei diesem Chaos gedulden. Es gibt zur normalen Zeit einen extremen Rückstau zur Strecke, respektive den Parkplätzen. Diese sind dann auch noch sehr weit von der Strecke entfernt. Wer die ca. 2 Km nicht zu Fuß gehen möchte, muss sehr lange auf das „Shuttle-Bähnchen“ anstehen. Ähnliches haben wir auch schon in Assen, Brünn und beim Circuito de Catalunya am MGP-Sonntag erlebt, obwohl von mehreren Seiten her die Zufahrt möglich ist. Gefühlt am extremsten war es 2018 in Le Mans, kein Wunder bei über 200’000 Besuchern!
Und bei WSBK? Das wahre Paradies, in der Regel kaum Stau und mit dem Motorrad fährt man bis direkt vor den Haupteingang. Gleiches gilt zum Beispiel auch für Misano.

Circuito de Jerez – sehr schön gelegene Strecke, aber problematische Zufahrt (Autobahn A-382 oder parallel CA-4103, mit stundenlangen Staus am Renntag)

Was die Strecken in Deutschland betrifft, gastiert die MotoGP seit vielen Jahren am Sachsenring. Allerdings stand die Durchführung weiterer MGP-Events noch Ende 2018 in den Sternen, nachdem die Sachsenring GmbH ausgebootet wurde. Wie sicher die Zukunft weiterer Austragungen ist, dürfte von den Besucherzahlen 2019 abhängen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der ADAC Sachsen als Veranstalter ab diesem Jahr bereit sein wird oder kann, allfällige Defizite auf Dauer zu tragen. Leider für WSBK nicht mehr im Programm ist der Lausitzring, auf welchem man von den obersten Rängen der Tribüne einen Ausblick auf rund 95 % der Strecke hatte. Im August 2019 soll dort ein DTM-Lauf ausgetragen werden, aber eine Rückkehr der WSBK ist fraglich.

Blick von der Lausitzring-Tribüne am WSBK Rennen von 2017. Seit Übernahme der Rundstrecke durch die DEKRA im November 2017 leider keine Rennen mehr vorgesehen.

Deutsche und Deutschsprachige Fahrer

In der WSBK ist Deutschland mit WSSP Weltmeister Sandro Cortese (GRT Yamaha) und Markus Reiterberger (BMW Motorrad) bestens vertreten. Leider tritt in der Top Kategorie der MotoGP für Deutschland lediglich HRC-Testfahrer Stefan Bradl für einige ausgesuchte Rennen an. In der Saison 2019 gibt es keinen Stammfahrer aus Deutschland, der Schweiz und Österreich.

Die Schweizer Hoffnung in der Supersport-WM – Randy Krummenacher betritt die Paddock Show in Aragon, nach seinem zweiten Saisonsieg im erst dritten Rennen. Aktuell WM-Leader.

Im Feld der WSSP ist Deutschland mit Christian Stange (Gemar – Ciociaria Corse, Honda) und Österreich mit Thomas Gradinger (Kallio Racing, Yamaha) vertreten. Die Schweiz tritt mit Randy Krummenacher an, der im ersten Rennen 2019 in Phillip Island zuoberst auf dem Treppchen stand. Nach dem Sieg in Australien kam er in BuriRam/Thailand auf Platz 2 ins Ziel und liegt zusammen mit Jules Cluzel/FRA in der WM-Tabelle in Führung. In der Moto2 sind mit Marcel Schrötter (Dynavolt Intact Kalex), Philipp Öttl (Tech 3 KTM Team) und Lukas Tulovic (Kiefer Racing KTM) immerhin 3 Fahrer aus Deutschland am Start. Während Österreich aktuell keinen Fahrer stellt, treten für die Schweiz Tom Lüthi (Teamkollege von Marcel) und Dominique Aegerter (Forward MV Agusta) an. Zudem war in den ersten beiden Rennen 2019 Jesko Raffin aus Zürich als Ersatzfahrer überaus erfolgreich und holte sowohl in Losail/Qatar und Termas de Rio Hondo/Argentinien WM-Punkte.

Österreichs Hoffnung in der WSSP – Thomas Gradinger, in Aragon Polesetter.
Dominique Aegerter auf MV, in den ersten beiden Rennen 2019 noch glücklos

In der Moto3 tritt 2019 kein einziger Deutscher Fahrer an, auch die beiden Alpenländer Schweiz und Österreich, sind leider nicht vertreten. Hier sieht es in der Einsteigerklasse der WSBK (WSSP 300) wesentlich besser aus. Im Freudenberg Racing Team (KTM RC390R) treten mit Jan-Ohle Jahnig und Maximilian Kappler gleich zwei Deutsche Nachwuchsfahrer in der WSSP 300 Weltmeisterschaft an.

Losail/Qatar 2019 – 3. von Rechts, Tom Lüthi auf Startplatz 7. Im Rennen verpasste er den Sieg hauchdünn. In Termas de Rio Hondo in Argentinien stürzte er leider.
Vor dem Start in Losail 2019 – ganz links Polesetter Marcel Schrötter. Im Rennen als 3. auf dem Podium und in Argentinien auf Rang 5. Aktuell auf Rang 3 im Moto2 Klassement.

Wo erhält man mehr fürs Geld?

Nachdem sowohl in der MGP, wie auch in der WSBK – Serie sehr guter Sport geboten wird, liegt dies zu einem guten Teil auch im Auge des Betrachters. Seit die WSBK (zumindest in Australien und bei praktisch allen Rennen in Europa, leider nicht in BuriRam/Thailand) 2018 die Paddock Show ins Leben rief, genießt der Fan eine unvergleichliche Nähe zu den Stars. Beim WSBK Lauf in Misano sahen wir unglaubliche Szenen, welche so in der MGP absolut undenkbar wären. Beispielsweise rief ein Fan nach dem Interview mit den bestplatzierten Fahrern nach Eugene Laverty und er solle ihm doch bitte ein Souvenir überlassen. Dieser warf seine Mütze in dessen Richtung, welche allerdings nicht beim verzweifelten Fan ankam, da jemand anders ihm diese wegschnappte. Und was Tat Laverty?
Er kam höchstpersönlich herunter und übergab dem überglücklichen Fan einen seiner Knieschoner. Solche Fahrer sollte es mehr geben, egal in welchem Lager! Am selben Event am Ende der Paddock Show mischte sich Marco Melandri unter seine Fans und ließ geduldig Selfies mit sich zu. Unsere Zippy stand einen halben Meter daneben und knapp ein Jahr später überholte sie auf dem Weg zum Taxistand Marco am Flughafen in Bangkok Don Muang. Zu Fuss war sie definitiv schneller als er. Wir sassen davor im selben Flugzeug, auf dem Rückweg von BuriRam 2019. Da Motoracers Zippy ein Rossi-Jankerl trug, war der gute Melandri nicht besonders überrascht, wurde er von der Nummer 46 in seiner Karriere doch schon öfters überholt…

Eugene Laverty beim Pitwalk 2018 in BuriRam, geduldig für seine Fans Autogramme gebend. Leider zog er sich im 2. Lauf eine schwere Verletzung zu und fiel danach für einige Rennen aus. Der liebenswerte Irländer ist für uns ein Muster an Anstand und Fantreue, einfach Top!

In einem späteren Bericht werden wir auf die unterschiedlichen Preise eingehen. Teilweise ist die MotoGP (insbesondere für Tribünenplätze) um Faktor 2 bis 3 teurer als WSBK, ein Vergleich vor der Reiseplanung zu den Rennen kann sich durchaus lohnen.