Domi und Krummi – 2 Schweizer Racer und ihr Schicksal

Dominique Aegerter auf seiner Forward MV in Aragon (Bildquelle Forward MV).

Dominique Aegerter – seit 2018 mit Existenzproblemen

In der Moto2 gab es zu Saisonbeginn 2018 eine dramatische Entwicklung für einen Fahrer, welche die Fans in der Schweiz wachrüttelte und zu einer Solidaritäts-Aktion führte, die seinesgleichen suchte. Der Moto2 Pilot Dominique Aegerter war zusammen mit dem Deutschen Sandro Cortese als Fahrer bei Kiefer Racing vorgesehen und für das Fahrwerk fiel die Wahl auf die damals durchaus vielversprechende Lösung mit KTM. Ein englischer Aufschneider der in Wien wohnhaft und als angeblicher Investment Banker tätig war, winkte mit vermeintlichen Russen-Geldern und wollte damit ganz gross in der Moto2 einsteigen. Der Name dieses Herrn spielt heute keine Rolle mehr. Offensichtlich war so gut wie nichts dahinter, trotz seines prahlerischen Auftretens und die ganze Lügengeschichte platzte noch vor Saisonstart 2018 wie eine Seifenblase. Sandro Cortese war gezwungen, zur Fortsetzung seiner Karriere eine Alternative zu finden und wurde bei Kallio Racing in der Supersport WM fündig. Es sollte sein Schaden nicht sein, er wurde auf Anhieb Weltmeister in der WSSP und erhielt danach die Chance zum Aufstieg in die WSBK. Domi hingegen wählte einen anderen Weg und versuchte, via Crowdfunding seine Karriere in der Moto2 zu retten, was auch erstaunlich gut gelang. Mithilfe seiner Fans, Sponsoren und Gönner schaffte es der Schweizer tatsächlich, die Saison 2018 auf KTM bei Kiefer Racing zu sichern. Doch „Aegi“ hatte viel Pech, erlitt einen Beckenbruch im Training und kam mit dem österreichischen Fabrikat nicht richtig klar. Die erhofften guten Resultate blieben weitestgehend aus. Mit insgesamt nur 3 Top Ten Ergebnissen und einem 17. Rang in der WM-Endabrechnung verfehlten Fahrer und Team die gesetzten Ziele um Welten. Dominique Aegerter wechselte für die Saison 2019 zu Forward MV, aktuell liegt er jedoch nur noch auf Platz 21 in der WM-Zwischenwertung. Direkt vor ihm liegend sogar noch sein italienischer Teamkollege Stefano Manzi. Sein früherer Arbeitgeber Jochen Kiefer verpflichtete mit dem jungen Deutschen Lukas Tulovic einen Nachwuchsfahrer und die guten Resultate blieben bis auf eine Ausnahme seither aus. Mit nur 3 WM-Punkten und dem drittletzten Rang von Tulovic in der Zwischenwertung verliert das Team auf nächste Saison seinen Moto2 Platz. Laut Teamchef Stefan Kiefer ist sein Rennstall absolut schuldenfrei, umgekehrt habe der ehemalige Fahrer Aegerter bei ihm aus der Saison 2018 noch Schulden bei ihm. Das Team hat 2 WM-Titel gewonnen und wird von IRTA und Dorna jetzt hochkant aus dem Paddock geworfen. Offen bleibt, wieso die Crowdfunding Aktion von Domi sämtliche Ziele übertraf, er aber seinem letztjährigen Team trotzdem noch Geld schuldet. Die Saison 2020 steht schon bald vor der Türe und Dominique Aegerter sucht erneut nach einer Lösung, seine Karriere noch für ein weiteres Jahr fortzusetzen. Es ist davon auszugehen, dass er bei Forward MV bleibt, dafür aber gut eine Viertelmillion Euro der Kosten selbst und durch eigene Sponsoren beisteuern muss.

Der Krummenator – Topfavorit der WSSP 2019

Krummi am Start in Assen im April 2019 auf seiner Bardahl Evan Bros Yamaha.

Das Schweizer Boulevard-Blatt „Blick“ brachte kürzlich einen grossen Artikel über Domi und die gefährdete Karriere des Oberaargauers in der Moto2. Aktuell liegt er mit gerade einmal 12 WM-Punkten in der Zwischenrangliste auf Platz 22, damit ist er Neunt-Letzter.
Der wesentlich Erfolgreichere fährt in der anderen Serie
Doch die Schweiz hat momentan einen WM-Leader in der Person von Randy Krummenacher, bloss fanden wir im Blick darüber bisher so gut wie nichts. Genauso wie Domi läuft sich der „Krummenator“ aktuell seine Socken wund, um Geldgeber und Sponsoren für die nächste Saison zu finden. Sein Landsmann Tom Lüthi holte bei seinem ersten und einzigen Jahr in der Saison 2018 keinen einzigen WM-Punkt und lebt trotzdem in Saus und Braus, fand für diese Saison auch problemlos einen Platz in einem Moto2 Top-Team (Dynavolt Intact Kalex, als Teamkollege des Deutschen Marcel Schrötter). Zugegeben, die Supersport WM findet im Vergleich zur elitären MotoGP und Moto2 ein wahres Schattendasein. Krummi muss jedes Jahr eigenes Geld zusammenkratzen und Klinken putzen, um die Sicherung einer weiteren Saison zu bewerkstelligen. Vor dem WM-Lauf in Magny-Cours in Frankreich führt er in der WM-Zwischenwertung mit 10 Punkten vor seinem italienischen Teamkollegen Federico Caricasulo.

Randy Krummenacher – ein Racer durch und durch. In der Saison 2019 bisher eine Klasse für sich.

Der Held von Jerez 2019

Es können Jahrzehnte vergehen und wir werden die Szenen trotzdem nie vergessen, als wir im selben Hotel wie der Krummenator beim Rennen in Jerez im Juni 2019 wohnten. Der Schweizer litt unter dem sogenannten „Arm-Pump“ Syndrom, welches die meisten Motorrad-Rennfahrer in der Regel früher oder später erwischt und teils immer wieder beschäftigt. Krummi musste mit diesem Handicap versuchen, den härtesten Konkurrenten aus dem eigenen Team irgendwie im Griff zu behalten. Es ging in erster Linie darum, dass Federico Caricasulo in dieser Situation nicht zu stark von Randys Problem profitieren konnte und zu viele WM-Punkte aufholte. Mit einer Bandage am rechten Unterarm gab sich der Schweizer jedoch ganz locker und war im Hotel sogar zum Small-Talk mit anderen Gästen bereit, welche ihn als Rennfahrer erkannten und darauf ansprachen. Der Familienvater hatte seine Tochter in Obhut und es kam uns irgendwie vor, als wäre es für ihn leichter, einen Sack Flöhe zu hüten, aber davon liess er sich keineswegs beeindrucken. Geduldig gab er auf Fragen von Gästen Auskunft und schaute gleichzeitig bestmöglich dafür, dass seine kleine Tochter nicht allzu fest über die Stränge schlug. Und das war beileibe nicht einfach, da sie andauernd irgendwohin auf Pirsch gehen wollte und gleichzeitig auch noch ein zu Eis essen gedachte. Das Ganze passierte am Samstagabend, dem Tag vor seinem Rennen und wir fragten uns bereits, ob dies die optimale Vorbereitung für seinen 6. WM-Lauf in diesem Jahr sei. Von den 5 Rennen vor Jerez hatte Randy 3 gewonnen und fuhr zweimal als Zweiter durchs Ziel. Mit seinem Rennen am Sonntag zeigte Randy jedoch, was einen wahren Champion ausmacht. Trotz argem Handicap hielt er seine Gegner mehrheitlich in Schach und kreuzte die Ziellinie letztlich mit knappem Rückstand auf Caricasulo auf Platz 2. Unser Held des Jerez-Wochenendes 2019 stand damit fest, wer derart auf die Zähne beissen kann und so souverän mit allen Handicaps umgeht, ist ein wahrer Champ.

Karriere-Fortsetzung – fragwürdige Situation

Die aktuelle Situation ist ein einziger Skandal. Wenn ein derart erfolgreicher Rennfahrer aus einem eigentlich recht wohlhabenden Land fast täglich Klinken putzen muss, um jeweils Beiträge von wenigen Hundert Schweizer Franken für die Sicherung seiner Karriere zusammenkratzen muss. Da hat das kleine Land in den Alpen nach Luigi Taveri, „Kneubi“, Rolf Biland, Stefan Dörflinger, Jacques Cornu und Tom Lüthi als letztem Schweizer mit WM-Titel endlich wieder einen Rennfahrer mit WM-Chancen, aber kaum jemand unterstützt den Vollblut-Racer im eigenen Land. Es ist eine wahrhaft verkehrte Welt und man kann nur hoffen, dass die Geschichte ein Happy End findet und Krummi auch für nächstes Jahr eine Top-Chance zur Weiterführung seiner Karriere erhält. Vielleicht finden sich einige Fans, die einen Beitrag dazu leisten wollen. Wir freuen uns um jede Unterstützung für Randy Krummenacher und wer etwas dazu beitragen will, melde sich bitte unter
info@motoracers.eu