WSBK 2023 – eine einzigartig einseitige Saison
Wir haben die Geschichte der WorldSBK von ihren Anfängen bis heute sehr detailliert aufgearbeitet und dokumentiert. Dabei wagen wir zu behaupten, dass es nirgends sonst eine derart umgangreiche und reich illustrierte Recherche über die Geschichte der Superbike Weltmeisterschaft wie auf dieser Seite gibt. Jeder Betrachter kann sich auf unter dem Kapitel History vergewissern, ob wir uns mit dieser Behauptung zu weit aus dem Fenster lehnen. Wir inverstierten Monate und Jahre dafür und dabei wuchs täglich unsere Bewunderung für die Leistung früherer Helden, natürlich ohne dabei den Respekt für die Erfolge heutiger Piloten zu verlieren. Besonders ein Jonathan Rea und Toprak Razgatlioglu können kaum genug gelobt werden, was ihre Einstellung zum Rennsport und ihre dauernde Kampfbereitschaft betrifft, obwohl sie sich jeweils meist vor dem Start ihrer Chancenlosigkeit bewusst sind. Für den Ende 2023 zu BMW wechselnden Türken ist die aktuelle Saison womöglich die beste Schule, sich an ausbleibende Toperfolge zu gewöhnen.
Interessante Aussage von KRT zur Saisonmitte
Am Rand des Donington Wochenendes gab Provec Racing Teamchef Guim Roda in einem Interview zu Protokoll, dass ihnen im Kampf gegen die MotoGP Replica von Ducati „die Hände gebunden seien“. Dies hat das Kawasaki Werksteam als erfolgreichste Mannschaft des vorigen Jahrzehnts der FIM zu verdanken. Aber auch die Dorna mit CEO Carmelo Ezpeleta ist daran nicht unschuldig. Er kippte zusammen mit FIM Boss Jorge Viegas ein von der Herstellervereinigung der WorldSBK bereits beschlossenes Minimalgewicht für Pilot und Maschine, wie dies in der WorldSSP schon lange gilt. Weil dem amtierende Weltmeister Alvaro Bautista sehr klein und leicht ist, siegt er auf der für 2023 stark verbesserten Ducati Panigale V4R fast nach belieben. Seine Vorteile in Topspeed und Beschleunigung brachte nach dem Wochenende in Donington Park der derzeit stärkste Widersacher des spanischen WM-Leaders mit einfachen Worten auf den Punkt.
Toprak: „Ich fühlte mich wie auf einer 600-er gegen Alvaro“
Nachdem der Türke als Weltsmeister von 2021 zwar das Sprintrennen gewonnen hatte, aber in beiden Läufen über die volle Distanz absolut chancenlos war, geben seine Worte jedem Sportfan zu denken. Uns erinnerten seine Worte vom Sonntagabend in Donington spontan an unsere Beobachtungen der ersten Runden der WorldSBK 2019. Damals gewann Bautista völlig ungefährdet die ersten 11 Rennen der Saison und beispielsweise in BuriRam sahen wir ihn mit mindestens 15 km/h Geschwindigkeitsüberschuss an Kawasaki Ass Jonathan Rea auf der nicht allzulangen Geraden vorbeifliegen. Heute bezeichnen die meisten Journalisten und Kommentatoren Alvaro Bautista als absoluten Toppiloten und den aktuell besten. Leider aber vergessen sie wie so viele Beobachter dabei jedoch, wie alles nur 2 Jahre früher aussah. Als Bautista nach seinem 2019 verpassten Titel aufgrund eines miserablen Angebots für eine Verlängerung seines Ducati Vertrags im Jahr danach zu Honda wechselte, begann sein rasanter Abstieg.
Die Wahrheit über die echten Kräfteverhältnisse
Eigentlich reicht ein kurzer Blick auf Alvaro Bautistas beide Jahre auf der absolut nicht langsamen Honda CBR-1000RR-R, um derartige Behauptungen ins rechte Licht zu rücken. Mit je einem dritten Rang als Bestergebnis 2020 und 2021 war der spanische Winzling WM-neunter und zehnter in dieser Zeit. Keinen Deut besser also, als derzeit seine Nachfolger Iker Lecuona und Xavi Vierge. Würde man ihn auf Topraks Yamaha setzen oder gar die durch die FIM 2021 böse kastrierte Kawasaki, Bautista müsste kämpfen wie ein Löwe, um nur schon in die Top 5 zu fahren. Oder glaubt wirklich jemand ernsthaft, Johnny Rea sei langsamer als in seinen erfolgreichsten Jahren 2015 bis 2020, als er für Kawasaki 6 Titel nacheinander einfuhr? Auf gleichwertigem Material dürfte Bautista gegen den Nord-Iren in der Regel auch heute noch keine Chance haben, was genauso gegen einen Toprak Razgatlioglu gilt. Weil er auf Strecken wie der von Aragon, Portimão oder San Juan aufgrund seiner PS-Vorteile so überlegen sein wird, kann Alvaro jedoch beruhigt sein. Solange ihn FIM und Dorna derart protegieren, kann er die Titelverteidigung so gut wie unmöglich verspielen. Die Frage ist nur, wie lange dies die Konkurrenzfirmen wie BMW, Honda, Kawasaki und Yamaha noch mitmachen werden.
Was erwartet uns im zweiten Halbjahr 2023?
Weder in der WorldSSP 600 noch in der Superbike Weltmeisterschaft dürfte es spannend im Titelkampf werden. In beiden Klassen liegt eine Aruba.it Werks-Ducati einsam und fast ungefährdet in Führung. Mit Ausnahme von Imola und sofern es bei einem der kommenden Rennen noch regnen sollte, gibt es vor allem in der WorldSBK nur einen Favoriten und dies ist Alvaro Bautista. Dem kleinen Spanier wäre zu wünschen, dass seine Erfolge mehr Prestige bringen würden. Dies verhindert jedoch die Überlegenheit seines Motorrads, welchem er seine Dominanz in erster Linie zu verdanken hat. Läge der Termin für die siebte Runde der WSBK auf dem Autodromo Dino e Enzo Ferrari in Imola nicht mitten in der heissesten Jahreszeit, wäre Jonathan Rea wenigstens dort der haushohe Favorit. Weil seine Kawasaki ZX-10RR bei hohen Temperaturen jedoch zu wenig konkurrenzfähig ist, besitzt selbst auf diesem Fahrerkurs Alvaro voraussichtlich die besten Karten. Genauso in Nevers, weil der Circuit von Magny-Cours zu viele enge Kurven mit danach folgenden Beschleunigungsstrecken hat. Von den danach folgenden Strecken gar nicht erst zu reden. Deshalb kann auch Most als achte Runde nach Imola keine Trendwende bringen. Ducati kann den Champagner oder lieber doch vielleicht Prosecco demnach ruhig schon kaltstellen.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
Noch keine Kommentare