Imola 2019 in der WorldSBK beim Tissot Sprintrennen von uns in der Curva Tosa aufgenommen – soeben überholte Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) den vorherigen Leader Chaz Davies (Ducati Panigale V4R). Dahinter dessen Teamkollege Alvaro Bautista und Leon Haslam auf der zweiten Werks Kawasaki, gefolgt von Alex Lowes und Michael van der Mark (beide Yamaha).

Längst überfällig – weitere leichte Drosselung der Ducati

Als Jonathan Rea auf der Kawasaki ZX-10RR die WorldSBK dominierte, kam es durch die FIM Kommissare sehr früh zu einer Drosselung seiner Maschine. Wir erinnern uns an einen Fall, als dies in einem Schritt um gleich 500 U/Min passierte. Damit war der Nord-Ire und Tom Sykes als sein Teamkollege schlagartig ein gutes Stück weniger konkurrenzfähig, wobei Rea damals vor allem fahrerisch stärker als alle anderen war. Auf der 2019 eingeführten Ducati Panigale V4R gewann Alvaro Bautista 2023 ab Saisonbeginn bis Assen jedes Rennen, bei welchem er ins Ziel kam. Obwohl er seine Überlegenheit in erster Linie der drastischen PS-Überlegenheit seiner Ducati zu verdanken hatte, ordnete die FIM jedoch damals eine Reduktion deren Maximaldrehzahl um lächerliche 250 U/Min an. Der Spanier gewann die folgenden drei Runden beinahe nach Belieben weiter und nun kam es vor Imola zum zweiten alibimässigen „Mini-Schritt“ mit erneut 250 U/Min weniger. Wie absolut wirkungslos auch dieser zweite Eingriff ist, zeigte sich bereits im FP1 in Imola am Freitagmorgen. Nicht weniger als 4 Ducatis waren unter den schnellsten 6 und zwei davon sogar von Privatpiloten bewegte Panigale V4R.

Jonathan Rea (Kawasaki) von uns 2019 bei der Fahrerpräsentation im Paddock fotografiert – im Gegensatz zu vor 4 Jahren dürfte der beste Superbike Pilot aller Zeiten diese Saison wenig zu lachen haben. Durch die völlig unsinnige Ansetzung der siebten Runde in Imola mitten im Hochsommer, hat der Nord-Ire höchstens im Sprintrennen vom Sonntagmorgen Siegchancen. Über die volle Distanz ist bei dieser Gluthitze wie so oft Bautista der haushohe Favorit, bevorteilt durch sein Leicht- und Leistungsgewicht.

Kaum Auswirkungen auf die Weltmeisterschaft zu erwarten

Auf Strecken wie Aragon, Portimão und San Juan (Argentinien) dürfte dies vor allem die Werks-Ducati des federleichten Bautista kaum merklich einbremsen. Die erste Reduktion vor Barcelona traf augenmerklich vor allem die Ducati Privatpiloten, was absolut nicht im Sinne des Sports sein kann. Auch wenn Kawasaki sich nochmals um 250 U/Min durch Einlösung sogenannter Concession-Points steigern darf, sollten die Fans von Johnny Rea und den Gegnern Bautistas jedoch nicht zu früh jubeln. Der spanische Winzling wird auf der MotoGP Replica von Ducati auch weiter dominieren. Vor allem ist ihm der zweite Titel in Folge sowieso kaum mehr zu nehmen. Ohne Einführung eines Minimalgewichts von Fahrer und Maschine wird der amtierende Weltmeister seinen Gegnern auch weiterhin in Beschleunigung und Topspeed haushoch überlegen sein. Eigentlich hatte die Herstellervereinigung eine solche Regelung bereits beschlossen, aber die Bosse von FIM und Dorna kippten dies völlig eigenmächtig und absolut diktatorisch. Carmelo Ezpeleta als CEO der Dorna und Jorge Viegas als FIM Präsident wollen eindeutig, dass Ducati weiter dominiert. Dass sie mit ihrem Verhalten den Ausstieg von Werken wie BMW, Honda, Kawasaki und Yamaha riskieren, zeigt wie wenig ihnen an der Zukunft der WSBK liegt.

Jonathan Rea 2011 mit Startnummer 4 auf Honda – in dieser Saison gewann der Nord-Ire mit Lauf 1 zum ersten Mal in seiner langen Karriere ein Rennen in Imola Übrigens stellte Kawasaki Teamchef Guim Roda am Imola Wochenende klar, dass sie erst bei 750 U/Min mehr gegenüber heute, ihre aktuell bei 500 U/Min liegende Erhöhung der Maximaldrehzahl überhaupt nutzen werden. Womit sein Team weitere drei Runden abwarten wird, bis sie ein schnelleres Motorrad haben werden.

Ein neues Gesicht für 2024 angekündigt – Sam Lowes

Wir haben es dem ehemaligen Bierbaron Marc van der Straten zu verdanken, dass mit seinem Team eine der erfolgreichsten Moto2 Mannschaften per nächste Saison auch in der WorldSBK antreten wird. Damit erhält mit Sam Lowes ein absoluter Spitzenpilot die Gelegenheit, sich auf einer Ducati Panigale V4R mit seinem Zwillingsbruder Alex auf dessen Kawasaki ZX-10RR zu messen. Als WorldSSP 600 Weltmeister von 2013 ist Samuel Deane Lowes, wie er mit vollem Namen heisst, alles andere als ein Unbekannter im Paddock. Trotzdem er wie sein Bruder Alex dank seiner häfigen Stürze als sogenannter Kiesbetten-Experte gilt, müssen sich einige der künftigen Gegner wohl warm anziehen. Dem in der Schweiz lebenden van der Straten sei Dank, dass der Wunschtraum von Sam nun wahr wird und die WSBK ein neues und starkes Team erhält.

Sam Lowes in der Marc VDS Moto2 Box – mit dem aus dem englischen Lincoln stammenden Zwillingsbruder von Kawasaki Werkspilot Alex erhält die WorldSBK eine weitere höchst willkommene Blutauffrischung. Dass er sogar mit einem in der Superbike Weltmeisterschaft neuen Team und gleichzeitig ihm vertrauten Leuten aus der Moto2 in die Prototypen WM wechseln kann, ist für Sam und seine Fans ein absoluter Glücksfall.

Freitag – der einzige Tag mit moderaten Temperaturen

Die Veranstalter sowie die Verantwortlichen von Dorna und FIM scheinen aufgrund der Festlegung des Datums nicht ganz bei Trost zu sein. Mitten im Hochsommer ein Rennen der Weltmeisterschaft in Imola anzusetzen, ist nahezu kriminell. Einige Tage nach dem Freitag sind Prognosen nahe und sogar über 40 Grad Celsius für die kleine Stadt in der Po Ebene angesagt. Im Wissen, dass mit Alvaro Bautista auf der Ducati nahe des italienischen Werks vor allem der WM Leader mit der horrenden Hitze am besten zurecht kommt, störte dies die Verantwortlichen offenbar kaum. Ebenso den Umstand, dass nebst den Fahrern und deren Teammitarbeitern auch die Zuschauer diese Gluthitze ertragen müssen. Jedenfalls war der Freitag noch der einzige Tag mit moderaten Temperaturen und am Morgen im ersten freien Training waren es erst 28 Grad Celsius. Der Asphalt war hingeben bereits 42 Grad heiss.

WorldSBK 2011 mit „Pocket Rocket“ Leon Haslam (BMW, Nr. 91) in Misano auf der Verfolgung von Superbike Ikone und Publikumsliebling Noriyuki „Nitro Nori“ Haga (Aprilia), dem besten WSBK Piloten, der in seiner Karriere nie Weltmeister wurde. Anstelle der verletzten Michael van der Mark und Ersatz Tom Sykes tritt in Imola der Engländer erneut für BMW an. Haslam ist derzeit auch in der Britischen Meisterschaft (BSB) auf einer M-1000RR unterwegs.

Viele Stürze bereits am ersten Tag

Vor allem am Freitagnachmittag kam es gleich mehrmals zu roten Flaggen und damit einem Unterbruch des zweiten freien Trainings. Am Ende gab es auch zahlreiche Überraschungen, vor allem mit US-Boy Garrett Gerloff (Bonovo Action BMW) als drittschnellstem und Johnny Rea mit nur neuntbester Zeit vor Toprak Razgatlioglu, der gar 0.788 Sekunden auf die Bestzeit von Ducati Werkspilot Michael Ruben Rinaldi verlor. Nebst Philipp Oettl (GoEleven Ducati) auf P13 blieben direkt dahinter Remy Gardner und als nur neunzehnter dessen GTR Yamaha Teamkollege Dominique Aegerter, sowie die beiden HRC Honda Werksfahrer Iker Lecuona mit Px und Xavi Vierge als x-ter deutlich hinter den Erwartungen. Sofern es am Samstag keine riesige Überraschung gibt, wird jedenfalls bei der Gluthitze in der Emilia Romagna erneut Alvaro Bautista der Konkurrenz auf und davonfahren. Mit Ausnahme des Sprintrennens am Sonntagmorgen muss zudem auch für die weiteren Rennen mit einer Fortsetzung der WSBK Langeweile gerechnet werden.

Garrett Gerloff (Bonovo Action BMW) sorgte durch seine Kollision mit Teamkollege Loris Baz kurz nach dem Beginn des FP2 für eine Schrecksekunde, gefolgt von einem ersten Unterbruch durch rote Flaggen. Zum Glück blieb der Texaner jedoch genauso wie der Franzose dabei unverletzt. Am Ende sorgte Gerloff sogar mit der drittbesten Zeit des Tages für ein überraschendes Highlight der Blau-Weißen.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).