Das Autodrom Most aus der Vogelperspektive – für die meisten Fahrer eine komplett neue Strecke. Mit Ausnahme von Folger, einigen Wildcard-Piloten wie Lokalmatador Hanika und Redding, müssen fast alle die extrem kurvenreiche Strecke erst kennenlernen.

Die tschechische WorldSBK Premiere in Most

Drei Dinge ärgerten uns und einige Fans bereits, bevor zum ersten Mal auf der kurven reichsten Strecke die Motoren gestartet wurden. Das erste waren die Preise für Wochenend-Tickets, welche praktisch auf dem Niveau von Brünn für MotoGP Rennen lagen. In einem Land wie Tschechien, wo die Gehälter der Bevölkerung im Vergleich zum Ausland immer noch sehr tief sind, ist dies schwer nachzuvollziehen. Uns reichte schon seit 2005 unserem ersten Besuch, auf dem Masaryk Jahr für Jahr zusehen zu müssen, wie viele der Einheimischen hinter den Zäunen bleiben mussten. Für sie waren die Preise schlicht zu hoch und so wird es auch in Most wieder sein, obwohl die WorldSBK eigentlich eine viel Zuschauer-nähere Serie sein sollte. Mehr als das Doppelte von Jerez am Beispiel deren Eintrittspreise von 2019 für einen Wochenend-Eintritt zu verlangen, grenzt an Wucher.

Der Mann mit der Flagge in Most – ihn kann man definitiv schwer übersehen, weshalb wir auch eindrückliche Personen vom Rand des Geschehens nie vergessen sollten. Denken wir später wieder einmal an unsere Erlebnisse bei der Premiere der tschechischen Strecke im WSBK Kalender zurück, werden wir uns bestimmt auch an ihn erinnern.

Das Fehlen zweier Sympathieträger
Extrem ärgerlich fanden wir dazu bereits die Abwesenheit von Eugene Laverty beim Barcelona Test, in Assen und nun erst recht in Most. Sein Team gehört nicht in eine WM, dies hatten wir jedoch bereits im Frühling festgehalten. Dazu ist auch das Fehlen von Leandro Mercado ein Ärgernis. Beim schnellen Argentinier war ebenfalls das Team schuld, dass er von Aragon bis Assen fehlte. Nun aber ist es Covid-19, nach einem positiven Test, womit er automatisch gesperrt ist. Das Fehlen zweier Sympathieträger wie Eugene und Leandro reisst eine grosse Lücke, die sehr schmerzt, auch wenn die Gründe dafür diesmal sehr unterschiedlich sind. Immerhin gibt es zumindest auch überraschend positive Nachrichten zu vermelden, wie beispielsweise das Erscheinen von Federico Caricasulo mit dem WSSP 600 Team Biblion Iberica Yamaha Motoxracing oder das eindrückliche Comeback von Patrick Hobelsberger, der im FP1 mit Platz 2 überzeugte. Dazu die ebenfalls mit einer Wildcard antretenden Marvin Fritz und Lokalmatador Karel Hanika, sowie US-Boy Jayson Uribe, welcher auf Kawasaki für das Pedercini Racing Team die zweite Saisonhälfte bestreiten soll.

Leandro Mercado – hier von uns 2019 als Fahrer bei Orelac Kawasaki im Parc fermé fotografiert. Der schnelle Argentinier hat diese Saison gleich zweifaches Pech. Zuerst trat sein Team MIE Honda vollkommen unvorbereitet und ohne vorherige Tests mit ihm in Aragon an. Danach folgte der Rückzug des Teams bis und mit der Runde in Donington, mit danach einem starken Comeback von Mercado in Assen, aber nun aufgrund der Infektion mit dem Covid-19-Virus die nächste Zwangspause.

Valentino Rossi ohne WSBK Pläne nach dem MotoGP Rücktritt

Nachdem der 9-fache Weltmeister wie erwartet vor dem Grand Prix in Spielberg seinen Abschied aus dem Zweiradsport am 5. August öffentlich gemacht hat, besteht keine Hoffnung, ihn gegen Rea und Toprak antreten zu sehen. Dies ist einerseits bedauerlich, auf der anderen Seite vielleicht auch besser so. Der Altmeister steckt im zweiten Jahr nacheinander in einer förmlichen Abwärtsspirale, mit für ihn viel zu vielen Stürzen und Rückschlägen. Daher ist er voraussichtlich gegen einen Johnny Rea auf dessen pfeilschneller Kawasaki ZX-10RR als Platzhirsch von Beginn an auf verlorenem Posten. Zudem wäre es keine Überraschung, wenn ihm auch Toprak und Gerloff auf der Yamaha auf der Nase herumtanzen würden. Aus diesem Grund wird der beliebteste Motorrad-Rennfahrer aller Zeiten ab Ende der MotoGP Saison 2021 nicht mehr auf zwei Rädern an Rennen zu bewundern sein. Vielmehr erklärte er, künftig bei Autorennen antreten zu wollen. Dazu hat er seine VR46-Academy mit einem eigenen Moto2 und MotoGP Team.

Superbike 2016 in Misano mit Valentino Rossi als interessiertem Zuschauer – nur eine Viertelstunde von seinem Wohnort Tavullia entfernt. Als Fahrer wird man ihn definitiv nie in der WSBK sehen, weil er aufgrund von Karrieren wie der von Tito Rabat sehr gut sehen kann, wie stark die Konkurrenz dort ist. Schade ist es trotzdem, den „Kampf der Titanen“ zwischen ihm und Jonathan Rea deshalb in der Superbike WM nie erleben zu dürfen.

Die Resultate vom Freitag der WorldSBK

Im ersten freien Training war es Toprak gewesen, der mit 1’33.022 eine Zeit schaffte, die mehr als eine halbe Sekunde unter der von Alex Lowes als zweitbestem Fahrer lag. Dahinter Scott Redding, Marvin Fritz, Andrea Locatelli, Jonathan Rea und Tom Sykes auf der besten BMW. Weil am Nachmittag, wie prognostiziert, früh Regen einsetzte, kam es zu keinen Verbesserungen und die Fahrer hatten dabei Zeit für einen Gedankenaustausch. Die Strecke ist problematisch und für eine Weltmeisterschaft zu gefährlich, aber dies galt auch für Kurse wie Imola und Monza, wo trotzdem viel zu lange gefahren wurde. FIM und Dorna scheint dies, solange nichts Gravierendes passiert, jedoch soweit egal zu sein. Nachfolgend die Rangliste vom FP1, welche im Gegensatz zur MotoGP für am Samstag jedoch ohne Relevanz ist. Auch dort regnete es in Spielberg im FP2 am Nachmittag, weshalb einige Fahrer nun zittern müssen und hoffen, dass es am Sonntagmorgen trocken bleibt. In der WSBK geht es in der Superpole um 11:10 Uhr um die Startaufstellung und sollte es feucht sein, dürfte Toprak dann nicht der schnellste Mann sein.

P,  No, Rider, Bike, Time, (Gap), km/h
1, 54, RAZGATLIOGLU Toprak, Yamaha YZF R1, 1’33.022, , 289
2, 22, LOWES Alex, Kawasaki ZX-10RR, 1’33.622, +0.600, 290
3, 45, REDDING Scott, Ducati Panigale V4 R, 1’33.663, +0.641, 291
4, 17, FRITZ Marvin, Yamaha YZF R1, 1’33.809, +0.787, 279
5, 55, LOCATELLI Andrea, Yamaha YZF R1, 1’33.861, +0.839, 290
6, 1, REA Jonathan, Kawasaki ZX-10RR, 1’33.862, +0.840, 288
7, 66, SYKES Tom, BMW M 1000 RR, 1’34.006, +0.984, 288
8, 19, BAUTISTA Alvaro, Honda CBR1000 RR-R, 1’34.085, 1.063, 294
9, 98, HANIKA Karel, Yamaha YZF R1, 1’34.142, 1.120, 284
10, 31, GERLOFF Garrett, Yamaha YZF R1, 1’34.155, 1.133, 287
11, 60, VAN DER MARK Michael, BMW M 1000 RR, 1’34.267, 1.245, 286
12, 47, BASSANI Axel, Ducati Panigale V4 R, 1’34.278, 1.256, 289
13, 21, RINALDI Michael Ruben, Ducati Panigale V4 R, 1’34.528, 1.506, 288
14, 91, HASLAM Leon, Honda CBR1000 RR-R, 1’34.548, 1.526, 290
15, 94, FOLGER Jonas, BMW M 1000 RR, 1’34.615, 1.593, 286
16, 53, RABAT Tito, Ducati Panigale V4 R, 1’35.267, 2.245, 288
17, 7, DAVIES Chaz, Ducati Panigale V4 R, 1’35.385, 2.363, 289
18, 3, NOZANE Kohta, Yamaha YZF R1, 1’35.408, 2.386, 286
19, 32, VINALES Isaac, Kawasaki ZX-10RR, 1’35.853, 2.831, 285
20, 23, PONSSON Christophe, Yamaha YZF R1, 1’36.068, 3.046, 284
21, 52, DELBIANCO Alessandro, Honda CBR1000 RR-R, 1’36.077, 3.055, 282
22, 84, CRESSON Loris, Kawasaki ZX-10RR, 1’37.193, 4.171, 281
23, 14, URIBE Jayson, Kawasaki ZX-10RR, 1’39.148, 6.126, 280

Regenpause in der WorldSBK während dem zweiten freien Training, was zu einem Gedankenaustausch zwischen von links Tito Rabat, Scott Redding, Chaz Davies (alle Ducati) und Jonathan Rea (Kawasaki) führte.

Die Strecke von Most

Die Streckenskizze von Most, einem Kurs der in etwa das Gegenteil des Red Bull Ring darstellt und mit 21 Kurven extrem Anforderungsreich. Fraglich ist auch, ob der Asphalt WM-tauglich ist, was von einigen Stimmen im Vorfeld bereits angezweifelt wurde..

Der aktuelle WM-Stand in der WorldSBK

Mit 8 Siegen in 15 Rennen ist Jonathan Rea (Kawasaki Racing Team) als klarer WM-Leader der Mann, den es zu schlagen gilt.

Der aktuelle WM-Stand in der WSSP 600

Zeitplan der tschechischen WM-Runde von Most

Die Einsicht der Dorna dafür kam reichlich spät, aber zumindest begriffen es die SBK-Verantwortlichen am 3. August und gaben bekannt, dass um 13:45 am Sonntag zuerst die WSSP 300 starten wird. Um wenigstens für am Sonntag damit einer Terminkollision mit der MotoGP in Spielberg aus dem Weg zu gehen, startet die WorldSBK dafür um 15:15 Uhr. So ist immerhin der zweite Lauf am Sonntagnachmittag übrig, um diesen live am TV zu zeigen. Ansonst hat aber bei praktisch sämtlichen Sendern wie erwartet die MotoGP den Vortritt bei deren Übertragungen. Weil die Dorna dies erst derart spät und 3 Tage vor Beginn kommunizierte, haben wir es in nachfolgendem Zeitplan nicht mehr korrigiert.

Als Gipfel der Fehlplanung von FIM und Dorna überschneidet sich das erste Rennen der WorldSBK mit dem Qualifying der MotoGP in Spielberg und das Superpole Race am Sonntagmorgen findet gleichzeitig mit dem Moto3 Grand Prix der Steiermark statt. Terminkollisionen gibt es auch für die WorldSSP 600, was der Hauptgrund dafür ist, dass so gut wie nichts live am TV übertragen wird. Eine absolute Schande für den Sport und eine Ohrfeige für Fans, Fahrer, Teams und Sponsoren der seriennahen Weltmeisterschaft!

>WSBK Most Vorschau siehe separaten Bericht auf dieser Seite.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).